18.08.2015
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Ab September 2015 tritt in Russland ein Gesetz in Kraft, das Unternehmen verpflichtet, personenbezogene Daten russischer Staatsbürger ausschließlich auf Servern innerhalb des russischen Staatsgebietes zu speichern und zu verarbeiten („Data Localization Law“). Das Gesetz hat Auswirkungen auf die Aktivität von (deutschen) Unternehmen auf dem russischen Markt.
Die Gesetzesänderung sieht vor, dass Unternehmen bei der Erhebung personenbezogener Daten (auch per Internet) verpflichtet sind, die Erfassung, Systematisierung, Anreicherung, Speicherung, Anpassung (Aktualisierung, Änderung) und Abfrage von personenbezogenen Daten russischer Staatsbürger mit Hilfe von Datenbanken sicherzustellen, die sich auf dem Hoheitsgebiet der Russischen Förderation befinden. Vereinfacht heißt das: Personenbezogene Daten von russischen Staatsbürgern dürfen nach Inkrafttreten des Gesetzes nur noch innerhalb der Russischen Förderation und damit auf Servern in Russland gespeichert und verarbeitet werden. Die gesetzliche Neuerung wird zum 1. September 2015 in Kraft treten. Das bereits im Juli 2014 verabschiedete Gesetz sah zunächst vor, dass die Regelungen zum September 2016 in Kraft treten. Im Dezember 2014 wurde dieser Zeitpunkt jedoch vorverlegt. Übergangsvorschriften sind nicht vorgesehen.
Der Wortlaut des Gesetzes ist sehr weit gefasst und lässt viele Fragen unbeantwortet. Zudem ist bislang keine offizielle Übersetzung des Gesetzes verfügbar, was den Interpretationsspielraum zusätzlich erweitert. Ende Juni 2015 hat diezuständige russische Aufsichtsbehörde „Roskomnadsor“ („Föderaler Dienst für die Aufsicht im Bereich der Telekommunikation, Informationstechnologie und Massenkommunikation“) bei einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden allerdings ihre Auslegung der neuen Datenschutzregelung näher erläutert. Danach soll das Gesetz auf jedes Unternehmen Anwendung finden, das personenbezogene Daten russischer Staatsbürger im Zusammenhang mit dem Angebot bzw. dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen an russische Kunden selbst erhebt und speichert. Unerheblich sei hingegen, ob es sich um ein russisches oder ausländisches Unternehmen, ein Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in Russland oder ein Unternehmen ohne Russlandpräsenz handele. Nach diesem Verständnis sind auch (ausländische) Betreiber von Webshops verpflichtet, das neue russische Datenschutzrecht zu beachten, sofern und soweit sie hierbei personenbezogene Daten russischer Staatsbürger verarbeiten. Der Begriff des „personenbezogenen Datums“ ist nach Roskomnadsor weit zu verstehen: Erfasst werden sollen danach alle Informationen, die einen direkten oder indirekten Zusammenhang mit einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person aufweisen. Auf der anderen Seite soll der Begriff „russischer Staatsbürger“ einschränkend dahingehend zu verstehen sein, dass er nur solche Personen erfasst, die auch ihren Wohnsitz in Russland haben. Etwas anderes könne wiederum gelten, wenn die erhobenen Daten für Russland-bezogenes Geschäft eingesetzt werden.
Die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor wies auch darauf hin, dass es nicht etwa ausreiche, wenn Unternehmen sich darauf beschränkten, eine Kopie der betreffenden personenbezogenen Daten russischer Staatsbürger auf einem Server innerhalb des russischen Staatsgebietes zu speichern. Vielmehr müsse auch die eigentliche Datenverarbeitung in Russland erfolgen. Erlaubt sei aber die Übermittlung von Kopien der personenbezogenen Daten in Länder außerhalb Russlands, sofern dies unter Beachtung der sonst geltenden Bestimmungen zum Datenschutz erfolge. Hierzu zähle unter anderem das von Russland unterzeichnete Übereinkommen des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Konvention Nr. 108). Die vorgehend beschriebene Konkretisierung durch Roskomnadsor trägt zunächst zu einem besseren Verständnis der Regelung bei. Die Ausführungen sind jedoch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass Roskomnadsor nach russischem Recht nicht berechtigt ist, das Gesetz verbindlich auszulegen.
Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung zur Server- bzw. Datenlokalisierung können mit einer Geldbuße von derzeit umgerechnet 150 Euro geahndet werden. Ein anderer Gesetzesentwurf aus Februar 2015 sieht jedoch die Möglichkeit zum Erlass von Geldbußen bis umgerechnet 4.500 Euro vor. Unklar ist bislang außerdem, ob Geldbußen je Verstoß oder je betroffenem Datensatz fällig werden. Schwerwiegender dürfte allerdings die ebenfalls vorgesehene Sanktion ins Gewicht fallen, Internetseiten von Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, einzuschränken oder gänzlich zu sperren.
Die neuen russischen Bestimmungen, die durchaus Ähnlichkeiten mit Regularien anderer Länder aufweisen, zeigen die wachsende Bedeutung des Datenschutzrechts, sowie die zunehmende Anforderung an global agierende Unternehmen, ihre IT-Strategie so zu entwickeln und ihre IT-Infrastruktur so auszurichten, dass sowohl auf technische als auch auf regulatorische Anforderungen flexibel, zeitnah und ressourcenschonend reagiert werden kann. Bis zum 1. September 2015 werden betroffene Unternehmen vor diesem Hintergrund zunächst prüfen müssen, inwieweit die eigene IT-Infrastruktur den neuen Anforderungen entspricht und welche Prozesse und IT-Strukturen unter Zugrundelegung der gefundenen Ergebnisse unter Umständen neu ausgerichtet werden müssen.
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Das Bundeskabinett hat am 4. Februar 2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse-rung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts beschlossen. Künftig sollen auch Verbraucherverbände mittels Unterlassungsklage gegen Unternehmen vorgehen können, wenn diese in für Verbraucher relevanten Bereichen gegen das Datenschutzrecht verstoßen. Dazu sollen insbesondere die Werbung, der Adress- und Datenhandel oder auch der Umgang mit Persönlichkeitsprofilen zählen. Daneben soll zum besseren Schutz der Verbraucher die Vereinbarung von Formerfordernissen in allgemeinen Geschäftsbedingungen angepasst werden.
Immer mehr Daten werden kommerziell von Unternehmen ausgewertet, ohne dass der Betroffene davon Kenntnis erlangt. Selbst wenn die Kenntnis vorliegt, scheuen viele Verbraucher den Gang vor die Gerichte. Um die Rechte der Verbraucher zu stärken, sollen künftig die Verbraucherverbände an deren Stelle gegen Unternehmen vorgehen können. Die Verbraucherverbände (dazu zählen neben den Verbraucherschutzverbänden auch bestimmte Wirtschaftsverbände, die Industrie- und Handelskammern oder die Handwerkskammern) können diese Ansprüche in Zukunft unter den gleichen Voraussetzungen wie Verstöße gegen andere Verbraucherschutzgesetze geltend machen.
Verbraucherverbände können künftig Unterlassungs-ansprüche gegen ein Unternehmen geltend machen, wenn dieses Daten von Verbrauchern zu bestimmten Zwecken erhebt, verarbeitet und nutzt und dabei gegen das geltende Datenschutzrecht verstößt. Davon umfasst sind die Zwecke der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, das Betreiben von Auskunfteien, das Erstellen von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, der Adresshandel, der sonstige Datenhandel oder vergleichbare kommerzielle Zwecke.
Daneben sollen die Datenschutzaufsichtsbehörden in die Verfahren der Verbraucherverbände ergänzend einbezogen werden, um deren Wissen und Sachverstand zu nutzen. In Gerichtsverfahren nach dem Unterlassungsklagegesetz wird ein entsprechendes Anhörungsrecht eingeführt. Geplant ist zudem, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden über Verstöße gegen das Datenschutzrecht von den Verbraucherverbänden informiert werden, um ggf. gesondert tätig werden zu können.
Ziel des Gesetzentwurfes ist es weiterhin, Transparenz hinsichtlich der Formanforderungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) oder anderen vorformulierten Vertragsbedingungen (insbesondere in Verbraucherverträgen) zu schaffen. Die bislang missverständlichen Regelungen des BGB sollen vereinfacht werden. Bislang ist es z.B. möglich, die Schriftform wirksam zu vereinbaren (§ 309 Nummer 13 BGB). Dieses Formerfordernis ist zurzeit auch dann erfüllt, wenn die Erklärung in Textform z.B. per E-Mail abgegeben wird (§ 127 Absatz 2 und 3 BGB). In der Regel ist dies den Verbrauchern allerdings nicht bekannt und sie gehen davon aus, dass die vereinbarte Schriftform nur durch eine eigenhändig unterzeichnete Erklärung erfüllt werden kann, die per Post an den Erklärungsempfänger zu senden ist. Hier soll klargestellt werden, dass auch eine E-Mail ausreichen kann, um die vorgegebene Form zu erfüllen.
In der Vergangenheit war die Ahndung von datenschutzrecht lichen Verstößen im Wesent lichen den
Datenschutzaufsichtsbehörden, Mitbewerbern oder auch den Betroffenen selbst vorbehalten. Künftig können auch die Verbraucherverbände gegen Unternehmen vorgehen, die z.B. Newsletter versenden, Verbraucherprofile erstellen oder Scoring betreiben. Es ist nicht auszuschließen, dass Mitbewerber Unternehmen bei den Verbraucherverbänden anschwärzen oder auch Betroffene eher geneigt sind, entsprechende Verstöße bei den Verbraucherverbänden zu melden und diesen den Rechtsstreit mit den Unternehmen zu überlassen. Ein Verbraucherverband wird sich dabei in der Regel nicht auf die Ahndung eines einzelnen Falls konzentrieren, sondern generell das Unterlassen bestimmter Tätigkeiten fordern. Konsequenz könnte im schlimmsten Fall sein, dass ganze Datenbestände des Unternehmens nicht mehr für z.B. Werbung genutzt werden können. Unternehmen sind daher gut beraten zu prüfen, ob ihre entsprechenden Aktivitäten im Einklang mit dem geltenden Datenschutzrecht stehen. Andernfalls steigen ihre Risiken auf Unterlassung der Nutzung ihrer Daten verklagt zu werden, erheblich.
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Die Veröffentlichung eines negativen Scoring-Werts ausschließlich auf Basis des Umstands, dass ein Unternehmen nur als Einzelkaufmann, nicht aber als Kapitalgesellschaft eingetragen ist, ver-stößt gegen das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Eine Rating-Agentur veröffentlichte einen negativen Scoring-Wert über den Kläger allein auf Grundlage des Umstands, dass es sich bei dem Kläger um einen eingetragenen Kaufmann und nicht um eine Kapitalgesellschaft handelte. Auf Basis der von Rating-Agenturen ermittelten Scoring-Werte versuchen Unternehmen das Risiko von Zahlungsausfällen und damit die Kreditwürdigkeit ihrer (potentiellen) Geschäftspartner einzuschätzen. Ein negativer Scoring-Wert impliziert ein hohes Ausfallrisiko und kann daher erhebliche Folgen für den Betroffenen haben. Der Kläger wehrte sich deshalb gegen den auf dieser Grundlage ermittelten Scoring Wert und beantragte, die Rating-Agentur zur Unterlassung und zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. Ansprüche gegen Rating-Agenturen auf Mitteilung der Berechnungsgrundlagen von Scoring-Werten wurden vom Bundesgerichtshof jüngst abgelehnt (BGH, Urteil vom 28. Januar 2014, Az.: VI ZR 156/13). Damit argumentierte auch die Rating-Agentur und nahm außerdem für sich in Anspruch, mit dem Scoring-Wert ein sog. „Werturteil“ zu verbreiten.
Das OLG Frankfurt gab der Klage statt, untersagte der Rating-Agentur, den schlechten Scoring-Wert zu verbreiten und sprach dem Kläger Schadensersatz zu. Das Gericht führte aus, der schlechte-Scoring Wert stelle einen rechtswidrigen Eingriff in den gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, wenn als einzige Bewertungsgrundlage der Umstand herangezogen werde, dass es sich bei dem Unternehmen um einen eingetragenen Kaufmann und nicht um eine Kapitalgesellschaft handele. Taugliche Bewertungsgrundlagen seien dagegen bspw. die Dauer der Geschäftstätigkeit und der Branchenzugehörigkeit. Offen ließ das OLG, ob auch ein Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 28b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Betracht kommt bzw. ob § 28b BDSG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Im vorliegenden Fall gehe es auch nicht um den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit, sondern um eine offensichtlich unzutreffende Tatsachengrundlage und eine vereinfachte Darstellung der Kreditwürdigkeit. Nach Auffassung des OLG hätte die Rating-Agentur jedenfalls darauf hinweisen müssen, dass sich ihr Werturteil allein aus der Tatsache ergibt, dass die Klägerin als Kaufmann und nicht als Kapitalgesellschaft eingetragen sei.
Das OLG Frankfurt stellt mit diesem Urteil klar, dass die Berechnung des Scoring-Werts gewissen Qualitätsanforderungen unterliegt und schützt damit Unternehmen gegen die Vergabe von Scoring-Werten, die auf einer unzutreffenden bzw. unzureichenden Tatsachengrundlage beruhen. Einzelpersonen sind bereits auf Grundlage der Regelungen des BDSG vor der Vergabe willkürlicher Scoring-Werte geschützt. §§ 28a, 28b BDSG schützen Einzelpersonen vor der schrankenlosen Übermittlung von Informationen zu offenen Forderungen sowie vor der Berechnung ihrer Kreditwürdigkeit auf Basis wissenschaftlich nicht anerkannter Verfahren oder auf Basis einer ihnen gegenüber nicht offengelegten Verwendung von Anschriftendaten. Durch den Verweis auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird der Schutz vor der Vergabe willkürlicher Scoring-Werte auf Unternehmen erstreckt, unabhängig davon, ob diese durch einen Einzelkaufmann oder durch eine (Kapital-) Gesellschaft betrieben werden. Da § 28b BDSG bei Kapital-gesellschaften mangels Personenbezogenheit des Scoring Werts allerdings nicht unmittelbar als Maßstab herangezogen werden kann und den klagenden Unternehmen der Nachweis der Berücksichtigung unrichtiger oder unsachlicher Tatsachen in der Praxis nicht so leicht fallen wird wie im entschiedenen Fall, dürfte eine entsprechende Klagewelle gleichwohl nicht zu erwarten sein.
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Der BGH hat mit Urteil vom 2. April 2015 entschieden, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Löschung einer Marke verlangen kann, die sich in ihrem Gesamterscheinungsbild in Form einer Parodie an seine Marke anlehnt.
Die Klägerin, ein weltweit führender Hersteller von Sport-Produkten, ist Inhaberin verschiedener deutscher Wort-/Bildmarken mit dem stilisierten Schriftzug „PUMA“ sowie dem Umriss einer springenden Raubkatze, u.a. der deutschen Wort-/Bildmarke, Az.: 200 16 32.
Der Beklagte ist Inhaber der am 26.Januar 2006 eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke, Az.: 305 67 514, die vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) u.a. für Waren der Kasse 25 (Bekleidung, T-Shirts) eingetragen wurde.
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Die Klägerin wandte sich gegen die Eintragung dieser prioritätsjüngeren deutschen Wort-/ Bildmarke. Sie sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der beim DPMA eingetragenen Marke einzuwilligen. Das Landgericht hat den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung seiner Marke verurteilt. Die dagegen gerichtete Zerufung blieb ohne Erfolg. Mit der Revision vor dem BGH verfolgte der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Auch die Revision blieb ohne Erfolg. Der BGH bejahte den Löschungsanspruch der Klägerin. Das Gericht ging zunächst davon aus, dass es sich bei der Marke der Klägerin um eine bekannte Marke handele. Zwar sei aufgrund der bestehenden Unterschiede die Ähnlichkeit der Zeichen nicht so groß, dass dadurch eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Der Beklagte nutze mit dem Zeichen jedoch die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Marke der Klägerin im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus und profitiere von der Ähnlichkeit der beiden Marken. Der Beklagte erlange dadurch eine Aufmerksamkeit, die er für die mit der Marke gekennzeichneten Produkte ansonsten nicht erhalten würde. Der Löschungsanspruch bestehe insbesondere deshalb, weil der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken so groß sei, dass die beteiligten Verkehrskreise eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Marken herstellten.
Etwas andere ergebe sich auch nicht aus dem Recht auf freie künstlerische Betätigung oder auf freie Meinungsäußerung. Die Rechte des Beklagten müssten gegenüber dem ebenfalls durch die Verfassung geschützten Markenrecht der Klägerin zurücktreten, weil der Grundrechtsschutz dem Beklagten nicht die Möglichkeit einräume, ein eigenes Markenrecht für identische oder ähnliche Waren eintragen zu lassen.
Der BGH stellt in der Entscheidung klar, dass (trotz fehlender Verwechslungsgefahr) in die Löschung der Marke eingewilligt werden muss, da durch Verwendung des Zeichens die Wertschätzung der bekannten Marke ausgenutzt werde. Dem BGH ist zuzustimmen, dass es sich bei der Marke der Klägerin um eine so bekannte Marke handelt, dass die beteiligten Verkehrskreise die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der BGH festlegt, dass die Grundrechte auf freie künstlerische Betätigung sowie auf freie Meinungsäußerung gegenüber dem Markenrecht der Klägerin zurücktreten müssen. Die Marke des Beklagten ist daher zu löschen.
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Sendeunternehmen, die Live-Streams zu Sportveranstaltungen zum kostenpflichti-gen Abruf bereitstellen, können eine von Dritten vorgenommene Verlinkung zu den Live-Streams untersagen.
Die Klägerin, ein schwedisches Fernsehunternehmen, bietet auf ihrer Internetseite gegen Bezahlung eines bestimmten Entgeltes die Übertragung von Live-Sportveranstaltungen an. Auf ihrer Internetseite stellte sie unter anderem auch zahlreiche Eishockeyspiele zum kostenpflichtigen Abruf für ihre Kunden zur Verfügung. Der Beklagte richtete eine eigene Internetseite ein, auf welcher er Links zu der Seite der Klägerin und den dort abrufbaren Eishockeyspielen setze. Dabei setze er die Links in der Weise, dass es den Besuchern seiner Internetseite möglich war, die von der Klägerin veranstaltete Direktübertragung der Eishockeyspiele unentgeltlich zu verfolgen. Später richtete die Klägerin einen technischen Schutz ein, sodass über die von dem Beklagten gesetzten Links ein Zugang zu den Übertragungen nicht mehr möglich war. Zudem erhob die Klägerin Klage wegen Verletzung von Urheberrechten durch die Verlinkung.
Nachdem das erstinstanzliche Gericht eine Verletzung von Urheberrechten der Klägerin bejaht und den Beklagten zur Zahlung einer Geldstrafe und zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt hatte, entschied das Berufungsgericht, dass an der Übertragung der Sportveranstaltung keine Urheberrechte bestünden. Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass weder ein Teil der Arbeit der Kommentatoren, der Kameraleute oder der Regisseure der Übertragung von Eishockeyspielen für sich allein, noch einige oder alle Teile zusammengenommen, die für den urheberrechtlichen Schutz nach schwedischem Recht notwendige „Originalität“ erreiche. Gegen diese Feststellung wandte sich die Klägerin an den Obersten Gerichtshof und beantragte, sie als Inhaberin der Urheberrechte anzuerkennen und den an sie zu zahlenden Schadensersatzbetrag durch den Beklagten zu erhöhen.
Der Oberste Gerichtshof war der Ansicht, dass weder aus dem Wortlaut der RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft noch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgehe, dass die Anbringung eines Hyperlinks auf einer Webseite eine öffentliche Wiedergabe darstelle. Der Oberste Gerichtshof setzte daher das Verfahren aus und legte dem EuGH zunächst fünf Fragen zur Vorabentscheidung vor, von denen er vier mit Blick auf die Entscheidung „Svensson“ des EuGH aus dem Jahre 2014 (Az.: C-466/12) wieder zurückzog. Der EuGH hatte sich sodann nur noch mit der nachfolgenden Frage zu befassen:
„Dürfen die Mitgliedstaaten dadurch ein weitergehendes Ausschließlichkeitsrecht des Rechteinhabers festlegen, dass von der öffentlichen Wiedergabe Handlungen erfasst sind, die über die in Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/29/EG genannten Handlungen hinausgehen?“
Der EuGH entschied, dass Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/29/EG dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Regelung, die das Ausschließlichkeitsrecht der in Art. 3 Abs. 2 d) dieser Richtlinie genannten Sendeunternehmen auf Handlungen der öffentlichen Wiedergabe ausdehne, die in Direktübertragungen von Sportveranstaltungen über das Internet wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bestehen könnten, nicht entgegenstehe, sofern eine solche Ausdehnung den Schutz der Urheberrechte nicht beeinträchtige.
Art. 3 der RL 2001/29/EG regelt das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände. In Absatz 2 der Vorschrift heißt es:
„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass die nachstehend genannten Schutzgegenstände drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind:
a) - c) …
d) für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden.“
Der EuGH stellte zunächst fest, dass das Recht der „öffentlichen Zugänglichmachung“ einen Unter fall der „öffentlichen Wiedergabe“ darstelle. Eine „öffentliche Zugänglichmachung“ liege jedoch nur dann vor, wenn die in Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/29/EG beschriebenen Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien. Demnach sei eine „öffentliche Zugänglichmachung“ nur dann gegeben, wenn der Öffentlichkeit der Zugriff auf den betreffenden Schutzgegenstand sowohl von Orten als auch zu Zeiten ihrer Wahl ermöglicht werde. Bei der Live-Übertragung einer Sportveranstaltung seien diese Voraussetzungen jedoch gerade nicht erfüllt, da die Öffentlichkeit nicht zu Zeiten ihrer Wahl auf den betreffenden Schutzgegenstand zugreifen könne. Eine öffentliche Zugänglichmachung scheide nach Ansicht des EuGH bei Live-Übertragungen von Sportveranstaltungen daher naturgemäß aus.
Bei der Live-Übertragung von Sportveranstaltungen handele es sich jedoch um eine sonstige Form der öffentlichen Wiedergabe. In diesem Zusammenhang verwies der EuGH auf die RL 2006/115/EG (Richtlinie zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums) und insbesondere auf deren Art. 8 Abs. 3 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 16 der Richtlinie. Art. 8 Abs. 3 der RL 2006/115/EG bestimme, dass Mitgliedstaaten für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vorsehen müssten, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Aus dem 16. Erwägungsgrund der RL 2006/115/EG ergebe sich, dass die Mitgliedstaaten einen weiterreichenden Schutz für Inhaber von verwandten Schutzrechten vorsehen können sollen, als er in der Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist. Die RL 2006/115/EG erlaube daher den Mitgliedstaaten hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe auch einen Schutz für solche Sendungen vorzusehen, auf die, wie im Ausgangsverfahren, jede Person von einem Ort ihrer Wahl zugreifen kann.
Dem stehe auch nicht die RL 2001/29/EG entgegen, denn hieraus ergebe sich nicht, dass der Unionsgesetzgeber hinsichtlich der Art und des Umfangs des Schutzes, den die Mitgliedstaaten den in Art. 3 Abs. 2 d) der RL 2001/29/EG genannten Rechtsinhabern für bestimmte Handlungen, die von dieser Bestimmung nicht ausdrücklich erfasst sind, zuerkennen können, die Absicht hatte, etwaige Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zu harmonisieren und folglich zu verhindern oder zu beseitigen.
Ob die Übertragung von Sportveranstaltungen auch Urheberrechte begründet, bleibt auch nach der Entscheidung des EuGH vorerst offen, da sich der EuGH hiermit zur Beantwortung der Vorlagefrage nicht befassen musste. Die schwedischen Gerichte haben diese Frage unterschiedlich beurteilt. Nach deutschem Recht muss hierfür im konkreten Einzelfall festgestellt werden, ob die Übertragung der betreffenden Sportveranstaltungen wegen der eigentümlichen Art der Übertragung die erforderliche Schöpfungshöhe im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG erreicht. Sofern dies nicht der Fall ist, steht Sendeunternehmen zwar dennoch gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG das ausschließliche Recht zu, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. Eine öffentliche Zugänglichmachung liegt nach der Entscheidung des EuGH jedoch bei Live-Übertragungen gerade nicht vor.
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Die Werbung mit Prominentennamen erfordert eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des betrof-fenen Prominenten mit dem Recht des Werbenden auf freie Meinungsäußerung. Eine Werbemaßnahme unter Bezug-nahme auf Prominente ist danach i.d.R. dann zulässig, wenn die Werbung nicht unverhältnismäßig herabwürdigend wirkt oder ohnehin in der öffentlichen Debatte befindliche tatsächliche Gegebenheiten aufgegriffen werden.
Die Entscheidungen des EGMR befassen sich mit einer Werbekampagne für die Zigarettenmarke Lucky Strike. In beiden Fällen ging es um die Zulässigkeit einer Printwerbung, in der auf satirische Art und Weise auf aktuelle Ereignisse im Zusammenhang mit prominenten Personen (Dieter Bohlen bzw. Ernst August, Prinz von Hannover) Bezug genommen wurde. Im ersten Fall wurde eine Werbeanzeige veröffentlicht, die zwei Schachteln der Zigarettenmarke sowie einen hieran angelehnten schwarzen Filzstift abbildete. Darüber war der Schriftzug zu lesen: „Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher“. Die Wörter „lieber“, „einfach“ und „super“ wurden hierbei geschwärzt, ohne dass dies deren Lesbarkeit gänzlich verhinderte. Diese Printwerbung spielte auf das 2003 von Dieter Bohlen veröffentlichte Werk „Hinter den Kulissen“ an, das nach gerichtlicher Intervention mehrerer hiervon inhaltlich Betroffener nur nach Schwärzung wesentlicher Passagen veröffentlicht werden durfte. In dem Ernst August Prinz von Hannover betreffenden Parallelfall war die Zigarettenschachtel zerknüllt und mit der Überschrift versehen: „War das Ernst? Oder August?“. Hiermit wurde auf die kurz vor der Veröffentlichung der Werbeanzeige bekannt gewordenen gewalttätigen Auseinandersetzungen von Ernst August mit einem Kameramann und dem Geschäftsführer einer ausländischen Diskothek angespielt.
Das mit den Fällen zunächst befasste OLG Hamburg hatte eine Verletzung des sich aus § 12 BGB ergebenden Rechts der betroffenen Prominenten am Schutz des eigenen Namens angenommen und diesen einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr zuerkannt. Der BGH hingegen vertrat die Auffassung, dass es an einer relevanten Rechtsverletzung fehle, sodass auch ein Schadensersatzanspruch ausscheide. Das Namensrecht stelle eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und müsse mit den Interessen des Werbetreibenden abgewogen werden. Das werbende Unternehmen könne sich insofern auf das sich aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz ergebende Recht auf freie Meinungsäußerung berufen, das auch auf kommerziell geprägte Aussagen Anwendung finde. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Anspielungen um in der Öffentlichkeit bekannte Ereignisse handele, die in satirischer Art und Weise aufgegriffen worden seien, ohne dass dies einen besonders herabwürdigen Charakter aufgewiesen habe. Im Falle Dieter Bohlens käme erschwerend hinzu, dass dieser durch die Veröffentlichung seines Buches bereits selbst aktiv den Weg in die Öffentlichkeit gesucht und mithin seine Schutzwürdigkeit herabgesetzt habe.
Die Beschwerdeführer wandten sich sodann an den EGMR und rügten eine Verletzung ihres sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebenden Rechts auf Schutz der Privatsphäre.
Der EGMR wies die Klagen ab und begründete seine Entscheidungen ähnlich wie zuvor der BGH damit, dass durch die satirische Auseinandersetzung mit aktuellen und der Öffentlichkeit ohnehin bereits bekannten (und z.T. selbst ini t i ier ten) Ereigni ssen in den Werbeanzeigen in gewisser Weise ein Beitrag zur öffentlichen Diskussion geleistet werde. Zudem sei der hohe Bekanntheitsgrad der Beschwerdeführer zu berücksichtigen, aufgrund dessen die Beschwerdeführer nicht dasselbe Maß an Privatsphäre beanspruchen könnten wie der Öffentlichkeit größtenteils unbekannte Dritte. Schließlich sah auch der EGMR in der streitgegenständlichen Werbung keine besondere Herabsetzung der Beschwerdeführer.
Die Entscheidungen des EGMR begründen erhebliche Rechtssicherheit für Unternehmen, die den Wiedererkennungswert und Erfolg ihrer Werbung dadurch erhöhen möchten, dass sie hierin auf satirische Art und Weise auf aktuelle öffentlichkeitswirksame Ereignisse im Zusammenhang mit prominenten Personen Bezug nehmen. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens ist nunmehr höchstrichterlich bestätigt, vorausgesetzt, dass die Werbung keinen beleidigenden oder sonst unangemessen herabwürdigenden Charakter hat.
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