22.02.2019

Urheberrechtsreform beschlossen – Inhalte und Folgen von Artikel 13

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22.02.2019

Urheberrechtsreform beschlossen –
Inhalte und Folgen von Artikel 13

Markus Heins, LL.M. / Sharon Sitzer

Die Mitgliedstaaten der EU haben in der vergangenen Woche zum Abschluss des Trilog-Verfahrens mit einer Mehrheit für einen finalen Text  der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (Urheberrechtsrichtlinie) abgestimmt. Die Urheberrechtsreform steht damit kurz vor ihrem Abschluss. Beachtlich, bedenkt man, dass noch im Januar die letzten Trilog-Verhandlungen abgebrochen worden waren, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht hatten einigen können. Nun ist diese Hürde überwunden. Die finale Fassung muss jetzt nur noch vom Europäischen Parlament, das voraussichtlich Ende März über die Fassung abstimmt, angenommen werden. Eine Entscheidung fällt damit erstaunlicherweise wohl noch vor der kommenden Europawahl am 26. Mai 2019.
 

Was steht in der finalen Fassung von Artikel 13?

In der Kompromissfassung von Artikel 13 werden die Plattformen bzw. User-Generated-Plattformen („Online Content Sharing Provider“) jetzt nicht mehr nur dazu verpflichtet, eine Veröffentlichung ohne Zustimmung des Rechteinhabers zu verhindern. Die Plattformbetreiber sollen vielmehr beim jeweiligen Rechteinhaber direkt eine entsprechende Lizenz erwerben. Ferner werden die Plattformen zukünftig vom sog. Providerprivileg (der Störerhaftung) ausgenommen und können zukünftig grundsätzlich selbst für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden. Eine Haftungsfreistellung soll nur noch dann greifen, wenn der Plattformanbieter beweisen kann, dass er alles Mögliche unternommen hat, eine entsprechende Lizenz für die Inhalte zu erwerben und den Upload von nicht lizensiertem Material auf die Plattform angemessen verhindert hat. Kann er dies nicht beweisen, haftet er gegenüber dem Rechteinhaber.
Zwar enthält die neue Fassung nun auch eine Ausnahmeregelung für kleinere Plattformen, allerdings greift diese nur, wenn die Plattform jünger als drei Jahre alt ist. Folglich werden lediglich Startups privilegiert und kleinere und mittelständische Plattformen ohne Ausnahme erfasst. Gerade letztere dürften zukünftig vor große Schwierigkeiten gestellt werden, die strengen Vorgaben des Artikels zu erfüllen.
 

Was sind die Argumente der EU?

Die Intension der EU ist klar. Sie will das geistige Eigentum auch im Internet stärker schützen und  einen fairen Ausgleich zwischen den Urhebern und Plattformen schaffen. Die Urheber sollen für die Nutzung ihre Werke angemessen von den Plattformen vergütet werden. Mit Artikel 13 will die EU die Plattformbetreiber stärker in die Pflicht nehmen. Wenn die Plattformen keine Lizenz von den Rechteinhabern erhalten, müssen sie den Upload deren Inhalte verhindern („made best efforts to prevent their future uploads in accordance.“). Nach Ansicht der EU steht es den Plattformbetreibern frei, wie sie diese Verpflichtung umsetzen. Eine Pflicht zur Einführung von Upload-Filtern sieht die EU darin nicht. Die Plattformen können die Instrumente, um den Pflichten aus Artikel 13 nachzukommen, frei wählen. Auch die Freiheitsrechte sieht die EU nicht in Gefahr. Diese sollen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie ausreichend berücksichtigen und entsprechende Schranken des Urheberrechts vorsehen. Dadurch sollen u.a. Parodien, Zitate und Reviews sowie Karikaturen und Parodien weiterhin ermöglicht werden. Wie dies letztlich ausreichend sichergestellt wird, bleibt allerdings den Mitgliedstaaten überlassen.
 

Welche Risiken und Gefahren bringt Artikel 13?

Der Artikel bringt zunächst zahlreiche Rechtsunsicherheiten und nicht überschaubare Risiken mit sich. Bereits kleinere Plattformbetreiber werden nicht ausreichend geschützt. Indem die Ausnahme nur für jüngere Unternehmen gelten, werden die meisten kleineren Plattformen in die Abhängigkeit größerer Anbieter gedrängt. Um die vermutlich notwendigen Filtersysteme zu entwickeln, werden entsprechende technisch und finanzielle Ressourcen benötigt, welche nicht jeder Plattformbetreiber zur Verfügung hat. Allein der von YouTube bereits eingesetzte Upload-Filter das „Content-ID-System“ soll über 60 Millionen Dollar gekostet haben. Kleinere Plattformen werden sich derartige Systeme wohl kaum leisten können und sind dann gezwungen, auf die Algorithmen der großen Plattformen zurückzugreifen.Darüber hinaus stellt der Artikel 13 vor allem das Geschäftsmodell von Plattformen, die den Upload von Inhalten durch Nutzer ermöglichen (User Generated Content), in Frage. Denn dem Plattformbetreiber droht, wenn sich auf seinem Portal urheberrechtswidrige Inhalte befinden, die unmittelbare Inanspruchnahme auf Unterlassung und auf Schadensersatz. Die bis dato geltenden Haftungserleichterungen, wie das etablierte „notice and takedown“ Verfahren, sollen abgeschafft werden. Indem die Plattformen direkt in die Verantwortung genommen werden, müssten sie zukünftig alle Inhalte auf Rechtsverletzungen überprüfen, bevor diese auf die Plattform hochgeladen werden. Dies dürfte genauso unmöglich sein, wie der Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrages mit jedem Rechteinhaber, wie es der Artikel 13 verlangt. Aus diesem Grund werden Plattformbetreiber also sehr genau abwägen müssen, ob und in wie weit sie den freien Upload und das freie Einstellen von Inhalten durch ihre Nutzer weiterhin ermöglichen können oder ob dieses Modell aufgrund der neuen urheberrechtlichen Vorgaben mit einem zu hohen wirtschaftlichem Risiko verbunden ist. Ob allein Upload-Filter dazu geeignet sind, dieses Risiko zu verhindern, ist mehr als fraglich.

[ Ein weiterer Blog-Beitrag zu diesem Thema ]

 

 

Markus Heins, LL.M.
Wirtschaftsjurist
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Köln
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