04.03.2020
Der am 1. Januar 2021 startende nationale Brennstoffemissionshandel (nEHS) wirft eine Reihe von Fragen auf. Signifikante Risiken bestehen etwa dann, wenn ein Unternehmen Erdgas an seine Mieter und Pächter liefert, ohne selbst als Lieferer beim zuständigen Hauptzollamt angemeldet zu sein. Diese Risiken resultieren aus der Anknüpfung der Verantwortlichkeit nach Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) an die Steuerschuldnerschaft nach Energiesteuergesetz (EnergieStG). Übersieht ein Unternehmen, dass es nach dem EnergieStG steuerpflichtig ist und kommt es deshalb auch seinen Pflichten nach BEHG nicht nach, drohen (verschuldensunabhängige) Strafzahlungen in Höhe des doppelten CO2-Preises, also für das Jahr 2021 von 50 EUR pro Tonne CO2, die zusätzlich zur CO2-Abgabe zu entrichten sind. Ebenso können Bußgeldtatbestände verwirklicht werden, etwa bezogen auf die Nichteinreichung von Überwachungsplänen. Das Energiesteuerrecht hat aber seine Tücken: Bei Erdgas entsteht die Steuer nach § 38 Abs. 1 EnergieStG (vereinfacht ausgedrückt) durch die Entnahme zum Verbrauch aus dem Leitungsnetz (Realakt). Steuerschuldner ist dabei der Lieferer des Erdgases, wenn das Erdgas nicht durch einen anderen Lieferer entnommen wird. In einem solchen Fall ist dann der andere Lieferer Steuerschuldner. Energiesteuerrechtlich ist derjenige Lieferer, der sich dazu verpflichtet hat, Erdgas einem Dritten als Empfänger zu dessen Nutzen zur Verfügung zu stellen. In der Konsequenz folgt hieraus, dass ein Unternehmen, das Erdgas für seine eigenen Verwendungszwecke entnimmt, zugleich aber auch Teile des von ihm bezogenen Erdgases vertragsgemäß an seine Mieter (weiter-)liefert – etwa an den Pächter der Betriebskantine oder den Mieter mit eigener Heizungsanlage – selbst zum Lieferer und damit zum Steuerschuldner wird. Und damit im Grundsatz auch für die gesamte selbst verbrauchte Gasmenge! Ob das Erdgas dabei bereits versteuert bezogen wurde, ist hierfür grundsätzlich nicht entscheidend. Ebenso kommt es auch nicht darauf an, ob das Unternehmen seine Lieferereigenschaft erkannt und diese beim Hauptzollamt angemeldet hat. In der Praxis haben derartige Konstellationen energiesteuerrechtlich häufig keine relevanten Auswirkungen, da die Energiesteuer vom Vorlieferant angemeldet und beglichen, der Anspruch des Fiskus folglich erfüllt wurde. Etwaige Doppelbelastungen werden zudem durch den Vergütungsanspruch für nachweislich bereits versteuertes Erdgas beschränkt (vgl. § 38 Abs. 5 EnergieStG). Nach BEHG scheint hingegen ausgehend von der bisherigen Gesetzeslage – Konkretisierungen und Detailregelungen durch Rechtsverordnungen stehen noch aus – das Unternehmen, das Teile seines Erdgasbezugs an seine Mieter weiterleitet, in der (vollständigen) Verantwortung für die Berichterstattung und die Erfüllung der Abgabepflicht für die von ihm verwendeten und weitergeleiteten Erdgasmengen zu stehen. Eine ausdrückliche Regelung dazu, dass die Berichterstattung des Vorlieferers von eigenen emissionshandelsrechtlichen Pflichten entlastet, enthält das BEHG nicht. Spätestens hier werden Unternehmen mit einem Bescheid zur Begrenzung der EEG-Umlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung ein Déjà-vu erleben: Wie sollte man korrekt mit an Dritte weitergeleiteten Energiemengen umgehen, was gilt bei der Gaslieferung an den Baucontainer eines nur kurzfristig beschäftigten Werkvertragsunternehmers, wie ist dies ggf. messtechnisch abzugrenzen und kommt es hierauf überhaupt an? Diese Fragen gilt es bald zu klären, da sie bereits im Überwachungsplan nach § 6 Abs. 1 BEHG zu berücksichtigen sind. Für die angesprochene Konstellation der teilweisen Weiterleitung von Gasmengen an Mieter und Pächter könnte § 38 Abs. 4 EnergieStG eine Lösung darstellen: Danach kann das Hauptzollamt auf Antrag zulassen, dass derjenige, der Erdgas an seine Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragsparteien liefert, nicht als anderer Lieferer gilt. In jedem Fall wird sich eine gründliche Prüfung anbieten. |
Dr Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
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