27.03.2017

Neue Betreiberpflichten im Störfallrecht

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27.03.2017

Neue Betreiberpflichten im Störfallrecht

Spät hat die Bundesregierung die neue Seveso III-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Erst um den Jahreswechsel herum traten die zahlreichen Änderungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und weitere Gesetzesänderungen sowie die neue Störfall-Verordnung in Kraft. Die Neufassung der Störfall-Verordnung wurde jetzt erst im Bundesgesetzblatt vom 20. März 2017 bekannt gemacht.

Es gelten für die Betreiber zahlreiche neue Anzeige- und Informationspflichten. Ab sofort sind der Öffentlichkeit bestimmte Informationen ständig zugänglich zu machen, und zwar auch auf elektronischem Wege. Das heißt, eine eigene Webpage ist notwendig. Welche Informationen zugänglich gemacht werden müssen, wird in Anhang V der Störfall-Verordnung aufgeführt. Dazu gehört beispielsweise eine verständlich abgefasste Erläuterung der Tätigkeiten im Betriebsbereich oder die Angabe der wesentlichen Gefahreneigenschaften der eingesetzten Stoffe sowie Informationen, wie die betroffenen Bevölkerung erforderlichenfalls gewarnt wird. Diese allgemeinen Informationspflichten treffen alle Störfallbetriebe, unabhängig davon, ob es sich um einen Betriebsbereich der unteren oder oberen Klasse handelt.

Apropos Betriebsbereiche der unteren oder oberen Klasse, also früher die Betriebsbereiche mit Grundpflichten und erweiterten Pflichten: Auch wenn sich die Einstufung des Betriebs anhand der neuen Stoffliste im Anhang I der Störfall-Verordnung nicht ändert, ist der zuständigen Behörde bis zum 14. Juli 2017 eine Anzeige nach § 7 der Störfall-Verordnung insbesondere mit den Angaben zu den eingesetzten gefährlichen Stoffen auf der Grundlage der neuen Stoffliste im Anhang I zur Störfall-Verordnung zu machen.

Für eigentlich immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gilt nun ein neues „störfallrechtliches Genehmigungsverfahren“. Sinn des Verfahrens ist es, eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu ermöglichen. Bei störfallrelevanter Errichtung und Betrieb oder störfallrelevante Änderung ist zunächst ein Anzeigeverfahren durchzuführen, um der Behörde die Prüfung zu ermöglichen, ob der angemessene Sicherheitsabstand zu sog. Schutzobjekten wie z.B. Einkaufszentren oder zu wichtigen Verkehrswegen gewahrt wird (§ 23a BImSchG n.F.). Sollte der angemessene Sicherheitsabstand (erstmals oder noch weiter) unterschritten werden oder sollte die störfallrelevante Errichtung und Betrieb oder Änderung eines Störfallbetriebs eine erhebliche Gefahrenerhöhung auslösen, ist eine störfallrechtliche Genehmigung notwendig (§ 23b BImSchG n.F.).

Aber Achtung! Nicht immer ist das störfallrechtliche Genehmigungsverfahren in diesen Fällen notwendig. Wurde das Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, schon auf der Planungsebene berücksichtigt, ist eine störfallrechtliche Genehmigung nicht erforderlich. Wurde also bereits bei Aufstellung eines Bebauungsplans geprüft, ob der angemessene Sicherheitsabstand eingehalten wird, braucht diese Prüfung nicht noch einmal im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens wiederholt zu werden.

Gretchenfrage ist nun, was der angemessene Sicherheitsabstand ist. Eine Lösung soll hier eine neue Verwaltungsvorschrift, die „TA Abstand“, bieten. Vergleichbar der TA Luft oder der TA Lärm soll eine TA Abstand den angemessenen Sicherheitsabstand konkretisieren. Hiermit beschäftigt sich gegenwärtig eine vom Bundesumweltministerium eingerichtete Arbeitsgruppe. Die Erarbeitung der TA Abstand wird aber – wie von vielen Beteiligten bereits im Gesetzgebungsverfahren befürchtet – noch einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit bleibt es dabei, dass bundeseinheitliche Vorgaben für die Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands fehlen.

 

Claudia Schoppen
Partnerin
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Essen
Telefon +49 201 9220 13176
claudia.schoppen@luther-lawfirm.com