17.05.2018
17.05.2018
Bekanntlich geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der insolventen Gesellschaft auf den Insolvenzverwalter über. Jüngst hat ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 09.03.2017 (27 W 175/16) nochmals herausgestellt, dass Aufgaben und Funktionen der Gesellschaftsorgane grundsätzlich unverändert bestehen bleiben. Was aber bedeutet das für den materiellen Gehalt der Leitungsaufgaben in einem Unternehmen, das über keine liquiden Mittel mehr verfügt und auch im Übrigen im Stillhaltemodus verharrt?
Das OLG Hamm wies die Klage eines Geschäftsführers einer UG (haftungsbeschränkt) als unbegründet ab. Dieser hatte sich gegen eine Zwangsgeldfestsetzung wegen unterlassener Anmeldung einer eintragungspflichtigen Tatsache zur Wehr setzen wollen. Der Entscheidung lag die Frage zugrunde, ob der Geschäftsführer einer GmbH (und insoweit gleichlaufend bei UG (haftungsbeschränkt)) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine ihm zugewiesenen Aufgaben behält, einschließlich der zwangsgeldbewehrten Pflicht, Änderungen der Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft zum Handelsregister anzumelden. Das Gericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die Pflichten der Geschäftsführung grundsätzlich unverändert fortbestehen und bejahte folgerichtig die Zulässigkeit der Zwangsgeldfestsetzung.
Pflichten des Geschäftsführers gegenüber dem Handelsregister
Den GmbH-Geschäftsführer trifft nach den §§ 78, 39 Abs. 1 GmbHG die Pflicht zur Anmeldung von Änderungen in den Verhältnissen der Gesellschaft gegenüber dem Amtsgericht. Diese Pflicht geht auch nicht durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft unter. Zwar geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen und damit auch die Vertretungsbefugnis gegenüber Dritten und die Berechtigung zur Vornahme solcher Anmeldungen im Namen des Schuldners von seinem Geschäftsführungsorgan auf den Insolvenzverwalter über. Dies gilt aber nur soweit die Handlungen und Erklärungen im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Rechte zur Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse stehen. Etwas anderes gilt nach Ansicht des Gerichts aber für Anmeldungen, die die Insolvenzmasse nicht unmittelbar berührten. Vielmehr bleibt die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers und die gesellschaftsrechtlich geprägte Grundstruktur unberührt. Soweit Hand-lungen und Erklärungen diesem gesellschaftsrechtlichen Bereich angehören, verbleibt die gesellchafts- und registerrechtliche Zuständigkeit weiterhin beim Gesellschafter bzw. beim Geschäfts-führer.
Weitergehende Geschäftsführerpflichten in der Insolvenz
Zu den gesellschaftsrechtlichen Pflichten, die nicht durch das Insolvenzverfahren verdrängt werden, gehört die Pflicht, Jahresabschlüsse zu veröffentlichen. Auch die Verletzung dieser Pflichten kann Bußgelder nach sich ziehen und ist daher vom Geschäftsführer sorgfältig zu beachten. Der Jahresabschluss betrifft allerdings nur das sogenannte insolvenzfreie (Rest-) Vermögen, so dass in der Regel die Veröffentlichung einer sogenannten „Nullbilanz“ ausreichend sein wird. Damit besteht die Veröffentlichungspflicht fort, sie ist aber hinreichend erfüllt durch Vorlage eines Jahresabschlusses, nach dessen Feststellungen kein weiteres Vermögen besteht.
Handlungsempfehlung
Die Verfahrenseröffnung dürfte für jede Gesellschaft einen schmerzhaften Einschnitt bedeuten. Gleichwohl interagiert die Gesellschaft auch danach mit Marktteilnehmern und staatlichen Stellen, die sich in ihren schutzwürdigen Informationsinteressen auf Registerangaben stützen. Vor diesem Hintergrund zeigt die Entscheidung des OLG Hamm anschaulich, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Geschäftsführung keinesfalls von ihren Kernaufgaben entbindet. Damit geht einher, dass die registerrechtlichen Zwangsmittel nach wie vor Anwendung finden – ein Risiko, über das sich der Geschäftsführer bereits im Vorfeld zu der von ihm zu verantwortenden Anmeldung der Insolvenz hinreichend informieren und beraten lassen sollte.
Weiterlesen: Eine Kurzfassung dieses Beitrags erschien auf Deutsch und Italienisch in der Newsletter Recht & Steuer Mai 2017 der AHK, Deutsch-Italienische Handelskammer Mailand
Dr. Vittorio Cardano |
Susanne Abraham |