07.02.2020
Luther.Logistics: Bei der Vorbereitung von M&A-Transaktionen geraten sog. „Carve-Outs“, also Ausgliederungen, Abspaltungen oder Veräußerungen von Unternehmensteilen aus einem Gesamtunternehmen, zunehmend ins Blickfeld. Was bedeutet das?
Um das Zielunternehmen für den Verkauf attraktiver zu machen, werden durch den Carve-Out-Prozess Verträge und operative Abläufe entkoppelt. Daneben kann ein Carve-Out auch zur konzerninternen Reorganisation und zur steuerlichen Optimierung genutzt werden. Unternehmer stellen sich bei einer Carve-Out-Transaktion üblicherweise folgende Fragen: Wieviel Zeit soll und kann für die Vorbereitungen eingeplant werden? Soll der Wert des Carve-Out-Business zu Lasten der verbleibenden Unternehmensteile optimiert werden, etwa um den Verkaufserlös zu steigern, oder umgekehrt? Soll der Carve-Out-Prozess frühzeitig mit dem Erwerber abgestimmt oder vertraulich durchgeführt werden?
Transaktionen im Bereich der Logistik werfen zudem einige branchenübliche Problemstellungen auf, die es für Unternehmen nicht nur attraktiv, sondern notwendig machen, die externe Hilfe von entsprechend spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien hinzuzuholen. Dieser Beitrag soll dies verdeutlichen und zeigt ausgewählte Beispiele für Problemfelder bei einem Carve-Out im Logistikbereich auf.
Transportsteuerungs- und Logistikleistungen werden häufig bei externen Dienstleistern eingekauft. Der Käufer des ausgegliederten Unternehmens muss sich daher einen Überblick über die Einkaufskonditionen verschaffen, die vor dem Carve-Out verwendet wurden. Ein einfacher Blick auf die Lieferverträge reicht nicht aus, denn oftmals werden in diesem Bereich Rahmenverträge mit den Dienstleistern abgeschlossen, welche bei einem Carve-Out beim Verkäufer verbleiben und sich somit außerhalb des Verkaufsgegenstands befinden. Der Verkäufer muss nach dem Carve-Out seinerseits dafür sorgen, dass ihm die Dienstleistungen weiterhin zu Verfügung stehen, die er für eine ununterbrochene Weiterführung des verbleibenden Geschäftsteils benötigt.
Unterhält ein Unternehmen eine zentrale Einheit für die Koordination von Transport und Logistik, ist es essenziell, dass für einen Übergangszeitraum die Logistikplanung und -abwicklung nachhaltig besteht. Bei der internen Organisation von Logistik muss festgestellt werden, ob die Organisation bei dem verbleibenden oder bei dem zu veräußernden Unternehmensteil durchgeführt wurde. Sofern die Logistik durch den verbleibenden Unternehmensteil oder in einer anderen Konzerngesellschaft gesteuert und organisiert wird, sind für den abgespaltenen Teil kurz- und langfristige Lösungen für die zukünftige Koordination von Transport und Logistik zu entwickeln. Wird die Steuerung der Unternehmenslogistik – wie heute üblich – durch die zentrale EDV unterstützt, sind nachfolgende Erwägungen für einen reibungslosen Carve-Out sogar geradezu essentiell: Bei einem Carve-Out ist eine einfache Fortführung der eigenen IT-Systeme oftmals nicht möglich, denn auch beim Käufer besteht nicht selten bereits eine entsprechende technische Infrastruktur. Das führt dazu, dass die zukünftig gemeinsam genutzten IT-Komponenten im Regelfall neu aufgesetzt werden müssen.
Nutzt ein Unternehmen Lagerdepots, muss bei einem Carve-Out die zukünftige Nutzung dieser Depots im Hinblick auf beispielsweise Eigentums- oder Mietverhältnisse, steuerrechtliche Aspekte oder eventuell erforderliche Genehmigungen geregelt und strukturiert werden.
Bei einem Carve-Out ist es entscheidend, die zukünftige Organisation der Logistik frühzeitig zu planen. So könnte sich im Rahmen dieser Planung offenbaren, dass der Bedarf an Lagerdepots von dem aktuellen Bedarf durch die Durchführung des Carve-Outs abweicht. Bei rechtzeitiger Planung kann so der Umfang des Kaufgegenstands besser festgelegt werden. Auch die langfristig wichtigen Lagerstandorte müssen berücksichtigt werden. Sie werden häufig vergessen bzw. sind das Resultat mangelnder oder widersprüchlicher Dokumentation. Werden Depots gemeinsam genutzt, dann müssen Übergangsregeln zum Beispiel für Zugangsrechte und -kontrollen geschaffen werden. Ebenso sind Verrechnungsschlüssel zu erstellen für Kosten der Depotführung, die nicht eindeutig einer Partei zugeordnet werden können. Um Depots auf lange Sicht zu entkoppeln, sind Fristen festzulegen (wer wann das Lager räumen muss). Sind die Lagerdepots gemietet, ist die Haftung zu regeln.
Insgesamt stellt ein Carve-Out im Bereich der Logistik das Unternehmen mithin nicht nur praktisch-technisch, sondern auch rechtlich vor komplexe Herausforderungen. Hier sollte – wie eingangs ausgeführt – in jedem Fall ein entsprechend spezialisierter rechtlicher Berater hinzugezogen werden.
Dr. Andreas Blunk, MLE
Partner
Hannover
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