26.09.2018

Brexit ante portas – Was bietet der Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsrechts?

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26.09.2018

Brexit ante portas – Was bietet der Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsrechts?
 

Wollen die ca. acht bis zehn Tausend Gesellschaften in der Rechtsform der „private company limited by shares“ (Ltd.) mit Verwaltungssitz in Deutschland ihren haftungsbeschränkten Status auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit) nicht aufgeben, bedarf es einer Überführung in eine deutsche haftungsbeschränkte Gesellschaftsform. Das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat diesen Aspekt aufgegriffen und schlägt mit seinem Referentenentwurf vom 3. September 2018 zur Änderung des Umwandlungsgesetzes (UmwG) eine erhebliche Erleichterung der grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung zu Gunsten der betroffenen Limiteds vor.


Nach geltender Rechtslage würden britische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Brexit – je nach Gesellschafterstruktur – in Deutschland entweder als Einzelunternehmer oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. Offene Handelsgesellschaft behandelt werden müssen, es droht ihnen also der Verlust ihres „haftungsbeschränkenden Kleides“. In der Konsequenz würden die Gesellschafter der Limited für die Verbindlichkeiten persönlich und unbegrenzt haften.
 

Status Quo: Grenzüberschreitende Verschmelzung nur für Kapitalgesellschaften

Für die Überführung in eine haftungsbeschränkte Rechtsform deutschen Rechts kommen der grenzüberschreitende Formwechsel, der auf britischer Seite mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann und die grenzüberschreitende Verschmelzung in Betracht. Im Unterschied zum grenzüberschreitenden Formwechsel besteht für die grenzüberschreitende Verschmelzung aufgrund der Verschmelzungsrichtlinie und den §§ 122a ff. UmwG ein kodifiziertes rechtliches Korsett. Das UmwG in aktueller Fassung lässt zur grenzüberschreitenden Verschmelzung nur Kapitalgesellschaften (und zwar sowohl auf Seite des übertragenden als auch des übernehmenden Rechtsträgers) zu. Für die britische Limited als Kapitalgesellschaft bedeutet dies zwar, dass die Beteiligung als übertragender Rechtsträger möglich ist, als übernehmender Rechtsträger kommt jedoch ebenfalls nur eine Kapitalgesellschaft in Betracht. Insoweit bedarf es allerdings eines Mindestkapitals von EUR 25.000 bzw. EUR 50.000 beim übernehmenden Rechtsträger.
 

Lösung nach geltender Rechtslage

Eine Verschmelzung zur Neugründung auf eine UG (haftungsbeschränkt), um die Mindestkapitalaufbringung zu vermeiden, ist ausgeschlossen, denn § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG verbietet für die UG (haftungsbeschränkt) die Sacheinlage. Dieses Hindernis könnte lediglich überwunden werden, wenn die britische Limited auf eine bereits bestehende UG (haftungsbeschränkt) verschmolzen wird und sich der Wert des übertragenden Rechtsträgers mindestens auf die Differenz zwischen dem bislang im Handelsregister eingetragenen Stammkapital der UG (haftungsbeschränkt) und EUR 25.000 beläuft. Alternativ wäre noch eine nach § 54 UmwG mögliche Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung denkbar, wenn z.B. die aufnehmende UG (haftungsbeschränkt) sämtliche Anteile am übertragenden Rechtsträger hält oder ein Verzicht erklärt wird.
 

Blick in die Zukunft: Was bringt der Reformentwurf?

Der Referentenentwurf sieht nunmehr vor, die derzeitigen Bestimmungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen um Vorschriften, die die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ermöglichen, zu ergänzen. Ein wesentlicher Fall, den der Entwurf in den Blick nimmt, ist dabei die Verschmelzung einer britischen Limited auf eine Kommanditgesellschaft, an der sich dann wiederum eine GmbH oder aber eine UG (haftungsbeschränkt) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Nach den Vorstellungen der Entwurfsverfasser könnte so beispielweise der erhöhte Mindestkapitalbedarf vermieden werden.

In zeitlicher Hinsicht soll mit dem § 122m UmwG-E eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexits oder vor dem Ablauf einer etwaigen Übergangsfrist bereits begonnenen grenzüberschreitenden Verschmelzungsvorgänge, bei denen übertragender Rechtsträger eine Gesellschaft ist, die dem Recht des Vereinigten Königreichs unterliegt und übernehmender Rechtsträger eine Gesellschaft ist, die deutschem Recht untersteht, geschaffen werden. Als grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der §§ 122a ff UmwG wird in diesem Fall eine Verschmelzung auch dann noch fingiert, wenn vor dem Brexit oder vor dem Ablauf einer etwaigen Übergangsfrist der Verschmelzungsplan notariell beurkundet worden ist und diese Verschmelzung unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt, mit den erforderlichen Unterlagen zur Eintragung im Handelsregister angemeldet wird.
 

Handlungsempfehlung / Fazit

Die Reformüberlegungen des BMJV sind begrüßenswert. Mit dem Brexit wird der Veränderungsdruck auf Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland zunehmen, wenn eine haftungsbeschränkte Rechtsform erhalten bleiben soll. Da die in der Literatur gerne vorgeschlagene Lösungsmöglichkeit eines grenzüberschreitenden Formwechsels in der praktischen Umsetzung schwierig erscheint, wird das Mittel der Wahl im Zweifel die grenzüberschreitende Verschmelzung sein. Diese wird mit der geplanten Erweiterung auf Personengesellschaften weiter an Bedeutung gewinnen. Gleichwohl bleibt die grenzüberschreitende Verschmelzung auch bei Umsetzung der Reformüberlegungen eine komplexe und aufwändige Unternehmung so dass es für britische Limiteds in jedem Fall empfehlenswert sein wird, einen im Gesellschaftsrecht fachkundigen Notar oder Rechtsanwalt aufzusuchen und sich von diesem eingehend beraten zu lassen.
 

Weiterlesen:

Das Ende der Limited in Deutschland?

Das neue Brexit-Szenario

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Umwandlungsgesetz.html

 

 

Dr. Andreas Blunk, MLE
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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