10.09.2018

Infrastrukturplanung auf österreichische Art: Wenn es schneller gehen soll

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10.09.2018

Infrastrukturplanung auf österreichische Art: Wenn es schneller gehen soll

Foto: pixabayEinfach mal so die Autobahn um ein oder zwei Spuren verbreitern, eine neue Startbahn bauen oder eine neue Bahntrasse errichten? Was üblicherweise allein auf Planungs- und Genehmigungsebene Jahre dauert, soll jetzt in Österreich nach dem Willen der dortigen Bundesregierung drastisch beschleunigt werden. Rechtstechnisches Hilfsmittel des Entwurfs eines Standort-Entwicklungsgesetzes ist dabei eine neue Genehmigungsfiktion für UVP-pflichtige Vorhaben. Ein standortrelevantes Vorhaben soll danach als genehmigt gelten, wenn die zuständige Behörde den Genehmigungsantrag nicht binnen eines Jahres, nachdem das besondere öffentliche Interesse an diesem standortrelevanten Vorhaben mittels einer „Standort-Entwicklungs-Vorhaben-Verordnung“ bekannt gemacht wurde, zurückweist. Im Klartext heißt das: Ist das behördliche Genehmigungsverfahren nicht innerhalb eines Jahres ab Feststellung des besonderen öffentlichen Interesses abgeschlossen, ist das Vorhaben automatisch genehmigt.

Die Genehmigungsfiktion erstreckt sich dabei nach dem Gesetzentwurf auf sog. „standortrelevante Vorhaben“. Darunter werden ausschließlich solche Vorhaben verstanden, für die eine UVP-Pflichtigkeit (Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung) besteht. Zudem benötigen solche Vorhaben eine Bestätigung des „besonderen öffentlichen Interesses der Republik Österreich“. Diese erfolgt im Wege einer Verordnung der Bundesregierung. Kriterien für eine derartige Bestätigung sind nach dem Gesetzentwurf „die überregionale, strategische Bedeutung des standortrelevanten Vorhabens“ oder „die direkte oder indirekte Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen am österreichischen Arbeitsmarkt in einem relevanten Ausmaß, insbesondere auch in wirtschaftlich schwachen Regionen Österreichs“.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass derartige Bestätigungen nur die Landeshauptmänner oder die Mitglieder der Bundesregierung beantragen können, nicht hingegen die Vorhabenträger. Eingebunden in die Entscheidung werden soll dann ein neu einzurichtender „Standortentwicklungsbeirat“. Dieser „dient der Beurteilung von standortrelevanten Vorhaben und der Abgabe von Empfehlungen dazu, ob die standortrelevanten Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse der Republik liegen oder nicht“.  Personell ist angedacht, dass sich dieses Gremium aus sechs ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt, die von verschiedenen Ressorts vorgeschlagen und vom Wirtschaftsministerium für die Dauer von fünf Jahren ernannt werden. Dieses Gremium soll daneben auch über „Entbürokratisierungspotenziale in Bezug auf die Umsetzung von standortrelevanten Vorhaben“ berichten.

Der Gesetzentwurf ist in Österreich auf heftige Kritik gestoßen. Zahlreiche Stimmen rügen etwa die Unvereinbarkeit der vorgesehenen Genehmigungsfiktion mit dem europäischen Umwelt- und Naturschutzrecht. Diese Kritik überrascht nicht und wurde von der Wiener Bundesregierung auch erwartet: So fordert etwa das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, sicherzustellen, „dass die Standort-Entwicklungs-Vorhaben-Verordnung […] nicht als Plan bzw. Programm im Sinne des Artikels 2 lit. a der SUP-Richtlinie 2001/42/EG aufgefasst werden könnte und damit den Bestimmungen dieser Richtlinie zu unterwerfen wäre.“ Ebenso wird gefordert, in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf detailliert auszuführen, warum die Verordnung nicht in den Anwendungsbereich der SUP-Richtlinie fällt, um damit der Rechtssicherheit der in der Standort-Entwicklungs-Vorhaben-Verordnung angeführten Vorhaben von hohem öffentlichen Interesse Vorschub zu leisten.

Es liegt auf der Hand, dass die Vereinbarkeit insbesondere der Genehmigungsfiktion bei UVP-pflichtigen Vorhaben mit dem Unionsrecht alles andere als selbstverständlich ist. Es wird daher abzuwarten sein, ob der Gesetzentwurf in seiner bisherigen Fassung tatsächlich verabschiedet wird – und ob er sowie auf ihm beruhende Vorhaben dann einer gerichtlichen Kontrolle standhalten. Der österreichischen Regierung ist aber Anerkennung dafür auszusprechen, dass sie sich eines auch in Deutschland drängenden Problems annimmt. Der Gedanke, in einem besonderen öffentlichen Interesse liegende Vorhaben beschleunigt zu genehmigen und Verfahrensverzögerungen durch Entscheidungsfiktionen zu begegnen, hat dabei einen besonderen Charme. Alle Beteiligten können hierdurch zu einer konzentrierten Befassung gezwungen werden. Zugleich würde hierdurch die Möglichkeit eröffnet werden, wieder ein angemessenes Verhältnis zwischen den wichtigen Anliegen des Umwelt- und Naturschutzes und den ebenso wichtigen Anliegen der Aufrechterhaltung einer modernen Infrastruktur und den Rahmenbedingungen für Wohlstand und Wachstum herzustellen. Es lohnt sich, in diese Richtung zu denken.
 

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Rechtsanwalt
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
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