04.08.2022
Klagen im Zusammenhang mit dem sog. „5a-Komplex“ belasten die Lebensversicherungsbranche seit Jahren in erheblichem Maß. Betroffen sind dabei immer wieder auch im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossene Direktversicherungsverträge. Der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 04.05.2022 (Az.: IV ZR 201/21) klargestellt, dass ein Rückabwicklungsanspruch auch bei privater Fortführung des Vertrages durch den Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig ausscheidet.
Nach dem bis zur VVG-Reform im Jahr 2008 gültigen § 5a VVG a.F. konnte der Versicherungsnehmer einem im sog. Policenmodell geschlossenen Lebensversicherungsvertrag innerhalb von 14 bzw. 30 Tagen ohne Angabe von Gründen widersprechen und dem zunächst schwebend unwirksamen Vertrag damit von Anfang an die Grundlage entziehen. Die Frist begann zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein, die AVB sowie die Verbraucherinformation erhalten hatte und ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden war. Das Recht zum Widerspruch erlosch gemäß § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. – unabhängig von einer etwaig fehlerhaften Belehrungssituation – ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
Nach vorangegangener Vorlageentscheidung des EUGH (Urt. v. 19.12.2013, Rs C-209/12, „Endress“) entschied der BGH mit Urteil vom 07.05.2014 (Az.: IV ZR 76/11), dass § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. teleologisch dahingehend zu reduzieren sei, dass die einjährige Ausschlussfrist im Bereich der Lebensversicherung nicht zur Anwendung gelangt. Versicherungsnehmer können sich somit auch viele Jahre nach Vertragsschluss noch darauf berufen, dass die ursprüngliche Widerspruchsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung (bzw. Unvollständigkeit der Verbraucherinformation) bei Vertragsschluss nicht in Lauf gesetzt worden sei. Im Erfolgsfall erhält der Versicherungsnehmer nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht nur die von ihm gezahlten Prämien (abzüglich Wertersatz für den genossenen Versicherungsschutz in Form der sog. Risikokosten) erstattet sondern auch Ersatz der mit den Beiträgen (vermeintlich) erwirtschafteten Nutzungen. Dies nutzen spezialisierte Verbraucherkanzleien, um den „Widerspruchsjoker“ als Mittel zur Renditeoptimierung zu bewerben. Die Folge ist eine bis heute anhaltende Klagewelle, die Versicherer und Gerichte massiv belastet.
Katharina Klenk-Wernitzki, Dipl. Reg.-Wiss
Partnerin
Berlin, Köln
katharina.klenk@luther-lawfirm.com
+49 30 52133 25741
Jan Hansen
Senior Associate
Köln
jan.hansen@luther-lawfirm.com
+49 221 9937 14074
Sebastian Walthierer