03.07.2017

Neue Pflichten für Betreiber von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern – „Legionellenverordnung“ (42. BImSchV) kann demnächst in Kraft treten

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03.07.2017

Neue Pflichten für Betreiber von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern – „Legionellenverordnung“ (42. BImSchV) kann demnächst in Kraft treten

Am 2. Juni 2017 hat der Bundesrat die Zustimmung zur Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider („Legionellenverordnung“, 42. BImSchV) erteilt.

Damit sind für ca. 40.000 bis 60.000 Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider bald neue Regeln zu beachten. Betroffen sind vor allem die chemische Industrie sowie Kraftwerke, Lebensmittelbetriebe, Krankenhäuser, aber auch Rechenzentren, große (Büro-)Gebäude, Kaufhäuser, Hotels und viele andere mehr.

Die Verordnung gilt unabhängig davon, ob die Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme oder Nassabscheider als selbständige Anlagen oder als Anlagenteile oder Nebeneinrichtungen anderer genehmigungsbedürftiger oder nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen betrieben werden.

Gefahr durch Legionellen

Ziel der Verordnung ist die weitere Eindämmung der von Legionellen ausgehenden Gefahr. Diese im Wasser lebenden Bakterien verursachen schwere Erkrankungen. Symptome der sog. Legionellose sind Schüttelfrost, Fieber, teilweise auch Benommenheit und schwere Verwirrtheitszustände sowie schwere, teils tödliche Lungenentzündungen. Seit 2001 besteht eine Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz.

Ausgelöst wird Legionellose durch das Einatmen von in Wassertröpfchen in der Luft enthaltenen Legionellen. Infektionsherde sind neben Duschen oder Whirlpools häufig Klimaanlagen, da die Bedingungen in technischen Wassersystemen für die in der Umwelt vorkommenden Legionellen günstig sind und sie sich dort stark vermehren können. Ideale Wachstumsbedingungen finden sie bei Temperaturen zwischen 25°C und 54°C.

Für Trinkwasserversorgungsanlagen bestehen aufgrund entsprechender Änderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) bereits seit dem Jahr 2011 Regelungen zum Schutz vor Legionellen.

Notwendigkeit der Einbeziehung weiterer Anlagen

Dass die Bundesregierung nun auch für weitere Anlagen eine bundeseinheitliche Regelung treffen musste, war offensichtlich.

Anlass für die Verordnung sind Legionellose-Ausbrüche in Ulm 2010, in Warstein 2013 und in Bremen 2015/16. In Ulm erkrankten 70 Personen, wohl aufgrund einer mit Wasser betriebenen Kühlanlagen nahe des Ulmer Hauptbahnhofes. In Warstein erkrankten 165 Menschen. Es gab auch Todesfälle. Als Ursache ermittelten die Behörden eine Häufung von Legionellen in einer Kläranlage, die wiederum ein Rückkühlwerk infizierte, das die Legionellen als Aerosol verbreitete. In Bremen erkrankten 38 Personen, auch hier stehen Klimaanlagen als Ursache im Verdacht.

Auch wenn Legionellen in den genannten Anlagen in geringen Mengen unvermeidlich sind, waren Schutzmaßnahmen erforderlich. Ziel der Verordnung ist es daher, erhöhte Legionellen-Konzentrationen in den von der Verordnung erfassten Anlagen frühzeitig zu erkennen und so der Verbreitung von Legionellose entgegenzuwirken.

Dafür sieht die Verordnung insbesondere eine Anzeigepflicht für neue und bestehende Anlagen sowie einen umfangreichen Pflichtenkatalog für Anlagenbetreiber und einen eigenen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor. Die Möglichkeit einer mindestens vorübergehenden Betriebseinstellung ist zwar nicht in der Verordnung selbst vorgesehen, kann aber im Einzelfall nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz angeordnet werden.

Erfüllbarkeit der Anforderungen?

Inwieweit die Anforderungen der Verordnung in der Praxis tatsächlich erfüllbar sein werden, ist jedoch zweifelhaft.

So verpflichtet die Legionellenverordnung die Betreiber entsprechender Anlagen unter anderem zu sehr häufigen Überprüfungen: Neben betriebsinternen Überprüfungen sind Betreiber von Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheidern verpflichtet, mindestens alle drei Monate Laboruntersuchungen des Nutzwassers auf den Parameter Legionellen durchführen zu lassen. Betreiber von Kühltürmen müssen entsprechende Laboruntersuchungen mindestens monatlich durchführen lassen. Darüber hinaus wird eine Überprüfung des ordnungsgemäßen Anlagenbetriebes alle fünf Jahre durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder eine akkreditierte Inspektionsstelle vorgeschrieben.

Angesichts dieses Umfangs und der Häufigkeit der Überprüfungen ist mehr als fraglich, ob überhaupt ausreichende Laborkapazitäten für die immerhin bis zu 60.000 (!) Anlagen zur Verfügung stehen. Dass der Verordnungsgeber sich dazu in seiner Begründung nicht einmal verhält, ist insbesondere vor dem Hintergrund bedenklich, als der Verstoß gegen die Anforderungen eine Ordnungswidrigkeit darstellen soll.

Ob diese Anforderungen wirklich verhältnismäßig sind und ein Verstoß dagegen tatsächlich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden sollte und dürfte, ist zu bezweifeln. Es spricht viel dafür, dass hier Erleichterungen, beispielsweise Ausnahmen für bestimmte – weniger gefährliche – Anlagentypen oder die Einführung von Bagatellgrenzen notwendig sind. Die bisherige Regelung des § 15 der Legionellenverordnung, wonach im Falle der Unmöglichkeit oder eines unverhältnismäßigen Aufwandes im Einzelfall von der Behörde Ausnahmen von der Verordnung gewährt werden können, erscheint hier noch nicht ausreichend.

Wie geht es weiter?

Nachdem die seit 2014 vorbereitete Verordnung eigentlich schon im Sommer 2016 in Kraft treten sollte, scheint dies nun im Sommer 2017 realistisch. Nötig ist dafür nur noch eine Ausfertigung durch die Bundesregierung und die Verkündung im Bundesgesetzblatt.

Die wahren Herausforderungen dürften jedoch erst im Vollzug der Verordnung auftreten.

 

Dr. Sabrina Desens
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Leipzig
Telefon +49 341 5299 24850
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