14.02.2020
Laura Katharina Kues / Ann Cathrin Müller
Welches Unternehmen kommt vermutlich vielen Deutschen in den Sinn, wenn es um die Farbe Blau bei Körper- und Hautpflegeprodukten geht? – NIVEA.
Aus diesem Grund ließ sich der Hersteller Beiersdorf die Farbe „NIVEA-Blau“ im Jahr 2005 markenrechtlich schützen und brachte dadurch einen fast zehnjährigen Rechtsstreit ins Rollen. Am 18. Oktober 2019 bestätigte nun das Bundespatentgericht den markenrechtlichen Schutz der Farbmarke für insgesamt sechs Warengruppen. Beiersdorf kann somit auch in Zukunft auf die Farbe Blau setzen.
Doch nicht nur für Beiersdorf, sondern auch für viele weitere Unternehmen gewinnen Farben als Corporate Identity zunehmend an Bedeutung. Welche Unternehmen bereits markenrechtlichen Schutz erlangt haben und unter welchen Voraussetzungen eine Eintragung der Farbmarke möglich ist, ist Gegenstand dieses Beitrags.
Farben können die unterschiedlichsten Wirkungen und Gedanken bei ihrem Betrachter auslösen. Sie verfügen über eine immense Kraft, die nicht mehr nur von Feuerwehr, Polizei und politischen Parteien genutzt, sondern auch von vielen Unternehmen als entscheidender Faktor in ihre Marketingstrategie einbezogen wird. Der gezielte Einsatz von Farben soll das Konsumentenverhalten beeinflussen und bleibende Eindrücke und Verbindungen zu einem Unternehmen schaffen. Aus diesem Grund tendieren immer mehr Unternehmen dazu, Farben für ihre Marke zu beanspruchen.
Gegenstand der Farbmarke können einzelne Farben und Farbzusammenstellungen sein, die von einer figürlichen Begrenzung losgelöst sind. Mittels eines Farbmusters sowie des dazugehörigen anerkannten Farbcodes kann die Farbe graphisch dargestellt und für diese sodann Schutz beansprucht werden.
Für die Schutzfähigkeit einer Farbmarke bedarf es – entsprechend der Voraussetzungen jeder anderen Markenform – der Unterscheidungskraft für die von der Markenanmeldung umfassten Produkte und/oder Dienstleistungen. Da der angesprochene Verkehr eine Farbe jedoch regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Herkunftshinweis wahrnimmt, kann die Unterscheidungskraft einer Farbe nicht ohne Weiteres angenommen werden, weshalb Farbmarken grundsätzlich nicht eintragungsfähig sind (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Durch die regelmäßige Verwendung im Verkehr können Farben durch ihre Verkehrsdurchsetzung jedoch Unterscheidungskraft erlangen (vgl. § 8 Abs. 3 MarkenG). Entscheidend dafür ist, dass ein bestimmter Prozentsatz der Öffentlichkeit mit einer konturenunabhängigen Farbe ein bestimmtes Produkt in Verbindung bringt. Da das Markengesetz keine Regelung dazu enthält, wie hoch ein solcher prozentualer Anteil sein muss, wurde dies von der Rechtsprechung zwischenzeitlich konkretisiert. So fordert das Bundespatentgericht einen Zuordnungsgrad des Verkehrs von mindestens 75 Prozent, um eine Verkehrsdurchsetzung anzunehmen. Der Bundesgerichtshof ist dieser Annahme entgegengetreten und lässt eine Durchsetzung von über 50 Prozent für diesen Nachweis genügen.
Die nachfolgende Liste führt beispielhaft einige bekannte Unternehmen mit ihren dazugehörigen, erfolgreich eingetragenen Farbmarken auf:
Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass die Eintragungsfähigkeit einer Farbmarke nicht immer eindeutig, sondern oftmals mit Rechtsunsicherheiten behaftet ist. Aus diesem Grund kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Wettbewerbern hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit angemeldeter und/oder eingetragener Farbmarken.
So ist es u. a. auch in Bezug auf die von Beiersdorf für ihre NIVEA-Produkte eingetragene Farbmarke „Blau“ geschehen, deren Eintragungsfähigkeit von dem Wettbewerber Unilever bezweifelt wurde. Erst nach einem fast zehnjährigen Streit um die Schutzfähigkeit der Farbmarke „NIVEA-Blau“ hat das Bundespatentgericht im Oktober 2019 den markenrechtlichen Schutz für bestimmte Produkte aus dem Bereich der Körper- und Schönheitspflege bestätigt (Az: 27 W (pat) 1/17).
Bereits im Jahr 2005 meldete das Unternehmen Beiersdorf die Farbe Blau (Pantone 280 C) als abstrakte Farbmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt an, die zwei Jahre später als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragen wurde. Gegen diese Markeneintragung ist das Unternehmen Unilever vorgegangen, woraufhin das Bundespatentgericht im Jahr 2013 in einem ersten Urteil die Löschung der registrierten Farbmarke angeordnet hat. Beiersdorf ging damals in die nächste Instanz.
Im Rechtsmittelverfahren hob der Bundesgerichtshof den Beschluss des Bundespatentgerichts auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurück (Az: I ZB 65/13). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs könne sich eine Farbe im täglichen Warenverkehr als Marke „durchsetzen“, wenn mindestens 50 Prozent der deutschen Verbraucher die Marke allein in einer Farbkarte – ohne weitergehende Hinweise – wiedererkennen würden. Mit einer neuen Verkehrsbefragung sollte das Bundespatentgericht sodann feststellen, in welchen Produktkategorien die streitgegenständliche Farbmarke in den Augen der Verbraucher einen entsprechend hohen Bekanntheitsgrad genießt.
In enger Abstimmung zwischen dem Gericht und den Parteien des Verfahrens holte ein neutrales Marktforschungsinstitut dazu demoskopische Gutachten für bestimmte Warengruppen ein. In allen abgefragten Produktkategorien lag der Wiedererkennungswert der Farbe „NIVEA-Blau“ deutlich über der Grenze, die den Unterschied zwischen einer Farbe als dekoratives Element und als Herkunftshinweis ausmacht. In der Kategorie „Skin Care“ lag der Wert mit über 71 Prozent Wiedererkennung sogar weit über der vom BGH geforderten 50-Prozent-Grenze. Auf Grundlage dieser Auswertung – und nach Beschränkung der Warengruppen durch Beiersdorf sowie Rücknahme des Löschungsantrags von Unilever – hat das Bundespatentgericht sodann den markenrechtlichen Schutz der Farbmarke „NIVEA-Blau“ in den Kategorien „Skin“, „Face“, „Deodorants“, „Hair und Bath“ sowie „Men’s Care“ bestätigt. Insoweit kann Beiersdorf für seine Haut- und Körperpflegeprodukte der Marke NIVEA weiterhin auf die Farbmarke „Blau“ setzen.
Aufgrund des Bedeutungszuwachs der Farben als Corporate Identity eines Unternehmens kam es in der Vergangenheit vermehrt zu Eintragungen von Farbmarken. Das daraus gewonnene Ausschließlichkeitsrecht gewährt dem Markeninhaber eine vorteilhafte Monopolstellung. Im Umkehrschluss schränkt der zunehmende markenrechtliche Schutz jedoch die Gebrauchsrechte der Konkurrenzunternehmen erheblich ein. Da der Gebrauch von Farben für Unternehmen z.B. für die Gestaltung von Waren und Verpackungen als auch im Marketing grundlegend ist, birgt der umfassende Markenschutz die Gefahr einer Wettbewerbsbeschränkung.
Zur Gewährleistung eines unverfälschten und freien Wettbewerbs sollen deshalb Farben allen Wettbewerbern zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund stellen die Gerichte und Ämter oft hohe Anforderungen an den markenrechtlichen Schutz von Farben und lassen somit eine mit der Farbmarkeneintragung einhergehende Monopolstellung nur in Ausnahmefällen zu.
Die größte Hürde der Eintragung stellt dabei die Durchsetzung der Farbe als Unterscheidungsmerkmal im Verkehr dar. Zwar sind abstrakte Farbmarken grundsätzlich geeignet, die Markttransparenz zu fördern, werden von Verbrauchern dennoch in der Regel beschreibend oder dekorativ wahrgenommen, und neben anderen Wort- und Bildelementen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Zudem kann der durchschnittliche Verbraucher nur eine begrenzte Anzahl an Farben unterscheiden, auch wenn eine große Anzahl verschiedener Farbschattierungen existiert. So wurde beispielsweise der Markenschutz der Farbe Grün für einen Gärtnereibetrieb abgelehnt, da der durchschnittliche Verbraucher mit der Farbe nicht nur ein einzelnes Unternehmen, sondern die Branche insgesamt verbindet. Hat sich jedoch eine Farbe im Verkehr als Unterscheidungsmerkmal durchgesetzt, kann es sich für ein Unternehmen durchaus lohnen, diese markenrechtlich schützen zu lassen.
Laura Katharina Kues