04.05.2016

Mergers & Acquisitions Q2/2016

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Unternehmenskäufer muss Anhaltspunkten aus einer Due Diligence-Prüfung konkret nachgehen

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LG Hamburg, Urteil vom 13.März 2015 – 315 O 89/13

Auf den Punkt.

Ergeben sich für einen Unternehmenskäufer bei der Due Diligence-Prüfung Anhaltspunkte dafür, dass Umstände vorliegen, die Risiken für von ihm als wesentlich angesehene Eigenschaften des Zielunternehmens begründen, sprich: dessen Wert beeinträchtigen, könnten, so trifft den Käufer bzw. dessen Organe die Pflicht, weitergehende konkrete Nachfragen zu stellen, um eine grob fahrlässige Unkenntnis nach § 442 BGB zu vermeiden.

Der Fall

In dem vom LG Hamburg entschiedenen Fall hatten die Parteien im Anschluss an eine von der Käuferin vorgenommene Due Diligence-Prüfung der Zielgesellschaft einen Kaufvertrag über GmbH-Anteile zum Stichtag 31. Dezember 2007 geschlossen. Im Rahmen der Due Diligence-Prüfung war der Käuferin ausdrücklich mitgeteilt worden, dass es ein gegen die Zielgesellschaft geführtes Patentverletzungsverfahren gebe, das aber offensichtlich keinen Bezug zu den im entschiedenen Fall (standardessentiellen) Patenten hatte. Der englischsprachige Unternehmenskaufvertrag enthielt unter anderem die Garantie „Permits“, wonach die Zielgesellschaft zum Stichtag über alle für die Führung ihres Geschäftes erforderlichen Erlaubnisse verfügte:

„The company has all permits and authorisations necessary for the conduct of its business as now being conducted or required for the ownership, lease and/or use and operations of its assets and facilities.“

Nach Übergang der Geschäftsanteile auf die Käuferin wurde die Zielgesellschaft aufgrund fehlender Lizenzen für Patentrechtsverletzungen in Zeiträumen vor dem Stichtag in Anspruch genommen. Zur Abwehr gerichtlicher Auseinandersetzungen hierüber schloss die Zielgesellschaft mit den Anspruchstellern außergerichtliche Vergleiche. Die Käuferin nahm daraufhin die Verkäuferin wegen der Verletzung der genannten kaufvertraglichen Garantie in Anspruch und verlangte Ersatz bzw. Freistellung von den durch die Patentrechtsverletzungen entstandenen Kosten. Weiterhin machte sie geltend, dass auch die ebenfalls abgegebene Bilanzgarantie unrichtig gewesen sei, da keine ausreichenden Rückstellungen für eventuelle Schutzrechtsverletzungsforderungen gebildet worden seien, obwohl diese der Zielgesellschaft bekannt gewesen seien.

Die Entscheidung

Das Landgericht hat einen Anspruch der Käuferin aus der mit „Permits“ bezeichneten Garantie verneint. Diese umfasse offensichtlich allein die für den Geschäftsbetrieb der Zielgesellschaft erforderlichen öffentlich-rechtliche Erlaubnisse und Genehmigungen, was sich auch daraus ergebe, dass die Parteien eine weitere, eigenständige Garantie zu „Intellectual Property Rights“ (in der zwar nur Markenrechte angesprochen seien) getroffen hätten. Ferner beziehe sich die Garantie „Permits“ auf den Stichtag und umfasse keine vor diesem Datum liegenden Schadensersatzansprüche, so dass es für die geltend gemachten, vor dem Stichtag liegenden Schäden an der Schadenskausalität fehle. Die Käuferin könne auch keinen Schadensersatz wegen einer Verletzung der Bilanzgarantie aus dem Kaufvertrag beanspruchen. Die Verkäuferin sei nicht zur Bildung von Rückstellungen zu Gunsten Zielgesellschaft verpflichtet gewesen,
weil zum maßgeblichen Zeitpunkt noch keine Forderungen gegen die Zielgesellschaft gestellt worden seien und beide, Verkäuferin und Zielgesellschaft, nach einer Prüfung offensichtlich davon ausgegangen seien, dass eine Inanspruchnahme nicht drohte.

Der Käuferin stünden auch keine gesetzlichen Schadensersatzansprüche aus §§ 434, 453 BGB oder § 311 Abs. 2 BGB (c.i.c.) zu, weil sie bei Abschluss des Kaufvertrages im Hinblick auf die Überprüfung etwaiger Patentlizenzansprüche vor dem Stichtag und damit bezüglich des von ihr behaupteten Mangels jedenfalls grob fahrlässig gehandelt habe. Dabei sei im Streitfall zu berücksichtigen gewesen, dass die Muttergesellschaft der Käuferin ein sog. „Turn around“-Spezialist sei und dementsprechend auch die Käuferin über erhebliches Wissen im Hinblick auf die Risiken von Unternehmenskaufverträgen verfüge. Die Käuferin habe im Vorfeld der Transaktion die Zielgesellschaft auch einer Due Diligence-Prüfung unterzogen und in dem später geschlossenen Unternehmenskaufvertrag zugesichert, dass ihr ausreichende und zufriedenstellende Informationen über das Unternehmen der Zielgesellschaft zur Verfügung gestellt worden seien:

„Buyer hereby further represents that, as the date of this Agreement, it has been provided with sufficient and satisfactory documentation and information in relation to transaction contemplated herein.“

Die Käuferin sei darüber informiert worden, dass es ein Patentverletzungsverfahren gebe. Auch wenn dies offensichtlich nichts mit den streitgegenständlichen Patentverletzungen zu tun gehabt habe, sei die Käuferin damit auf das Problem möglicher Patentverletzungen hingewiesen worden. Daher hätte es sich der Käuferin aufdrängen müssen, konkrete Nachfragen nach der Nutzung bzw. Lizenzierung der Patente in der Vergangenheit zu stellen. Zudem hätte sie insoweit im Kaufvertrag auf Klauseln bestehen müssen, die ein derartiges Risiko zu ihren Gunsten berücksichtigen und eine konkrete Haftungsverteilung zu Lasten der Verkäuferin vorsehen.

Unser Kommentar

Das vorliegende Urteil des LG Hamburg ist für die M&A-Praxis gleich in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung:

  1. Deutlich werden die Auswirkungen von sog. Stichtagsregelungen: Eine Garantieverletzung liegt nur vor, wenn der  Garantietatbestand am oder nach dem Stichtag verletzt ist. Ein Schutz gegen frühere Verletzungen bedarf einer konkreten, auf vergangene Zeiträume vor dem Stichtag rückwirkenden Formulierung im Unternehmenskaufvertrag.
  2. Bedeutsam ist auch der Umstand, dass das LG Hamburg in seiner Entscheidung den Käufer in die Pflicht nimmt: Während die Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen (etwa BGH, Urteil vom 4. April 2001 – VIII ZR 32/00, NJW 2001, 2163) bisher vor allem gesteigerte Aufklärungspflichten des Verkäufers gesehen hat, verschärft das Landgericht die Nachfragepflichten des Käufers, der bei entsprechenden Anhaltspunkten aus den Offenlegungen im Rahmen der Due Diligence-Prüfung weitergehende, konkrete Nachfragen stellen muss um eine grob fahrlässige Unkenntnis nach § 442 BGB zu vermeiden.
  3. Nicht zu unterschätzen ist schließlich die Bedeutung der Bilanzgarantie im Unternehmenskaufvertrag (vgl. hierzu auch den Beitrag von Schubmann auf Seite 4 ff. in diesem Newsletter): Auch wenn es der klagenden Käuferin im vorliegenden Fall nicht gelungen ist, hinreichend darzulegen, dass die Verkäuferin Kenntnis von einer drohenden Inanspruchnahme der Zielgesellschaft wegen Patentverletzungen hatte, spielen die in den Bilanzpositionen, vor allem auch den Rückstellungen, abgebildeten Verhältnisse der Zielgesellschaft eine wichtige Rolle, wenn es um mögliche anspruchbegründende Umstände und die Kenntnis von Risiken geht.

Dr. Johannes C. Becker
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Köln
Telefon +49 221 9937 25799
johannes.becker@luther-lawfirm.com

Zur Auslegung einer sogenannten „harten“ Bilanzgarantie in einem Anteilskaufvertrag

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OLG Frankfurt, Urteil vom 7. Mai 2015 – 26 U 35/12

Auf den Punkt.

Wird bei einem Mehrheitserwerb von GmbH-Geschäftsanteilen auch zugesichert, dass der Jahresabschluss zum maßgeblichen Stichtag ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt, so ist unter Anwendung allgemeiner Auslegungsgrundsätze hierin regelmäßig eine sog. harte Bilanzgarantie zu sehen, die typischerweise kein (begrenzendes) subjektives Element enthält. Ergibt die Auslegung, dass eine solche Bilanzgarantie die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Faktoren verbindlich festlegen soll, so ist der Erwerber so zu stellen, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, einen günstigeren Kaufpreis zu vereinbaren.

Der Fall

Das OLG hatte über Gewährleistungsansprüche aus einem GmbH-Anteilskaufvertrag zu entscheiden. Dieser enthielt einen umfangreichen Garantiekatalog, u.a. auch eine Bilanzgarantie mit folgendem Wortlaut: „Der Jahresabschluss 2007 ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden und vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.“

Im Fall der Unrichtigkeit von Garantieerklärungen sah der Vertrag vor, dass der Erwerber durch Schadensersatz zu stellen war, wie er oder die Gesellschaft stehen würde, wenn die entsprechende Gewährleistung zutreffend wäre.Nach Vollzug des Kaufvertrags stellte der klagende Erwerber fest, dass die „garantierte“ Bilanz unvollständig und gegen handelsrechtliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften verstieß, so dass sich statt des bilanzierten Gewinns ein Jahresfehlbetrag ergab. Dementsprechend hat der Erwerber den Betrag des bilanzierten Gewinns abzüglich einer ermittelten Steuerentlastung klagweise geltend gemacht.

Die Entscheidung

Das Gericht hat zunächst die Garantierklärung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB ausgelegt. Da die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft für den Mehrheitserwerb von Geschäftsanteilen typischerweise entscheidend für den Kaufentschluss ist, sei aus dem Blickwinkel eines objektiven Empfängerhorizonts davon auszugehen, dass nicht allein die sorgfältige Erstellung der Bilanz unter Beachtung der maßgeblichen Vorschriften garantiert sei, sondern dass der Jahresabschluss tatsächlich die Vermögenslage der Zielgesellschaft zum Stichtag vollständig und richtig wiedergibt. Eine Abweichung des tatsächlichen Vermögensstatus von dem in der Bilanz angegebenen Vermögensstatus zum Stichtag begründet unabhängig davon, ob der Fehler sich letztlich negativ auf den Vermögensstatus der Gesellschaft auswirke, die Haftung. Eine „harte“ Bilanzgarantie sei folglich so zu verstehen, dass die Referenzbilanz zum Stichtag die tatsächlichen Verhältnisse objektiv vollständig und korrekt widerspiegeln müsse, weshalb der Verkäufer auch für ihm nicht bekannte Schulden und Verbindlichkeiten bis zum Stichtag einzustehen habe; selbst wenn diese nach subjektiven Kriterien unter Berücksichtigung der bilanzrechtlich erforderlichen Aufstellungssorgfalt nicht erkennbar gewesen seien.

Es gilt zu berücksichtigen, dass die Erwartungen des Erwerbers an die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft beim Mehrheitserwerb von GmbH-Geschäftsanteilen typischer-weise maßgeblich für den Kaufentschluss und die zugrunde liegende Kaufpreiskalkulation sind. Vor diesem Hintergrund ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Garantie eindeutig, dass der Jahresabschluss nicht nur mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns unter Beachtung der maßgeblichen Vorschriften erstellt werden, sondern zum Stichtag die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft vollständig und richtig wiedergeben muss. Die Zusicherung bezieht sich dabei terminologisch auf den gesamten Jahresabschluss der Ziel-GmbH, mithin auf sämtliche gesetzlichen Bestandteile des Jahresabschlusses, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung. Vorhandene Aktiva und Passiva, Ertragssituation und Risiken waren daher korrekt auszuweisen, insbesondere sollten in der Referenzbilanz auch Rückstellungen in dem erforderlichen Maße gebildet werden, so dass auch hinsichtlich der Existenz und/oder der Höhe der Schuld noch nicht (vollständig) bekannte bzw. zu erwartende Risiken, Wertminderungen und Verbindlichkeiten von der Bilanzgarantie umfasst sind.

Im konkreten Fall hatte sich das Gericht weiterhin dahingehend positioniert, dass der wegen der falschen Bilanzierung zu ersetzende Schaden sich nicht auf die Differenz zwischen den Kennziffern in der richtigen und der garantierten Bilanz belaufe (sog. Bilanzauffüllungsanspruch). Vielmehr hätten die Parteien im dortigen Kaufvertrag vereinbart, dass der Erwerber so zu stellen sei, wie er bei richtiger Bilanzlegung zum Stichtag stünde. Wegen der Erheblichkeit der Bilanz für die Kaufpreisbildung bestünde der Schaden daher in der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem Kaufpreis, der hypothetisch ohne die Garantieverletzung ausgehandelt worden wäre.

Das Gericht führt weiter aus, dass der Erwerber sich einen etwaigen Anspruchsausschluss nach § 442 BGB nicht entgegenhalten lassen muss. Eine mögliche Kenntnis wäre in jedem Fall aus Rechtsgründen unbeachtlich. Die Parteien haben in dem zugrunde liegenden Kaufvertrag die dem Erwerber zustehenden Ansprüche ausdrücklich und abschließend geregelt und weitergehende gesetzliche Ansprüche gerade ausgeschlossen. Sollten aber die gesetzlichen Vorschriften über die Gewährleistung gerade nicht zur Anwendung kommen und der beklagte Verkäufers vielmehr allein nach Garantiegrundsätzen haften, ist davon auszugehen, dass auch die Regelung des
§ 442 BGB in diesem Zusammenhang keine Geltung haben sollte. Eine Ausnahme allein bezogen auf diese Regelung wäre auch mit dem Wesen der vereinbarten Garantiehaftung nicht vereinbar. Da der Verkäufer die uneingeschränkte Haftung für die Richtigkeit der vorgelegten Stichtagsbilanz übernommen hatte, ist für eine Haftungsbeschränkung auf Käuferseite außerhalb der vertraglichen Vereinbarung der Parteien kein Raum.

Unser Kommentar

Der vom OLG Frankfurt vertretende Ansatz bedeutet für Transaktionspraxis letztlich zweierlei: Zum einen muss bei der Vereinbarung von harten Bilanzgarantien damit gerechnet werden, dass diese Zusage als objektive Aussage, d. h. unabhängig von der Sachverhaltskenntnis und hieran zustellende Sorgfaltsanforderungen des Verkäufers, interpretiert werden kann. Zum anderen wird man in Vermeidung von späteren Darlegungsschwierigkeiten in einem etwaigen Schadensersatzprozess darauf achten müssen, dass bei der Regelung der Rechtsfolgen einer solchen Garantieverletzung der zu ersetzende Schaden und die Ermittlungsmethode umfassend und klar im Unternehmenskaufvertrag definiert sind.

 

Dr. Daniel Schubmann
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Hannover
Telefon +49 511 5458 16810
daniel.schubmann@luther-lawfirm.com

Festkaufpreisabrede (Locked Box) als Gestaltungsoption bei Small- and Mid-Cap M&A

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Auf den Punkt.

Die Festkaufpreisabrede auf Basis eines Locked Box-Konzeptes kann bei entsprechend sorgfältiger Financial Due Diligence und Vertragsgestaltung gerade für kleinere und mittelgroße Unternehmenskäufe eine attraktive Gestaltungsoption sein, da sich mit ihr Aufwand und Kosten der Transaktion sowie das Risiko späterer Streitigkeiten über die Berechnung des Kaufpreises reduzieren lassen. Die Zweckmäßigkeit richtet sich nach den individuellen Umständen des Einzelfalls, wie insbesondere der Art des Geschäfts der Zielgesellschaft, der Qualität des der Kaupreisberechnung zugrunde liegenden Zahlenwerks und der zeitlichen Planung der Transaktion.

Klassische Unternehmenskaufverträge sehen vor, dass der für den Erwerb des Unternehmens zu zahlende Kaufpreis anhand eines auf den Tag des Vertragsvollzugs (Closing) aufzustellenden Zahlenwerks (Closing Accounts) berechnet wird. Dieser Ansatz impliziert einen Kaufpreisanpassungsmechanismus, nach dem der Käufer bei Closing zunächst lediglich einen vorläufigen Kaufpreis entrichtet. Ob dann der Käufer im Zuge der späteren Endabrechnung noch eine zusätzliche Kaufpreiszahlung zu leisten oder umgekehrt der Verkäufer einen Teilbetrag zurückzuerstatten hat, richtet sich nach der Differenz zwischen dem auf Basis der Closing Accounts ermittelten endgültigen Kaufpreis und dem bereits gezahlten vorläufigen Kaufpreis.

Dieses in der M&A-Praxis weit verbreitete Kaufpreisanpassungskonzept hat einige Implikationen, die gerade bei mittelgroßen und kleineren Unternehmensakquisitionen mitunter als nachteilig empfunden werden. Hervorzuheben ist insbesondere die mit einer sauberen vertraglichen Umsetzung verbundene Regelungskomplexität, der mit der Erstellung der Closing Accounts verbundene Zeit- und Kostenaufwand sowie das mit einer nachträglichen Endabrechnung verbundene Konfliktpotential.

Diese Nachteile können durch die Vereinbarung eines Festkaufpreises auf Basis eines Locked Box-Konzeptes vermieden werden. Dabei verständigen sich die Parteien auf einen bei Vertragsschluss (Signing) bereits konkret bezifferten Festkaufpreis, den sie anhand des bei Signing vorliegenden letzten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft berechnet haben. Zusätzlich fordert der Verkäufer regelmäßig eine Verzinsung des Festkaufpreises für die Zeit zwischen dem Stichtag des der Kaufpreisberechnung zugrundeliegenden Jahres- bzw. Zwischenabschlusses (Effective Date) und Closing. Bei einer solchen Festkaufpreisabrede ist es für den Käufer ganz wesentlich, dass seine Bewertungsannahmen durch entsprechende Garantien und Freistellungen für die Zeit zwischen Effective Date und Signing sowie Verpflichtungen und Freistellungen für die Zeit zwischen Signing und Closing abgesichert werden. Insbesondere gilt es, für die Zeit zwischen Effective Date und Closing eine ordnungsgemäße Fortführung der Geschäfte der Zielgesellschaft sicherzustellen (Ordinary Course of Business) und Wertabflüsse aus der Zielgesellschaft an den Verkäufer zu verhindern (No Leakage).

Für den Käufer liegt die Kehrseite der Medaille darin, dass der Kaufpreisberechnung ein Jahres- oder Zwischenabschluss zugrunde liegt, der in der Regel ohne seine Einbeziehung aufgestellt worden ist. Dies dürfte leichter zu verkraften sein, wenn der Verkäufer einen geprüften und testierten Abschluss vorlegt. Verbleibende Risiken können durch eine entsprechend intensivierte Financial Due Diligence reduziert werden. Ferner geht das wirtschaftliche Risiko im Ergebnis bereits mit dem Effective Date auf den Käufer über, ohne dass dieser dabei zugleich auch die Kontrolle über das Unternehmen erhielte. Der Zeitraum zwischen Effective Date und Closing sollte daher nicht zu lange sein. Auch sollte der Käufer sich fragen, ob der Geschäftstypus und insbesondere der Working Capital Zyklus der Zielgesellschaft die angedachte Festkaufpreisabrede zweckmäßig erscheinen lässt. Und schließlich darf der Käufer nicht vergessen, dass er bei einer Festkaufpreisabrede auf Basis eines Locked Box-Konzeptes vor unzulässigen Wertabflüssen lediglich schuldrechtlich geschützt ist. Diesem Umstand kann jedoch mit marktüblichen Sicherungsmechanismen begegnet werden.

Dr. Felix Stamer
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18730
felix.stamer@luther-lawfirm.com

Rechtswahlklauseln in notariellen Verträgen und ihre kostenrechtlichen Auswirkungen

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Auf den Punkt.

Nach dem neuen Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) führt die Aufnahme von Rechtswahlklauseln in notariellen Verträgen grundsätzlich zu einer zusätzlichen Gebührenpflicht. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Geschäftswert der Beurkundung 60 Mio. Euro noch nicht erreicht hat; also grundsätzlich für alle Small-Cap- und Mid-Cap-Transaktionen. In der Literatur werden jedoch bereits Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert, um eine solche zusätzliche Gebührenpflicht zu vermeiden. Ob dies letztlich von Erfolg gekrönt sein kann, ist derzeit allerdings offen, da sich die Gerichte bislang noch nicht mit der Thematik beschäftigen mussten. In jedem Fall sollte aber vor einer Beurkundung mit dem Notar besprochen werden, ob nach seiner Ansicht eine Erhöhung der Gebühren erfolgt, um unliebsame Überraschungen im Nachhinein zu vermeiden.

Vorbemerkung

Bei Transaktionen, die nicht lediglich einen inländischen Sachverhalt betreffen, sondern vielmehr über die Grenzen hinweg Auswirkungen entfalten, sollen Rechtswahlklauseln für Rechtssicherheit zwischen den Parteien sorgen, indem sie die Rechte und Pflichten der Parteien einheitlich einer vertraglich festgelegten Rechtsordnung unterwerfen.

Durch die Neuregelung der Notarkosten und das Inkrafttreten des Gerichtskosten- und Notarkostengesetz (GNotKG) am 1. August 2013 wurden die bisherigen Regelungen der Kostenordnung (KostO) ersetzt. Ziel der Reform war es, eine Vereinfachung und Transparenz der Kosten und Gebühren zu erreichen. Unter anderem wurde auch die Regelung zu den Rechtswahlklauseln geändert, mit der Folge, dass diese nunmehr grundsätzlich eine eigene Kostenpflicht nach § 104 Abs. 3 GNotKG auslösen. Der den Notargebühren zugrunde zu legende Geschäftswert erhöht sich dadurch um 30 Prozent.

Rechtslage

Aus § 44 Abs. 1 KostO a.F. ergab sich bislang, dass nur bei gegenstandsverschiedenen Erklärungen eine zusätzliche Gebühr anfallen sollte. Bei gegenstandsgleichen Erklärungen hingegen kam keine separate Gebühr in Betracht. Erklärungen galten als gegenstandsgleich, wenn sie der Erhaltung, Anerkennung, Veränderung, Erfüllung oder Sicherstellung eines Rechtsverhältnisses dienten. Aufgrund der Nähe der Rechtswahlvereinbarung zu einem Unternehmenskaufvertrag wurden diese stets als gegenstandsgleiche Erklärungen angesehen. Gesonderte Kosten für die Rechtswahlvereinbarung fielen somit nach alter Rechtslage nicht an.

Die neue Rechtslage nach dem GNotKG führt nun hingegen zu einer grundsätzlichen Gebührenpflicht für Rechtswahlklauseln. Die Rechtswahlklausel stellt nach § 111 Nr. 4 GNotKG einen besonderen Beurkundungsgegenstand dar. Dieser wird nach § 104 Abs. 3 GNotKG mit einem Geschäftswert in Höhe von 30 Prozent des Geschäftswerts des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts, für welches die Rechtswahl bestimmt ist, festgesetzt. Dies führt zu signifikanten zusätzlichen Kosten einer Beurkundung. Allein für den Fall, dass der Geschäftswert den Höchstbetrag von 60 Mio. Euro erreicht oder überschreitet (vgl. § 35 Abs. 2 GNotKG), wirkt sich die Vereinbarung einer Rechtswahlvereinbarung in notariellen Verträgen nicht mehr werterhöhend auf die Notarkosten aus.

Gestaltungsmöglichkeiten

Für die Praxis interessant ist, welche Gestaltungsmöglichkeiten den beurkundenden Parteien zur Verfügung stehen, um die Kosten, welche die Aufnahme einer Rechtswahlklausel in einen notariellen Vertrag auslöst, zu vermeiden. Dabei ist zu beachten, dass nach deutschem Recht eine Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich formfrei möglich ist, sie in der Praxis jedoch (bislang) zumeist in den Unternehmenskaufvertrag mit aufgenommen und somit mitbeurkundet wird.

a) Erforderlichkeit einer Rechtswahlklausel

Grundsätzlich sollte zunächst geprüft werden, ob eine explizite Rechtswahl in der jeweils betreffenden Beurkundung überhaupt erforderlich ist oder ob sich die gewünschte Rechtswahl nicht ohnehin aus der Anwendung des internationalen Privatrechts ergibt.

b) Konkludente Rechtswahlvereinbarungen

Darüber hinaus könnte erwogen werden, eine konkludente Rechtswahlvereinbarung zu treffen. Nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 der Rom I Verordnung kann sich die Rechtswahl auch aus den äußeren Umständen ergeben. Dabei kann, um den Parteiwillen bezüglich der Rechtswahl zu ermitteln, auf die Festlegung einer bestimmten Vertragswährung bzw. einer Vertragssprache, den Abschluss- bzw. Erfüllungsort, verwendete Fachtermini und/oder Gerichtsstands- bzw. Schiedsgerichtsvereinbarungen abgestellt werden. Zu beachten ist dabei jedoch, dass diese Vertragsumstände nur ein Indiz für eine konkludente Rechtswahl bilden und damit keine (absolute) Rechtssicherheit erreicht wird.

Ergänzend könnte daher in der Präambel der entsprechende Rechtswahlwillen der Parteien aufgenommen werden. Die genaue Formulierung (etwa: „Die Parteien gehen von der Anwendung des Rechts des Staates [*] aus.“) sollte in jedem Fall vor der Beurkundung mit dem Notar abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass dieser die Gebührenerhöhung nicht doch für einschlägig hält. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch die weitere Ergänzung, dass die Parteien erklären, auf die ausdrückliche Rechtswahl allein aus Kostengründen zu verzichten.

Durch eine negative Rechtswahl, d.h. den Ausschluss der ansonsten in Betracht kommenden Rechtsordnungen, wird die zusätzliche Gebührenpflicht aller Wahrscheinlichkeit nach wohl nicht ausgeschlossen.

c) Separate Vereinbarung der Rechtswahl

Ferner könnte die zusätzliche Gebührenpflicht u.U. dadurch vermieden werden, dass die Rechtswahlvereinbarung in einem separaten Vertrag festgelegt wird, auf welchen dann im Rahmen des beurkundungspflichtigen Unternehmenskaufvertrags Bezug genommen wird. Ob dieser separate Vertrag rechtlich unabhängig ist oder mit Blick auf den Vollständigkeitsgrundsatz mit zu beurkunden wäre, ist jedoch bislang noch nicht abschließend gerichtlich geklärt.

Für die Unabhängigkeit der Rechtswahlklausel spricht, dass sie mehr als eine typische Nebenabrede ist, dies ansonsten dem Sinn und Zweck einer transparenten und vereinfachten Gestaltung der Kostenregelung durch das GNotKG widersprechen würde und kollisionsrechtliche Verweisungen generell unabhängig vom Hauptvertrag sind. Wäre die Rechtswahlvereinbarung abhängig vom Hauptvertrag, wäre bei dessen Unwirksamkeit auch die Rechtswahl unwirksam. Dies würde dazu führen, dass den Parteien nach Art. 4 der Rom I Verordnung eine nach objektiven Anknüpfungspunkten zu bestimmende Rechtsordnung aufgedrängt wird. Dies wiederum würde gegen die Privatautonomie (Art. 3 der Rom I Verordnung) sprechen. Daher sprechen gute Gründe für eine Unabhängigkeit der Rechtswahlklausel.

Fazit

Die Neuregelung des Kosten- und Gebührenrechts für Notare führt zu erheblichen Mehrkosten, wenn im Rahmen einer Beurkundung auch eine Rechtswahlvereinbarung getroffen wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Geschäftswert der Beurkundung ohnehin bereits den Höchstbetrag von 60 Mio. Euro erreicht hat bzw. diesen überschreitet.

Um diese zusätzlichen Kosten zu vermeiden, sollte zunächst geprüft werden, ob eine ausdrückliche Rechtswahl nicht bereits aufgrund des internationalen Privatrechts entbehrlich ist. Sofern eine Rechtswahl doch getroffen werden soll oder muss, kann dies auch durch konkludente, lediglich klarstellende oder vom zu beurkundenden Vertrag separate Erklärung geschehen. Inwieweit dadurch jedoch vollkommene Rechtssicherheit geschaffen werden kann, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Es bleib daher abzuwarten, ob sich alternative Rechtswahlvereinbarungen in der Praxis durchsetzen werden und wie die Gerichte im Streitfall darauf reagieren. Alternativ wäre aber auch denkbar, dass der Gesetzgeber – wie im Rahmen der Gebührenerhöhung anlässlich der Beurkundung in einer fremden Sprache – eine Deckelung dieser Zusatzgebühr vorsieht.

Andreas Tüxen, LL.M. (American University)
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Berlin
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