09.11.2020
Seit einigen Tagen produziert der Luxusartikelhersteller LVMH in seinen französischen Kosmetikfabriken Desinfektionsmittel statt Parfüm. Der Maschinenbauer Reifenhäuser aus Troisdorf verkündet, derzeit täglich Material für bis zu eine Million Atemschutzmasken zu liefern. Die Konzerne Ford, GE und 3M haben jüngst verkündet, zur Produktion von Beatmungsgeräten ihre Kräfte zu bündeln. Und der deutsche Traditionskonzern und Autozulieferer Bosch hat einen Schnelltest für Corona-Infektionen entwickelt. Die weltweite Covid-19-Pandemie hat den Bedarf an persönlicher Schutzausrüstung und Medizinprodukten innerhalb kürzester Zeit vervielfacht. Gleichzeitig häufen sich weltweit die Meldungen über Unternehmen, die vorhandene und derzeit ungenutzte Produktionskapazitäten für die Herstellung von Medizintechnik und Medizinprodukten nutzen wollen.
In der aktuellen Krise ergreifen viele Unternehmen die Chance, Not zu lindern und gleichzeitig den Unternehmenserfolg und damit Arbeitsplätze zu sichern. „Jetzt muss es darum gehen, bestehende rechtliche Hürden zu überwinden. Diese Unternehmen müssen jetzt schnell, aber auch rechtssicher produzieren können“, sagt Dr. Christoph von Burgsdorff, Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Spezialist für Medizintechnik. „Man möchte den Unternehmen jetzt zurufen: Seid kreativ! Aber seid Euch auch der Herausforderungen bewusst, die die Herstellung medizinischer Produkte mit sich bringt“, ergänzt er. Es komme jetzt entscheidend darauf an, die strengen regulatorischen Regeln, die für die Herstellung solcher Produkte existieren, zumindest partiell aufzuweichen. Nur dann bestehe eine Chance, den weltweit stark steigenden Bedarf auch in den nächsten Wochen, Monaten und vielleicht Jahren noch befriedigen zu können.
Die Medizintechnikbranche verändert sich derzeit täglich, und das rapide. So hat die EU-Kommission empfohlen, das Konformitätsbewertungs- und Marktüberwachungsverfahren für dringend benötigte persönliche Schutzausrüstungen und weitere Medizinprodukte bei Wahrung eines angemessenen Sicherheitsniveaus zu erleichtern. „Die bereits jetzt bestehenden Lieferengpässe zwingen den Verordnungsgeber, jetzt zu handeln. Wir müssen jetzt den Unternehmen, die in der aktuellen Krise medizintechnische Produktion aufnehmen wollen, die notwendige Unterstützung geben“, sagt Cornelia Yzer, die Rechtsanwältin der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist und den Bereich Healthcare & Life Science verantwortet.
Doch worauf müssen diese Unternehmen jetzt besonders achten? Jens Heuer-James, ebenfalls Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Spezialist für Produktsicherheit und Produkthaftung, stellt klar: „Die Herstellung von Medizinprodukten ist eine stark regulierte Industrie. Produktzulassung und Produktkennzeichnung sind nur zwei Beispiele für den meist langen Weg von der Forschung und Entwicklung bis zur Marktreife und Herstellung des Produkts.“ Bei der Vertragsgestaltung vom Einkauf bis zum Vertrieb gibt es zahlreiche Fallstricke wie Informationspflichten und das Risiko der Produkthaftung. „Wer gestern noch Motorengetriebe herstellt hat, kann nicht heute einfach Beatmungsgeräte produzieren“, so Heuer-James weiter. Eine denkbare Alternative könnte auch sein, für den eigentlichen Hersteller der medizintechnischen Produkte in Lizenz zu produzieren. Letztlich geht es darum, an das für die Produktion notwendige Know-how zu gelangen.
Nur dann, wenn die betreffenden Unternehmen diese Herausforderungen proaktiv angehen und rechtlich, technisch und wirtschaftlich kreative Lösungen suchen, können sie aus dieser Situation gestärkt hervorgehen.
Dr Christoph von Burgsdorff, LL.M. (Essex)
Partner
Hamburg
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