15.06.2021

Bundestag beschließt 17. Novelle des Atomgesetzes: Regelungen zur nuklearen Sicherung (Terrorschutz) konkretisiert – Streit um gerichtliche Überprüfbarkeit von Schutzmaßnahmen bleibt

Background

Mit der am 10. Juni 2021 vom Bundestag verabschiedeten 17. Novelle des Atomgesetzes (AtG) konkretisiert der Gesetzgeber die Regelungen zum Schutz gegen Störmaßnahmen und Einwirkungen Dritter (SEWD) [BT-Drs. 19/27659, S. 7 f.; BT-Drs. 19/30488, S. 2]. Zugleich zielt das Gesetz darauf ab, das bestehende Dilemma zwischen dem atomrechtlich geforderten Schutz vor Störmaßnahmen Dritter und der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit der gegen solche Gefahren gerichtete Maßnahmen zu lösen. Dabei ist fraglich, ob die beabsichtigte Neu-Justierung der „Sicherung“ im AtG in allen Punkten gelungen ist.

Der Schutz vor Störmaßnahmen einerseits und die gerichtliche Überprüfbarkeit der gegen solche Störmaßnahmen ergriffenen Sicherungsmaßnahmen andererseits bilden seit jeher einen Zielkonflikt: Das Atomgesetz schreibt vor, dass der SEWD-Schutz – im Interesse des Grundrechtsschutzes – auf höchstem Niveau zu gewährleisten ist. Inhalt und Reichweite dieser SEWD-Anforderungen bestimmt die Genehmigungsbehörde. Diese Anforderungen unterliegen dem Geheimschutz. Denn nur so ist der Grundrechtsschutz, z. B. vor terroristischen Aktivitäten, effektiv gewährleistet. Die Kehrseite davon bedeutet, dass der Anspruch Dritter auf umfassende Rechtskontrolle, die auf die Überprüfung der SEWD-Anforderungen im Einzelnen gerichtet ist, aufgrund des notwendigen Geheimschutzes eingeschränkt sein muss. Die entscheidungserheblichen Informationen dürfen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Die für den Sicherungsschutz beweispflichtige Behörde wird so in eine Zwickmühle getrieben: Denn die Behörde kann der ihr obliegenden Beweispflicht in Bezug auf den SEWD-Schutz aufgrund des Geheimschutzes nicht nachkommen, mit der Folge, dass ihre Genehmigung im Zweifel aufgehoben wird. Spätestens seit der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung der Genehmigung für das Zwischenlager Brunsbüttel (OVG Schleswig, Urteil vom 19.06.2013 – OVG 4 KS 3/08 - ZUR 2015, S. 287) war bekannt, dass dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestand. Dem will der Gesetzgeber mit der 17. AtG-Novelle nachkommen.

Author
Prof. Dr. Tobias Leidinger

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