22.11.2016
Ein wesentliches Element in einem Unternehmenskaufvertrag ist die Kaufpreisbestimmung. Maßgeblicher Faktor für die Bewertung eines Unternehmens ist dessen zukünftige Ertragslage. Eine solche Zukunftsprognose ist zwangsläufig mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Aus diesem Grund liegen die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer häufig stark auseinander. Mit der Hilfe von Earn-Out-Klauseln kann versucht werden, trotz auseinanderliegender Vorstellungen vom Unternehmenswert doch noch zu einem Vertragsabschluss zu gelangen.
Ein wesentliches Element in einem Unternehmenskaufvertrag ist die Kaufpreisbestimmung. Maßgeblicher Faktor für die Bewertung eines Unternehmens ist dessen zukünftige Ertragslage. Eine solche Zukunftsprognose ist zwangsläufig mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Aus diesem Grund liegen die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer häufig stark auseinander. Mit der Hilfe von Earn-Out-Klauseln kann versucht werden, trotz auseinanderliegender Vorstellungen vom Unternehmenswert doch noch zu einem Vertragsabschluss zu gelangen.
Earn-Out-Klauseln sind vertragliche Regelungen, mit denen ein Teil zu zahlenden Kaufpreises für ein Target, der sog. variable Kaufpreis, vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig gemacht wird. Der Anspruch auf diesen variablen Kaufpreis entsteht erst mit Eintritt der vorab definierten Bedingungen. Die Gesamthöhe des Kaufpreises hängt bei Vereinbarung eines Earn-Outs von der Entwicklung des Targets nach der Übertragung auf den Käufer ab. Der Käufer zahlt nur dann einen höheren Kaufpreis, wenn seine Erwartungen auch tatsächlich erfüllt werden. Kernelement jeder Earn-Out-Klausel ist die genaue Festlegung der Erfolgsfaktoren mit denen der Erfolgseintritt und damit die jeweilige Höhe des zu zahlenden Earn-Outs ermittelt wird. Solche Erfolgsfaktoren sind häufig finanzieller Natur, wie z.B. Umsatz, Rohertrag, EBIT, EBITDA oder Jahresüberschuss. Sie können aber auch nicht finanzieller Art sein, wie z.B. die Anzahl neu generierter Kunden oder Produktionsstückzahlen.
Wir beobachten, dass es wieder zunehmend zum Einsatz von Earn-Out-Klauseln kommt, obwohl sich der M&A-Markt gerade positiv für den Verkäufer darstellt und aus Marktsicht keine Not für den Verkäufer besteht, sich auf eine für ihn in erster Linie negative Earn-Out Klausel einzulassen.
Da der Käufer grundsätzlich das mit der weiteren Entwicklung des Targets verbundene wirtschaftliche Risiko trägt, liegen Earn-Out-Klauseln in erster Linie im Interesse des Käufers. Um dieses Risiko zu minimieren, wird er häufig versuchen, dieses Risiko mit Hilfe einer Earn-Out-Klausel partiell auf den Verkäufer zu verlagern. Earn-Out-Klauseln bieten dem Käufer ferner die Möglichkeit einer Stundung des Kaufpreises, da zumindest ein Teil des Kaufpreises erst zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt werden muss. Außerdem wirken sich Earn-Out-Klauseln positiv auf die Finanzierung des Käufers aus. Mit Hilfe der variablen Kaufpreisbestandteile kann der Käufer den Kaufpreis nämlich aus den laufenden Gewinnen des Unternehmens finanzieren.
Earn-Out-Klauseln sind aus Käufersicht insbesondere empfehlenswert beim Erwerb von Unternehmen, bei denen die zukünftige Ertragsentwicklung schwierig einzuschätzen ist. Hierzu gehören insbesondere Unternehmen, bei denen die Person des ausscheidenden Inhabers entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ist. Ein weiterer Einsatzbereich ist der Erwerb von Start-ups, bei denen entsprechende Erfahrungswerte fehlen, auf deren Basis man die Ertragsentwicklung prognostizieren könnte. Ferner kommen Earn-Out-Klauseln beim Erwerb von Krisenunternehmen sowie beim Erwerb von Unternehmen in Betracht, deren Geschäft projektbezogen ist und deren wirtschaftlicher Erfolg und Misserfolg stark vom Eintritt oder Nichteintritt bestimmter zukünftiger Ereignisse abhängt.
Aus Verkäufersicht bringen Earn-Out-Klauseln überwiegend Risiken mit sich. Der Verkäufer ist weiter am Risiko des Targets beteiligt, obwohl er in vielen Fällen kaum noch Einfluss auf die Entwicklung des Targets hat. Aus diesem Grund sollte er unbedingt darauf achten, dass er durch entsprechende Regelungen im Unternehmenskaufvertrag weiterhin in der Lage ist, die vereinbarten Parameter entsprechend kontrollieren und beeinflussen zu können, um möglichen Manipulationen des Käufers vorzubeugen. Ansonsten läuft er Gefahr, den vereinbarten Earn-Out nicht zu bekommen.
Der Verkäufer sollte bei Vereinbarung einer Earn-Out-Klausel im Übrigen darauf achten, dass der Unternehmenskaufvertrag mit Blick auf bestimmte Effekte, die möglicherweise trotz Vereinbarung von entsprechenden Schutzregelungen im Unternehmenskaufvertrag außerhalb der Einflusssphäre des Verkäufers liegen (z.B. durch Umstellung von Accounting Standards) Normalisierungsregelungen enthält, um so bestimmte Effekte, die zu Lasten des Earn-Outs des Verkäufers gehen würden, zu neutralisieren. Ferner sollte der Verkäufer ein Augenmerk auf dezidierte Streitbeilegungsmechanismen legen: Festlegung des genauen Zeitpunkts, wann die Berechnung des Earn-Outs vorzulegen ist, Festlegung, wie der Earn-Out konkret zu ermitteln ist und Aufnahme einer detaillierten Regelung in den Unternehmenskaufvertrag, wie im Fall einer Nichteinigung über die Höhe des Earn-Outs vorzugehen ist.
Restrisiken für den Verkäufer lassen sich aber auch bei Vereinbarung solcher Regelungen nicht gänzlich ausschließen. Ein Verkäufer sollte sich nach unserer Erfahrung daher nur auf die Vereinbarung einer Earn-Out-Klausel einlassen, wenn eine Einigung über den Kaufpreis und damit ein Verkauf des Unternehmens sonst nicht möglich ist und er auch nach dem Verkauf in einer Position im Unternehmen verbleibt, in der er die vereinbarten Parameter kontrollieren und so die Zahlung des Earn-Outs sicherstellen kann.
Christina Schröter, LL.M. |
Durch die geplante Einführung eines neuen § 8d KStG will die Bundesregierung Anreize zur Finanzierung junger Unternehmen schaffen. Bestehende Verlustvorträge sollen zukünftig bei einer Anteilsübernahme durch Investoren vor dem Untergang bewahrt werden. Diese Erleichterung gilt jedoch nicht nur für start-up-bezogene Investitionen, sondern auch für herkömmliche Anteilskäufe und Unternehmensübernahmen.
Durch die geplante Einführung eines neuen § 8d KStG will die Bundesregierung Anreize zur Finanzierung junger Unternehmen schaffen. Bestehende Verlustvorträge sollen zukünftig bei einer Anteilsübernahme durch Investoren vor dem Untergang bewahrt werden. Diese Erleichterung gilt jedoch nicht nur für start-up-bezogene Investitionen, sondern auch für herkömmliche Anteilskäufe und Unternehmensübernahmen.
Gemäß § 8c KStG gehen bestehende Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft bei einer Übertragung von mehr als 25% ihrer Geschäftsanteile (schädlicher Beteiligungserwerb) anteilig, bei einer Übertragung von mehr als 50% der Geschäftsanteile sogar vollständig unter. Von dieser Regelung gab es bislang nur zwei Ausnahmen: Die sog. Konzern-Klausel und die sog. Stille-Reserve-Klausel. Sinn und Zweck des § 8c KStG ist es in erster Linie zu verhindern, dass steuerliche Verlustvorträge durch den Erwerb von Unternehmensanteilen übertragen und sodann durch „Dritte“ steuerlich nutzbar gemacht werden können (sog. Mantelkauf).
Tatsächlich jedoch beschränkt § 8c KStG nicht nur den reinen Mantelkauf, sondern belastet auch betrieblich bzw. wirtschaftlich motivierte Unternehmenskäufe bzw. Investitionen, da der Untergang von Verlustvorträgen die Attraktivität jeder wirtschaftlichen Beteiligung erheblich mindert. Dieses Problem betrifft Kapitalgesellschaften jeder Größe und jeden Alters, insbesondere aber Start-ups mit hohen Anlaufverlusten.
Insbesondere zur Verbesserung des Investitionsklimas und zur Stärkung des Start-up-Standorts Deutschland plant die Bundesregierung nun die Einführung eines neuen § 8d KStG, welcher im Entwurf am 14. September 2016 im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Danach soll betroffenen Unternehmen ermöglicht werden, in Abweichung von § 8c KStG Verlustvorträge auch nach einem schädlichen Beteiligungserwerb fortzuschreiben. Während der Entwurf der Bundesregierung eine rückwirkende Einführung für alle schädlichen Beteiligungserwerbe nach dem 31. Dezember 2015 vorsieht, hält der Bundesrat gem. Stellungnahme vom 4. November 2016 eine erstmalige Anwendung auf Anteilsübertragungen nach dem 31. Dezember 2016 für vorzugswürdig. Eine entsprechende Beschlussfassung durch den Bundestag steht noch aus.
Voraussetzung für die Anwendung des geplanten § 8d KStG ist u.a., dass das betreffende Unternehmen seit seiner Gründung oder aber in den letzten drei Jahren vor dem schädlichen Beteiligungserwerb nur einen Geschäftsbetrieb unterhalten hat, diesen noch unterhält und sich nicht an einer Mitunternehmerschaft beteiligt hat (§ 8d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 KStG). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird auf Antrag § 8c KStG auf den ansonsten schädlichen Beteiligungserwerb nicht angewendet. Unerheblich ist nach dem Wortlaut des geplanten § 8d KStG die Höhe des übernommenen Gesellschaftsanteils. Denkbar wäre somit eine hundertprozentige Anteilsübernahme ohne Wirkung auf den Bestand der Verlustvorträge der Zielgesellschaft.
Die somit grundsätzlich vor dem Untergang bewahrten Verlustvorträge sollen jedoch dann nachträglich vollständig untergehen, wenn der Geschäftsbetrieb der Zielgesellschaft nachträglich Änderungen erfährt, weitere Geschäftsbetriebe aufgenommen werden oder die Zielgesellschaft die Stellung eines Organträgers nach § 14 Abs. 1 KStG einnimmt (daher fortführungsgebundener Verlustvortrag).
Durch den Gesetzesentwurf wird in erster Linie eine wichtige Forderung von Gründern, Business Angels und Kapitalgebern erfüllt. Gleichzeitig kann der neue § 8d KStG jedoch auch für herkömmliche Unternehmenskäufe jenseits des Venture-Capital Marktes erhebliche Vorteile bieten, sofern eine Fortsetzung des von der Zielgesellschaft geführten Betriebes angestrebt wird (insbesondere im Fall von Sanierungen).
Vor der Antragstellung nach § 8d KStG sollten jedoch zwei Dinge bedacht werden: Zum einen kann ein Verlustvortrag unter dem Regime des § 8d KStG nur so lange vorgetragen werden, wie auch der Geschäftsbetrieb fortgeführt wird. Die Wahl des Regimes des § 8d KStG kann somit auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einem vollständigen Untergang der Verlustvorträge führen. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 8d Abs. 2 KStG erhebliche Hürden für eine steuerliche Nutzbarmachung der Verlustvorträge außerhalb der Zielgesellschaft vorgesehen (z.B. darf die Zielgesellschaft nicht Träger einer steuerlichen Organschaft werden).
Während die Einführung des § 8d KStG also im Einzelfall eine erhebliche Erleichterung der steuerlichen Optimierung eines Unternehmenskaufs darstellen kann, sollten dennoch die Vor- und Nachteile der Regelungen des § 8c KStG und des § 8d KStG im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden.
Nicole Fröhlich |
Andreas Tüxen, LL.M. (American University) |
Tilo Künstler |
Dr. Moritz Mentzel |
BGH, Urteil vom 5. April 2016 – II ZR 268/14
Beim Erwerb einer nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft ist die Mitteilungspflicht des § 20 Abs. 1, 4 AktG zur Vermeidung späterer Nachteile auch dann genauestens zu beachten, wenn im Zuge des Erwerbs sämtliche Aktien der Zielgesellschaft erworben werden. Die bloße Übermittlung des Kauf- und Abtretungsvertrages zur Kenntnisnahme im Vorfeld des Erwerbs ist in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht ausreichend.
Beim Erwerb einer nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft ist die Mitteilungspflicht des § 20 Abs. 1, 4 AktG zur Vermeidung späterer Nachteile auch dann genauestens zu beachten, wenn im Zuge des Erwerbs sämtliche Aktien der Zielgesellschaft erworben werden. Die bloße Übermittlung des Kauf- und Abtretungsvertrages zur Kenntnisnahme im Vorfeld des Erwerbs ist in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht ausreichend.
Die beklagte Gesellschaft erwarb gegen Ende des Jahres 2002 sämtliche Aktien der Klägerin, zu jener Zeit eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Der Verkauf der Aktien bedurfte nach der Satzung der Klägerin der Zustimmung der Hauptversammlung. In diesem Zusammenhang wurde der Klägerin vor Ablauf des Jahres 2002 der am 16. Dezember 2002 unterschriebene Kaufvertrag oder jedenfalls der Kaufvertragsentwurf übersandt, der eine Übertragung der Aktien mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 vorsah. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 teilte die Beklagte dem Vorstand der Klägerin unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 AktG mit, dass ihr unmittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre. In entsprechender Form teilte die B. PLC mit Schreiben vom 25. November 2005 mit, dass ihr mittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre, wobei die Beteiligung unmittelbar von der Beklagten gehalten werde. Die Beklagte sei von der A. Bank Ltd., diese von der A. Group Ltd, diese von der B. Bank PLC und diese wiederum von der B. PLC abhängig, der daher die Beteiligung (an der Klägerin) nach § 16 Abs. 4 AktG zuzurechnen sei. Die Beklagte erhielt von der Klägerin Gewinnausschüttungen (Dividenden) für die Geschäftsjahre 2002-2008. Es kam zu Veränderungen in der Gesellschafterstruktur der Beklagten. Die Klägerin verklagte die Beklagte wegen Nichterfüllung von Mitteilungspflichten gem. § 20 AktG auf Rückzahlung der Dividenden.
Das Landgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht wies die Berufung der Klägerin zurück. Die Beklagte sei ihren Mitteilungspflichten nachgekommen, indem sie der Klägerin den Kaufvertrag im Jahr 2002 vorgelegt habe. Soweit Mitteilungen der mittelbar beteiligten Unternehmen jedenfalls nicht vollständig erfolgt seien, und auch keine Nachholung der notwendigen Mitteilungen vorliege, stehe dieses Versäumnis dem Dividendenbezug durch die Beklagte nicht entgegen, weil sie im Zeitpunkt des Bezugs der Dividenden jeweils gutgläubig gewesen sei (§ 62 Abs. 1 S. 2 AktG). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Rückgewähranspruch hinsichtlich der für die Geschäftsjahre 2002-2004 ausgeschütteten Dividenden weiter.
Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts teilweise auf und verwies es im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Die Beklagte sei als Unternehmen im Sinne des § 20 AktG zur unverzüglichen Mitteilung (jedenfalls) einer Mehrheitsbeteiligung gemäß § 20 Abs. 4 AktG verpflichtet gewesen, da sie zum 31. Dezember 2002 sämtliche Aktien erworben habe. Bei den Vorschriften über die Mitteilung und Veröffentlichung von qualifizierten Beteiligungen von Unternehmens-Aktionären handele es sich um zwingendes Recht. Aus Gründen der Rechtssicherheit müsse die schriftliche Mitteilung nach Form und Inhalt darauf ausgerichtet sein, von dem Vorstand der Aktiengesellschaft als Mitteilung im Sinne von § 20 AktG erfasst zu werden. Die bloße Übermittlung des Kauf- und Abtretungsvertragsentwurfs genüge den Anforderungen einer Mitteilung im Sinne des § 20 AktG schon deshalb nicht, da der in dem Entwurf vorgesehene Aktienerwerb im Zeitpunkt der Übermittlung noch von dem endgültigen Vertragsschluss abhängig gewesen sei. Auch die bloße Übermittlung des unterschriebenen Kauf- und Abtretungsvertrages reiche zur Erfüllung der Mitteilungspflicht nicht aus. Denn aus der bloßen Übermittlung des Vertrages ergebe sich noch keine schriftliche (§ 126 BGB) Mitteilung. Zudem lasse § 20 Abs. 4 AktG keine Mitteilung im Vorfeld des Erwerbs genügen, sondern verlange eine Mitteilung zeitgleich mit oder im Anschluss an den Erwerb. Anderenfalls würde der Gesellschaft eine Überwachungspflicht auferlegt, die durch die gesetzliche Ausgestaltung der Mitteilungspflicht gerade vermieden werden solle.
Der BGH verwies die Sache im Umfang der Aufhebung jedoch zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück, da auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen nicht geklärt werden könne, ob das Dividendenbezugsrecht der Beklagten trotz der Verletzung der eignen Mitteilungspflicht gem. § 20 Abs. 4 AktG gleichwohl gemäß § 20 Abs. 7 S. 2 AktG bestanden habe. Nach dieser Vorschrift erfasse der wegen Nichterfüllung einer Mitteilungspflicht eintretende temporäre Rechtsverlust nicht das Dividendenbezugsrecht, wenn die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen wurde und nachgeholt worden sei. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Mitteilung ohne Vorsatz unterblieben sei, trage das mitteilungspflichtige Unternehmen; bedingter Vorsatz genüge bereits. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Mitteilung unverzüglich nachgeholt werden müsse. Dementsprechend müsse der Aktionär zu seiner Entlastung seine Gutgläubigkeit nicht nur im Anschluss an den meldepflichtigen Beteiligungserwerb darlegen, sondern auch für den nachfolgenden Zeitraum bis zur Nachholung der Mitteilung. Auch hierzu enthalte das Berufungsgericht aber keine Feststellungen.
Die Entscheidung veranschaulicht plastisch, dass die Verletzung der Mitteilungspflicht gem. § 20 Abs. 1, 4 AktG für den Erwerber einer Zielgesellschaft in der Rechtsform einer nichtbörsennotierten AG drastische Folgen haben kann, und zwar selbst dann, wenn er im Zuge der Transaktion zunächst der alleinige Aktionär der Zielgesellschaft wird. Zumal die Anforderungen des Ausnahmetatbestandes des § 20 Abs. 7 S. 2 AktG recht hoch sind, sollte der Erwerber stets auf eine in formeller, inhaltlicher und auch zeitlicher Hinsicht ordnungsgemäße Mitteilung achten. Darüber hinaus bietet die Entscheidung Anhaltspunkte dafür, unter welchen Voraussetzungen im Falle der Verletzung von Mitteilungspflichten von Unternehmen, die über den Aktionär mittelbar an der AG beteiligt sind, eine Gutgläubigkeit des Aktionärs i.S.d. § 62 Abs. 1 S. 2 AktG in Betracht kommen kann. So wies der BGH in der Entscheidung für das weitere Verfahren darauf hin, dass das Berufungsgericht ggf. noch zu erwägen haben werde, ob die Beklagte im Hinblick auf das Mitteilungsverhalten mittelbar beteiligter Unternehmen besonderen Erkundigungspflichten unterliege, oder ob ihr, noch weitergehend, bei der Anwendung von § 62 Abs. 1 S. 2 AktG die Kenntnisse und Kenntnismöglichkeiten der über die Beklagte mittelbar an der Klägerin beteiligten Unternehmen zuzurechnen seien. Die neuerliche Entscheidung des Berufungsgerichts bleibt insofern mit Spannung zu erwarten.
Dr. Felix Stamer |
OLG München, Urteil vom 8. Juli 2015 – 7 U 3130/14
Um dem Entscheidungsträger als Verhandlungsführer eine spätere Haftung aus der Durchführung der Transaktion zu ersparen, sollte dieser unbedingt die vorgegebenen Informationswege und Zustimmungserfordernisse in jedem Schritt der Transaktion peinlichst genau einhalten und im Zweifel lieber einmal mehr informieren als zu wenig.
Um dem Entscheidungsträger als Verhandlungsführer eine spätere Haftung aus der Durchführung der Transaktion zu ersparen, sollte dieser unbedingt die vorgegebenen Informationswege und Zustimmungserfordernisse in jedem Schritt der Transaktion peinlichst genau einhalten und im Zweifel lieber einmal mehr informieren als zu wenig.
Die Klägerin, eine Tochtergesellschaft des ADAC e. V., nimmt ihren ehemaligen Geschäftsführer auf Schadensersatz aus eigenem und abgetretenem Recht wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Tochtergesellschaft der Klägerin, zu deren Aufsichtsrat der beklagte Geschäftsführer ebenfalls gehörte, in Anspruch. Die Klägerin begehrt dabei den Schaden, der dadurch entstand, dass deren Tochtergesellschaft, ein Verlag, an den „ungünstigeren“ von zwei Bietern veräußert wurde. Hilfsweise macht sie den Schaden geltend, der darauf beruht, dass der Beklagte bei pflichtgemäßer Verhandlungsführung mit dem Erwerber eine Änderung der Vorratsbewertung hätte erzielen können und sich dadurch der an den Erwerber zu zahlende Betrag wesentlich reduziert hätte. Die Klägerin sieht insbesondere in einer unvollständigen Information des Präsidiums des Alleingesellschafters der Klägerin eine Pflichtverletzung.
Das OLG bestätigt die Entscheidung des Landgerichts, welches bereits eine Haftung des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG verneint hatte. Die Beklagte hat nicht hinreichend vorgetragen und bewiesen, dass das Handeln des Beklagten dem unternehmerischen Ermessen, das in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG festgelegt sei, der „Business Judgement Rule“ entsprochen hat. Unter Berücksichtigung des Ablaufs der Verkaufsverhandlungen sowie der Behandlung und Beschlussfassung in den Gremien des Alleingesellschafters der Klägerin, sei weiter zu berücksichtigen, dass die Zeit des Verkaufs zum Stichtag gedrängt habe, da eine imageschädliche Insolvenz der zu veräußernden Tochtergesellschaft drohte und erreicht werden sollte, dass ein gesicherter Kaufpreis erzielt werde und die Druckwerke der zu veräußernden Tochtergesellschaft der Klägerin weiter aufgelegt werden. Vor diesem Hintergrund habe die Entscheidung für eine Veräußerung an den späteren Erwerber im unternehmerischen Ermessensspielraum gelegen.
Unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH (BGHZ 152, 280, 287) zur Darlegungs- und Beweislast trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwieweit ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden entstanden sei. Sie trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das für den Schaden ursächliche Verhalten des Geschäftsführers in seinen Pflichtenkreis fällt. Die Gesellschaft hat den Eintritt des Schadens und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsführers, das sich als „möglicherweise pflichtwidrig“ darstellt, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen. Es gilt § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog, da diese Bestimmung nur den allgemeinen Geschäftsführungsgrundsatz für alle Geschäftsbesorger zum Ausdruck bringt, dass der Mandatar einer Rechenschaftspflicht unterliegt. Über den Wortlaut des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG hinaus kann den Geschäftsführer sogar eine Kausalitätsvermutung treffen, wenn die Art des Schadens einen deutlichen Hinweis darauf ergibt, dass er seine Wurzeln in einem Handeln oder Unterlassen des beklagten Geschäftsführers hat.
Der Geschäftsführer seinerseits muss Anhaltspunkte dafür darlegen und beweisen, dass das schadensverursachende Verhalten nicht pflichtwidrig war oder ihm zumindest kein Schuldvorwurf hinsichtlich der Pflichtverletzung gemacht werden kann. Der Geschäftsführer hat insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen der „business judgement rule“ darzulegen und ggf. zu beweisen. Hierbei bedarf es einer hinreichenden Konkretisierung der Pflichten, die der Geschäftsführer verletzt haben soll (z.B. durch Verstoß gegen Geschäftsordnungen, o.ä.), insbesondere wenn der Geschäftsführer innerhalb eines Konzerns mehrere Funktionen ausübt (wie hier zugleich Aufsichtsrat der verkaufenden Gesellschaft). Das Gericht betont in diesem Zusammenhang auch den Grundsatz der Entscheidungskompetenz und Eigenverantwortlichkeit des Geschäftsführeramtes, sofern nicht ausdrücklich die Entscheidungskompetenz auf andere Organe verlagert worden ist. Zwar können sich auch aus der Konzernstruktur besondere Pflichten gegenüber Gremien der Alleingesellschafterin der Klägerin ergeben (Informationspflichten, Beachtung der Entscheidungszuständigkeit), sofern – wie hier – weder Satzung noch Geschäftsordnung der Klägerin dies vorsehen.
Allerdings verneint der Senat dies im vorliegenden Fall. Vielmehr ergebe sich aus den Regularien der Gesellschaften, dass die Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft deren Geschäfte eigenständig und eigenverantwortlich zu führen hätten. Auch aus den geschilderten Gremienberatungen und -entscheidungen könne keine Übertragung der Entscheidungszuständigkeit abgeleitet werden.
Es besteht auch nur zwischen der Klägerin und deren Muttergesellschaft ein Gewinnabführungsvertrag, so dass keine vertraglich begründete Leitungsmacht i.S.v. § 308 AktG bestand, und damit die veräußernde Gesellschaft nicht als abhängige Gesellschaft oder Konzernunternehmen zu qualifizieren wäre. Ebenso wenig kann die Klägerin aus der Konzernstruktur Pflichten des Beklagten zur Information und Einbindung/Entscheidung der Muttergesellschaft herleiten.
Nach einer Transaktion, bei der sich im Nachhinein nicht der gewünschte Erfolg zeigt, stellt sich auf Erwerberseite häufig die Frage, ob im Vorfeld eine ordnungsgemäße Unternehmensprüfung durchgeführt wurde. Auf der Veräußererseite dagegen stellt sich die Frage, ob auch mit dem „richtigen“ - im Sinne einer „Optimalauswahl“ - Bieter kontrahiert wurde. Dabei wird stets nach Pflichtverletzungen der agierenden Entscheidungsträger, in der Regel die Vorstände und Geschäftsführer, gesucht, der leichten Nachweisbarkeit halber werden hierbei formale Fehler angeführt. Diese wurden im vorliegenden Fall allerdings als nicht vorhanden festgestellt.
Für die Praxis empfiehlt sich daher für den Entscheidungsträger als Verhandlungsführer neben einem klar abgesteckten Verhandlungsmandat seiner Gesellschafter eine Checkliste, anhand deren die Informationswege, Gremienbefassungen und Zustimmungsbefugnisse abgearbeitet werden können, idealerweise - soweit möglich - im Vorfeld und insbesondere bei zwischenzeitlich auftretenden Abweichungen des bisher Kommunizierten, da speziell auf der Zielgeraden einer Transaktion in jedweder Hinsicht der Schlussspurt das Blickfeld für diese wichtigen Parallelbahnen verengt.
Dr. Daniel Schubmann |
Beim Unternehmenskauf muss sich der Verkäufer das Verhalten der Geschäftsführung der Zielgesellschaft regelmäßig entgegenhalten lassen. Werden in der Folge des Unternehmenskaufs die Geschäftsführer der Zielgesellschaft auch zu Geschäftsführern des Käufers bestellt sowie an diesem beteiligt, ist u.U. das Wissen dieser Geschäftsführer auch dem Käufer zuzurechnen.
Beim Unternehmenskauf muss sich der Verkäufer das Verhalten der Geschäftsführung der Zielgesellschaft regelmäßig entgegenhalten lassen. Werden in der Folge des Unternehmenskaufs die Geschäftsführer der Zielgesellschaft auch zu Geschäftsführern des Käufers bestellt sowie an diesem beteiligt, ist u.U. das Wissen dieser Geschäftsführer auch dem Käufer zuzurechnen.
In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall erwarb die Klägerin jeweils sämtliche Anteile an mehreren Zielgesellschaften. Im Anschluss wurden zwei Geschäftsführer dieser Zielgesellschaften jeweils an der Klägerin beteiligt und einer auch zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Sechs Monate nach der Transaktion musste für zwei der Zielgesellschaften ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden. Es stellte sich in diesem Zusammenhang heraus, dass die vorgenannten Geschäftsführer bewusst die Bilanzen dieser Zielgesellschaften manipuliert hatten. Die Klägerin machte daher gegenüber der Verkäuferin Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Verletzung vorvertraglicher Informations- und Aufklärungspflichten geltend und verlangte die Rückabwicklung des Unternehmenskaufvertrages.
Das OLG Düsseldorf hat der Klägerin dem Grunde nach Recht gegeben. Dabei musste es inhaltlich vor allem zwei Fragen beantworten: Zum einen musste es entscheiden, inwiefern der Verkäuferin Handlungen der Geschäftsführer der Zielgesellschaft nach § 278 BGB zuzurechnen sind. Zum anderen war zu prüfen, inwieweit sich die Käuferin das Wissen ihrer späteren Gesellschafter bzw. Geschäftsführer zurechnen lassen muss.
Die Verkäuferin berief sich vorliegend darauf, dass die Bilanzmanipulationen durch die Geschäftsführer der Zielgesellschaften eigenmächtig und ohne ihre Kenntnis vorgenommen worden waren. Das OLG Düsseldorf betrachtete die Geschäftsführung jedoch hinsichtlich der vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten als Erfüllungsgehilfen der Verkäuferin, zumindest insoweit, als sich die Verkäuferin in den Vertragsverhandlungen auf die von der Geschäftsführung erstellten Unterlagen gestützt hatte. Das Verhalten von Erfüllungsgehilfen sei der Verkäuferin daher gem. § 278 S. 1 BGB zuzurechnen. Das OLG Düsseldorf ging dabei davon aus, dass der im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsbeschränkung kein Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten von Erfüllungsgehilfen zu entnehmen sei.
Des Weiteren führte das OLG Düsseldorf aus, dass in dem vorliegenden Fall der Käuferin nach § 166 BGB das Wissen ihres späteren Geschäftsführers und nach § 166 BGB analog das Wissen ihrer beiden neuen Gesellschafter zuzurechnen sei. Dabei komme es jedoch nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Geschäftsführer der Zielgesellschaft noch nicht Geschäftsführer der Käuferin gewesen sei. Denn die Bestellung zum Geschäftsführer und die Beteiligung an der Klägerin seien in diesem Moment bereits geplant gewesen und es habe der Klägerin freigestanden, den Zeitpunkt der Beteiligung der Geschäftsführer an der Klägerin und die Bestellung einer der Geschäftsführer zum weiteren Geschäftsführer der Klägerin (d.h. vor oder nach dem Beteiligungserwerb) frei zu wählen. Dies ermögliche nach Ansicht des OLG Düsseldorf ansonsten Manipulationsmöglichkeiten. Letztendlich scheiterte eine Wissenszurechnung jedoch in diesem konkreten Fall daran, dass eine solche vertraglich nur für bestimmte selbständige Garantieversprechen vereinbart worden war.
Auf Verkäuferseite sollte beim Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages darauf geachtet werden, dass eine etwaige Regelung zum Haftungsausschluss so weit wie rechtlich möglich, auch fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln von Erfüllungsgehilfen (Geschäftsführern, leitenden Angestellten, etc.) umfasst.
Aus Käufersicht ist hingegen in solchen Fällen, in denen Geschäftsführer der Zielgesellschaft übernommen und/oder an der Käuferin beteiligt werden sollen, darauf zu achten, dass eine Zurechnung von Wissen und Verhalten dieser Geschäftsführer im Unternehmenskaufvertrag ausdrücklich und umfänglich ausgeschlossen wird.
Andreas Tüxen, LL.M. (American University) |
Dr. Moritz Mentzel |
Das Votum Großbritanniens für den EU-Austritt hat zu erheblicher Verunsicherung aller Marktteilnehmer über das Marktumfeld und die Beziehungen UK-EU nach dem Brexit geführt, die auch während der Schwebezeit bis zur Austrittserklärung (und vermutlich sogar darüber hinaus) fortbestehen dürfte. Auswirkungen ergeben sich aus dem Referendum für alle Bereiche von Unternehmensakquisitionen, entsprechend umfassend müssen Käufer und Verkäufer diese berücksichtigen. Der kontinentaleuropäische M&A-Markt könnte durch den Brexit einen gewissen Aufschwung erfahren, unter anderem deshalb, weil sich gemeinschaftsfremde Unternehmen ihren direkten Zugang zum Binnenmarkt sichern möchten.
Das Votum Großbritanniens für den EU-Austritt hat zu erheblicher Verunsicherung aller Marktteilnehmer über das Marktumfeld und die Beziehungen UK-EU nach dem Brexit geführt, die auch während der Schwebezeit bis zur Austrittserklärung (und vermutlich sogar darüber hinaus) fortbestehen dürfte. Auswirkungen ergeben sich aus dem Referendum für alle Bereiche von Unternehmensakquisitionen, entsprechend umfassend müssen Käufer und Verkäufer diese berücksichtigen. Der kontinentaleuropäische M&A-Markt könnte durch den Brexit einen gewissen Aufschwung erfahren, unter anderem deshalb, weil sich gemeinschaftsfremde Unternehmen ihren direkten Zugang zum Binnenmarkt sichern möchten.
Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der Europäischen Union hat bei allen Marktteilnehmern zu erheblichen Unsicherheiten geführt. Denn dass die Briten sich tatsächlich für den „Exit“ entscheiden würden, erschien den Allermeisten ausgeschlossen.
Mehr als vier Monate nach der Abstimmung ist nach wie vor völlig offen, wie der Austritt Großbritanniens aus der EU konkret von statten gehen soll, und auch die Frage, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen post-Brexit fortbestehen werden, ist unbeantwortet. Ferner lässt die jüngste Entscheidung des London High Court, Premierministerin May an die offizielle Zustimmung des Parlaments zu binden, bevor das Verfahren nach Artikel 50 in Gang gesetzt wird, die Frage aufkommen, ob nun – wenngleich wenig wahrscheinlich – der „Exit vom Brexit“ folgt, oder ob es jedenfalls nur einen „Brexit light“ geben wird.
All diese Unwägbarkeiten schaffen große Unsicherheit und beeinflussen Unternehmensverkäufer und -käufer in ihren Entscheidungen. Sie müssen versuchen, diese äußeren Rahmenbedingungen bestmöglich zu berücksichtigen. Dies betrifft die Kaufpreiskalkulation ebenso wie die strategischen Planungen für die zukünftige Geschäftsentwicklung des Targets. Entsprechend umfassende Auswirkungen hat das Brexit-Votum damit auf die Durchführung von M&A-Transaktionen.
Eine Vorhersage zu treffen, wie sich das M&A-Geschäft entwickeln wird, ist schon aufgrund der Volatilität der Märkte nur unter Vorbehalt möglich.
Auswirkungen für den britischen M&A-Markt
Der britische Markt erlebte unmittelbar nach dem Referendum einen deutlichen Einbruch, erholte sich aber relativ schnell wieder. Eine Eintrübung der Konjunktur erwarten Experten für den Beginn des kommenden Jahres, insbesondere dann, wenn Premierministerin May an ihrem Plan festhalten sollte, den Austritt Großbritanniens im März 2017 zu erklären. Vor allem aufgrund der zu erwartenden Periode der Unsicherheit und eines drohenden Verlusts bzw. einer spürbaren Beschränkung des Zugangs zum europäischen Binnenmarkt erscheint ein merklicher Rückgang des M&A-Geschäfts im Laufe des Jahres 2017 als wahrscheinlich. Eine gewisse Kompensation mag daraus resultieren, dass aufgrund des anhaltendend Wertverfalls des britischen Pfunds einige UK-Targets besonders günstig zu erwerben sein werden.
Infolge einer zu erwartenden Markteintrübung dürfte es demgegenüber zunehmende Aktivität im Bereich distressed M&A und bei der Bereitstellung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten geben.
Auswirkungen für den europäischen/deutschen M&A-Markt
Welche Entwicklungen könnten vor diesem Hintergrund der kontinentaleuropäische und speziell der deutsche M&A-Markt nehmen?
Es darf zumindest von einer leichten Zunahme von Investments in den verbleibenden 27 EU-Staaten ausgegangen werden. Dies betrifft Private Equity Investoren wie Strategen gleichermaßen schon deshalb, weil so der Zugang zum zollfreien europäischen Binnenmarkt gewährleistet ist. Von diesen Investments dürften am ehesten diejenigen Länder profitieren, die als wirtschaftlich stark und politisch besonders stabil gelten. Dies trifft auf Deutschland zu und dürfte die Attraktivität und folglich auch die Preise für Unternehmen des „Deutschen Mittelstands“ weiter erhöhen.
Dr. Johannes C. Becker |
York-Alexander von Massenbach |