24.04.2018
24.04.2018
BGH stellt klar: UN-Kaufrecht ist im grenzüberschreitenden Warenverkehr automatisch anwendbar
Das UN-Kaufrecht (Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenverkauf, kurz CISG) ist als Spezialgesetz für den internationalen Warenverkehr vorrangig anwendbar, wenn es nicht ausdrücklich von den Vertragsparteien ausgeschlossen wurde. Dies stellte der Bundesgerichtshof (im Folgenden: BGH) in seinem Urteil vom 7. Dezember 2017 (Az. VII ZR 101/14) klar. Haben die Parteien eines grenzüberschreitenden Kaufvertrages (B2B) deutsches Recht als anwendbares Recht bestimmt, schließt dies auch das CISG ein. Die Vertragsparteien können sich auf diese Weise mit der Anwendung des vereinheitlichten, vorrangig anwendbaren und ihnen möglicherweise unbekannten UN-Kaufrechts konfrontiert sehen, wenngleich beide Vertragsparteien von der Anwendbarkeit des deutschen Kaufrechts ausgehen. Aus diesem Grund ist ein ausdrücklicher Ausschluss der Anwendbarkeit des CISG dringend geboten, sollte der Wunsch nach der Anwendung von deutschem oder einem anderen nationalen Kaufrecht bestehen.
Hintergrund der Entscheidung
Anlass zu dieser Entscheidung des BGH gab ein Streitfall zwischen einer deutschen Herstellerin für Kartoffelchips und einem niederländischen Maschinenbauunternehmen über die Anfertigung, Lieferung, Montage sowie Erweiterung einer Produktionslinie zur Herstellung von Kartoffelchips. Auch wenn der BGH das CISG in der Sache nicht für anwendbar hielt, rügte er die Missachtung des CISG als Spezialgesetz gegenüber deutschem Kauf- und Handelsrecht. Das Berufungsgericht, das OLG Naumburg, hatte angenommen, dass die Parteien übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts, insbesondere des BGB und HGB, ausgingen, und ignorierte in der Folge das CISG.
Anwendbarkeit des CISG
Das CISG ist Teil der deutschen Rechtsordnung und kommt im internationalen Warenverkauf als Spezialgesetz vorrangig zur Anwendung. Es ist für den internationalen Warenverkehr insbesondere für Verträge über den Kauf von Waren anwendbar. Auch die Herstellung von Waren mit Verpflichtungen zur Warenlieferung, der sogenannte Werklieferungsvertrag, wird erfasst, sofern ein wesentlicher Teil des zur Herstellung des Werkes benötigten Stoffes vom Werkunternehmer selbst zur Verfügung gestellt wird. Nicht anwendbar ist das CISG hingegen auf Verbrauchergeschäfte, bei denen Waren zu einem privaten Zweck verwendet werden sollen. Entscheidend für die Einstufung einer Warenlieferung als international und damit für die Anwendbarkeit des CISG ist die Niederlassung oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der Vertragsparteien. Nicht entscheidend ist hingegen, ob ein grenzüberschreitender Austausch von Waren tatsächlich stattfindet. Ebenso wenig sind die Staatsangehörigkeit oder die Kaufmannseigenschaft der Vertragsparteien entscheidende Kriterien.
Was ist die Folge der Anwendbarkeit des CISG
Die Anwendbarkeit des CISG kann dazu führen, dass sich die Vertragsparteien mit einem ihnen oftmals unbekannten Recht konfrontiert sehen. Denn das CISG regelt das Gewährleistungs- und Leistungsstörungsrecht wesentlich detaillierter als das deutsche Schuldrecht. So stellen sich beispielsweise die Gewährleistungsrechte bei Falschlieferung oder bei mengenmäßiger Abweichung vom geschuldeten Lieferumfang differenzierter dar als im deutschen Kaufrecht. Das CISG enthält zudem einen einheitlichen Begriff der Leistungsstörung, welcher nicht von einem Verschulden des Verkäufers abhängig ist. Das CISG kann grundsätzlich als käuferfreundlich bezeichnet werden.
Empfehlungen zum wirksamen Ausschluss des CISG
Das CISG sieht selbst vor, dass die Parteien dessen Anwendbarkeit ausschließen können. Allein die Wahl deutschen Rechts kann die Anwendbarkeit des CISG jedoch nicht ausschließen, da es Teil der deutschen Rechtsordnung ist. Nehmen die Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsverhandlungen Bezug auf das BGB und oder das HGB, kann daraus noch kein Ausschluss des CISG gefolgert werden. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Parteien übereinstimmend irrig davon ausgehen, dass allein die deutschen Regelungen anwendbar sind. Das CISG kann sogar dann Anwendung finden, wenn die andere Vertragspartei ihre Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat hat. Sofern das deutsche Recht als anwendbar vereinbart ist, beinhaltet dies immer auch das CISG.
Möchten sich die Parteien auf die Anwendung des deutschen Kaufrechts einigen, empfiehlt es sich daher, die Anwendbarkeit deutschen Rechts unter Ausschluss des CISG ausdrücklich zu vereinbaren. Möchten die Parteien den Ausschluss des CISG nicht mit einer konkreten Rechtswahl verbinden, können sie auch allein die Anwendung des CISG für den geschlossenen Vertrag ausschließen. Dies ist grundsätzlich auch in Form von AGBs möglich. Für die Annahme eines konkludenten Ausschluss des CISG gelten hingegen hohe Anforderungen, wie der BGH in dieser jüngsten Entscheidung bestätigte.
Dr. Stephan Bausch, D.U. |
Stephanie Quaß
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