29.12.2021
Die letzte große Schuldrechtsreform im Deutschen Recht wurde durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aus dem Jahr 1999 ausgelöst, mittels derer einheitliche Mindeststandards im europäischen Kaufrecht gesetzt wurden. Nicht verhindert werden konnte hierdurch eine starke Fragmentierung der Vorschriften zum Warenkauf in den einzelnen Mitgliedstaaten. Zur weiteren Vereinheitlichung hat der europäische Gesetzgeber daher die Warenkaufrichtlinie (RL (EU) 2019/771, „WKRL“) vom 20. Mai 2019 erlassen, die die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ablöst und mittels derer an die Stelle der bisherigen einheitlichen minimalen Standards im Kaufrecht eine Vollharmonisierung tritt.
Neben der Harmonisierung des europäischen Kaufrechts war weiteres Ziel des europäischen Gesetzgebers die Erhöhung des Verbraucherschutzniveaus im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung von Produkten. Ergänzt wird die WKRL daher durch die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ((EU) 2019/770, „DIDRL“) mit speziellen Regelungen für Verträge, die digitale Produkte beinhalten.
Zur Umsetzung dieser europäischen Richtlinien in nationales Recht verabschiedete der Deutsche Bundestag bereits im Juni 2021 umfangreiche Gesetzesänderungen, die grundsätzlich auf Käufe, die ab dem 1. Januar 2022 getätigt werden, Anwendung finden. Trotz des verbraucherschützenden Hintergrunds betreffen diese Änderungen aber nicht nur das B2C-, sondern auch das B2B-Geschäft. Ursächlich hierfür sind insbesondere die Einführung des neuen Sachmangelbegriffs im allgemeinen Kaufrecht, aber auch die Auswirkungen der Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht auf den Regress in der Lieferkette. Dieses Whitepaper soll Herstellern, Händlern und Verkäufern als Handreichung dienen, um eine erste eigene Einschätzung ihres individuellen Handlungsbedarfs im Zuge der Gesetzesänderungen vorzunehmen. Hierzu wird im Folgenden zunächst eine Übersicht über die nunmehr eingeführten rechtlichen Produktkategorien, an die die Anwendbarkeit der neuen Normen anknüpft (sog. „sachlicher Anwendungsbereich“), gegeben. Hiernach werden anhand dieser Weichenstellung die wichtigsten praktischen Auswirkungen der Gesetzesänderungen aufgezeigt.
Dr. Steffen Gaber, LL.M. (Sydney)
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