13.02.2023
Im digitalen Raum spielt der Schutz des geistigen Eigentums derzeit bereits eine große Rolle. Das Metaverse bietet jedoch neue, innovative Möglichkeiten, digitale Räume und Produkte zu gestalten und damit zu interagieren. Was bedeutet dies für Rechteinhaber und welche Potentiale, aber auch Risiken, ergeben sich für Marken- und Urheberrechte?
Zunächst gilt es festzuhalten, dass es das eine „Metaverse“ in dem Sinne noch nicht gibt. Vielmehr bestehen verschiedenste Plattformen, die teils offen gestaltet sind und dezentral funktionieren, teils geschlossen auftreten und einem einzelnen Unternehmen gehören. Ihnen gemein ist jedoch, dass sie eine virtuelle Spiegelung bzw. Fortsetzung der realen Welt sein möchten. Insofern wird sich zeigen, welche Form des Metaverse die meisten Nutzer überzeugt und sich durchsetzen wird.
Das Schaffen einer neuen digitalen Welt ist mit kreativer Schöpfung verbunden; jeder Einzelne kann sich im Digitalen neu erschaffen. Auch im Metaverse entstandene Kreationen sind, soweit sie von einem Menschen geschaffen wurden und einen gewissen Grad an Eigentümlichkeit besitzen, in Deutschland durch das Urheberrecht geschützt. Die Echtheit eines solchen digitalen Werkes kann zum Beispiel durch eine digitale Signatur nachgewiesen werden, einem sog. Non-Fungible Token (NFT). Im Vordergrund stehen dennoch, wie in der realen Welt, vertragliche Absicherungen über Lizenzen.
Daneben werden viele in der echten Welt entstandene Werke in das Metaverse übertragen. So gab es bereits Live-Konzerte, die mit dem eigenen Avatar besucht werden können. Hier bieten sich neue Chancen, die eigenen Kreationen zu verbreiten und einem großen Publikum zugänglich zu machen. Auch für die Teilnehmer am Metaverse gilt jedoch: Für eine Nutzung von geschützten Inhalten, die andere geschaffen haben, bedarf es in der Regel der Erlaubnis des jeweiligen Rechteinhabers. Nach deutschem Verständnis wäre das Verbreiten von Fremdinhalten auch im Metaverse grundsätzlich als erlaubnispflichtiges Veröffentlichen einzuordnen, wenn es über einen kleinen Kreis persönlich verbundener Personen (oder deren Avatare) hinausgeht.
Eine Herausforderung vor der große Plattformen des Web 2.0 bereits stehen, wird sich im Metaverse noch verschärfen: Wie können rechtswidrige Nutzungen von urheberrechtlich geschützten Inhalten unterbunden und sinnvolle Lizenzmodelle entwickelt werden? Die rechtliche Entwicklung geht seit einiger Zeit dahin, die eigene Verantwortlichkeit von Plattformen für solche Rechtsverstöße zu verschärfen, um Rechteinhaber besser zu schützen. In einem dezentral organisierten Metaverse wird es jedoch womöglich nicht den einen Anbieter geben, an den man sich für eine Durchsetzung der Urheberrechte und anderer Rechte wenden kann, woraus sich weitergehende Haftungsfragen ergeben können. Insofern kann es relevant werden, Mechanismen oder Instanzen zu schaffen, um das geltende Recht auch dort durchzusetzen.
Auf der Plattform Decentraland fanden bereits digitale Modeschauen statt. Die Besucher konnten dort nicht nur eine virtuelle Modeschau erleben, sondern die digitale Kleidung der Laufsteg-Avatare direkt kaufen und auch digital tragen. Es ist zu erwarten, dass immer mehr Unternehmen Potentiale im Metaverse für sich entdecken. Das Bedürfnis, Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens zu kennzeichnen und die Marken zu schützen, besteht dann gleichermaßen in der virtuellen Welt. Insofern kann es für Markeninhaber sinnvoll sein, den Schutzbereich ihrer Marken für das Metaverse vorausschauend anzupassen. Zahlreiche Unternehmen haben bereits den Markenschutz ausgeweitet, um auch für das Anbieten von Waren und Dienstleistungen in virtuellen Welten ausgestattet zu sein und andere von der Verwendung der Marken abzuhalten. So wurde z.B. von dem Modeunternehmen die Marke „GUCCI“ als Unionsmarke neu angemeldet u. a. für den Bereich „virtuelle Kleidung“, „authentifiziert durch nicht fungible Token (NFT)“. Das Europäische Markenamt EUIPO hat auf die steigende Anzahl solcher Anmeldungen mit Hinweisen zur Registrierung von Marken für virtuelle Waren reagiert sowie NFTs in der neuen Edition der Klassifikation von Waren und Dienstleistungen (12. Edition der Nizza Klassifikation) aufgenommen. Durch die für deutsche und Unionsmarken geltende Benutzungsschonfrist von fünf Jahren können Unternehmen bereits jetzt Waren und Dienstleistungen in eine Markenanmeldung aufnehmen, die ggf. erst in ein paar Jahren im Metaverse angeboten werden.
Mit der Verbreitung von Marken im Metaverse, wird auch die Bedeutung von Markenkonflikten in der virtuellen Welt zunehmen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Marken im virtuellen Raum verwendet werden können. Es gelten hierbei die gleichen gesetzlichen Regelungen wie offline, sodass die Frage wesentlich von der markenmäßigen Benutzung eines Zeichens abhängt. Eine Markenverletzung liegt demnach nicht vor, wenn der durchschnittliche Verbraucher das Zeichen nur als beschreibend oder dekorativ versteht. Eine solche zulässige Markennennung kann allerdings in eine Verletzung umschlagen, wenn eine Irreführung oder Rufausbeutung damit verbunden ist. Darüber hinaus dürfte die Zulässigkeit der Verwendung einer Marke im Metaverse davon abhängen, ob die Verwendung die geschützten Interessen des Markeninhabers verletzt. Entsteht für den Nutzer im virtuellen Raum etwa der Eindruck, dass zwischen dem Verwender der Marke und dem Markeninhaber eine lizenzrechtliche oder sonstige kommerzielle Verbindung besteht, kann eine Markenverletzung vorliegen. Wird im Metaverse etwa virtuelle Kleidung mit Abbildungen von Marken zur individuellen Gestaltung eines Avatars verkauft, so dürfte dies eine markenmäßige Benutzung sein. Bei der Nutzung der Marke droht dann ggf. eine Abmahnung durch den Markeninhaber. Die Verwendung eines Zeichens könnte erlaubt sein, wenn dieses von den Nutzern lediglich als Mittel zur originalgetreuen Nachbildung verstanden wird. Zum Beispiel könnte dies gelten, wenn die Verwendung nur dazu dient, die wirkliche Welt möglichst detailgetreu abzubilden.
Das Metaverse, in welcher Form auch immer es sich durchsetzen wird, wird kein rechtsfreier Raum für die Verwendung immateriellen Eigentums. Bestehende Gesetze und Rechtsprechung sind anwendbar und werden sich auf die Besonderheiten des Metaverse einstellen. Entsprechend sollten Unternehmen im Auge haben, dass ihre Rechte auch in diesem virtuellen Raum beachtet werden, insbesondere wenn die Nutzerzahlen weiter steigen.
Ein großer ungeklärter Punkt ist allerdings, welches Recht überhaupt je nach Fallgestaltung im Metaverse gilt. Während im Internet bei dieser Frage z. B. im Markenrecht noch mit einem Inlandsbezug des jeweiligen Websiteangebots argumentiert werden kann, könnte sich das Metaverse dahin entwickeln, dass sich kein Bezug zu einer konkreten Rechtsordnung feststellen lässt. Hierfür werden sich neue rechtliche Maßstäbe entwickeln müssen.
Das Metaverse eröffnet für Inhaber von IP-Rechten vielversprechende neue Märkte, ihre Kreationen und Produkte zu präsentieren oder weiterzuentwickeln und Ihre Rechte an Dritte zu lizensieren. Insbesondere lohnt es sich bereits aktuell, für neue Markenanmeldungen Waren und Dienstleistungen in virtuellen Welten im Blick zu behalten.
Weitere Informationen rund um das Thema Metaverse und damit einhergehende rechtliche Problemstellungen finden Sie in unserem Whitepaper.
Laura Hoffmann, LL.M. (Dresden/London)
Senior Associate
Frankfurt a.M.
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