07.05.2020
Im Jahr 2021 beginnt erstmals der nationale Emissionshandel nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Mit der Einführung dieses neuen Emissionshandelssystems stellen sich den betroffenen Unternehmen zahlreiche Fragen.
Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) hat sich nun in einem Hintergrundpapier zum neuen klimapolitischen Instrument geäußert und beantwortet Fragen zur Abgrenzung und zum Ablauf. Das Papier hält neben zahlreichen Klarstellungen aber auch eine Überraschung bereit.
Das Hintergrundpapier der DEHSt finden Sie hier.
Das nationale Emissionshandelssystem wurde durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz eingeführt. Dieses Gesetz bildet einen Bestandteil des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung und wurde im November 2019 vom Deutsche Bundestag verabschiedet. Das BEHG führt neben dem bereits bestehenden europäischen Emissionshandelssystem ein weiteres Handelssystem ein, dessen Anwendungsbereich auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist. Aus diesem Grund wird auch vom nationalen Emissionshandelssystem gesprochen. Das BEHG erfasst Emissionen, die bisher nicht unter den europäischen Emissionshandel fallen. Anders als der europäische Emissionshandel setzt das nationale Emissionshandelssystem dazu nicht beim Ausstoß von Emissionen, sondern beim Inverkehrbringen von Brennstoffen, deren Verbrennung später Emissionen freisetzt, an.
Ziel des Gesetzes ist die Erreichung der nationalen Klimaschutzziele und langfristig der Treibhausgasneutralität im Jahr 2050.
Mit der Einführung des BEHG und dem Aufbau des nationalen Emissionshandels gehen viele Unsicherheiten und unbeantwortete Fragen einher. Das von der DEHSt veröffentliche Hintergrundpapier behandelt insbesondere unvermeidbare Überschneidungen zwischen dem bekannten europäischen und dem kommenden nationalen Emissionshandel, beschreibt den Ablauf und erläutert die zunächst gesetzlich festgelegte – erst ab dem Jahr 2026 vollständig marktbasierte - Preisbildung. Zudem berechnet die DEHSt, welche Preissteigerungen sich durch den nationalen Emissionshandel voraussichtlich für Verbraucher ergeben werden.
Darüber hinaus hält das Papier aber auch eine Überraschung bereit. Recht unscheinbar nennt die DEHSt auf Seite 17 des Hintergrundpapieres als Beispiel für bestimmte in den nationalen Emissionshandel einbezogene Brennstoffe nun erstmals Siedlungsabfall. Eine solche ausdrückliche Nennung beinhaltet Anlage 1 des derzeit geltenden BEHG – zumindest noch – nicht. Zudem bestand aufgrund der Anknüpfung des BEHG an die Entstehung der Energiesteuer verbreitet die Auffassung, dass gerade Siedlungsabfall nicht in den nationalen Emissionshandel einbezogen sei. Für Siedlungsabfall entsteht nämlich die Energiesteuer gar nicht erst – und insofern nach dem BEHG auch keine Emissionshandelspflicht.
Auch während der vierten Handelsperiode bis zum Jahr 2030 bleibt nach § 2 Abs. 5 Nr. 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) die Verbrennung von Siedlungsabfällen vom europäischen Emissionshandel ausgenommen. Eine solche Bereichsausnahme soll es im nationalen Emissionshandel nun – zumindest nach Auffassung der DEHSt – offenbar doch nicht geben.
Das Hintergrundpapier der DEHSt lässt damit vor allem eine Schlussfolgerung zu: Alle Emissionen, die bisher nicht vom europäischen Emissionshandel erfasst wurden, sollen nun unter den nationalen Emissionshandel fallen. Mit Ausnahme von Emissionen aus nachhaltiger Biomasse will der Gesetzgeber offenbar sämtliche Brennstoffe in den nationalen Emissionshandel einbeziehen.
Für viele Unternehmen ist die Einführung des nationalen Emissionshandels deshalb absehbar mit weitreichenden Änderungen und Belastungen verbunden sein. Auch und gerade öffentliche Unternehmen, die sich bisher nicht vom BEHG erfasst wähnten, müssen nun Vorkehrungen treffen.
Während der nationale Emissionshandelssystem noch im Aufbau begriffen ist, wartet das europäische Emissionshandelssystem derweil mit einer bis vor kurzem noch kaum möglich gehaltenen Nachricht auf. Nach von der Kommission am 5. Mai 2020 veröffentlichten Zahlen sanken die Treibhausgasemissionen aller Teilnehmer im europäischen Emissionshandelssystem im Jahr 2019 – und damit vor der COVID-19-Pandemie – gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent. Allein bei der Stromerzeugung führte die Umstellung von Kohle auf erneuerbare Energien und Gas zu einem 15-prozentigen Rückgang der Emissionen.
Auch der nationale Emissionshandel soll nach den Ausführungen der DEHSt einen finanziellen Anreiz für Unternehmen darstellen, in neue Technologien zu investieren und die Emissionen zu mindern. Ob er dieses Ziel erreichen und vergleichbare Auswirkungen wie der europäische Emissionshandel haben wird, wird sich zeigen.
Autorenzitate
Dr. Gernot-Rüdiger Engel: „Die DEHSt stellt mit dem veröffentlichten Hintergrundpapier klar, dass es kaum Emissionen mehr geben wird, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind. Insbesondere Abfallentsorgungsunternehmen sollten sich Stand heute darauf einstellen, ebenfalls am nationalen Emissionshandel teilzunehmen.“
Dr. Mathias Mailänder: „Positiv zu bewerten ist, dass sich die DEHSt um eine Klarstellung bemüht. Trotz der offenbar beabsichtigten Einbeziehung von Siedlungsabfall bleibt die Verknüpfung mit dem Energiesteuerrecht bestehen. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ohne die notwendigen Verordnungen bleiben aber zahlreiche Fragen noch immer unbeantwortet.“
Dr Gernot-Rüdiger Engel
Partner
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Dr Mathias Mailänder
Counsel
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