09.09.2019

Umweltspuren: Kein automatischer Vorrang für E-Mobile

Luftreinhaltung und Klimaschutz: Das sind aktuell die Treiber für die Einrichtung von Umweltspuren auf innerstädtischen Straßen. In NRW geht etwa Düsseldorf voran und löst Befürchtungen der hierdurch erfolgenden Verschärfung morgendlicher Pendlerstaus aus. Ausdrücklich erklärtes Ziel ist dabei die Verhinderung anderenfalls möglicherweise erforderlicher Fahrverbote, ohne die die Einhaltung der EU-Vorgaben zur Stickoxid-Belastung gefährdet wäre. Einen Vorteil will die Düsseldorfer Stadtverwaltung dabei allerdings den Fahrern von E-Mobilien einräumen: Ihnen wird die Nutzung der Umweltspuren gestattet.

Background

Diese Privilegierung ist indes kein Automatismus. Straßenverkehrsrechtlich handelt es sich bei den Umweltspuren zunächst um Bussonderfahrstreifen, die mit dem Verkehrszeichen 245 gekennzeichnet werden. Auf ihnen dürfen grundsätzlich nur Linienbusse fahren. Die Straßenverkehrsbehörden können aber Ausnahmen zulassen. Häufig geschieht dies für ebenfalls zum System des öffentlichen Personennahverkehrs zählende Taxis sowie für Fahrräder.

Gilt somit auch für E-Mobile zunächst ein Verbot der Nutzung der Umweltspuren, sind auch hier Ausnahmen möglich. Geregelt ist dies in § 3 Abs. 4 und 5 des Gesetzes zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz - EmoG). Danach kann im Wege der Rechtsverordnung vorgesehen werden, dass E-Mobile Bevorrechtigungen bei der Nutzung von für besondere Zwecke bestimmten öffentlichen Straßen oder Wegen oder Teilen von diesen erhalten. Dieses Recht gilt indes nicht unbeschränkt. § 3 Abs. 1 EmoG ordnet vielmehr an, daß dadurch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Der straßenverkehrsrechtliche Verordnungsgeber hat von dieser Ermächtigung durch § 46 Abs. 1a StVO Gebrauch gemacht. Die Straßenverkehrsbehörden dürfen danach Maßnahmen zur Bevorrechtigung von E-Mobilen zulassen. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind hierbei zu beachten und beschränken das behördliche Ermessen.

Fazit somit: E-Mobile dürfen im Hinblick auf die Nutzung der Umweltspuren bevorrechtigt werden. Die Einräumung eines Nutzungsrechts bedarf aber einer konkreten Anordnung der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Einen Rechtsanspruch auf diese gibt es nicht. Und die Behörden werden sich bei der Prüfung derartiger Privilegierungsgewährungen damit befassen müssen, ob die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in Mitleidenschaft gezogen wird. Naheliegende Konsequenz: Je mehr E-Mobile unterwegs sind, desto eher wird der Elektromobilität der Verlust der zunächst eingeräumten Bevorrechtigung wieder verlieren. Auch E-Mobile können Busspuren verstopfen, wogegen die Straßenverkehrsbehörden dann vorgehen müssen.

Auch die derzeit vorpreschende Stadt Düsseldorf muss somit die Entwicklung des Verkehrs auf den von ihr eingerichteten Umweltspuren beobachten und bei merklichen Beeinträchtigungen der Leichtigkeit des Verkehrs geeignete Maßnahmen ergreifen, bis hin zur Verbannung der E-Mobile in den normalen Straßenbereich oder auch der vollständigen Beseitigung der Umweltspur. Der Erwerb eines E-Mobils bietet somit keine Gewähr dafür, dauerhaft am Stau vorbeifahren zu dürfen. Die sachliche Zuständigkeit der Stadt Düsseldorf für diese verkehrsbeschränkenden Maßnahmen folgt im Übrigen aus der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung NRW. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang aktuell, wer innerhalb der Stadtverwaltung die eher unpopuläre Entscheidung zu den Umweltspuren zu verantworten hat. Nach richtiger Auffassung scheint dies der Verkehrsausschuss zu sein. Denn der grundsätzlich allzuständige Stadtrat hat auf diesen Befugnisse gemäß § 41 Abs. 2 GO NRW und § 16 Hauptsatzung Düsseldorf übertragen. Hierzu gehören u.a. nach § 12 Abs. Nr. 2 der Zuständigkeitsordnung der Stadt Düsseldorf die Anordnung bzw. Aufhebung von ständigen nicht unerheblichen Verkehrsregelungs- und Verkehrslenkungsmaßnahmen bei Hauptverkehrsstraßen und bei Zubringerstraßen im Sinne des Straßen- und Wegegesetzes NRW sowie bei Straßen mit ÖPNV. Ein „Rückholrecht“ ist dem Stadtrat dabei nicht eingeräumt. Beanstandungen können vielmehr allein durch den Oberbürgermeister erfolgen. Die endgültige Entscheidung trifft dann der Haupt- und Finanzausschuss.

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Rechtsanwalt
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
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