13.06.2019
Erfolgreicher Auftakt der Veranstaltungsreihe “Luther CHINA Talk 2019”.
China ist und bleibt einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Gleichzeitig zählt Deutschland zu den beliebtesten Investitionszielen chinesischer Investoren. In unserer neuen Veranstaltungsreihe „Luther CHINA Talk“ berichten erfahrene Referenten unserer China-Praxis gemeinsam mit Unternehmensvertretern und weiteren China-Experten über aktuelle Entwicklungen in und mit China.
Den Auftakt bildete am 13. März 2019 die Frühstücksveranstaltung „Digitale Wirtschaft in China – kein Zutritt für Ausländer?“ in Köln. Mit Anwendungen wie Künstliche Intelligenz, Robotik, Internet der Dinge oder Cloud Computing ist die digitale Transformation auch und gerade in China in vollem Gange. Praktisch überall wird mit dem Smartphone bezahlt, Online-Angebote und neue digitale Konzepte entwickeln sich in China rasant, doch kämpfen ausländische Anbieter in der „digital economy“ mit alten und neuen Herausforderungen. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in das Thema durch Thomas Weidlich (Luther Köln) informierten Philip Lazare (Luther Shanghai) und Frau Dr. Yuan Shen (Luther Köln) über das Regelungsnetzwerk der neuen chinesischen Netzsicherheitswelt und machten auf Hürden etwa beim grenzüberschreitenden Datentransfer und bei der VPN-Nutzung aufmerksam. Oliver Gäbisch (Leiter der IT-Abteilung bei Luther) gab Einblicke aus der IT-Praxis und berichtete über technische und sprachliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit chinesischen IT-Experten und Anwälten. Unser Gastredner Oliver Nauditt von Alibaba Cloud Frankfurt erläuterte, wie Alibaba – Chinas größter Onlinemarktplatz und der drittgrößte Cloudprovider der Welt – internationale Firmen dabei unterstützt, ihre IT in China zu entwickeln und zu betreiben.
In unserem Webinar „China Tax Update“ am 21. März 2019 konnten sich die Teilnehmer aus Deutschland und China bei Philip Lazare und Qu Jing (beide Luther Shanghai) über die neuesten Entwicklungen im chinesischen Steuerrecht informieren. Denn seit dem 1. Januar 2019 gilt in China ein grundlegend geändertes Einkommensteuerrecht. Zudem soll die chinesische Steuererklärung durch die Einführung einer Steuer-App vereinfacht und künftig elektronisch erfolgen. Für Unternehmen sind ebenfalls eine Reihe von Steuererleichterungen geplant, mit denen die chinesische Wirtschaft entlastet werden soll. Nach einem umfassenden Überblick zu zentralen Aspekten und Neuerungen des chinesischen Steuersystems beantworteten die Referenten auch Fragen der Teilnehmer.
Ein weiteres brandaktuelles Thema wurde am 26. April in Shanghai und am 14. Mai 2019 in Köln beim „FDI Update: Neues Investitionsumfeld für ausländische Unternehmen in China“ diskutiert. Ausländische Unternehmen monieren seit vielen Jahren die Restriktionen beim Marktzugang in China. Am 15. März 2019 hat nun der 13. Nationale Volkskongress das Auslandsinvestitionsgesetz (AIG) erlassen. Damit sollen die bestehenden Sonderregeln für ausländisch investierte Unternehmen wegfallen, die künftig den gleichen Marktzugang wie chinesische Unternehmen bekommen sollen. Ni Ningjin (Luther Shanghai), Thomas Weidlich (Luther Köln) und Philipp Baron von Drachenfels (Luther Shanghai) erläuterten den rund 30 Teilnehmern die Hintergründe und zeigten auf, worauf sich ausländische Unternehmen in China künftig einstellen müssen. Vor allem für Joint Ventures wird sich einiges ändern, auch wenn es Übergangsregelungen gibt. Erfahrene Chinakenner berichteten über aktuelle Entwicklungen aus Unternehmenssicht und steuerten spannende Praxishinweise bei: Dr. Anne Daentzer, Leiterin der Rechtsabteilung der Schott AG mit mehr als 20 Jahren Erfahrung als Rechtsanwältin in China, zeigte die besonderen Herausforderungen für Joint Ventures in China auf und Wolfgang Haselberger, Inhaber der arsa consulting GmbH, berichtete über seine langjährigen Erfahrungen bei Compliance-Untersuchungen in China. Felicitas Kaupp, Regionalmanagerin Greater China bei der German Asia-Pacific Business Association, gab einen Makro-Ausblick über die aktuelle Stimmung in China und ging auch auf den Handelsstreit mit den USA ein.
Zusammen mit dem TÜV Rheinland fand am 28. Mai 2019 ein Workshop zum Thema „Internet of Things, Data Protection and 5G-Security – Opportunities and Risks for Chinese Companies in Germany“ am Hauptsitz des internationalen Prüfdienstleisters in Köln statt. Adrian Hoppe und Dr. Yuan Shen (beide Luther Köln) informierten die rund 30 Teilnehmer über die Datenschutzbestimmungen der EU und analysierten die rechtlichen Folgen bei Verstößen anhand aktueller Gerichtsentscheidungen in Deutschland und anderen EU-Ländern. Dabei wurden die Compliance-Risiken deutlich, mit denen international agierende Unternehmen beim grenzüberschreitendem Datenaustausch und der Nutzung von gängigen chinesischen Kommunikationsmitteln wie WeChat konfrontiert sind. Stefan Eigler (Global Leader Data Protection and Privacy, TÜV Rheinland) betonte die Notwendigkeit von Datenschutz und Netzwerksicherheit und gab pragmatische Ratschläge für das IT-Compliance Management von mittelständischen Unternehmen. Steffen Häberer (Luther Leipzig) referierte sodann über die Rahmenbedingungen des deutschen Vergaberechts und erläuterte die Herausforderungen ausländischer Unternehmen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in Deutschland. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte im Zusammenhang mit dem Ausbau des deutschen 5G-Netzes und einer möglichen Beteiligung des chinesischen Telekommunikationsausrüsters Huawei führte dies zu einem regen Austausch zwischen Teilnehmern und Referenten im Anschluss an die Vorträge des Workshops.
Das Chinaforum Bayern e.V. veranstaltete in Kooperation mit dem China Zentrum Bayern im Existenzgründerzentrum Ingolstadt einen ganztägigen Workshop für mittelständische Unternehmen, die eine Firmengründung in China beabsichtigen. Philip Lazare (Luther Shanghai) erläuterte zusammen mit anderen China-Experten alle wesentlichen Schritte, die es beim Aufbau eines Unternehmens in China zu berücksichtigen gilt. Dabei wurden wertvolle Tipps für die Standortanalyse als auch rechtliche Empfehlungen für die Gründung einer Gesellschaft gegeben. Weitere Themen beinhalteten personal- und arbeitsrechtliche Fragen wie die Entsendung von Mitarbeitern, die Erstellung von Arbeitsverträgen sowie Vorschriften hinsichtlich Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Im Anschluss an den Workshop konnten sich die Teilnehmer bei einem Abendessen mit den Referenten austauschen und die angesprochenen Aspekte vertiefen.
Am 23. April 2019 hielt Zhang Zheng (Luther Shanghai) bei einem „Legal & Tax“-Workshop der Deutschen Außenhandelskammer in Shanghai einen Vortrag zum Thema Streitbeilegung. Anhand von verschiedenen Fallbeispielen erklärte sie den mehr als 20 chinesischen Unternehmensvertretern, wie man wirksame Streitbeilegungsklauseln in einem Vertrag festlegt und andere rechtliche Risiken in der Praxis vermeidet. In einer anschließenden Q&A-Session beantwortete Frau Zhang die wichtigsten Fragen der Teilnehmer. Der Workshop stieß auf sehr positive Resonanz bei den Teilnehmern, die überwiegend aus Shanghai und der Region kamen.
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Bonn und der südwestchinesischen Stadt Chengdu veranstaltete die IHK Bonn/Rhein-Sieg einen ganztägigen Workshop, bei dem China-Experten und -Praktiker über neue Geschäftsmöglichkeiten und geeignete Geschäftsmodelle für deutsche Unternehmen in China referierten. Thomas Weidlich (Luther Köln) gab in seinem Vortrag zum Thema „Neues Investitionsumfeld für ausländische Unternehmen in China – zwischen ,Old Economy‘ und Digitalwirtschaft“ einen Überblick über wichtige rechtliche Rahmenbedingungen etwa beim E-Commerce Handel oder beim grenzüberschreitenden Datenaustausch. Außerdem machte er auf die Änderungen aufmerksam, die sich mit dem kürzlich erlassenen neuen Auslandsinvestitionsgesetz (AIG) für deutsche Unternehmen in China und insbesondere bei Joint Ventures ergeben. An der Veranstaltung nahmen mehr als 50 deutsche und chinesische Vertreter aus Politik und Wirtschaft teil.
Unserer Veranstaltungsreihe „Luther CHINA Talk“ wird nach der Sommerpause mit aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Compliance, Personal und E-Commerce fortgesetzt. Die Veranstaltungen finden vorwiegend als „Breakfast Seminar“ oder in Form eines Webinars statt. Alle Termine auf einen Blick Compliance Den Westen überholen: zwischen Sinn und Überregulierung in China Essen | 8. Oktober 2019 Compliance in Deutschland: was macht ein „gutes“ chinesisches Unternehmen aus? Köln | 4. September 2019 Arbeitsrecht Personalfragen in China: Überblick und aktuelle Entwicklungen Webinar | 2. und 9. Juli 2019 Personalmanagement und Umgang mit Arbeitnehmervertretungen als Erfolgsfaktor bei der Post Merger Integration Düsseldorf | 25. September 2019 China und Deutschland im Wettbewerb Joint Ventures, Kooperationen und Lizenzverträge mit chinesischen Partnern Köln | 19. September 2019 Shanghai | 26. September 2019 Chinas nationale Strategien und die Antwort des Westens – ein Streitgespräch Köln | 7. November 2019 E-Commerce in China Alibaba, Taobao und Co. – wie Sie den Einstieg in Chinas Onlinehandel schaffen Düsseldorf | 21. November 2019 Den aktuellen Veranstaltungsplan finden Sie hier: https://indd.adobe.com/view/3e22862d-ea78-4778-b0ace3a25cbc9295.
Der diesjährige India Day ist ein ganz besonderer: Wir blicken zurück auf eine mittlerweile 10-jährige Tradition und haben wieder ein sehr spannendes und abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Vor dem Hintergrund der Wahlen und anderen aktuellen Entwicklungen in Indien diskutieren Unternehmer und Experten praxisnah Herausforderungen und Chancen auf dem indischen Markt − von Markteintritt und Kooperationen mit indischen Partnern über Vertrieb und Produktion bis hin zu Personalfragen und Outsourcing.
Der 10. India Day findet am Dienstag, 25. Juni 2019 in der festlichen Flora in Köln statt. Das Unternehmerforum bietet sowohl Indien-Einsteigern als auch Indien-Experten Updates, informative Diskussionsrunden, exklusive Praxisvorträge und eine einmalige Austauschplattform rund um den indischen Markt. Eine Pflichtveranstaltung für jeden Unternehmer, der sich im internationalen Umfeld bewegt.
Weitere Informationen zur Veranstaltung mit dem vollständigen Programm und Hinweisen zur Anmeldung finden Sie unter: https://www.indiaday.de/
Investment Plattform China/Deutschland, network corporate finance und Luther laden zum China Investment Sommerfest auf die Luther Dachterrasse mit Blick über den Rhein. In lockerer, ungezwungener Atmosphäre möchten wir unseren an China interessierten Mandanten und Geschäftsfreunden die Plattform bieten, sich kennenzulernen, professionell auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Prof. Dr. Herbert Schuster, erfolgreicher Unternehmer und Gründer sowie einer der renommiertesten Digitalisierungsexperten Deutschlands, wird die Key Note halten zum Thema „KI: völlig neue Möglichkeiten – und Wettbewerber. Ein Überblick über den Status Quo und ein Blick in die Zukunft.“
Die Veranstaltung beginnt am 11. Juli ab 18 Uhr, die Plätze sind begrenzt. Hier geht es zum Anmeldungslink. http://goingpublic-events.de/china-investment-sommerfest
Die IHK Pfalz wird am 17. Oktober 2019 eine ganztägige Veranstaltung zum Thema „Kundennähe in der Ferne – Anleitung zum Aufbau einer Vertriebstochter in China“ durchführen. Das Seminar vermittelt praxisnah, wie man den Aufbau einer Vertriebstochter in China erfolgreich umsetzen kann. Philip Lazare (Luther Shanghai) und weitere China-Experten erläutern anhand von umfangreichen Materialien und Beispielen den Ablauf einer Gründung in China, erklären die Aufgaben, die in China bzw. im deutschen Mutterhaus zu erledigen sind und welche Besonderheiten man bei einer Firmengründung in China beachten sollte.
Programm und Anmeldung bei der IHK Pfalz über diesen Link: https://www.pfalz.ihk24.de/System/vst/1308808?id=323852&terminId=527616
Nach dem Rücktritt der britischen Premierministerin Teresa May ist unklarer denn je, wie es in Sachen Brexit weitergehen wird. Auf dem EU-Sondergipfel am 10. April 2019 einigten sich die EU27-Staatschefs mit Großbritannien auf eine flexible Fristverlängerung bis maximal zum 31. Oktober 2019. Dennoch ist ungewiss, ob bis zum Ablauf der Frist eine Einigung im britischen Unterhaus sowie zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union erzielt werden kann. Sollte es zu keiner Einigung kommen, tritt automatisch ein „No-Deal“-Brexit ein, der tiefgreifende Auswirkungen auf den Handel zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich haben wird. Ein „No-Deal“ bedeutet, dass das Vereinigte Königreich nicht nur den europäischen Binnenmarkt und die europäische Zollunion verlassen wird, sondern auch die Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit ersatzlos wegfällt. Großbritannien würde zu einem Drittstaat werden.
Unsere Luther-Expertenteams haben sich bereits frühzeitig und umfassend mit den Folgen eines „No-Deal“-Brexits beschäftigt und die Auswirkungen auf Unternehmen in einer Brexit-Broschüre zusammengestellt, die Sie unter diesem Link herunterladen können: https://indd.adobe.com/view/9f849eb5-d48c-4ed1-af4d-8f4d6068759d
Thomas Weidlich, LL.M. (Hull) |
Auch Deutschland scheint nicht immun gegen den weltweit grassierenden Virus des Protektionismus. Das Bundeskabinett hat Ende letzten Jahres eine weitere Verschärfung der Investitionsprüfung für Unternehmensbeteiligungen durch ausländische Investoren beschlossen. Durch die 12. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung ist eine Investitionsprüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) teilweise nun schon bei der Übernahme von 10 % der Stimmrechtsanteile durch ausländische Investoren möglich. Zudem wurde der Kreis anmeldepflichtiger Übernahmen erweitert. Auch auf europäischer Ebene werden derzeit strengere Vorschriften ausgearbeitet und Überlegungen zu einer europäischen Industriestrategie vorangetrieben, die vor allem auf China zielen. Anfang Februar hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine „Nationale Industriestrategie 2030“ vorgestellt. Ganz offen räumt der Minister ein, dass er sich dabei die „Made in China 2025“ Industriestrategie der Volksrepublik China zum Vorbild genommen hat.
Industriepolitik erlebt aktuell in vielen Teilen der Welt eine Renaissance, nicht nur unter Präsident Trump in den USA. Frankreich und Deutschland werben gemeinsam um eine europäische Industriestrategie, die gerade gegenüber China selbstbewusst vertreten werden soll. Erklärtes Ziel der „Nationalen Industriestrategie 2030“ ist es, den Standort Deutschland zu stärken und zukunftsfähig zu machen. Innovative Technologien sollen stärker gefördert und strategisch wichtige Bereiche geschützt werden. Fördermittel gibt es insbesondere für Künstliche Intelligenz, die beispielsweise für die Entwicklung im Bereich autonomes Fahren und medizinische Diagnostik eine zentrale Rolle spielen wird, und Elektromobilität, die von der Bundesregierung gerade eine Milliarde Euro für den Aufbau einer heimischen Batteriezellfertigung zur Verfügung gestellt bekommt. Außerdem soll ein Staatsfonds geschaffen werden, der sich „in sehr wichtigen Fällen“ (KUKA lässt grüßen) vorübergehend zur Abwehr feindlicher Übernahmen beteiligen kann. Altmaier zeigt sich zudem besorgt, dass in Deutschland kaum noch neue Großkonzerne entstünden und möchte das EU-Wettbewerbsrecht lockern, um nationale und europäische Champions zu schaffen. Auch hier hat der Minister wieder vor allem die chinesischen Staatskonzerne im Visier, denen deutsche Wettbewerber „auf Augenhöhe“ begegnen müssten.
Aus der deutschen Wirtschaft gab es teilweise Zuspruch, überwiegend aber doch deutliche Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Die Förderung neuer Technologien wird vielfach begrüßt, neuen Maßnahmen zur Abwehr von Unternehmensübernahmen hingegen eine Absage erteilt. Der die Interessen der deutschen Maschinenbauer vertretende VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) zeigt sich „äußerst skeptisch“ und sieht in staatlichen Eingriffen „eher Fluch als Segen“. Ähnlich waren die ersten Reaktionen zahlreicher weiterer Unternehmensverbände, wo sich gerade der deutsche Mittelstand mit seiner Exportausrichtung für offene Märkte stark macht. Viele Unternehmer fragen sich, mit welchem Anspruch der Staat für sich reklamiere, zukünftige Geschäftsfelder besser als der Markt einschätzen zu können, wenn die Politik in der „Old Economy“ schon so viele ungelöste Baustellen hat. Energiewende, Deutsche Bahn und Flughafen Berlin führen eine lange Liste an Beispielen an, die nahelegten, dass der Staat eben nicht der bessere Unternehmer ist. Dabei gebe es gerade im Bereich der IT-Infrastruktur sehr viel Nachholbedarf in Deutschland. Auf die ungewohnt heftigen Angriffe aus der Wirtschaft hat Minister Altmaier reagiert und Anfang Mai Unternehmensverbände und Gewerkschaften zu einem „Krisengipfel“ eingeladen. Konkrete Ergebnisse gab es dort nicht, der Minister will im Herbst seine endgültige Strategie vorstellen.
Die durch die Debatte ausgelöste Unsicherheit führt kurzfristig aber dazu, dass private Investoren abwarten. Bei chinesischen Investitionen ist dies bereits spürbar: Nach dem Rekordjahr 2016 mit EUR 37,2 Milliarden und immerhin noch EUR 29,1 Milliarden in 2017 fielen die EU-Direktinvestitionen aus China 2018 mit EUR 17,3 Milliarden wieder fast auf das Niveau aus dem Jahre 2014 (EUR 14,7 Milliarden) zurück. Deutschland ist weiterhin unter den Hauptzielländern in Europa, aber auch hier haben sich die chinesischen Investoren zuletzt zurückgehalten, was neben veränderten Vorzeichen in China auch auf die neuen Rahmenbedingungen und Signale aus Deutschland zurückzuführen ist.
Die Überprüfung von Unternehmensbeteiligungen ausländischer Investoren war in Deutschland außerhalb der Fusionskontrolle lange ein Randthema. Mit dem Anstieg chinesischer Übernahmen und einigen sehr öffentlichkeitswirksamen Transaktionen (KUKA, Aixtron etc.) hat sich dies geändert und die Zahl der Prüfverfahren ist seit 2016 deutlich angestiegen. Bisher galt nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), dass jeder Erwerb von Anteilen an einem in Deutschland ansässigen Unternehmen ab einem Stimmrecht von mindestens 25 % geprüft werden kann. Als Prüfungsgrundlage ist hierfür maßgeblich, ob durch den entsprechenden Anteilserwerb die öffentliche Ordnung oder Sicherheit bzw. wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet werden.
Durch die 12. Novelle der AWV ist eine Investitionsprüfung durch das BMWi teilweise nun schon bei der Übernahme von 10 % der unmittelbaren oder mittelbaren Stimmrechtsanteile durch ausländische Investoren möglich (§ 60a Absatz 1 AWV). Zudem wurde der Kreis anmeldepflichtiger Übernahmen erweitert. Mit Inkrafttreten der Änderungen gelten seit dem 19. Dezember 2018 verschärfte Vorschriften beim Erwerb besonders sicherheitsrelevanter ziviler Unternehmen durch EU-/EFTAAusländer im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung (§§ 55 ff. AWV). Gleiches gilt in Bezug auf den Erwerb von militärischen Schlüsseltechnologien oder von IT-Systemen für die Verschlüsselung sensibler staatlicher Informationen im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung (§§ 60 ff. AWV). Zu den besonders sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen zählen vor allem kritische Infrastrukturen aus den Bereichen Strom-, Gasund Trinkwasserversorgung sowie Telekommunikation, die in § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV als „Schlüsselindustrien“ aufgeführt sind und die nach Ansicht der Bundesregierung besonders sicherheitsrelevant sind und damit eines besonderen Schutzes im Zusammenhang mit ausländischen Investoren bedürfen. Neu aufgenommen wurden durch die Novelle nunmehr zudem „Unternehmen der Medienwirtschaft“, die „mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung“ beitragen und sich durch „besondere Aktualität und Breitenwirkung“ auszeichnen. Damit solle die Unabhängigkeit der Medien gesichert sowie Versuchen ausländischer Beeinflussung und Desinformation vorgebeugt werden. Zwar bestand schon nach altem Recht bei Unternehmen der Medienwirtschaft nach § 55 Absatz 1 Satz 1 AWV ein Recht des BMWi zur Prüfung des Unternehmenserwerbs. Durch die Änderung gilt jedoch nun auch bei Medienunternehmen eine Meldepflicht.
Für die in § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV genannten, im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung besonders sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen sowie für die von der sektorspezifischen Prüfung (§§ 60 ff. AWV) erfassten Unternehmen wurde die Prüfeintrittsschwelle durch die Novelle nunmehr von 25 % auf 10 % abgesenkt, wodurch auch die Meldepflicht entspre-chend ausgeweitet wird. Dies ermöglicht der Bundesregierung, bereits kleinere Beteiligungen ausländischer Investoren in besonders sicherheitsrelevanten Bereichen in einem früheren Stadium zu prüfen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Vermutlich werden in Zukunft auch die Anteilserhöhungen eines ausländischen Investors erneut überprüft. Für sonstige Unternehmen verbleibt die Prüfeintrittsschwelle bei 25 %.
Auslöser für die Absenkung der Prüfeintrittsschwelle war nicht zuletzt der Erwerb von 50Hertz durch den chinesischen Investor SGCC (State Grid Corporation of China) im vergangenen Jahr. Die Investitionskontrolle kam bei dieser Transaktion nicht zum Zuge, weil nur 20 % der Unternehmensanteile des deutschen Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz erworben werden sollten. Die Bundesregierung konnte schließlich nur über Geltendmachung des Vorkaufsrechts durch einen Altinvestor und temporären Erwerb der Anteile durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Übernahme verhindern. Auch der überraschende Einstieg des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler sorgte für Diskussionen. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin prüfte einen möglichen Verstoß gegen die Wertpapiermeldepflichten, kam aber schließlich zu dem Ergebnis, dass der chinesische Aktionär seine Beteiligung rechtzeitig bekannt gegeben hatte und verhängte kein Bußgeld gegen Geely. Dass sich der politische Druck in Deutschland insgesamt verschärft hat und die Investitionskontrolle strenger reguliert wird, zeigt auch ein weiteres Beispiel: Zu Beginn des Jahres 2018 konnte die chinesische Yantai Taihai Group noch problemlos die Duisburg Tubes Production AG – ein deutsches Zuliefererunternehmen der Nuklearindustrie – übernehmen. Im August desselben Jahres scheiterte allerdings die versuchte Übernahme des deutschen Maschinenbauunternehmens Leifeld Metal Spinning, dessen Metallteile auch in der Nuklearindustrie verwendet werden können. Die chinesische Yantai Taihai Group brach die Transaktion vorzeitig ab, nachdem sich eine Untersagung durch die Bundesregierung abzeichnete.
Deutschland ist und bleibt auch nach den Änderungen der AWV im Dezember 2018 ein sehr investitionsfreundliches Land. Die Faktenlage ist eindeutig: 2016 bis 2018 wurden etwa 200 Transaktionen durch das Bundeswirtschaftsministerium geprüft, davon knapp ein Drittel Erwerbsvorgänge mit chinesischer Beteiligung. Nur in ganz wenigen Fällen, wie bei der geplanten Übernahme des Maschinenbauers Leifeld durch die chinesische Yantai Tahai Group drohte eine Untersagung, tatsächlich ausgesprochen hat dies das BMWi bis heute in keinem einzigen Fall. Allerdings verlängern sich die Prüffristen insbesondere in besonders sensiblen Bereichen wie Energie oder Telekommunikation und wir sehen generell einen erhöhten Prüfungsaufwand. Die Absenkung der Prüfeintrittsschwelle wird zu einer höheren Anzahl prüfungsrelevanter Erwerbsfälle führen – sowohl für die sektorübergreifende Prüfung nach § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV als auch für die sektorspezifische Prüfung nach § 60 AWV – weil nun noch kleinere und damit potenziell noch mehr Transaktionen erfasst werden.
Das BMWi hatte schon bisher einen weiten Ermessensspielraum bei seiner Prüfung und die Einführung weiterer unbestimmter Rechtsbegriffe wie „Unternehmen der Medienwirtschaft“ vergrößert die Rechtsunsicherheit, ob der jeweilige Erwerbsvorgang in den sachlichen Anwendungsbereich der AWV fällt. Anders als bei der Fusionskontrolle sieht die Investitionsprüfung nach dem AWG kein Vollzugsverbot vor, doch stehen Erwerbsvorgänge durch ausländische Investoren unter der auflösenden Bedingung, dass das BMWi die Transaktion nicht untersagt (§ 15 Absatz 2 AWG). Im Zweifel wird man den Beteiligten daher raten müssen, beim BMWi einen Antrag auf Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 AWV bzw. der Freigabe nach § 61 AWV zu stellen, um schnellstmöglich Rechtssicherheit hinsichtlich des (bevorstehenden) Erwerbsvorgangs zu erlangen. Das Erfordernis der Antragstellung und der Entscheidung darüber stellt selbst in unproblematischen Fällen – und dies dürfte weiterhin die große Mehrzahl der Fälle sein – einen Umstand dar, der von den Beteiligten in zeitlicher Hinsicht eingeplant und in rechtlicher Hinsicht bei der Vertragsgestaltung bedacht werden sollte. Eine gründliche Vorbereitung und rechtzeitige Anmeldung der Transaktion werden wichtiger denn je.
Die Entwicklungen der jüngsten Zeit zeigen, dass vor allem chinesische Investitionen in Deutschland wie auch in Europa strenger geprüft werden. Die Situation auf europäischer Ebene werden wir in der nächsten Ausgabe dieses Newsletters ausführlich darstellen.
Thomas Weidlich, LL.M. (Hull) |
Am 1. Januar 2019 trat in Australien der Modern Slavery Act 2018 (Cth) in Kraft. Damit ist Australien eines von wenigen Ländern, welches moderne Sklaverei in globalen Lieferketten reguliert. Insbesondere wurde damit für bestimmte Unternehmen (reporting entities) die Pflicht eingeführt, jährlich ein sog. Modern Slavery Statement zu veröffentlichen. Damit sollen Risiken moderner Sklaverei innerhalb des Unternehmens und seiner globalen Lieferketten offengelegt werden. Weiterhin ist darzulegen, wie das Unternehmen diesen Risiken entgegentritt. Diese Berichtspflicht dient der Transparenz gegenüber Verbrauchern und Investoren. Die Reputation des Unternehmens steht auf dem Spiel, wenn das Unternehmen seinen Berichtspflichten nicht nachkommt oder offengelegte Risiken der modernen Sklaverei nicht angemessen adressiert.
Mit dem Begriff “moderne Sklaverei” werden vielfältige Praktiken beschrieben, wie z.B. Zwangsarbeit, Schaffung und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen, Kinderarbeit und Menschenhandel. Weltweit gibt es derzeit nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mehr als 40 Millionen Opfer der modernen Sklaverei, davon leben 56% in globalen Produktionsstandorten im asiatisch-pazifischen Raum. Das Problem der modernen Sklaverei wurde in den UN Guiding Principles on Business and Human Rights 2011 adressiert und sollte international bekämpft werden.
Auch in Deutschland wird derzeit an einem entsprechenden Gesetzesentwurf gearbeitet. Innerhalb der EU haben bisher lediglich Großbritannien und Frankreich entsprechende Gesetze erlassen.
Nach dem Modern Slavery Act 2018 (Cth) müssen in Australien tätige ausländische Unternehmen oder australische Gesellschaften, die einen konsolidierten Jahresumsatz von mehr als AUD 100 Millionen haben, jedes Jahr ein Modern Slavery Statement erstellen und beim australischen Innenministerium (Department of Home Affairs) einreichen. Das Modern Slavery Statement wird dann in ein öffentlich zugängliches Register eingestellt. Eine geringere Umsatzschwelle von AUD 50 Millionen wird demnächst für Unternehmen, die in New South Wales tätig sind, gelten, da dieser Bundesstaat ein eigenes Gesetz zur modernen Sklaverei erlassen hat (Modern Slavery Act 2018 (NSW)), welches voraussichtlich am 1. Juli 2019 in Kraft treten wird. Die beiden Gesetze auf Bundes- und Staatenebene überschneiden sich teilweise in ihren Anwendungsbereichen. Es genügt jedoch, wenn ein Unternehmen, das unter den Anwendungsbereich beider Gesetze fällt, seiner Berichtspflicht auf Bundesebene nachkommt.
Das erste Berichtsjahr nach dem Modern Slavery Act 2018 (Cth) beginnt am 1. Juli 2019. Wann ein Unternehmen, welches die Umsatzschwelle überschreitet (sog. reporting entities), erstmals ein Modern Slavery Statement einreichen muss, hängt von dem jeweils geltenden Finanzjahr ab. Unternehmen mit dem in Australien üblichen Finanzjahresende zum 30. Juni müssen den ersten Bericht zum 30. Juni 2020 erstellen und bis zum 31. Dezember 2020 einreichen, wohingegen Unternehmen, deren Finanzjahr zum 31. Dezember endet, den ersten Bericht zum 31. Dezember 2020 erstellen und bis zum 30. Juni 2021 einreichen müssen.
Das Modern Slavery Statement muss folgende Informationen beinhalten:
Das australische Innenministerium hat am 29. März 2019 den Entwurf eines Leitfadens zur Erstellung des Modern Slavery Statement veröffentlicht und Unternehmen und Interessengruppen dazu eingeladen, hierzu Stellung zu nehmen. Etwaige Stellungnahmen müssen bis zum 19. Mai 2019 eingereicht werden. Der Leitfaden gibt konkrete Anforderungen zu den oben genannten Inhalten vor. Weiterhin gibt der Leitfaden folgende Tipps:
Der Modern Slavery Act 2018 (Cth) beinhaltet keine Ermächtigung zur Verhängung von Bußgeldern. Allerdings kann der Innenminister im Falle eines Verstoßes gegen die Berichtspflichten folgende Maßnahmen ergreifen:
Obwohl keine Geldbußen verhängt werden können, droht hier ein Reputationsverlust.
Der Modern Slavery Act 2018 (NSW) sieht hingegen empfindliche Bußgelder in Höhe von bis zu AUD 1,100,000 vor, wenn das Unternehmen:
Jedes Unternehmen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von über AUD 100 Millionen, welches in Australien tätig ist (bzw. AUD 50 Millionen, wenn das Unternehmen in NSW tätig ist), sollte prüfen, ob es den Regelungen des Modern Slavery Act 2018 (Cth) bzw. Modern Slavery Act 2018 (NSW) unterliegt. So weit das Unternehmen unter diese Regelungen fällt, sollte es sich sobald wie möglich mit der Erstellung eines Modern Slavery Statement auseinandersetzen und daraufhin seine eigenen Fertigungsstätten sowie globalen Lieferketten überprüfen, ob hier Risiken moderner Sklaverei bestehen. Insoweit sollte das Unternehmen sich folgende Fragen stellen:
Soweit Risiken offengelegt werden, sind diese zu adressieren und angemessen zu bekämpfen. Wenn ein Unternehmen in mehreren Ländern verpflichtet ist, ein Modern Slavery Statement zu erstellen (z.B. UK und Australien), sollte es sicherstellen, dass der Bericht inhaltlich die Anforderungen der einschlägigen Gesetze in den relevanten Ländern erfüllt, sodass nur ein Bericht für die Unternehmensgruppe erstellt werden muss.
Dr. Angelika Yates |
Im März hat der 13. Nationale Volkskongress das Auslandsinvestitionsgesetz („AIG“) erlassen. Es tritt am 1. Januar 2020 in Kraft und schafft neue Rahmenbedingungen für ausländische Investoren in China. Trotz der überwiegenden Beschränkung auf allgemeine Prinzipien, bewirkt es konkrete Veränderungen für ausländisch-investierte Unternehmen. Auf dem kürzlich zu Ende gegangenen EU-China Gipfel in Brüssel hat der chinesische Premierminister Li Keqiang betont, dass europäischen Unternehmen zukünftig gleiche Marktzugangsbedingungen eingeräumt werden. Peking feiert das neue Gesetz als Meilenstein der weiteren Marktöffnung für die etwa eine Million ausländischen Unternehmen in China, während es in der ausländischen Community aufgrund der vielen Unklarheiten und einiger „Hintertüren“ nur verhaltenen Applaus für das AIG gibt.
Der erste Entwurf des AIG wurde bereits im Jahr 2015 veröffentlicht und enthielt mit insgesamt 170 Artikeln wesentlich detailliertere Regelungen als das nunmehr verabschiedete Gesetz. Nachdem der Entwurf drei Jahre nicht weiterentwickelt wurde, hatte der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses Ende 2018 einen neuen Entwurf veröffentlicht, der sodann bereits im März 2019 verabschiedet wurde. Das außergewöhnlich schnelle Gesetzgebungsverfahren könnte einer der Gründe dafür sein, dass das Gesetz mit 42 Artikeln vergleichsweise kurz und allgemein ausgefallen ist. Die Beurteilung verschiedener Regelungen wird erst nach dem Erlass konkretisierender Durchführungsbestimmungen möglich sein.
Das neue Gesetz löst die bestehenden Gesetze für ausländisch investierte Unternehmen ab (Law on Sino-Foreign Equity Joint Ventures, Law on Sino-Foreign Cooperative Joint Ventures, Law on Wholly Foreign-owned Enterprises). Es fasst einige Vorschriften aus diesen Gesetzen zusammen, enthält allerdings keine neuen Regelungen für die Organisation ausländisch investierter Unternehmen, sondern verweist auf das Gesellschaftsgesetz und das Partnerschaftsunternehmensgesetz. Insofern führt es zu einer Vereinheitlichung der Vorschriften für ausländisch investierte und chinesische Unternehmen. Für bestehende ausländisch investierte Unternehmen gilt eine Übergangsfrist von bis zu fünf Jahren, in welcher sie ihre Organisationsform nach den alten Vorschriften beibehalten dürfen. Für Neugründungen ab dem 1. Januar 2020 ist das AIG bereits zwingend anwendbar.
In Art. 4 des neuen Gesetzes wird erstmals das Prinzip der Inländerbehandlung von ausländischen Investoren mit Ausnahme der Negativliste bestimmt. Dieses bezieht ausdrücklich die Gleichbehandlung vor der Gründung einer Gesellschaft mit ein und geht damit über den Umfang des zwischen Deutschland und China im Jahr 2003 unterzeichneten Investitionsschutzabkommens hinaus, in welchem nur die Gleichbehandlung von bereits getätigten Kapitalanlagen vereinbart wurde.
Trotz Gleichbehandlung benennt das AIG folgende potenzielle Marktzugangshürden:
Die Negativliste ist im Jahr 2018 aus dem früheren Lenkungskatalog für ausländische Investitionen hervorgegangen und umfasst derzeit 48 Industriesektoren, in welchen ausländische Investitionen entweder nur eingeschränkt möglich (20 Sektoren) oder gänzlich verboten (28 Sektoren) sind. Die Anzahl der beschränkten oder verbotenen Sektoren wurde in den letzten Jahren konstant reduziert. Beispielsweise waren im Jahr 2017 noch 63 Industriesektoren im Lenkungskatalog als beschränkt oder verboten aufgeführt.
Das neue Gesetz sieht die Etablierung eines Sicherheitsprüfungssystems für ausländische Investitionen vor, welche die Staatssicherheit beeinträchtigen oder beeinträchtigen können (Art. 35).
Während der Entwurf im Jahr 2015 hierzu ein eigenes Kapitel mit 26 Artikeln zu Verfahren, Dauer, einzureichenden Unterlagen und bei der Prüfung zu berücksichtigenden Faktoren enthielt, fehlen im AIG detaillierte Regelungen. Das Gesetz bestimmt lediglich, dass die im Rahmen der Sicherheitsprüfung getroffene Entscheidung endgültig ist. Es bleibt abzuwarten, inwieweit eine detaillierte Ausgestaltung der Sicherheitsprüfung im Rahmen nachfolgender Durchführungsbestimmungen erfolgen wird. Grundlegende Vorschrift ist in diesem Zusammenhang das 2015 in Kraft getretene Gesetz zur nationalen Sicherheit, welches ebenfalls die Möglichkeit einer Sicherheitsprüfung für ausländische Investitionen vorsieht. Der Begriff der nationalen Sicherheit wird hierin relativ weit definiert und beinhaltet neben der Staatsgewalt auch staatliche Souveränität und Einheit sowie die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung.
Für Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren sowie deren Beteiligung an der Konzentration von Unternehmen in anderer Weise verweist Artikel 33 auf die Vorschriften des chinesischen Kartellrechts. Insofern unterliegen ausländische und chinesische Investoren im Rahmen der Fusionskontrolle grundsätzlich den gleichen Prüfungsverfahren und Schranken.
Ebenso können für ausländisch investierte Unternehmen je nach Geschäftstätigkeit spezielle Lizenzen, wie beispielsweise für die Herstellung von Lebens- oder Arzneimitteln, erforderlich sein. Art. 30 stellt insoweit klar, dass die Prüfung der Anträge von ausländischen Investoren grundsätzlich nach den gleichen Bedingungen und Verfahren erfolgt wie bei inländischen Investoren.
Artikel 40 schließlich regelt, dass die Volksrepublik China bei diskriminierenden, verbietenden, restriktiven oder vergleichbaren Maßnahmen anderer Staaten in Investitionsangelegenheiten entsprechende Maßnahmen gegen diesen Staat ergreifen kann. Hierdurch werden die aus der Handelspolitik bekannten Möglichkeiten zur Verhängung von Vergeltungsmaßnahmen auf den Marktzugang ausländischer Investoren übertragen. Es bleibt unklar, in welchen Fällen Maßnahmen eines anderen Staates als diskriminierend erachtet werden und welche Vergeltungsmaßnahmen gegen diesen Staat oder etwa Investoren aus diesem Staat ergriffen werden könnten.
Neben dem Marktzugang enthält das Gesetz zahlreiche Regelungen zur Investitionsförderung und zum Schutz ausländischer Investitionen. Letztere scheinen zumindest teilweise Symbolcharakter zu haben. Gemäß Art. 22 dürfen administrative Organe oder Funktionäre keine Übertragung von Technologie durch Verwaltungsmaßnahmen erzwingen. Allerdings sind es oft nicht Verwaltungsmaßnahmen, sondern die rechtlichen und faktischen Zugangshürden, welche ausländische Unternehmen zur Kooperation mit chinesischen Vertragspartnern und entsprechendem Technologietransfer zwingen.
Administrative Organe und Funktionäre haben die Geschäftsgeheimnisse von ausländisch investierten Unternehmen, von denen sie im Rahmen ihrer Pflichten Kenntnis erlangt haben, vertraulich zu behandeln und dürfen diese nicht offenlegen oder illegal an andere weitergeben (Art. 23). Vergleichbare Pflichten finden sich bereits in zahlreichen anderen Vorschriften (bspw. Art. 10 Regulation of the SAIC on Prohibiting Infringement upon Trade Secrets). Hinsichtlich der Folgen bei Verstößen wird zudem auf die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen verwiesen (Art. 39).
Zudem ist die Etablierung eines Beschwerdemechanismus für ausländisch investierte Unternehmen vorgesehen (Art. 26). Letztere können bei einer Verletzung ihrer Rechte in der Verwaltungspraxis die Koordination und Beilegung durch die einzurichtende Beschwerdestelle beantragen. Weiterhin stehen ihnen die Beantragung einer nochmaligen administrativen Prüfung und der Verwaltungsrechtsweg offen. Letztere Mittel bestehen allerdings schon jetzt und werden von Unternehmen nur selten genutzt. Oftmals ist es weniger zeit- und kostenintensiv, den Anordnungen der Behörden Folge zu leisten oder einen Kompromiss mit diesen auszuhandeln.
Im Rahmen der Investitionsförderung enthält das Gesetz ebenfalls Grundsätze, welche zwar positiv einzuordnen sind, deren tatsächliche Auswirkungen aber vor allem von der Umsetzung abhängen werden. Dies betrifft sowohl die Mitwirkung ausländisch investierter Unternehmen bei der Festlegung von Standards (Art. 15) als auch die Gleichbehandlung bei öffentlichen Beschaffungen (Art.16). Zudem ist die Etablierung eines Berichtssystems für ausländische Investitionen vorgesehen (Art. 34). Auch hierzu enthielt der Entwurf von 2015 ein eigenes Kapitel mit detaillierten Berichtspflichten, welche im neuen Gesetz auf einen einzigen Artikel reduziert wurden. Der Gesetzeswortlaut schreibt für den Inhalt und Umfang der Berichte nun den Grundsatz der Erforderlichkeit vor, was positiv hervorzuheben ist. Ob es in diesem Zusammenhang zu einer wünschenswerten Vereinheitlichung verschiedener behördlicher Registrierungen kommt, bleibt abzuwarten.
Die Aufhebung der Sondergesetze für ausländisch investierte Unternehmen und die Anwendbarkeit des allgemeinen Gesellschaftsgesetzes führt zu konkreten Veränderungen. In erster Linie betrifft dies Joint Venture Gesellschaften, deren Organisationsstruktur sich an die im Gesellschaftsgesetz vorgegebene Struktur anpasst; höchstes Organ eines Equity Joint Ventures ist in der Folge nicht mehr das Board of Directors, sondern die Gesellschafterversammlung. Das Board of Directors hingegen ist nur noch Leitungsorgan und berichtet an die Gesellschafterversammlung. Entscheidungen von zentraler Bedeutung sind von der Gesellschafterversammlung statt dem Board of Directors zu treffen. Für Beschlüsse über Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen, welche einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, reicht in der Gesellschafterversammlung eine 2/3-Mehrheit der Stimmen aus. Nach derzeitigem Recht ist hierfür (noch) ein einstimmiger Beschluss im Board of Directors erforderlich. Je nach Anteilsverhältnis könnte der Minderheitsgesellschafter daher das Vetorecht für wesentliche Entscheidungen verlieren.
Neben der Änderung der Organisationsstruktur ergeben sich für Joint Ventures flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten durch die Gesetzesänderung. Die zwingende Anknüpfung an Kapitalanteile bei der Bestellung von Direktoren oder der Gewinnverteilung entfällt, sodass abweichende Regelungen möglich sind. Nicht nur der Vorsitzende des Board of Directors, sondern auch ein geschäftsführender Direktor oder der General Manager können zum gesetzlichen Vertreter bestellt werden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es in Zukunft voraussichtlich auch chinesischen natürlichen Personen gestattet, Gesellschafter eines Joint-Ventures zu sein. Die bestehenden Regelungen schreiben grundsätzlich vor, dass es sich bei dem chinesischen Gesellschafter um eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder eine andere wirtschaftliche Organisation handeln muss.
Vor Ablauf der Übergangszeit Ende 2024 werden bestehende Joint Venture Gesellschaften daher Anpassungen der Satzung und des Joint Venture Vertrags vornehmen müssen, was zu neuen Verhandlungen zwischen den Joint Venture Parteien führen könnte. Das AIG enthält aber weder Regelungen dazu, wie eine Anpassung zu erfolgen hat, noch zu den Folgen, falls bis zum Ablauf der Übergangszeit keine Anpassung erfolgt. Es verweist lediglich auf zu erlassende Durchführungsbestimmungen.
Nicht nur die Gesellschafter bestehender Joint Ventures, sondern auch die Gesellschafter zukünftiger Joint Ventures sollten die Gesetzesänderung im Auge behalten. Bei einer Gründung vor dem 1. Januar 2020 gelten (zumindest theoretisch) noch die bestehenden Vorschriften. Insoweit sollte die Umstellung der Organisationsstruktur bereits berücksichtigt werden, um erneute Verhandlungen mit dem JV-Partner unmittelbar nach der Gründung zu vermeiden.
Das AIG ist ein Schritt in Richtung Marktöffnung und Gleichbehandlung für ausländische Investoren in China. Insbesondere die Aufhebung der bestehenden Sondergesetze für ausländisch investierte Unternehmen ist positiv zu sehen. Wie groß oder klein dieser Schritt sein wird, hängt maßgeblich von den Durchführungsbestimmungen sowie der Umsetzung der angekündigten Maßnahmen im Einzelnen ab. Die ausstehenden Regelungen zu Sicherheitsprüfung und zum Berichtssystem sind hier hervorzuheben. Offen ist zudem, ob die angekündigte Inländerbehandlung auch zu einer Herabsetzung der Anforderungen für ausländisch investierte Holding-Gesellschaften oder einer Aufhebung bestehender Kapitalbeschränkungen führen wird.
Vor allem für Joint Venture Gesellschaften ergibt sich Handlungsbedarf. Betroffene Gesellschafter sollten sich rechtzeitig auf die Umstellung der Organisationsstruktur vorbereiten und die flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten im Auge behalten.
NI Ningjun / 倪宁军 LL.M. (Nanjing/Göttingen) |
Philipp Baron von Drachenfels |
Wer in China nach bestimmten Begriffen oder Webseiten sucht, gelangt in der Regel auf eine leere Seite oder erhält eine Fehlermeldung. Einige ausländische Suchmaschinen wie Google und die meisten westlichen Sozialen Netzwerke, Videoportale und Kurznachrichtendienste wie Facebook, YouTube und WhatsApp sind komplett gesperrt. Wer in China geschäftlich oder privat unterwegs ist, nutzt daher meist einen VPN-Account, um die „Great Firewall“ zu überwinden und auf blockierte Internetseiten und -dienste zugreifen zu können. Ein VPN-Account baut eine verschlüsselte Verbindung zu einem VPN-Server im Ausland auf, sodass die Daten sicher durch sogenannte VPN-Tunnel übertragen werden. Bislang war dies eine gängige Methode sowohl für ausländische Geschäftsleute und Touristen als auch für inländische Nutzer ausländischer Webseiten. Die Nutzung von VPN wird seit Anfang des Jahres allerdings strenger kontrolliert und die ersten Strafen gegen private Nutzer wurden bereits verhängt.
Im Dezember 2018 wurde durch die Behörde für öffentliche Sicherheit in der Provinz Guangdong die erste Geldstrafe gegen eine chinesische Privatperson wegen illegaler VPN-Nutzung verhängt. Der Betroffene hatte über eine VPN-App rund 500 illegale Internetverbindungen innerhalb einer Woche aufgerufen. Im Januar 2019 wurde eine andere Privatperson in Chongqing ebenfalls wegen Einrichtung bzw. Nutzung illegaler Kanäle für internationale Netzwerkverbindungen von der lokalen Behörde für öffentliche Sicherheit zur politischen Ermittlung geladen. Die Behörde hat den konkreten Tatbestand nicht bekanntgegeben. Unter den Bloggern wurde vermutet, dass der Beschuldigte über eine VPN-Verbindung zu einer gesperrten Webseite gelangt war und dort kritische Äußerungen gegen die Partei veröffentlichte. Diese beiden Fälle haben einige Unruhe unter den ausländischen VPN-Nutzern in China verursacht. Denn bisher waren die behördlichen Maßnahmen lediglich an VPN-Software- Entwickler oder kommerzielle Händler gerichtet und fanden vor dem Hintergrund einer Kampagne des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) statt. Im Rahmen des Erlasses “Cleaning Up and Regulating the Internet Access Service Market” wurden zwischen Januar 2017 und März 2018 Bußgelder in Höhe von bis zu RMB 500.000 und Freiheitsstrafen von maximal 5,5 Jahren verhängt. Offenbar wurden auch die drei staatlichen Telekommunikationsanbieter (China Telecom, China Mobile und China Unicom) angewiesen, die Nutzung von VPN-Diensten einzuschränken bzw. zu erschweren.
Diese tendenzielle Richtungsänderung im Vorgehen gegen illegale VPN-Nutzung ist nicht auf Gesetzesänderungen zurückzuführen, sondern auf eine verschärfte Durchsetzung der bereits bestehenden Vorschriften. Die wesentlichen Gesetzesgrundlagen zur Regelung der VPN-Nutzung in China existieren schon seit 1996:
Die Rechtsgrundlage für die beiden Fälle privater VPN-Nutzung war laut den Behörden Ziffer 6 und 14 der Interim Regulations. Gemäß Ziffer 6 muss jede direkte internationale Verbindung eines Computerinformationsnetzes über den internationalen Internet- Austauschkanal erfolgen, der vom staatlichen öffentlichen Telekommunikationsnetz des Ministeriums für Post und Telekommunikation (jetzt MIIT) eingerichtet wurde. Bisher haben jedoch nur die drei staatlichen Telekommunikationsanbieter die entsprechende Lizenz vom MIIT bekommen. Es dürfen keine anderen Kanäle für die internationale Netzwerkverbindung eingerichtet oder genutzt werden. Dazu zählt – streng genommen – auch ein Internetzugang über einen firmeninternen VPN. Bei Verstoß gegen Ziffer 6 kann die Behörde für die öffentliche Sicherheit gemäß Ziffer 14 die Netzwerkverbindung aussetzen, eine Abmahnung aussprechen und eine Geldstrafe von bis zu RMB 15.000 verhängen. Dennoch ist die Einrichtung und Nutzung eines firmeninternen VPN zum internen Datenaustausch nicht per se illegal. Gemäß Ziffer 22 Satz 2 der Administrative Measures on International Communication Gateways muss jedoch das MIIT darüber informiert werden.
Die chinesischen Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen nutzen in der Regel einen grenzüberschreitenden Internetkanal von einem der drei chinesischen staatlichen Telekommunikationsanbietern, entweder über einen Service-Vertrag von der deutschen Muttergesellschaft oder über einen direkten Vertrag mit einem der chinesischen Telekommunikationsanbieter. Die Einrichtung eines VPN zum firmeninternen Datenaustausch erfolgt auch über diese Anbieter und ist legal, sofern es ein geschlossenes Netz bleibt. Problematisch ist dagegen, wenn die Mitarbeiter in China durch das firmeninterne VPN auch Zugriff auf das öffentliche Internetnetzwerk im Ausland erhalten. Dies würde dann nicht mehr den Anforderungen der Ziffer 6 der Interim Regulations entsprechen.
Bisher ist kein Fall bekannt, bei dem die chinesischen Behörden gegen eine internationale Internetnutzung mittels eines firmeninternen VPN vorgegangen sind. Aufgrund der weit verbreiteten Praxis wird dies voraussichtlich weiterhin geduldet, sofern die VPN-Nutzung im normalen Umfang und Ausmaß erfolgt. Angesichts der aktuellen Entwicklung hin zu einer verschärften Durchsetzung der bestehenden Vorschriften ist es für ausländische Unternehmen trotzdem ratsam, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Im Zusammenhang mit einer VPN-Einrichtung wäre beispielsweise die Einführung einer Sperrliste mit kritischen Webseiten und Begriffen oder ein eingeschränkter Zugang für ausschließlich geschäftlich relevante Webseiten für Mitarbeiter in China denkbar. Auch sollten im Mitarbeiter-Handbuch Regelungen für die Internet-Nutzung mit dem Firmencomputer oder -handy festgelegt werden. Mitarbeiter sollten zudem durch regelmäßige Schulungen für das Thema sensibilisiert werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der grenzüberschreitende Datenaustausch für ausländische Unternehmen zunehmend schwieriger gestaltet und auch der Zugriff auf Informationen und Webseiten im Ausland über einen VPN-Account weiter eingeschränkt wird. Deutsche Unternehmen in China sollten sich daher frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen und entsprechende Vorkehrmaßnahmen treffen.
Dr. SHEN Yuan, LL.M. (Köln) |
ZHANG Yuhua/张玉华 |
2018 war in China ein Jahr großer Veränderungen, auch im Bereich des Steuerrechts. Zum 40. Jahrestag der Reform und Öffnung Chinas ging das lange Jahre ungebremste Wachstum der chinesischen Wirtschaft in qualitatives Wachstum über. Trotz eines herausfordernden Umfelds konnte sich die chinesische Wirtschaft so stabil entwickeln. Inmitten der vielen Veränderungen im nationalen und internationalen Investitionsumfeld, den Handelsstreitigkeiten zwischen China und den USA, staatlichen Reformen und der rasant fortschreitenden Digitalisierung wurde Chinas Steuersystem im vergangenen Jahr stark umgebaut. Die Voraussetzungen für den Erhalt von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen ausländischer Mitarbeiter wurden schon zum Jahresbeginn 2018 einfacher gestaltet (siehe dazu den Beitrag in unserem Foreign Law & Investment Newsletter 4. Quartal 2017) und seit dem 1. Januar 2019 gilt in China nun ein grundlegend geändertes Einkommensteuerrecht. Die Steuersätze haben sich zwar nicht geändert, aber die nach bald 20 Jahren überfällige Verschiebung der Steuerklassen und die neu eingeführten zusätzlichen Sonderabzüge führen zu einer Entlastung der Einkommensbezieher. Neben den Reformen bezüglich der Steuererhebung- und -verwaltung hat die chinesische Regierung auch eine Reihe von Maßnahmen zur wirtschaftlichen Öffnung ergriffen, um ausländische Investoren anzuziehen. Weitere Steuerentlastungen wurden auf dem 13. nationalen Volkskongress angekündigt.
In diesem Artikel geben wir einen Überblick zu wesentlichen Neuerungen der Steuerreform, die für in China lebende Ausländer und für ausländische Investoren von besonderem Interesse sind. Der erste Teil dieses Beitrages befasst sich mit den Änderungen im Verfahrens- und Einkommensteuerrecht einschließlich der Besteuerung ausländischer Mitarbeiter. Die Auswirkungen für ausländisch-investierte Unternehmen stellen wir in einem zweiten Teil in der nächsten Ausgabe dieses Newsletters dar.
2018 war auch das Jahr der Reform der chinesischen Steuerverwaltung. Der Zusammenschluss der nationalen und der lokalen Steuerbehörden beendete das 24-jährige System der Steuerteilung. Die Reform verspricht eine Vereinfachung von Steuerprozessen für die Steuerpflichtigen und eine Senkung der Steuerkosten, sowie Verbesserungen bei der Effizienz der Steuererhebung und -verwaltung. Seit der Einführung der sogenannten Goldenen Steuerphase III (nationales elektronisches Steuererhebungs- und Steuerungssystem) im Jahr 2016 können chinesische Steuerzahler ihre Steuern online schneller begleichen. Die Automatisierung des Prozesses hat zu einer landesweiten Datenkonzentration geführt, mit der die Steuerbehörden unterstützt werden, die Nichteinhaltung von Steuerpflichten besser zu überwachen. Beispielsweise ist die Ermittlung von fälligen Steuerforderungen, ungewöhnliche Einnahmen / Kosten / Margen usw. durch die Steuerbehörden nun einfacher. Die Steuerzahler sollten sich über die Änderungen in der Steuerpolitik insbesondere auch mit Blick auf die strengere Prüfung weitverbreiteter Umgehungstechniken auf dem Laufenden halten. Unternehmen sollten ihr Compliance-Management stärken und Investitions- und Geschäftsplanungen rechtzeitig anpassen.
Die aufsehenerregende Reform des Einkommensteuergesetzes wurden am 31. August 2018 vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses genehmigt und ist am 1. Januar 2019 offiziell in Kraft getreten. Die siebte Revision des chinesischen Einkommensteuergesetzes bedeutet eine historische Reform der persönlichen Einkommensteuer in China, welche das Ausmaß und die Auswirkungen früherer Änderungen übertrifft. Ende 2018 wurden zudem die Ausführungsverordnungen des Einkommensteuergesetzes nebst einigen Anwendungsverordnungen veröffentlicht, die sich in die folgenden wesentlichen Punkte zusammenfassen lassen:
Neue Unterscheidung bei der Steuerpflicht
Grundsätzlich bestimmen der Einwohnerstatus der natürlichen Person und die Einkommensquelle die Steuerschuld bei der persönlichen Einkommensteuer. In diesem Zusammenhang wurde nun das Konzept der „Einwohner“ explizit eingeführt und der international anerkannte Standard der „183 Tage“ für Personen ohne ständigen Wohnsitz in China übernommen.
Für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und ggf. auch des anzuwendenden Steuersatzes ist also zu unterscheiden, ob die Person einen Wohnsitz in China hat oder sich länger als 183 Tage in einem Steuerjahr (= Kalenderjahr) in China aufhält. Wie international üblich besteht ein Wohnsitz in China dann, wenn dort entweder ein Haushalt registriert ist oder sich der familiäre oder wirtschaftliche Lebensmittelpunkt in China befindet. Im Einzelfall kann die Bestimmung schwierig sein.
„Fünfjahresregel“ wird für nicht in China ansässige Personen durch „Sechsjahresregel“ ersetzt
Personen ohne Wohnsitz in China gelten bei längerem Aufenthalt in China (wie beschrieben gilt hier die „183 Tage“ Regel) als „Einwohner“ im Sinne des Steuerrechts, wobei dann zunächst nur eine beschränkte Besteuerung in Bezug auf die in China erzielten Einkünfte (sogenanntes „China sourced income“) erfolgt und eine Steuerpflicht auch hinsichtlich ausländisch erzielter Einkünfte erst nach mehrjährigem Aufenthalt in China besteht. Anstelle der bisher angewandten sogenannten „Fünfjahresregel“ gilt nun eine „Sechsjahresregel“. Personen ohne Wohnsitz in China, die sich länger als 183 Tage im Kalenderjahr und insgesamt weniger als sechs (vormals fünf) Jahre in China aufhalten, bleiben nur in Bezug auf ihre in China erzielten Einkünfte einkommensteuerpflichtig, müssen also ihr globales Einkommen nicht in China versteuern. Das in Deutschland geltende Welteinkommensprinzip gilt insoweit also nicht in China, allerdings unterliegen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland dennoch möglicherweise der unbeschränkten Besteuerung in Deutschland. Zudem gelten für Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter, die im Rahmen eines steuerlich als Betriebsstätte einzustufenden Projektes in China tätig werden, besondere Bestimmungen. Danach sind solche Mitarbeiter unabhängig von ihren Anwesenheitstagen in China voll steuerpflichtig und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung sind die Regelungen in den anwendbaren DBA heranzuziehen.
Darüber hinaus sehen die neuen Ausführungsverordnungen vor, dass die Berechnung der jetzt „sechs Jahre“ neu beginnt, wenn der Steuerpflichtige für einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres ausreist. Bisher reichte es, wenn die 30-tägige Ausreise innerhalb von fünf Jahren am Stück und damit auch über einen Jahreswechsel in den Weihnachtsferien erfolgte; dies führt nun nicht mehr dazu, dass die Frist neu beginnt.
Änderungen bei Einkommensklassen, Steuersatz und Steuerabzügen
Änderungen gibt es zudem bei den Einkommensklassen, dem Steuersatz, der Besoldungsgruppe und den Abzugsmöglichkeiten.
Übergangsbestimmungen
Neben der Verabschiedung des neuen Einkommensteuergesetzes und der Ausführungsverordnungen hat die staatliche Steuerverwaltung ein Dokument (Cai Shui 2018 Nr. 164) zur Weitergeltung einiger steuerlicher Anreize erlassen, welches bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes große Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Beachtlich sind insbesondere die Übergangsbestimmungen für einmalige Bonuszahlungen zum Jahresende und steuerfreie Zuschüsse für Ausländer:
Der Artikel wird in der nächsten Ausgabe dieses Newsletters mit einem Überblick der Auswirkungen der Steuerreform auf ausländisch-investierte Unternehmen fortgesetzt.
Philip Lazare |
PAN Shujun / 潘淑君 LL.M. (Nanjing & Göttingen) |
Nach dem überwältigenden Sieg von Narendra Modis hindu-nationalistischer Partei BJP bei den Wahlen zum indischen Unterhaus im Mai sind die Hoffnungen im In- und Ausland hoch. In Wirtschaftskreisen schaut man insbesondere darauf, ob der Ministerpräsident in seiner zweiten Amtszeit die vielen während seiner ersten Amtszeit ins Leben gerufene Initiativen nun erfolgreich weiterentwickeln kann. In Indien wird vor allem aber erwartet, dass Modi 2.0 die immer weiter steigende hohe Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen wird, wie er dies schon bei den Wahlen 2014 versprach.
Besonders im Fokus ausländischer Investoren sind die neue Industriepolitik, Anreize zur Förderung der Produktion in wichtigen beschäftigungsreichen Sektoren, die Beschleunigung von schleppend vorankommenden großen Infrastrukturprojekten, die Vereinfachung des Arbeits- und Steuerrechts, die Erweiterung der Smart Cities Mission und das Vorantreiben der Digitalisierung. In den letzten Monaten vor den Wahlen waren allerdings manche Rückschritte im Spannungsfeld zwischen Deregulierung und Protektionismus zu verzeichnen. Modi wird seine anspruchsvollen Wachstumsziele nur erreichen, wenn er den ausländischen Kapitalzufluss wieder in Schwung bringt. Dazu sind konsequente Wirtschaftsreformen und die weitere Deregulierung des Marktes unumgänglich.
Indien ist und bleibt ein riesiger Wachstumsmarkt mit viel Potential. Das Land stellt ausländische Unternehmen aber weiterhin vor große Herausforderungen und Investitionen in Indien müssen gut geplant und intensiv begleitet werden. Nachfolgend fassen wir einige neue Vorgaben im Bereich Recht und Compliance zusammen.
Active Company Status Reporting
In seinen Bemühungen, die Corporate Governance und Compliance von Unternehmen in Indien zu verbessern, hat das zuständige Ministerium das e-Formular ACTIVE (Active Company Tagging Identities and Verification) eingeführt. Die Regierung erhofft sich dadurch, Steuerhinterziehungen vor allem im Zusammenhang mit der hohen Anzahl an Briefkastenfirmen einzudämmen.
Gesellschaften, die vor dem 31. Dezember 2017 gegründet wurden, sind verpflichtet, das e-Formular ACTIVE bis zum 15. Juni 2019 einzureichen. Dem Formular sind Fotos von der Außen- und Innenseite des Firmensitzes sowie von einem leitenden Angestellten oder einem Direktor beizufügen.
Jede Gesellschaft, die das Einreichen des Formulars versäumt, darf das genehmigte und/oder eingezahlte Aktienkapital nicht ändern, keine Fusionen oder Spaltungen vornehmen, keine neue Direktoren ernennen und den Sitz nicht ändern. Ein Einreichen nach Fristablauf ist zwar noch möglich, allerdings muss dann eine Verspätungsgebühr von ca. 130 EUR gezahlt werden.
Offenlegung verspäteter Zahlungen an MSME-Lieferanten
Um das Wachstum von kleinen und mittleren Unternehmen (micro, small and medium enterprises, „MSME“) zu unterstützen, hat das Ministry of Corporate Affairs (MCA) im Januar 2019 die Specified Companies (Furnishing of information about payment to MSME suppliers) Order veröffentlicht.
Ein Unternehmen, das sich von einem MSME beliefern lässt und eine Zahlung an dieses um mehr als 45 Tage verzögert hat, muss nun halbjährlich mittels dem „MSME-Formular I“ erklären, warum es zu einer Verzögerung gekommen ist und welcher Betrag noch aussteht. Für den Zeitraum von Oktober 2018 bis März 2019 muss das Formular bis zum 30. April 2019 eingereicht werden. Für den Zeitraum von April bis September 2019 ist die Frist zum Einreichen der 31. Oktober 2019.
Aufnahme der Geschäftstätigkeit
Unternehmen, die nach dem 2. November 2018 gegründet wurden, sind nun verpflichtet, innerhalb von 180 Tagen nach ihrer Gründung eine Erklärung einzureichen, in der sie bestätigen, dass die Gesellschaftsgründer ihre Einlagen eingezahlt haben, und dass innerhalb von 30 Tagen nach der Gründung eine Bestätigung der eingetragenen Geschäftsadresse beim Registrar of Companies (ROC) erfolgt ist.
Die Nichteinhaltung dieser Bestimmung kann zur Streichung des Namens der Gesellschaft aus dem Handelsregister führen.
Gesellschafterversammlungen
Erleichterungen gibt es auch für die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen. Eine nicht börsennotierte Gesellschaft kann nun ihre jährliche ordentliche Gesellschafterversammlung („AGM“) in ganz Indien halten und ist nicht mehr auf den Sitz der Gesellschaft beschränkt.
Außerdem dürfen im alleinigen Anteilsbesitz ausländischer Unternehmen befindliche indischer Tochtergesellschaften („WOS“) nun auch ihre außerordentlichen Gesellschafterversammlungen außerhalb Indiens halten.
Geschäftsjahr
In Indien läuft das Geschäftsjahr grundsätzlich vom 1. April bis zum 31. März. Die Festlegung eines abweichenden Geschäftsjahres war zwar auch bisher möglich, allerdings musste ein Genehmigungsantrag beim National Company Law Tribunal eingereicht werden, wo die Bearbeitung sehr lange dauerte.
Unternehmen dürfen nun bei dem zuständigen Ministerium einen Antrag auf Feststellung eines abweichenden Geschäftsjahres stellen. Dadurch ist eine verkürzte Bearbeitungszeit zu erwarten.
Seit Anfang Januar 2019 sind Unternehmen, die elektronische und IT-bezogene Produkte in Indien importieren und verkaufen, zu einer vorherigen Registrierung beim Bureau of Indian Standards (BIS) verpflichtet. Importsendungen ohne gültige Registrierung müssen vom Importeur re-exportiert werden, andernfalls sind die Waren vom Zoll zu vernichten.
Voraussetzung für die Registrierung ist die Angabe der indischen Adresse eines Liaison oder Branch Offices. Hersteller ohne inländische Adresse bedürfen einer inländischen Vertretung.
Steuern
Am 5. April 2019 hat das Central Board of Direct Taxes (CBTD) die neuen Formulare für die Einkommensteuererklärung (ITR) für das Finanzjahr 2018/19 bekannt gegeben. Die Frist zur Abgabe ist der 31. Juli 2019.
Die neuen ITR-Formulare zielen darauf ab, die Steuererhebung zu verbessern und die Steuerhinterziehung zu verringern, aber auch die Bearbeitungszeit der Einkommensteuererklärung zu verkürzen.
Nach den geänderten ITR-Formularen müssen Expats und andere Steuerzahler, die Steuererleichterungen aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DTAA) in Anspruch nehmen, detaillierte Angaben bzgl. des Einkommens aus anderen Quellen sowie darauf bezahlte Steuern, die Steueridentifikationsnummer ihres Heimatlandes, das Auslandsvermögen und eine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen.
Rumyana Prodanova |
Pramod Kumar Chaubey |
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein deutsches Mutterunternehmen ihrer indischen Tochtergesellschaft ein konzerninternes Darlehen zur Verfügung stellen möchte, um einen finanziellen Engpass der indischen Tochtergesellschaft zu überwinden. In Indien kommt hinzu, dass die Aufnahme eines Darlehens durch die indische Tochtergesellschaft von einer indischen Bank meist mit hohen Zinsen verbunden ist. Bisher waren Fremdwährungsdarlehen der ausländischen Muttergesellschaft in Indien recht restriktiv geregelt, u.a. durften diese nicht zur Finanzierung des Working Capitals eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund der Parlamentswahlen und innenpolitischer Entwicklungen im indischen Bankensektor sind einige der Beschränkungen entfallen, so dass Gesellschafterdarlehen an indische Tochtergesellschaften nun einfacher und flexibler ausgereicht werden können.
Die Aufnahme eines Darlehens von ausländischen Personen durch eine indische Gesellschaft ist in Indien seit langem strikt reguliert und stark eingeschränkt. In Indien unterliegen Darlehen ausländischer Personen – somit auch ein Darlehen der deutschen Muttergesellschaft an ihre indische Tochtergesellschaft – den Richtlinien („ECB-Guidelines“) der Reserve Bank of India („RBI“). Diese ECB-Guidelines legen fest, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Darlehen ausländischer Personen möglich ist, sei dies als sog. „Fremdwährungsdarlehen“ oder als „Rupiendarlehen“. Neben der Gewährung von Darlehen in Form von Geldmitteln werden von den ECB-Guidelines auch Kredite in Form von Anleihen oder Schuldverschreibungen (mit Ausnahme von voll- und pflichtwandelbaren Instrumenten), Handelskredite über drei Jahre hinaus, oder Finanzierungsleasing erfasst. Relevant für konzerninterne Finanzierungen sind insbesondere Fremdwährungsdarlehen in Form von Geldmitteln, auf die wir uns in diesem Beitrag daher beschränken.
Bei Fremdwährungsdarlehen von bis zu USD 500 Mio. war bisher keine Genehmigung der RBI erforderlich, sofern bestimmte Vorgaben u.a. zum Verwendungszweck, zur Mindestlaufzeit und zum Höchstzins eingehalten wurden (sog. Automatic Route). In allen anderen Fällen war vor Gewährung eines Fremdwährungsdarlehens eine vorherige Genehmigung der RBI einzuholen (sog. Approval Route). Wurden die folgenden Vorgaben eingehalten, bedurfte es keiner Genehmigung durch die RBI:
Aufgrund dieser Regelungen war es in der Vergangenheit ratsam, darauf zu achten, dass von der deutschen Muttergesellschaft an die indische Tochtergesellschaft zu gewährende Fremdwährungsdarlehen unter der Grenze von USD 5 Mio. blieben, da ansonsten bei Überschreitung der Fremd-Eigenkapital- Relation von 4:1 die Genehmigung der RBI eingeholt werden musste. Auch brachte das Verbot der Nutzung des Darlehens als Working Capital gewisse Einschränkungen mit sich.
Zum 16. Januar 2019 wurden die ECB-Guidelines und damit auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Fremdwährungsdarlehen neu strukturiert. Indische Gesellschaften können Fremdwährungsdarlehen nun einfacher aufnehmen.
Darlehensnehmer und Darlehensgeber
Bisher durften je nach Mindestlaufzeit des Darlehens und je nach Branche der indischen Gesellschaft nur bestimmte Gruppen von Darlehensnehmern Fremdwährungsdarlehen erhalten, wie beispielsweise aus den Bereichen Softwareentwicklung, Infrastruktur, Forschung & Entwicklung sowie Hersteller von bestimmten Produkten. Im Rahmen der Neuregelung der Vorschriften für Fremdwährungsdarlehen wurde die Liste der teilnahmeberechtigen Darlehensnehmer erweitert und umfasst nun unter anderem sämtliche Unternehmen, die ausländische Direktinvestitionen erhalten dürfen. Damit sind alle Unternehmen zur Fremdwährungsfinanzierung berechtigt, die nach der zur Zeit gültigen Fassung der Consolidated Foreign Direct Investment Policy, 2017 unter der Automatic Route oder der Approval Route ausländische Investitionen erhalten dürfen. Indien hat in den letzten Jahren den Markt zumindest teilweise und in manchen Sektoren zu 100% für ausländische Investoren geöffnet. Verbote bestehen nur noch in wenigen Bereichen wie beispielsweise Investitionen in der Immobilienwirtschaft, Produktion von Tabakwaren, Atomenergie, Eisenbahnbetrieb (mit Ausnahmen) oder Lotterie. Auch wurde der Begriff „Indian Entity“ durch die Foreign Exchange Management (Borrowing and Lending) Regulations, 2018 neu definiert, so dass nun auch LLPs ausländische Darlehen erhalten können. Die Erweiterung von teilnahmeberechtigten Darlehensnehmern bringt erhebliche Erleichterungen zur Finanzierung des Geschäfts in Indien, insbesondere für die Finanzierung von Dienstleistungs- und Handelsunternehmen, die bisher auf ihr eingebrachtes Eigenkapital oder auf Darlehen von indischen Darlehensgebern angewiesen waren.
Auch der Begriff von Darlehensgebern wurde erweitert. Voraussetzungen ist nunmehr, dass der Darlehensgeber seinen Wohnsitz in einem FATF- oder IOSCO-konformen Land hat. Damit können auch multilaterale und regionale Finanzinstitute, Einzelpersonen oder ausländische Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften indischer Banken Darlehensgeber sein.
Verwendungszweck
Bisher war es nicht möglich, an die indische Gesellschaft gewährte Fremdwährungsdarlehen als Working Capital zu verwenden, was jedoch oft der Hintergrund einer Finanzierung der indischen Tochtergesellschaft durch die ausländische Muttergesellschaft war. Mit der Neustrukturierung der ECB-Guidelines wurde dies geändert. Fremdwährungsdarlehen können nunmehr auch als Working Capital, für allgemeine Unternehmenszwecke oder auch für die Rückzahlung von Rupiendarlehen genutzt werden. Ausgenommen vom Verwendungszweck sind weiterhin die Nutzung des Darlehens für den Erwerb von Immobilien, für Investitionen am Kapitalmarkt oder für eine Kapitalbeteiligung der indischen Gesellschaft an anderen Unternehmen. Auch ist es indischen Unternehmen untersagt, das ihnen gewährte Fremdwährungsdarlehen ihrerseits zur Gewährung eines Darlehens zu nutzen. Die Nutzung des Fremdwährungsdarlehens zur Rückzahlung eines lokal erhaltenen Darlehens der indischen Gesellschaft ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Mindestlaufzeit
Grundsätzlich beträgt die Mindestlaufzeit für Fremdwährungsdarlehen drei Jahre, jedoch greifen folgende zwei Ausnahmen:
Höchstbeträge
Bisher regelten die ECB-Guidelines für verschiedene Sektoren bestimmte Höchstbeträge pro Jahr. Höhere Beträge mussten im Rahmen der Approval Route von der RBI genehmigt werden. So durften im Infrastruktursektor Fremdwährungsdarlehen nur in Höhe von USD 100 Mio. bis maximal USD 750 Mio. pro Jahr gewährt werden. Diese Beträge wurden nunmehr gelockert. Es gilt allgemein ein Höchstbetrag von USD 750 Mio. pro Jahr mit Ausnahme für Start-ups, bei denen der Höchstbetrag bei USD 3 Mio. pro Jahr liegt.
Auch die Fremd-Eigenkapital-Relation wurde etwas gelockert. Überschreitet die Summe der Fremdwährungsdarlehen – die sich aus dem noch ausstehenden Betrag von Fremdwährungsdarlehen der vergangenen Jahre mit dem neu aufzunehmenden Betrag von Fremdwährungsdarlehen berechnet – einen Betrag von USD 5 Mio., muss eine Fremd-Eigenkapital-Relation von 7:1 eingehalten werden.
Zinsen und andere Kosten (All-in-Cost)
Bei der Gewährung von Fremdwährungsdarlehen kann nunmehr der Zinssatz etwas freier gewählt werden, sofern die Allin- Cost-Obergrenze nicht den 6-Monats-LIBOR oder einen anderen Interbankenzinssatz für die jeweilige Währung plus 450 Basispunkte übersteigt.
Die „All-in-Cost“-Obergrenze umfasst neben Zinsen auch andere Gebühren und Auslagen wie beispielsweise Gebühren an Garantiegeber oder an die Export Credit Agency, unabhängig davon, ob sie in Fremdwährung oder in indischen Rupien zu zahlen sind. Nicht berücksichtigt werden hingegen beispielsweise die Quellensteuer. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass bestimmte unter die All-in-Cost-Obergrenze fallende Kosten und Ausgaben nicht aus dem Betrag des gewährten Darlehens gezahlt werden dürfen, sondern aus anderen finanziellen Mitteln abzuführen sind.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass Vorauszahlungsgebühren oder Strafzinsen für einen Verzug der Darlehensrückzahlung oder für einen sonstigen Vertragsbruch nicht mehr als zwei Prozent des vereinbarten Zinssatzes auf den ausstehenden Darlehensbetrag betragen dürfen, welche jedoch nicht in die Berechnung der All-in-Cost-Obergrenze einfließen.
Verfahren
Als Darlehensnehmer sind indische Gesellschaften verpflichtet, eine Loan Registration Number („LRN“) bei der RBI zu beantragen und monatlich über die tatsächliche Transaktion oder Änderungen der Darlehensbedingungen zu berichten. Bei einer verspäteten Meldung der Inanspruchnahme von Fremdwährungsdarlehen oder aber einer verspäteten Einreichung der monatlichen Berichte kann eine Gebühr erhoben werden, die zwischen 5.000 indischen Rupien (bei einer verspäteten Einreichung bis zu 30 Tagen) und 100.000 indischen Rupien (bei einer verspäteten Einreichung bis zu drei Jahren) pro Jahr liegen kann.
Aufgrund der Lockerung der Vorgaben zur Gewährung ausländischer Darlehen an indische Gesellschaften sind Fremdwährungsdarlehen als finanzielle Unterstützung der indischen Tochtergesellschaft durch das deutsche Mutterunternehmen sicherlich eine gute Alternative zur Aufnahme eines Bankdarlehens mit einem meist hohen Zinssatz, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Fremdwährungsdarlehen nunmehr auch als Working Capital genutzt werden kann. Dennoch ist auch weiterhin zu beachten, dass es für das Fremdwährungsdarlehen eine Mindestlaufzeit gibt, die bei der Nutzung des Fremdwährungsdarlehens als Working Capital fünf Jahre beträgt. Auch sollten die formellen Anforderungen im Blick behalten werden, nämlich die Beantragung einer LRN bei der RBI sowie die monatlichen Berichtspflichten. Insofern lässt sich auch weiterhin ein kurzfristiger finanzieller Engpass der indischen Tochtergesellschaft nicht ohne weiteres durch die Gewährung eines kurzfristigen Darlehens durch die deutsche Muttergesellschaft überwinden. Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, auch weiterhin bereits frühzeitig die finanziellen Ausgaben der indischen Tochtergesellschaft für die nächsten Geschäftsjahre im Rahmen eines Geschäftsplans zu kalkulieren und hierbei ggf. ein Fremdwährungsdarlehen der deutschen Muttergesellschaft zu berücksichtigen.
Katja Neumüller |
Rumyana Prodanova |
Investitionen von deutschen Unternehmen in Indien waren seit 1997 durch einen bilateralen Investitionsförderungsund -schutzvertrag (IFV) geschützt. Nach der Kündigung des IFV durch Indien im Jahr 2016 hat sich die Situation für deutsche Investoren in Indien verschlechtert. Anfang 2019 hat die Bundesregierung nun beschlossen, wieder Investitionsgarantien zu geben. Vor allem mittelständischen Unternehmen wird damit ein Instrumentarium an die Hand gegeben, ihr Investitionsrisiko in Indien abzusichern.
Ein IFV bietet ausländischen Investoren Schutz und Entschädigung bei politischen Eingriffen, wie beispielsweise bei Entziehung von Konzessionen und Genehmigungen, Verstaatlichung, Enteignung oder enteignungsgleichen Maßnahmen. Ausländische Investoren dürfen nicht diskriminiert werden; bei Enteignungen ist grundsätzlich eine Entschädigung in Höhe des Marktwertes der Investition zu zahlen. Sofern eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts ergebnislos verläuft, können Investoren diese Rechte notfalls auch auf internationaler Ebene vor einem unabhängigen Schiedsgericht selbst durchsetzen.
Im Jahr 2016 hat Indien 82 bilaterale IFV gekündigt bzw. auslaufen lassen, darunter mit Wirkung zum 2.6.2017 auch den deutsch-indischen IFV. Aufgrund der sog. „Sunset Clause“ sind Investitionen, die noch vor dem Beendigungszeitpunkt getätigt wurden, weiterhin für einen Zeitraum von 15 Jahren geschützt. Neu- sowie Erweiterungsinvestitionen hingegen fallen nicht mehr in den Schutzbereich des IFV.
Ein neues Investitionsschutzabkommen wäre nur noch auf EU-Ebene möglich. Allerdings sind die im Jahr 2007 begonnenen Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien aufgrund divergierender Standpunkte auf beiden Seiten seit 2012 unterbrochen. Ein Abschluss der Verhandlungen ist in naher Zukunft nicht zu erwarten.
Investitionsgarantien des Bundes bieten eine Möglichkeit zum Schutz von Auslandsinvestitionen. Diese werden seit 1960 mit dem Ziel angeboten, Unternehmen vor dem unvorhersehbaren Eintritt eines politischen Schadenfalls im Ausland zu schützen.
Seit Außerkrafttreten des IFV hat der Bund keine Garantien mehr für deutsche Investitionen in Indien übernommen. Diese Entscheidung traf viele Unternehmen hart, da Indien weltweit an dritter Stelle bei der Nachfrage an Investitionsgarantien lag und ein enormes Wachstumspotential aufweist. Aufgrund der Bedeutung des indischen Marktes hat sich die Bundesregierung Anfang 2019 dazu entschieden, Anträge auf Investitionsgarantien wiederaufzunehmen und auf Grundlage der innerstaatlichen Rechtsordnung Indiens zu prüfen. Dabei wurde ein erhöhtes Garantieentgelt von 0,6 % sowie eine erhöhte Selbstbeteiligung für den Enteignungsfall von 10 % festgesetzt, um dem Risiko des fehlenden Rechtsschutzes durch einen IFV Rechnung zu tragen.
Grundzüge der Investitionsgarantien
Der Schutz besteht zum einen darin, dass der Bund im Schadensfall die eingetretenen Vermögenseinbußen übernimmt, zum anderen aber auch in der Schadensprävention durch den sog. Geleitschutz. Mit diplomatischer Intervention wird auf politischer Ebene nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht. Der Geleitschutz hat insbesondere dann für viele Unternehmen eine erstrangige Bedeutung, wenn im Vordergrund nach der Investition Behinderungen auftreten, die den Gewinn abschöpfen bzw. verringern, aber nicht zum Totalverlust führen. Unter Umständen beteiligt sich der Bund zudem auch an den Kosten der Schadensvermeidung.
Investitionscharakter
Investitionsschutz können nur operative Unternehmer mit einem Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland erhalten, die im Ausland eine Neu- bzw. Erweiterungsinvestition tätigen.
Förderungswürdigkeit
Die Übernahme einer Investitionsgarantie durch den Bund setzt voraus, dass das Unternehmen sich vorschriftenkonform verhält und alle erforderlichen Genehmigungen einholt. Außerdem müssen die darin enthaltenen Bedingungen, Auflagen und Verpflichtungen erfüllt werden. Das Investitionsvorhaben muss auch eine positive Auswirkung auf das Anlageland sowie auf die Bundesrepublik Deutschland haben und zur Vertiefung der zwischenstaatlichen Beziehungen beitragen. Dabei wird vor allem auf die umwelt-, sozial- und menschenrechtlichen Auswirkungen des Vorhabens Wert gelegt.
Gegenstand der Investitionsgarantie
Gegenstand der Garantie können Dotationskapital (bei unselbständigen Betriebstätten), Kapitalbeteiligungen bei Gründung und der Erwerb von Anteilen oder eine Kapitalerhöhung sein. Auch beteiligungsähnliche Darlehen sowie andere vermögenswerte Rechte und Kapitalerträge sind schutzfähig.
Gedeckte Risiken
Investitionsgarantien sichern nur politische, nicht hingegen wirtschaftliche Risiken ab. Zu den geschützten Risiken zählen beispielsweise Verluste aufgrund von Verstaatlichungen, Enteignungen oder enteignungsgleichen Maßnahmen, Entziehung von Konzessionen und Genehmigungen, Nichteinhaltung staatlicher Zusagen, Konvertierungs- und Transferrisiken, Zahlungsmoratorien, Krieg oder sonstige bewaffnete Auseinandersetzungen.
Die wieder möglichen Investitionsgarantien des Bundes sind eine positive Entwicklung, die es deutschen Unternehmen erlaubt, ihre Investitionen in Indien abzusichern. Für einen risikoreichen Markt wie Indien, in dem enormes Potential und schwierige, teilweise nicht vorhersehbare politische und rechtliche Entwicklungen zusammentreffen, bieten die Investitionsgarantien besonders kleinen und mittleren Unternehmen eine erhebliche Unterstützung und Sicherheit.
Thomas Weidlich, LL.M. (Hull) |
Rumyana Prodanova |
Aufgrund der vielfältigen und zum Teil weitreichenden Beschränkungen für ausländische Investoren in indonesischen Kapitalgesellschaften sind Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures, nachstehend „JV“) oft das einzige Mittel zur Umsetzung ausländischer Direktinvestitionen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über wesentliche Eigenschaften und Besonderheiten eines JV nach indonesischem Recht.
Auslandsinvestitionen sind in allen Wirtschaftsbereichen unter der Bedingung erlaubt, dass der Sektor nicht in der Negativliste (Negative Investment List, nachstehend „NIL“) enthalten ist. Die in Form einer Rechtsverordnung erlassene NIL erfasst sämtliche Wirtschaftsbereiche, die ausländischen Investoren ganzoder teilweise unzugänglich sind. Eine teilweise Beschränkung äußert sich in der Festlegung einer Obergrenze für ausländische Anteile an Kapitalgesellschaften. Die erfassten Sektoren entsprechen der Kategorisierung durch das indonesische zentrale statistische Amt. Neben den Regelungen der NIL können sich faktische Anteilsbeschränkungen aus Erfordernissen für die Erteilung operativer Genehmigungen ergeben. So werden etwa Zulassungen für den inländischen Seeverkehr (Cabotage) nur Gesellschaften mit einer ausländischen Beteiligung in Höhe von maximal 49% erteilt.
Das indonesische Gesellschaftsrecht basiert in seinen Grundzügen auf dem niederländischen Gesellschaftsrecht. Es schreibt in wichtigen Teilbereichen Mindeststandards vor und überlässt es darüber hinaus den Gesellschaftern, ihre Beziehung untereinander zu gestalten. Hierbei kommen dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern besondere Aufmerksamkeit zu. Praktisch wird die Gestaltung von Satzungen jedoch durch das Festhalten des Ministeriums für Recht und Menschenrechte an einer Mustersatzung und die stark variierende Qualität von Notaren in Indonesien eingeschränkt. Nicht selten werden gesetzlich mögliche Gestaltungsoptionen aufgrund von Unerfahrenheit nicht in die Satzung aufgenommen (Ablehnung durch den Notar/die Notarin) bzw. zurückgewiesen (Ablehnung durch das Ministerium).
Vereinbarungen der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag, die nicht der Satzung entsprechen, haben lediglich schuldrechtliche Wirkung. Ein Verstoß führt nicht zur Unwirksamkeit einer gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahme, kann jedoch Ansprüche aus einer Vertragsverletzung auslösen.
Die unmittelbarste Form der Ausübung von Kontrolle in JV-Gesellschaften stellt auch in Indonesien die Bestellung der Geschäftsführer (Direktoren) dar. Darüber hinaus besteht aufgrund des zwingend einzurichtenden Kontrollorgans (Board of Commissioners) die Möglichkeit, Aufsichtsräte (Commissioner) zu bestellen. Praktisch kann auf diese Weise etwa ein geringerer Gesellschaftsanteil durch stärkeren Einfluss auf das Management ausgeglichen werden. Des Weiteren können Quoren und Mehrheitserfordernisse mit Rücksicht auf zwingende Mindestwerte verhältnismäßig frei gestaltet werden. Reserved Matters nehmen in der indonesischen Mustersatzung einen gesonderten Platz ein und sind ein sehr effektives Mittel zur Gestaltung des Einflusses der Gesellschafter. Da die Reserved Matters dem Board of Commissioners und/oder der Gesellschafterversammlung zur Genehmigung zugewiesen werden können, bieten sich eine Reihe von Möglichkeiten, die Kontrolle der Gesellschafter effektiv zu gestalten.
Das indonesische Gesellschaftsrecht schreibt zwingend vor, dass sich die Gesellschafter zu einem Vorgehen im Fall eines Deadlocks (Nichterreichbarkeit erforderlicher Mehrheitsentscheidungen) Regelungen auferlegen. Für Deadlocks in Organen erfolgt die Auflösung üblicherweise durch Zuweisung eines Casting- Vote an ein Mitglied desselben Organs. Deadlocks auf Gesellschafterebene werden durch die Veräußerung sämtlicher Anteile eines Gesellschafters zu einem zuvor definierten Preis (Bewertungsschlüssel) oder aber die Liquidierung des JVs gelöst. Nur selten wird die Einbindung von Sachverständigen oder Schiedsgremien zur Beilegung eines Deadlocks gewählt.
Minderheitsgesellschafter genießen in Indonesien vergleichsweise hohen Schutz. Dieser äußert sich u.a. in der vollständigen Abwesenheit von Squeeze- Out-Szenarien. Gesellschafterversammlungen können von einem- oder mehreren Gesellschaftern mit einem Gesamtanteil von 10% oder mehr einberufen werden. Jeder Gesellschafter hat, unabhängig von der Höhe seines Anteils, das Recht, das JV auf Schadenersatz wegen erlittener Verluste aufgrund von ihm nicht mitgetragener unbilliger oder unangemessener Entscheidungen der Gesellschafterversammlung in Anspruch zu nehmen. Die Ansprüche umfassen unter Umständen die Verpflichtung der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter zur Übernahme der Anteile des Anspruchsstellers zu einem angemessenen Preis.
Ein unabdingbares anteiliges Right of First Refusal der Gesellschafter bei Kapitalerhöhungen und im Fall eines Veräußerungswilligen Gesellschafters sowie eine 75%-Hürde für grundlegende Gesellschafterbeschlüsse (z.B. Liquidation, Veräußerung von 50% des Gesellschaftsvermögens) schränken die Möglichkeiten weittragender einseitiger Maßnahmen stark ein. Dies schützt Minderheitsgesellschafter unter der Prämisse, dass die Gesellschaftsanteile zu Marktkonditionen nach den objektiven Beiträgen der Gesellschafter verteilt sind. Im Zusammenspiel mit der alternativlosen Beteiligung indonesischer Gesellschafter aufgrund den Regelungen der NIL kommt dies ausländischen Investoren dort zugute, wo eine indonesische Mehrheitsbeteiligung erforderlich ist. Soweit jedoch ein indonesischer Minderheitsgesellschaf ter ausschließlich aufgrund der Vorgaben der NIL aufgenommen wird, schränken diese Schutzvorschriften den ausländischen Investor ein, ohne dass dies sich in adäquaten wirtschaftlichen Vorteilen wiederspiegelt.
An ausländische Gesellschafter ausgeschüttete Dividenden unterliegen einer Quellensteuer in Höhe von 20%, welche im Rahmen eines geltenden Doppelbesteuerungsabkommens geringer ausfallen kann. Bei Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung beträgt die Quellensteuer auf Dividendenausschüttungen nach Deutschland 10% (Beteiligung von 25% oder mehr) bzw. 15% (Portfolioinvestitionen). Die möglichen Vor- und Nachteile eines Holdingstandortes sind insbesondere mit Blick auf die Dividendenbesteuerung abzuwägen. Es ist möglich, Zwischendividenden auszuschütten.
In Bezug auf die Wahl des anzuwendenden Rechts und den Gerichtsstand für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsvertrag gilt in Indonesien allgemeine Vertragsfreiheit. Entscheidungen ordentlicher ausländischer Gerichte sind in Indonesien nicht vollstreckbar. Allerdings ist Indonesien aufgrund der Unterzeichnung des New Yorker Abkommens zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche verpflichtet. Das Vollstreckungsverfahren ist oft langwierig, führt jedoch in der weit überwiegenden Zahl der Fälle in die Vollstreckung. Trotz des Risikos erheblicher Verzögerungen in der Vollstreckungsphase wird in grenzüberschreitenden JVs überwiegend ein ausländischer Schiedsstandort vereinbart. Davon ausgehend, dass die Mehrheit der indonesischen Gesellschafter ausschließlich oder überwiegend über Vermögen verfügen, das im Land belegen ist, sollte stets die Wahl eines indonesischen Schiedsgerichts in Erwägung gezogen werden. Entscheidungen der Nationalen Indonesischen Schiedsgerichtskörperschaft (Badan Arbitrase Nasional Indonesia, „BANI“) sind ohne weitere Anerkennungsverfahren unmittelbar in Indonesien vollstreckbar und können daher erhebliche Zeiteinsparungen bedeuten. Für indonesische staatseigene Unternehmen gilt allgemein die Vereinbarung von BANI als Schiedsgericht als zwingend.
JVs sind im Rahmen von ausländischen Direktinvestitionen oft zwingend notwendig. Da durch die Beschränkung ausländischer Beteiligungen in vielen Sektoren der Markt zugunsten indonesischer Gesellschafter verzerrt wird, wirken sich gegebenenfalls Minderheitsschutzvorschriften zuungunsten des oft wirtschaftlich und technologisch maßgebenden ausländischen Gesellschafters aus. Durch die individuelle Anpassung der Kontrollinstrumente kann vorhersehbaren Szenarien aktiv entgegengewirkt werden.
Philipp Kersting |
Nach fast zehnjährigen Verhandlungen haben Australien und Indonesien am 04. März 2019 das „Indonesia-Australia Comprehensive Economic Partnership Agreement“ (IA-CEPA) in der indonesischen Hauptstadt Jakarta unterzeichnet. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern betrug im vorigen Jahr etwa EUR 7,5 Mrd. Nun soll das Freihandelsabkommen die wirtschaftlichen Beziehungen weiter vertiefen und erleichtern. Hauptsächlich Zölle sollen nach und nach weitgehend aufgehoben werden. Nicht nur mit den EFTA-Staaten wurde bereits am 16. Dezember 2018 ein derartiges Abkommen abgeschlossen, auch mit der EU steht ein weiteres in Verhandlung. Damit ist das Freihandelsabkommen zwischen Australien und Indonesien ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der indonesischen Marktöffnung.
Allgemein sinkt die Akzeptanz des unbegrenzten freien Handels in Schwellenund Industrieländern. Dies verdeutlichen nicht nur der Ausstieg der USA aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP oder der Brexit, sondern auch die verstärkten Bemühungen der Schwellenländer, ihre heimische Industrie zu schützen und Importe sowie Übernahmen heimischer Unternehmen zu erschweren. Mit seinen protektionistischen Vorkehrungen (zahlreiche Lizenzerschwerungen und Beschränkungen ausländischer Beteiligungsverhältnisse) ist Indonesien ein typisches Beispiel für vermeintlichen Selbstschutz, der die wirtschaftliche Entwicklung aber eher lähmt.
Die indonesische Regierung plant beispielsweise, die sog. East-Natuna-Gasfelder auszuschöpfen. Sie sind mit nachgewiesenen Reserven im Umfang von 46 Bio. Kubikfuß die wohl größten Asiens. Die notwendigen Investitionen belaufen sich allerdings auf etwa USD 20 bis 40 Mrd. Die indonesische Öl- und Gasindustrie ist damit sowohl auf Kapitalzuflüsse, als auch auf technisches Know-how aus dem Ausland angewiesen. Trotz der Gasvorkommen macht sich die Regierung aber bereits Sorgen um die zukünftige Versorgungssicherheit. Der inländische Gaskonsum steigt permanent an und soll zwischen 2013 und 2050 von knapp 1.600 Mrd. auf etwa 7.500 Mrd. Kubikfuß pro Jahr wachsen. Das Ministerium für Energie und Bodenschätze erwartet daher, dass sich der Archipel ab 2026 zu einem Nettoimporteur entwickeln wird. Dieses Beispiel hebt die wechselseitige Abhängigkeit der Nationen hervor. In Reaktion auf zahlreiche weitere ähnliche Beispiele öffnet die indonesische Regierung nach und nach ihren Markt. Es werden vermehrt Freihandelsabkommen mit potentiell starken Handelspartnern abgeschlossen.
Indonesien und Australien sind die zwei größten Volkswirtschaften in Südostasien. Beide sind interessiert, die gemeinsame Region zu sichern und zu fördern. Dabei sollen wechselseitige Beziehungen vorangetrieben werden, um Wohlstand und Investitionen zu mehren. Einerseits ist Indonesien als Entwicklungsland auf ausländische Investitionen und technisches Know-how wesentlich angewiesen. Andererseits kann Australien von der hohen Konsumentenzahl Indonesiens, der wachsenden Wirtschaft, günstiger Produktion und den natürlichen Ressourcen profitieren. Dies betrifft nicht nur rein wirtschaftliche Bereiche wie die Öl- und Gasindustrie, sondern auch die kulturelle Zusammenarbeit sowie die Sicherheit gemeinsamer Staatsinteressen. Ziel des indonesisch-australischen Freihandelsabkommens ist es, all diese Aspekte zu stärken.
Das indonesisch-australische CEPA baut auf den Regelungen des bestehenden Freihandelsabkommens zwischen den ASEAN-Staaten, Australien und Neuseeland auf. Es geht insbesondere darum, Zölle sowie nicht-tarifäre Handelsbarrieren sowohl im Waren- als auch im Dienstleistungsverkehr abzubauen und direkte Investitionen zu erleichtern. Weiterhin sind im IA-CEPA Regelungen zum Investitionsschutz enthalten, die Investor- Staat-Verfahren unter Einsatz von Schiedsgerichten vorsehen.
Bis 2020 sollen 99% des australischen Güterexports Indonesien zollfrei oder mit Präferenzregelungen erreichen. Dies betrifft insbesondere den bedeutenden australischen Export an Zucker, Rindvieh, Milchprodukten, Gemüse und Zitrusfrüchten sowie kalt- und warmgepressten Stahlblechen. Im Gegenzug sollen alle indonesischen Exporte auch Australien abgabefrei erreichen. Das indonesisch-australische CEPA geht damit deutlich weiter als das bestehende ASEAN-Australien-Neuseeland CEPA.
Insgesamt sollen auch nicht-tarifäre Handelshindernisse sowie der hohe Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit Direktinvestitionen nach Indonesien reduziert werden. Insbesondere garantiert Indonesien eine automatische Vergabe von Importerlaubnissen für sog. „Key Products“, wie z.B. Lebendvieh, gefrorenes Rindfleisch, Schaffleisch, Viehfutter, Zitrusfrüchte, Karotten und Kartoffeln sowie kalt- und warmgepresste Stahlbleche.
Ferner soll das IA-CEPA den Marktzugang für Dienstleistungen verbessern. Australischen Dienstleistungsanbietern sollen Zugang und Betrieb auf dem indonesischen Markt erleichtert werden. Die vereinfachten Regulierungen sollen insbesondere dem Finanzdienstleistungssektor zugutekommen. Geplant ist die Entwicklung eines gemeinsamen Netzwerkes an Finanzregulierungs- und Finanzaufsichtsbehörden, Forschern und Praktikern. Australien kann dabei vor allem von dem in Indonesien bisher gering entwickelten Versicherungsmarkt profitieren, den die wachsende indonesische Mittelschicht mehr und mehr beansprucht. Das IA-CEPA geht auch auf den in Indonesien und Australien zunehmend starken digitalen Handelsverkehr ein.
Grundsätzlich können sich ausländische Unternehmen nur bis zu einer gewissen Beteiligungsgrenze an indonesischen Gesellschaften beteiligen. Diese Beteiligungsgrenzen werden durch das IA-CEPA für australische Investoren in weiten Bereichen auf 67% des aktuell allgemein geltenden Standes garantiert oder werden gänzlich entfallen. Damit geht Indonesien die bisher stärksten Verpflichtungen ein, was die Begrenzung ausländischer Eigentumsverhältnisse anbelangt.
Dies gilt vor allem im Bildungssektor. Bisher exportierte Australien etwa USD 802 Millionen an Bildungsdienstleistungen, mit aktuell mehr als 15.000 indonesischen Studierenden an australischen Universitäten. Australische Bildungsinstitute können durch das IA-CEPA von nun an auch Zugang auf dem indonesischen inländischen Markt erhalten. Die Eröffnung einer australischen Universität in Jakarta ist bereits in Planung, mit einer australischen Direktbeteiligung von 67%.
Weiterhin können nach dem IA-CEPA im Tourismusbereich Drei- bis Fünf-Sterne-Hotels vollkommen in australischer Hand gehalten werden. Auch im Energieversorgungsbereich sollen australische Investoren eine Direktbeteiligung von bis zu 95% halten können.
Von der Erhöhung der zulässigen Direktbeteiligung australischer Investoren sind lediglich national sensible Bereiche wie die öffentliche sanitäre Versorgung, Ausbildung, der maritime Transport, nationale Sicherheitsorgane, kulturelle Bereiche, Rundfunk und soziale Einrichtungen ausgenommen. Australische Beteiligungen in diesen Bereichen werden weiterhin prozentual beschränkt.
Indonesische Investoren werden durch das IA-CEPA allerdings nicht von höheren Schwellenwerten nach dem australischen Auslandsinvestitionsrecht profitieren können. Üblicherweise wird in Freihandelsabkommen mit Australien der Schwellenwert für eine zwingende Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen durch das Foreign Investment Review Board (FIRB) von AUD 266 Mio. auf AUD 1.154 Mio. erhöht. Direktinvestitionen aus Indonesien, die Unternehmen mit einem Wert von mehr als AUD 266 Mio. betreffen, müssen demnach weiterhin beim FIRB angezeigt und freigegeben werden. Niedrigere Schwellenwerte gelten für Investitionen in sensiblen Bereichen sowie für den Erwerb von australischem Grundbesitz.
Die im IA-CEPA enthaltenen Investitionsschutzvorschriften entsprechen internationalen Standards, samt Diskriminierungsverbot, Meistbegünstigungsklausel und Entschädigungsklauseln. Investoren können Schutz durch internationale Schiedsgerichtsverfahren beanspruchen. Zu beachten ist von australischer Seite, dass indonesische Investitionen weiterhin durch die Regulierungsbehörden für Wettbewerb und gewerblichen Rechtsschutz (Australian Competition and Consumer Commission – ACCC) und FIRB überprüft werden.
Das indonesisch-australische CEPA regelt auch geopolitische Fragen. Gemeinsam sollen Terrorismus, religiöser Extremismus und transnationale Kriminalität bekämpft werden und die Unterstützung und Leistungsbereitschaft im Falle von Naturkatastrophen verstärkt werden. Auch die maritime Sicherheit im indopazifischen Raum soll durch eine verstärkte gemeinsame politische Zusammenarbeit erhöht werden.
Die Regierungen müssen nun das IA-CEPA in ihre nationalen Gesetze umsetzen. Die nunmehr zwischen Australien und Indonesien getroffenen Regelungen dürften zumindest in Teilen als Vorbild für das anstehende CEPA zwischen der EU und Indonesien gelten. Zudem ist mit der Aufnahme von Investitionsschutzmechanismen nach internationalem Standard zu beobachten, dass Indonesien sich diesen nicht generell widersetzt. Dies war nach der systematischen Aufkündigung sämtlicher bilateral Investitionsschutzabkommen in den vergangenen Jahren befürchtet worden. Indonesien lässt so der Aussage, man wolle sich in ein neues System umfassenderer Freihandelsabkommen begeben, mehr und mehr Taten folgen.
Für ausländische Direktinvestitionen und dem Handel nach Indonesien eröffnet das IA-CEPA die Möglichkeit, vorhandene Strukturen in Australien zu nutzen, bzw. Investitionen und Lieferketten nach Indonesien über Australien zu strukturieren, um von den garantierten Beteiligungsmöglichkeiten und verringerten Marktzugangsschwellen und Zöllen zu profitieren.
Dr. Angelika Yates |
Philipp Kersting |
Durch ein Gesetz vom 22. Juni 2018 hat Luxemburg, als weltweit erstes Land, einen Rechtsrahmen für „grüne“ Pfandbriefe geschaffen. Erstmals wurden nun klare rechtliche Standards für die entsprechenden Vermögensgegenstände, die als Deckungswerte für den grünen Pfandbrief in Frage kommen, gesetzt, und die Kriterien der Nachhaltigkeit wurden definiert.
„Traditionelle“ Pfandbriefe sind Schuldverschreibungen, die von Pfandbriefbanken ausgestellt und durch speziell zugeordnete Deckungswerte garantiert werden. Aufgrund ihres doppelten Regressschutzes in Form eines Bevorzugungsanspruchs über die Deckungswerte und einem gewöhnlichen Anspruch gegenüber dem Emittenten gelten diese als besonders sicher. Zwar gab es in dem bestehenden Rahmen in Luxemburg schon vor dem Gesetz vom 22. Juni 2018 eine entsprechende Regelung. Die neuen „grünen“ Pfandbriefe unterscheiden sich von diesen „traditionellen“ Pfandbriefen jedoch dadurch, dass sie durch Anlagerechte in oder Sicherheiten an erneuerbaren Energien garantiert werden. Hierbei handelt es sich um Energie, welche von nicht-fossilen und erneuerbaren Quellen stammt, wie zum Beispiel Windkraft, Solarenergie, thermale, geothermale, hydrothermale und Meeresenergie.
Das Gesetz passt u.a. den bestehenden Rahmen für Pfandbriefbanken an die jüngsten Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) an, mit denen der Rahmen für Pfandbriefe in der gesamten Europäischen Union harmonisiert werden soll. Um eine größere Transparenz bezüglich der Pfandbriefe zu erzielen, haben Pfandbriefbanken die Pflicht zur regelmäßigen Veröffentlichung von Informationen über die Deckungswerte, die jeweilige Pfandbriefemission, die Struktur dieser Emissionen, sowie über die Pfandbriefbank selbst.
Bereits im Jahr 2007, als die Europäische Investitionsbank (EIB) eine erste Anleihe an der Börse Luxemburg zur weltweiten Finanzierung von nachhaltigen Umwelt- und Energieprojekten begab, feierte Luxemburg eine Weltpremiere im Bereich der „green finance“. Seither ist Luxemburg zu einem der führenden „grünen“ Finanzplätze weltweit geworden, wobei weltweit die Hälfte der nachhaltigen Anleihen, die sogenannten „Green Bonds“, an der Börse Luxemburg notiert sind.
Bob Scharfe |
Eric Sublon |
Norwegen hat ein neues Sicherheitsgesetz (Sikkerhetsloven) verabschiedet, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist. Dieses ist für Unternehmen von hoher Relevanz, die eine Investition in ein norwegisches Unternehmen erwägen. Inhalt des neuen Gesetzes ist unter anderem eine außenwirtschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlage, die den zuständigen Behörden die Möglichkeit gibt, ausländischen Investoren in bestimmten Konstellationen den Erwerb eines norwegischen Unternehmens zu untersagen. Ziel des Gesetzes ist es, die Souveränität und die Sicherheit Norwegens zu schützen.
Das neue Gesetz findet Anwendung bei norwegischen Unternehmen, die als sicherheitsrelevant eingestuft werden. Es behandelt Fälle, in denen mindestens ein Drittel der Geschäftsanteile oder Stimmrechte der Zielgesellschaft erworben werden sollen. Ausdrücklich nennt der Gesetzgeber als in Betracht kommende sicherheitsrelevante Unternehmen solche, die in den Bereichen Energie, Telekommunikation, Transport oder Ernährung und Gesundhei t tätig sind. Auskünfte darüber, ob ein Unternehmen als sicherheitsrelevant eingestuft wurde, erteilt das zuständige Ministerium und die norwegische Sicherheitsbehörde. Zu beachten ist allerdings, dass ein Unternehmen auch nachträglich als sicherheitsrelevant eingestuft werden kann, z.B. während des Erwerbsprozesses. Das dem Gesetz zugrundeliegende Prinzip ist dem deutschen Recht nicht fremd. In den §§ 55 ff. Außenwirtschaftsverordnung ist geregelt, dass außerhalb der EU ansässigen Investoren der Erwerb eines deutschen Unternehmens versagt werden kann, wenn der Investor mehr als 25 % des Unternehmens erwerben möchte. Diese Grenze wurde vor kurzem auf 10 % der Anteile oder Stimmrechte abgesenkt. Mehr zum Hintergrund für die Verschärfung und den Auswirkungen von Investitionsbeschränkungen in der Transaktionspraxis findet sich im Beitrag „Nationale Industriestrategie und Investitionskontrolle“ in dieser Ausgabe des Foreign Law & Investments Newsletter auf S. 8 ff..
Dr. Christoph von Burgsdorff, |
Franz Kauer, LL.M. (Stellenbosch) |
Wer Mitglied des Verwaltungsrats einer schwedischen Aktiengesellschaft (Aktiebolag, „AB“) ist, sollte diese Entscheidung eines schwedischen Berufungsgerichts unbedingt berücksichtigen.
Ein schwedisches Berufungsgericht hat am 18. Dezember 2018 entschieden, dass der Verwaltungsrat einer insolventen schwedischen Aktiengesellschaft unter bestimmten Umständen gegenüber den Gläubigern der AB persönlich haftet. Im konkreten Fall musste der Verwaltungsrat einer insolventen schwedischen AB an einen Lieferanten der Gesellschaft Schadensersatz in Höhe von SEK zwei Mio. zahlen (umgerechnet knapp EUR 200.000). Grundsätzlich haftet die AB gegenüber ihren Gläubigern nur mit ihrem Stammkapital, wie es auch bei deutschen Kapitalgesellschaften der Fall ist. Das Mindeststammkapital der AB beträgt allerdings umgerechnet nur EUR 2.500.
Die persönliche Haftung des Verwaltungsrats der AB folgte daraus, dass der Verwaltungsrat versäumt hatte, bei einem kritischen Kapitalmangel die erforderlichen gesetzlichen Formalitäten einzuhalten. Der Verwaltungsrat verwaltet und vertritt zugleich die AB. Daraus ergibt sich die Pflicht des Verwaltungsrats, die wirtschaftliche Lage laufend zu beurteilen und bei Verdacht eines kritischen Kapitalmangels umgehend Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die notwendigen Schritte sind in solchen Fällen u.a. die Erstellung eines Kontrollberichts mit anschließender Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer und bei Bestätigung des Kapitalmangels die Einberufung einer Kontrollversammlung.
Das Berufungsgericht stellte beim Verwaltungsrat gleich mehrere Pflichtverletzungen fest: Der Verwaltungsrat hatte keinerlei Buchführungskenntnisse und keine Kenntnisse von den relevanten Regelungen des schwedischen Aktiengesetzes. Darüber hinaus hatte der Verwaltungsrat keinen Kontrollbericht erstellt. Diese Umstände waren nach der Auffassung des Gerichts ausreichend, um ein fahrlässiges Verhalten der Mitglieder des Verwaltungsrats anzunehmen und eine persönliche Haftung der Mitglieder des Verwaltungsrats zu begründen.
Eine solche persönliche Haftung gegenüber den Gläubigern sieht das deutsche Aktiengesetz nicht vor. § 93 AktG regelt die persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG sind Vorstandsmitglieder, die bestimmte Pflichten verletzen, lediglich gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Dieser Anspruch der Gesellschaft kann zwar gemäß § 93 Abs. 5 S. 1 AktG in bestimmten Fällen auch von Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden. § 93 Abs. 5 S. 1 AktG findet allerdings nur äußerst restriktiv bei in § 93 Abs. 3 AktG genannten Fällen oder bei gröblicher Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters Anwendung.
Dr. Christoph von Burgsdorff, |
Franz Kauer, LL.M. (Stellenbosch) |
Der finnische Healthcare-Sektor ist in vielerlei Hinsicht sehr attraktiv für deutsche Unternehmen und befindet sich seit Jahren im stetigen Wachstum. Trotz der im März 2019 gescheiterten Reform des Gesundheits- und Sozialrechts bleibt der Markt für Medizintechnik in Finnland stark und wird nur marginal von den politischen Turbulenzen beeinflusst. Diese äußerst stabile und innovative Industrie bietet deutschen Unternehmen eine Reihe von Möglichkeiten.
Der finnische Healthcare-Markt wächst stetig und wird seit Jahren zunehmend interessanter für Investoren und Unternehmen. Öffentliche Krankenhäuser und Versorgungseinrichtungen wurden in den vergangenen Jahren weitreichend saniert oder neu gebaut. Neben den in öffentlicher Hand befindlichen Krankenhäusern spielen private Gesundheitsdienstleister eine entscheidende Rolle auf dem finnischen Markt. So wird beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebene Versorgung am Arbeitsplatz häufig durch private Dienstleister gewährleistet. Die größten privaten Gesundheitsdienstleister in Finnland generierten 2017 jeweils ca. EUR 700 Mio. Umsatz.
Der finnische Markt bietet aber nicht nur zahlreiche Abnehmer für Medizintechnik. Im Bereich der Entwicklung und Produktion von Medizintechnik gehört Finnland zu den führenden Ländern. Der finnische Sektor für Medizintechnik ist insbesondere durch seine Innovationsstärke geprägt, was sich auch anhand des starken Health-IT-Sektors erkennen lässt, der 2017 mehr als EUR 2,2 Mrd. umsetzte. Dieser umfasst beispielsweise Patientenüberwachungselektronik, Health-Data und Consumer- Health-Elektronik wie Pulsmesser und Fitnessuhren.
Finnland gehört zu den wenigen Ländern, die Medizintechnik überhaupt exportieren und ist sehr präsent auf dem Weltmarkt. Der Exportbedarf ist so groß, dass eine Vielzahl von Gütern importiert werden, nur um diesen zu decken und die große Nachfrage bedienen zu können. Dabei war Deutschland 2018 mit knapp einem Viertel der Importe das wichtigste Importland. Insbesondere auf den Märkten elektronischer Diagnoseapparate und –geräte, Medizinmöbel und Rollstühle sind deutsche Produkte auch in Finnland sehr gefragt. Andererseits ist Deutschland auch das drittwichtigste Exportland für den finnischen Medizintechnikmarkt.
Mit der Reform des Gesundheits- und Sozialrechts plante die finnische Regierung eine grundlegende Umstrukturierung des finnischen Gesundheitssystems. Kernpunkt der Reform war die Neustrukturierung der Gesundheitsversorgung durch Bildung von insgesamt 18 Regionen. Durch diese Zentralisierung der Verwaltung, die bisher den Gemeinden oblag, sollten die Qualität der Versorgung gesichert und gleichzeitig zehn Milliarden Euro eingespart werden. Darüber hinaus sollten vier Milliarden Euro in die Sanierung und Erweiterung des öffentlichen Krankhausnetzes investiert werden. Ein weiterer Kernpunkt der Reform war das sogenannte „Modell der freien Wahl“. Danach sollte die staatliche Sozialversicherung auch Besuche privater Versorgungseinrichtungen bezahlen. Es hätte den Patienten somit freigestanden, ob sie eine öffentliche oder private Versorgungseinrichtung, wie bspw. ein Krankenhaus, aufsuchen. Insbesondere der private Dienstleistungssektor sah in der Reform und dem „Modell der freien Wahl“ erhebliche Vorteile.
Die geplante Reform war allerdings sehr umstritten und führte im März 2019 letztlich zum Rücktritt der finnischen Regierung. Bereits zuvor hatte die Regierung das geplante Finanzierungspaket für die Sanierung und den Neubau öffentlicher Gesundheitseinrichtungen eingefroren. Es bleibt indes abzuwarten, welchen Kurs die neu gewählte Regierung in Finnland einschlagen wird, und ob die bisherigen Maßnahmen weiter zurückgebaut werden.
Die politische Lage und der Investitionsstopp für öffentliche Krankenhäuser und Einrichtungen hatten bislang allerdings kaum Auswirkungen auf dem Markt für Medizintechnik in Finnland. Seit Beginn des Investitionsstopps wurden bereits zahlreiche Ausnahmegenehmigungen in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro für die Sanierung und den Neubau öffentlicher Krankenhäuser erteilt.
Derzeit ist noch unklar, wie sich das Scheitern der Reform auf den privaten Gesundheitssektor auswirken wird. Insbesondere hier hat die schwierige politische Lage eine hemmende Wirkung auf das zu erwartende Wachstum. Das geplante „Modell der freien Wahl“ hatte das Interesse zahlreicher Investoren geweckt. Dieses Interesse ist allerdings durch das Ausbleiben der Reform erheblich gedämpft worden, sodass einige Investoren ihre Expansionsplänen erstmal auf Eis gelegt haben.
Obwohl das Scheitern der Reform und der Rücktritt der Regierung nicht spurlos am finnischen Healthcare-Sektor vorbeigegangen sind, bietet dieser weiterhin sehr gute Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. Trotz des Investitionsstopps dürften Neubau und Sanierung privater und öffentlicher Gesundheitseinrichtungen weiter vorangetrieben werden, wodurch deutschen Unternehmen weiterhin ein äußerst attraktiver Markt offensteht. Die Ausschreibung solcher Vorhaben durch die öffentliche Hand erfolgt über öffentlich zugängliche Portale im Internet.
Die Importzahlen der letzten Jahre zeigen, dass der finnische Markt für Medizintechnik für deutsche Unternehmen gut zugänglich ist. Der finnische Markt zeichnet sich durch eine hohe Innovationskraft aus. Darüber hinaus dürften im Hinblick auf die Sanierung und den Neubau von Gesundheitseinrichtungen Produkte, die eine schnelle und kostengünstige Behandlung ermöglichen, auf Interesse stoßen, insbesondere da es sich bei den langen Wartezeiten und dem zunehmend straffen Budget der öffentlichen Krankenhäuser um Kernthemen des finnischen Gesundheitssystems handelt.
Häufig handelt es sich bei finnischen Unternehmen im Healthcare- Sektor um mittelständische Unternehmen, denen es trotz innovativer Technologien an Kapital oder geschäftlicher Erfahrung mangelt. Im Rahmen einer Kooperation oder Investition könnten deutsche Unternehmen dies zur Verfügung stellen. Im Gegenzug bietet das finnische Know-how deutschen Unternehmen die Möglichkeit, neue Technologien zu entwickeln, eigene Produkte zu verbessern, das eigene Produktportfolio zu erweitern und den finnischen Markt zu erschließen.
Dr. Christoph von Burgsdorff, |
Robert Burkert |
Am 18. Februar 2019 wurde in Singapur der Finanzplan für das Jahr 2019 vorgestellt. Singapurs Wirtschaft ist im Jahr 2018 um 3,2 % gewachsen und es wird erwartet, dass die Wirtschaft im Jahr 2019 um weitere 1,5–3,5 % wachsen wird. Damit liegt das erwartete Wirtschaftswachstum für das Jahr 2019 unter dem von der OECD erwarteten weltweiten Wachstum von 3,5 %, dennoch sollte es immer noch über dem der meisten entwickelten Länder liegen.
Die für Unternehmen und Investoren wichtigsten Inhalte und Ankündigungen sind nachfolgend kurz zusammengefasst:
Der Finanzplan für das Jahr 2019 sieht keine wesentlichen Änderungen für Unternehmen vor. Vielmehr zielen die geplanten gesetzlichen Änderungen darauf ab, bestehende Steuervergünstigungen, die im Jahr 2020 abgelaufen wären, bis zum Jahr 2025 zu verlängern. Dies gilt insbesondere im Bereich der Besteuerung von Fonds. So werden zahlreiche Steuererleichterungen für Immobilienfonds verlängert. Ebenso werden die Steuererleichterungen für Fondmanagementgesellschaften verlängert.
Für in Singapur tätige Unternehmen beachtlich ist, dass die Abschreibemöglichkeiten für bestimmte erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter verlängert werden. Nach § 19 B Income Tax Act können erweiterte Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter für steuerliche Zwecke geltend gemacht werden. Dies umfasst unter anderem Patente, Marken- und Schutzrechte, aber auch Handelsgeheimnisse. Ein Unternehmen kann wählen, ob es die Abschreibungen auf diese Wirtschaftsgüter über einen Zeitraum von fünf, zehn oder fünfzehn Jahren steuerlich geltend machen will. Damit haben Unternehmen eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf die Abschreibungen und müssen diese nicht nach der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts richten. Auch diese erweiterte Abschreibung wurde bis zum Jahr 2025 verlängert.
Der Haushaltsentwurf sieht vor, dass jeder Steuerpflichtige einen persönlichen Steuerrabatt auf seine Einkommensteuer in Höhe von 50 % erhält. Der Rabatt ist allerdings auf den Betrag von SGD 200 begrenzt und soll damit im Wesentlichen den Bürgern mit niedrigem Einkommen zu Gute kommen.
Für Ausländer, die in Singapur steuerlich ansässig sind und einen wesentlichen Teil Ihrer Arbeit außerhalb von Singapur erbringen, gibt es eine wichtige Änderung. Der Haushaltsentwurf sieht vor, das sogenannte „Not Ordinary Resident Scheme“ (im Folgenden „NOR“) zum Ende des Jahres auslaufen zu lassen. Nach dem NOR besteht derzeit die Möglichkeit, dass Ausländer, die ein jährliches Einkommen von mehr als SGD 160.000 beziehen und mehr als 90 Tage im Jahr außerhalb von Singapur arbeiten, keine Steuern auf den Teil des Gehalts zahlen müssen, der auf die Tätigkeit außerhalb von Singapur entfällt. Diese bei vielen Ausländern sehr beliebte Regelung wird zum Ende des Jahres 2019 auslaufen, da diese Regelung nur Ausländern offen steht und damit als Ungleichbehandlung empfunden wird.
Der Haushaltsentwurf sieht zudem eine Verschärfung der Einfuhrbestimmungen für Urlauber und in Singapur lebende Personen vor.
Auch im Hinblick auf die GST sieht der Entwurf ebenfalls keine wesentlichen Änderungen vor. Vielmehr wird lediglich der Plan der Regierung bekräftigt, den Steuersatz der GST in den Jahren zwischen 2021 und 2025 von derzeit 7 % auf 9 % zu erhöhen. In diesem Zusammenhang hat der Finanzminister bei der Vorstellung des Haushaltsplans darauf hingewiesen, dass auch der erhöhte GST-Satz noch immer unter den Steuersätzen der meisten anderen Länder in der Region liegen wird.
In diesem Zusammenhang erlauben wir uns den Hinweis auf eine Änderung im Rahmen der GST, die zwar schon im letzten Jahr beschlossen wurde, jedoch erst zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt und international operierende Unternehmen betreffen kann. Ab diesem Zeitpunkt führt Singapur GST auf importierte Dienstleistungen ein.
Nach derzeitigem Recht sind Dienstleistungen eines ausländischen Leistungserbringers, der keine Niederlassung in Singapur hat, nicht steuerbar für GSTZwecke. Um eine faire Besteuerung insbesondere im Bereich der digitalen Wirtschaft zu gewährleisten, sollen ab dem 1. Januar 2020 auch Dienstleistungen ausländischer Leistungserbringer in Singapur mit GST belegt werden.
Bei der Leistungserbringung eines ausländischen Unternehmens an ein in Singapur für GST-Zwecke registriertes Unternehmen (B2B) wird die GST zukünftig durch ein Reverse-Charge-Verfahren erhoben. Das Reverse-Charge-Verfahren muss nur von den Unternehmen angewandt werden, die eine Dienstleistung aus dem Ausland beziehen und in Singapur teilweise oder ausschließlich steuerfreie oder nicht steuerbare Lieferungen tätigen (z.B. Banken, Versicherungen, Holdinggesellschaften). Alle anderen für GST-Zwecke registrierte Unternehmen können zur Anwendung des Reverse- Charge-Verfahrens optieren.
Unternehmen in Singapur, die bisher aufgrund ihrer limitierten steuerpflichtigen Umsätze nicht für GST-Zwecke registriert waren, können in Zukunft möglicherweise die Umsatzschwelle für eine Registrierung überschreiten (SDG 1.000.000) und dadurch verpf lichtet sein, sich für GST-Zwecke zu registrieren.
Konzerninterne Dienstleistungen, auch solche zwischen einem Stammhaus und einer Betriebsstätte, werden im Zusammenhang mit dem Reverse-Charge-Verfahren als steuerpflichtige Leistungen angesehen.
Ausländische Unternehmen, die digitale Dienstleistungen an nicht für GST-Zwecke registrierte Unternehmen oder natürliche Personen erbringen, werden sich unter bestimmten Voraussetzungen in Singapur registrieren und die GST auf diese Dienstleistungen abführen müssen. Die Registrierungspflicht entsteht für Unternehmen, die einen jährlichen globalen Umsatz von mehr als SDG 1.000.000 haben und die digitale Dienstleistungen für mehr als SGD 100.000 an Empfänger in Singapur erbringen.
Digitale Dienstleistungen werden in diesem Zusammenhang definiert als Dienstleistungen, die durch das Internet oder ein elektronisches Netzwerk erbracht werden und die ihrer Natur nach im Wesentlichen automatisiert erfolgen, nur einen minimalen Eingriff von Menschen erfordern und die ohne Informationstechnologie nicht erbracht werden könnten.
Neben digitale Dienstleistungen erbringenden Unternehmen kann die Registrierungspflicht in bestimmten Fällen auch Unternehmen treffen, die nicht selbst Dienstleistungen an Kunden in Singapur erbringen, sondern lediglich einen elektronischen Marktplatz im Internet zur Verfügung stellen, der von Kunden in Singapur genutzt wird.
Eine Erstattung der gezahlten GST wird für die ausländischen Unternehmen regelmäßig nicht möglich sein.
Dr. Knut Unger |
David Martiny |
Zum 1. April 2019 sind erneut Änderungen des singapurischen Arbeitsgesetzes in Kraft getreten, die den Schutz von Arbeitnehmern weiter verbessern. Im internationalen Vergleich – z.B. im Vergleich mit Deutschland oder einigen der Nachbarländer wie Malaysia oder Indonesien – ist das Arbeitsrecht Singapurs jedoch weiterhin als arbeitgeberfreundlich einzustufen. So kann man ein Arbeitsverhältnis immer noch ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist beenden, solange es sich nicht um eine „unberechtigte“ Kündigung handelt. Die neuen Regelungen stellen vor allem sicher, dass mehr Arbeitnehmer als bisher ein Mindestmaß an Schutz in Bezug auf Arbeitszeiten, Lohnzahlung, Urlaub, Bezahlung von Überstunden, unberechtigte Kündigung etc. genießen und ihre Rechte auch einfacher durchsetzen können. Arbeitgeber sollten Vertragsmuster, Handbücher und andere Richtlinien sowie die Führung und Verwaltung der Personalakten an die neuen Regelungen anpassen, um die Einhaltung der gestiegenen Anforderungen sicherzustellen und Fehler zu vermeiden. Was hat sich nun geändert?
Das Arbeitsrecht wird in Singapur in erster Linie durch den Employment Act (nachfolgend das „Arbeitsgesetz“) geregelt. Dieses Arbeitsgesetz schützte bislang nur bestimmte Personengruppen, nicht aber alle Arbeitnehmer. Ein gewisser Kernbereich des Arbeitsgesetzes („Part IV“) galt dann wiederum nur für eine Untergruppe des geschützten Personenkreises. Der allgemeine Teil des Arbeitsgesetzes regelt grundlegendes zu Gehaltszahlungen, Urlaubsanspruch (7 bis 14 Tage), Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsfristen, Kündigungsschutz, Mutterschutz, Feiertage und dergleichen. Teil IV des Arbeitsgesetzes regelt vor allem Arbeits- und Ruhezeiten sowie die Vergütung von Überstunden.
Vom Arbeitsgesetz geschützt waren bislang Arbeiter sowie Angestellte mit einem monatlichen Gehalt von bis zu SGD 4.500. Der Anwendungsbereich des allgemeinen Teils des Arbeitsgesetzes wurde nun deutlich erweitert. Das Arbeitsgesetz (bis auf Teil IV) gilt jetzt für alle Arbeiter und Angestellten mit Ausnahme von Hausangestellten, Seeleuten sowie Angestellten des öffentlichen Dienstes. Gut ausgebildete Mitarbeiter in Führungspositionen mit einem monatlichen Gehalt über SGD 4.500 (dies sind ca. 430.000 Personen) sind nun erstmalig vom Arbeitsgesetz geschützt.
Der Kernbereich des Arbeitsgesetzes (Teil IV) schützt unverändert nur eine bestimmte Gruppe an Arbeitnehmern. Dies sind Arbeiter mit einem Gehalt von bis zu SGD 4.500 sowie Angestellte mit einem Monatsgehalt von bis zu SGD 2.600 (bisher SGD 2.500). Allein durch die Anhebung der Gehaltsgrenze von SGD 2.500 auf SGD 2.600 werden etwa 100.000 mehr Angestellte Ansprüche aus Teil IV des Arbeitsgesetzes geltend machen können, so z.B. das Recht auf bezahlte Überstunden.
Die Verpflichtung, detaillierte Lohnabrechnungen zu erstellen, das Gehalt pünktlich zu zahlen (spätestens innerhalb von 7 Tagen ab Ende des Abrechnungszeitraums), Urlaub, Feiertage und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu gewähren sowie die „Key Employment Terms“ (nachfolgend „KET“) schriftlich festzulegen, besteht mit dem erweiterten Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes nun gegenüber allen Arbeitnehmern mit Ausnahme der ausgenommenen Personengruppe (Hausangestellte, Seeleute, Angestellte des öffentlichen Dienstes). Folgende KET sind schriftlich festzuhalten, soweit sie für das Arbeitsverhältnis relevant sind:
Vom Arbeitsgesetz geschützte Arbeitnehmer konnten bereits seit dem 1. April 2014 in Fällen ordentlicher Kündigung mit Fristsetzung sowie außerordentlicher fristloser Kündigung aus wichtigem Grund, beim Ministry of Manpower („MOM“) Beschwerde gegen die Kündigung einreichen, wenn sie der Meinung waren, dass eine Kündigung nicht berechtigt war. Kam das MOM zu dem Schluss, dass es sich um eine unberechtigte Kündigung handelte, konnte es entweder die Wiedereinstellung des Mitarbeiters oder die Zahlung einer Entschädigungssumme anordnen.
Für Verfahren gegen unberechtigte Kündigungen war bislang das MOM zuständig. Seit dem 1. April 2019 ist nun das sogenannte Employment Claims Tribunal („ECT“) zuständig. Vor Anrufung des ECT muss zuerst ein Mediationsverfahren durchgeführt werden, in dem ein Mediator versucht den Streit gütlich beizulegen. Gelingt dies nicht, kann der Anspruch vor dem ECT geltend gemacht werden. Ein Verfahren vor dem ECT ist kostengünstig und wird vergleichsweise formlos durchgeführt. Vor dem ECT können sich die Parteien nicht anwaltlich vertreten lassen. Kommt das ECT zu dem Ergebnis, dass eine Kündigung unberechtigt war, kann es, wie zuvor das MOM, entweder Wiedereinstellung des Mitarbeiters oder Zahlung einer Entschädigung anordnen. Da nun erheblich mehr Arbeitnehmer die Möglichkeit haben gegen unberechtigte Kündigungen kostengünstig vorzugehen, rechnet man mit einer Zunahme an Verfahren in dem Bereich.
Leitende Angestellte und Führungskräfte konnten von dem Recht, gegen eine Kündigung Beschwerde einzulegen, nur Gebrauch machen, wenn ihr Gehalt nicht über SGD 4.500 lag. Darüber hinaus mussten sie mindestens 12 Monate beim Arbeitgeber angestellt sein, um gegen eine ordentliche Kündigung vorgehen zu können. Nun können alle leitenden Angestellte und Führungskräfte gegen unberechtigte Kündigungen vorgehen: bei fristlosen Kündigungen aus wichtigem Grund bereits ab dem ersten Tag der Anstellung, bei einer ordentlichen Kündigung nach nur sechs Monaten der Anstellung. Arbeiter und Angestellte in nicht leitender Position können gegen unberechtigte Kündigungen ab dem ersten Tag der Anstellung vorgehen.
Jeder Angestellte kann und konnte seinen Arbeitgeber natürlich auch vor den normalen ordentlichen Gerichten verklagen. Eine Klage vor den normalen Gerichten ist allerdings zeitaufwendig und teuer, so dass sich dies in den meisten Fällen nicht lohnt.
In den „Tripartite Guidelines on Wrongful Dismissal“, die das MOM erstellt hat, ist geregelt, wann eine Kündigung wirksam oder unwirksam ist. Diese Richtlinien sind vom ECT bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen.
Berechtigte Kündigungsgründe sind (1) Fehlverhalten, (2) Unzureichende Arbeitsleistung und (3) Stellenabbau oder Umstrukturierung. Im Einzelnen:
(1) Fehlverhalten des Angestellten
Eine fristlose Kündigung kann nur aufgrund von Fehlverhalten erfolgen, so etwa in Fällen von unehrlichem oder ordnungswidrigem Verhalten wie z.B. Unterschlagung oder Diebstahl. Das in den Richtlinien genannte Beispiel für ein Fehlverhalten, das zu einer fristlosen Kündigung berechtigt, ist der Fall eines Lehrers, der einen Schüler geschlagen hat. Vor Ausspruch der Kündigung sollte dem Angestellten in jedem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden und eine Untersuchung erfolgen, während derer der Angestellte suspendiert werden kann. Bestätigt sich das Fehlverhalten, kann die Kündigung erfolgen.
(2) Unzureichende Arbeitsleistung
Erfüllt der Angestellte seine Arbeit nicht oder nicht dem erforderlichen Standard entsprechend, so kann eine ordentliche fristgemäße Kündigung erfolgen. Eine fristlose Kündigung in einem solchen Fall wäre nicht wirksam. Die unzureichende Arbeitsleistung sollte dokumentiert werden und dem Angestellten sollte die Gelegenheit gegeben werden sich zu verbessern. Tritt keine Besserung ein, kann die Kündigung erfolgen.
(3) Stellenabbau oder Umstrukturierung
Wird eine Stelle abgebaut oder wird ein Betrieb umstrukturiert mit der Folge, dass sich das Anforderungsprofil für bestimmte Positionen stark geändert hat, so kann den betroffenen Angestellten gekündigt werden.
Wenn ein Grund für eine Kündigung angegeben wird, so muss der Arbeitgeber nachweisen können, dass der genannte Grund auch tatsächlich vorliegt. Kann er dies nicht, ist die Kündigung nicht wirksam. Erfolgt eine Kündigung beispielsweise aufgrund von Stellenabbau und stellt sich später heraus, dass die Stelle nicht abgebaut, sondern der gekündigte Arbeitnehmer nur ersetzt wurde, ist die Kündigung unwirksam. Der in der Kündigung angegebene Grund muss natürlich auch einer sein, der zu einer Kündigung berechtigt.
Wie eingangs bereits erwähnt, ist es immer noch möglich ein Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist zu kündigen. Ein Kündigungsgrund muss daher nicht im Kündigungsschreiben angegeben werden und auch im Kündigungsgespräch nicht genannt werden. Der gekündigte Angestellte kann aber, bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte, geltend machen, dass die Kündigung unberechtigt gewesen sei. Gründe für unberechtigte Kündigung können Diskriminierung, „Bestrafung“ für das geltend machen von Arbeitnehmerrechten, wie z.B. Überstundenbezahlung oder das bewusste Verhindern der Geltendmachung von Arbeitnehmerrechten, wie z.B. bezahltem Mutterschutz, sein.
Bislang konnten Arbeitgeber für die Krankschreibung die Vorlage eines Attestes, das entweder von einem „Government Doctor and Dentist“ oder von einem vom Arbeitgeber bestimmten Arzt oder Zahnarzt ausgestellt war, verlangen. Nun genügt für die Krankschreibung die Vorlage eines Attestes durch einen beliebigen in Singapur zugelassenen Arzt oder Zahnarzt. Die Inanspruchnahme von Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle wird dadurch erleichtert.
Um Streitigkeiten zu vermeiden und gegen allfällige Klagen gerüstet zu sein, empfehlen wir die neuen Anforderungen zügig umzusetzen, sofern noch nicht geschehen. Wir raten auch dazu, Gehaltsabrechnungen sowie KETs an sämtliche Mitarbeiter auszugeben. Derzeit genutzte Vertragsmuster, Mitarbeiterhandbücher und Lohnabrechnungsformulare sollten auf Vollständigkeit hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Auch im Hinblick auf den verbesserten Schutz gegen Kündigungen und die Einführung des ECT, die zu einer Zunahme an arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen führen werden, sollten die Personalakten gut geführt und aufbewahrt werden und die Verträge und Mitarbeiterhandbücher sorgfältig erstellt sein. Klare Regelungen im Vertrag und Mitarbeiterhandbuch schützen schließlich auch die Arbeitgeber vor unberechtigter Inanspruchnahme.
Birgitta von Dresky |
Im Februar diesen Jahres wurde das EU-Singapore Free Trade Agreement („EUSFTA“) nunmehr nach jahrelangen Verhandlungen vom EU-Parlament angenommen. Das EUSFTA wird begleitet von dem EU-Singapore Investment Protection Agreement („EUSIPA“), welches die gegenwärtig 12 existierenden bilateralen Investment-Abkommen zwischen Singapur und einigen Mitgliedsstaaten der EU ersetzen wird. Es ist das erste Freihandelsabkommen, das zwischen der Europäischen Union und einem ASEAN-Staat abgeschlossen wurde, und neben dem Abkommen mit Südkorea das zweite Freihandelsabkommen überhaupt zwischen einem asiatischen Land und der EU.
Bereits im März 2010 erfolgten die ersten Verhandlungen zur Schaffung eines gemeinsamen Abkommens zur beiderseitigen Öffnung der Märkte, Abschaffen von Handelshindernissen und bilateralem Investment zwischen Singapur und der EU. Im Juni 2015 wurde das damals ausgearbeitete Abkommen sodann paraphiert und auf Initiative der EU-Kommission dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser stufte das EUSFTA dann im Mai 2017 als „Mixed Agreement“ ein, wonach Vertragswerk in die gemischte Kompetenz von EU und Mitgliedsstaaten fällt und weswegen eine Trennung des Abkommens in EUSIPA und EUSFTA als notwendig erachtet wurde. Das EUSIPA bedarf neben der Unterschrift der Repräsentanten Singapurs und der EU auch noch der Ratifizierung durch alle (derzeit noch) 28 Mitgliedsstaaten der EU, um in Kraft treten zu können.
Die Präambel des EUSFTA bestimmt, dass dieses auf der Grundlage des WTO-Übereinkommens eine nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft, Handel und Investment bewirken soll. Der Fokus soll dabei auf einem hohen Umwelt- und Arbeitnehmerschutz liegen. Zudem soll das Abkommen den allgemeinen Lebensstandard durch die Förderung von wirtschaftlichem Wachstum und Stabilität erhöhen, sichere Märkte für Güter und Dienstleistungen schaffen und erweitern sowie nichttarifäre Handelshemmnisse beseitigen.
Dies soll unter anderem durch das Abschaffen der Zölle auf Exportgüter aus Singapur erreicht werden. So sollen unmittelbar nach Inkrafttreten des EUSFTA 84 % aller Güter, wie z.B. pharmazeutische und petrochemische Produkte, zollfrei behandelt werden. Für alle anderen Güter sollen die Zölle schrittweise in einem Zeitraum von 3 bis 5 Jahren abgebaut werden. Durch die Mitgliedschaft Singapurs im ASEAN-Bündnis werden dann mittelbar auch Ressourcen der ASEAN-Mitgliedsstaaten, die in Singapur zu einem Endprodukt weiterverarbeitet werden, vom Abbau der Zölle erfasst werden.
Des Weiteren soll durch die Förderung der Anerkennung internationaler Standards in Bezug auf Waren aus dem Bereich Elektronik, pharmazeutische und medizinische Geräte, Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile und durch das Abschaffen von doppelten Prüf-und Zertifizierungsverfahren Handelshemmnisse abgebaut werden. Darüber hinaus soll der Zugang zum öffentlichen Auftragswesen (vor allem für Dienstleistungen in den Bereichen Schienenverkehr, Landschaft, Architektur, Telekommunikations- und Computerdienste) für Singapur erleichtert und im Gegenzug die Teilnahme an Ausschreibungen für europäische Unternehmen in Singapur durch Schaffung von größerer Transparenz und Anti- Diskriminierungsmaßnahmen ermöglicht werden.
Eine weitere Regelung betrifft den Schutz des geistigen Eigentums, welcher durch ein eigenes Kapitel mit Vorschriften unter anderem zum Urheberrecht, Designrecht, Markenrecht und zu geographischen Herkunftsangaben noch weiter vertieft werden soll. Hierzu gehört beispielsweise, dass Produzenten in Singapur zukünftig Rundfunk- und Aufführungsgebühren für Produktionen erheben können, die in die EU exportiert werden. Außerdem soll es für europäische Hersteller zukünftig möglich sein, ihre Produkte in einem geographischen Herkunftsregister in Singapur registrieren zu lassen, um die geographische Authentizität ihrer Produkte wie z.B. den Dresdner Christstollen oder das bayrische Bier gegenüber dem Endverbraucher nachweisen zu können.
Bei einem Verstoß einer der Vertragsparteien gegen die Vorschriften des Investitionsschutzes sollen zukünftig spezielle Streitschlichtungsverfahren zum Einsatz kommen sowie neu eingeführte Bestimmungen dafür sorgen, dass einvernehmliche Lösungen für Differenzen zwischen den Vertragsparteien in Hinblick auf die Auslegung des EUSFTA gefunden werden.
Die EU ist derzeit der größte Investor in Singapur: Die ausländischen Direktinvestitionen der EU beliefen sich 2017 auf über EUR 227 Mrd. Mehr als 10.000 europäische Gesellschaften waren Ende 2017 in Singapur ansässig (entspricht 25% aller ausländischen Gesellschaften in Singapur). Singapur war 2017 der sechstgrößte Investor der EU mit ca. EUR 117 Mrd. an ausländischen Direktinvestitionen.
Die EU war 2017 Singapurs drittgrößter Handelspartner. Singapur befand sich hingegen auf Platz 15 der wichtigsten Handelspartner der EU hinsichtlich Exportgüter und Platz 18 hinsichtlich Importgüter. Das Handelsvolumen belief sich insgesamt auf ca. EUR 53 Mrd. Zu den am häufigsten gehandelten Waren zählten Maschinen- und Fahrzeugteile, chemische Erzeugnisse und andere Industrieerzeugnisse.
Im Jahr 2016 war die EU der zweitgrößte Handelspartner in Hinblick auf den Import von Dienstleistungen und der größte Partner hinsichtlich des Exports, wohingegen Singapur für die EU Platz sieben für den Export mit und Platz 5 für den Import von Dienstleistungen erreichte. Das gesamte Handelsvolumen belief sich 2017 auf ca. EUR 51 Mrd. Zu den am häufigsten gehandelten Dienstleistungen zählen Transport-, Finanz- und telekommunikationsbezogene Dienstleistungen.
Als Folge des Inkrafttretens des EUSFTA wurde eine Zunahme des EU-Exports um 3,6 % und des singapurischen Exports um 10.4 % über einen Zeitraum von 10 Jahren prognostiziert. Außerdem erhofft man sich, dass durch nachhaltiges Wirtschaften als klar definiertes gemeinsames Ziel insbesondere der Umweltschutz gefördert werden wird.
Vor Teilnehmern einer Veranstaltung der deutschen Außenhandelskammer in Singapur im November 2018 bekannte sich der singapurische Handelsminister Chun Sing Chan ausdrücklich zu der großen Hoffnung Singapurs, in Europa eine echte Alternative zu denen sich im Handelskrieg befindlichen Großmächten China und USA zu finden. Insbesondere in Hinblick auf Deutschland schätzte Chan die Chancen auf eine florierende Partnerschaft aufgrund ähnlicher Marktpreise sowie Qualitäts- und Sicherheitsstandards als sehr hoch ein.
Das EUSFTA ist sicherlich ein wichtiger Schritt zu einer noch engeren Kooperation zwischen Singapur und der EU. Es wird jedoch alleine nicht alle derzeit bestehenden Hindernisse zwischen den Vertragsparteien überwinden können. Insbesondere Europas „innerstaatliche“ Zwistigkeiten, wie beispielsweise der anstehende Brexit, halten einige südostasiatische Investoren davon ab, nach Europa zu expandieren. Um tatsächlich einen Platz neben China und den USA in Südostasien einnehmen zu können, muss Europa auf lange Sicht dauerhaften Zusammenhalt und Einigkeit demonstrieren. Wie sich dies nach dem Brexit gestalten wird, bleibt abzuwarten.
Anna-Carolina Zwinge |