17.12.2018

Let’s Player und die Rundfunklizenz – Änderungen durch den Medienstaatsvertrag und die AVMD-Richtlinie

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17.12.2018

Let’s Player und die Rundfunklizenz – Änderungen durch den Medienstaatsvertrag und die AVMD-Richtlinie

Influencer und Let’s Player, wie PietSmiet und Gronkh, erreichen mit ihren Livestreams und Let’s Play Videos im Internet ein Millionenpublikum, von dem so manch ein Fernsehsender nur träumen kann. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Influencer auch mehr und mehr ins Blickfeld der medienrechtlichen Aufsichtsbehörden geraten. So forderte die zuständige Landesmedienanstalt einige bekannte Let’s Player im vergangenen Jahr in einem Schreiben auf, eine kostenpflichtige Rundfunklizenz (Sendelizenz) zu beantragen oder das – nach Einschätzung der Landesmedienanstalt – vorliegende „Rundfunkangebot ohne Zulassung“ einzustellen. Nachdem PietSmiet seinen Kanal „PietSmiet TV“ in der Folge abschaltete, schlug dies hohe Wellen. Andere vergleichbare Angebote wie „Rocket Beans TV“ hingegen besaßen bereits eine Rundfunklizenz und auch Gronkh hatte sich letztendlich dazu entschieden, eine Sendelizenz zu beantragen, um einen teuren Rechtsstreit zu vermeiden.
 

Hintergrund Rundfunkfreiheit

Der Rundfunk und dessen Vorschriften sind in Deutschland vor allem historisch geprägt. Als lange Zeit einzige Möglichkeit für Verbreitung audiovisueller Inhalte, besaß er einen besonders hohen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. In der Vergangenheit, in der es nur sehr wenige bis hin zu nur einem Fernsehsender gab, wurde nahezu die gesamte Bevölkerung über diesen Weg informiert. Prägende Merkmale des Rundfunks sind dessen Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft, aufgrund derer er auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes besonders regulierungs- und schutzbedürftig ist. Je stärker ein Medium den öffentlichen Meinungsbildungsprozess beeinflussen kann, also „Meinungsmacht“ besitzt, desto stärker sollte es reguliert werden, damit diese Macht nicht zu eigenen oder fremden Gunsten ausgenutzt werden kann. Beispielsweise muss der Rundfunk daher stets frei von äußeren, insbesondere staatlichen, Einflüssen sein. Diese „abgestufte Regulierung“ des Rundfunks findet sich in den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages wieder. Unterschieden wird darin zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die zusammen das duale Rundfunksystem in Deutschland bilden. Ausdrückliches Ziel des Rundfunkstaatsvertrages ist die Verstärkung der Informationsvielfalt und des kulturellen Angebots im deutschsprachigen Raum.
 

Livestream als Rundfunk

Um die Livestreams der Let’s Player als Rundfunk einordnen zu können, müssen sie unter die Begriffsbestimmung des Rundfunks fallen. Die Definition des Rundfunks ergibt sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 Rundfunkstaatsvertrag. Das prägendste Merkmal des Rundfunkbegriffs ist seine lineare Verbreitungsform. Aufgrund dieser Linearität kann der Rundfunk von Telemedien und insbesondere von non-linearen Bewegtbildangeboten im Internet abgegrenzt werden. Letztere können von einem Nutzer stets zu einem beliebigen Zeitpunkt abgerufen werden. Hierunter fallen Angebote wie Netflix und Amazon Prime, aber auch Videoportale wie YouTube. Rundfunkangebote können hingegen nur zu dem Zeitpunkt betrachtet werden, zu dem sie „ausgestrahlt“ werden. Diese Anknüpfung allein an ein technisches Kriterium macht die Einordnung von Angeboten in der heutigen digitalisierten und konvergenten Medienwelt zunehmend schwieriger. Das im Rahmen der Linearität geforderte weitere Kriterium „entlang eines Sendeplans“ ist dabei allerdings noch nicht abschließend bestimmt. Hierzu reicht gegebenenfalls bereits gewisse regelmäßige Ausstrahlung aus. Obwohl nach § 2 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag weitere Angebote vom Rundfunkbegriff ausgeklammert werden, ist der Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift doch sehr gering. Das zeigt sich beispielsweise in der Begrenzung auf eine bloß potenzielle Erreichbarkeit von lediglich 500 Nutzern. Aufgrund der linearen und regelmäßigen bis dauerhaften Verbreitung der Let’s Play Livestreams unterfallen die vorgenannten Angebote mit aller Wahrscheinlichkeit dem Rundfunkbegriff und der Zulassungspflicht. Das Paradoxe ist allerdings, dass die Livestreams, wenn sie nach linearer Ausstrahlung weiterhin für die Nutzer abrufbar sind, nicht mehr als Rundfunk eingeordnet werden, obwohl es sich um ein und denselben Inhalt handelt.
 

Bild-Zeitung gegen Landesmedienanstalt

Anders als die Let’s Player geht die Bild-Zeitung aktuell gegen die Entscheidung der  Medienanstalt Berlin-Brandenburg gerichtlich vor (VG Berlin 18.10.2018, VG 27 L 364.18). Das Gericht gab dem Eilantrag der Bild-Zeitung statt, allerdings mit dem Hinweis, dass die Beantwortung der Frage, ob ein Live-Stream als Rundfunk eingeordnet werden kann, eine eingehende rechtliche Würdigung erfordert, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. In Frage steht dabei vor allem die Bestimmung des Merkmals „entlang eines Sendeplans“. Die nähere Bestimmung des Rundfunkbegriffs für Online-Angebote durch das Gericht, könnte auch unmittelbare Folgen für die Influencer und Let’s Player haben.
 

Medienstaatsvertrag & AVMD-Richtlinie

Die geänderten Rahmenbedingungen und die technische Entwicklung machen es erforderlich, dass die rechtlichen Vorschriften den neuen Begebenheiten angepasst werden. Während der europäische Gesetzgeber die im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages umgesetzte AVMD-Richtlinie (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste 2010/13/EU) überarbeitet hat (Richtlinie EU 2018/1808), plant auch der deutsche Gesetzgeber (die Bundesländer), den Rundfunkstaatsvertrag zu einem Medienstaatsvertrag umzugestalten. In dem ersten Diskussionsentwurf des Medienstaatsvertrages ist auch eine neue Bagatellklausel enthalten, die die Let’s Play Livestreams ausdrücklich von der Zulassungspflicht ausklammert („vorwiegend dem Vorführen und Kommentieren des Spielens eines virtuellen Spiels dienen.“). Ob diese Vorschläge allerdings auch in der finalen Version enthalten sein werden, ist aktuell noch sehr fraglich. 

 

 

Markus Heins, LL.M.
Wirtschaftsjurist
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Köln
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