02.12.2015
Nach der Wahl Narendra Modis zum neuen Premierminister war die Erwartungshaltung an die neue Regierung groß. Was aber hat sich tatsächlich geändert seit der Übernahme der Amtsgeschäfte durch die neue Regierung? Ein Jahr nach dem Regierungswechsel zogen die Referenten des India Day 2015 Bilanz und gaben Einblicke in die Entwicklungen Indiens nach der Wahl.
So berichtete Herr Rolf J. Jenny, Senior Vice President der Ammann Gruppe, über den Markteintritt eines Familienunternehmens und die Herausforderungen auf dem Subkontinent Indiens. In den anschließenden Vorträgen und hochkarätig besetzten Diskussionsrunden bezogen renommierte Indienkenner aus Wirtschaft und Politik sodann Stellung zur „Make in India“ Initiative und anderen Themen wie dem Umgang mit Korruption. In dem Vortrag von Paul Linnarz, Leiter des Regionalprogramms Soziale Ordnungspolitik in Asien und des Auslandsbüros Japan der Konrad- Adenauer-Stiftung, wurde zudem das japanische Engagement in Indien näher beleuchtet und die sich daraus ergebenden Chancen für deutsche Unternehmer erörtert. Abgerundet wurde der India Day 2015 mit einem Rollenspiel zu den interkulturellen Herausforderungen im deutsch- indischen Geschäftsverkehr.
Ein besonderer Schwerpunkt der Paneldiskussionen waren die typischen Risiken im Indiengeschäft und praktische Tipps zur Gestaltung von Investitionen in Indien. Die Teilnehmer hatten zudem die Gelegenheit, strategische Überlegungen und aktuelle Fragen zum Tagesgeschäft mit den Referenten und Veranstaltern auch in Einzelgesprächen zu erörtern.
Am 29. Oktober 2015 leitete die Luther Partnerin Birgitta von Dresky eine Delegation der singapurischen Swiss Business Association nach „Iskandar“ in Malaysia. Iskandar liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadtstaat Singapur. Neben einer guten Infrastruktur bietet Iskandar vor allem Platz für Expansionen, der in Singapur rar und teuer geworden ist. Die Delegation verschaffte sich einen Eindruck über die Rahmenbedingungen für Investitionen. Sie besuchte Unternehmen wie Alcon und SUKANO, die bereits erfolgreich in Iskandar produzieren, und den Nusajaya Tech Park, der State of the Art Räumlichkeiten für die Ansiedlung von Unternehmen bietet.
Am 9. September 2015 empfing Luther in Köln eine Delegation chinesischer Unternehmer, die sich im Rahmen ihres vierwöchigen Deutschlandaufenthalts neben dem Aufbau von Geschäftsbeziehungen auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland informierten. Neben allgemeinen Themen zum Markteintritt in Deutschland gaben Philipp Dietz, Katja Neumüller und SHEN Yuan in ihrem Vortrag und der anschließenden Diskussionsrunde zudem Einblicke in die (rechtlichen) Herausforderungen im deutsch-chinesischen Geschäftsverkehr.
Am 5. und 6. November 2015 fand in Hamburg der 66. Lateinamerikatag statt. Über 1.000 Personen nahmen an der zweitätigen Konferenz teil, um sich über wichtige Themen in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika auszutauschen. Für Luther waren Hermann Knott, Philipp Dietz, Carolina Gabriel und Ulrich Klemm bei der Konferenz dabei.
Zusätzlich zu der Präsenz auf der Hauptveranstaltung wurde ein Briefing zu Geschäftsmöglichkeiten in Mexiko organisiert. Die Referenten hielten Vorträge über die aktuelle Entwicklung auf dem Energiesektor und im Steuersystem Mexikos. Die Veranstaltung wurde abgerundet durch den Bericht des Vertreters eines deutschen Mittelständlers, der als Automobilzulieferer einen Produktionsbetrieb in Mexiko aufgebaut hat. In der anschließenden Podiumsdiskussion zwischen den Referenten und den Teilnehmern wurden die Themen vertieft.
China als zweitgrößte Volkswirtschaft und zweitgrößter Absatzmarkt der Welt stand im Fokus einer gemeinsam von der Sparkasse Aachen, dem German Centre Shanghai und der IHK Aachen organisierten Veranstaltung. Den etwa 50 Zuhörern wurden neben den klassischen Vertriebsstrukturen auch neue Marketingstrategien vorgestellt, insbesondere E-Commerce und alle Formen des Vertriebs über das Internet sowie die jüngst erfolgte Öffnung auch für ausländische Investoren beschäftigen derzeit viele Unternehmen. Die Luther-Partner Thomas Weidlich (Köln) und Liao Yuhui (Shanghai) beleuchteten in ihrem Vortrag typische Stolperfallen beim Vertrieb in China und gaben Tipps für die richtige Vertragsgestaltung.
Thomas Weidlich, LL.M. (Hull) |
Die Liberalisierung der Wirtschaft Myanmars bietet einmalige Möglichkeiten für ausländische Investoren in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise dem Tourismus, der Infrastruktur oder der Landwirtschaft sowie im Bildungs-, Transport- und Telekommunikationssektor. Als Entwicklungsland wird Myanmar durch vielfältige politische und soziale Faktoren geprägt. Vor diesem Hintergrund ist es für ausländische Investoren unerlässlich, auf dem neuesten Stand zu Gesetzen, Steuervorgaben, Beschäftigungsrichtlinien und der dortigen Geschäftspraxis zu sein. Die Veranstaltung „Doing Business and Investing in Myanmar“ gibt einen Überblick über aktuelle und für ausländische Investoren relevante Themen bei einem Investment in Myanmar. Nähere Informationen finden Sie unter http://www.sacc.ch/events/category/upcoming-events/
Unternehmer diskutieren praxisnah Herausforderungen und Chancen auf dem indischen Markt von Markteintrittsstrategien, Vertriebsstrukturen, Finanzierungsmöglichkeiten bis zu kulturellen Herausforderungen.
Neben der Möglichkeit persönliche Fragen an ausgewählte Indien-Experten zu stellen, dient der India Day dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch und dem Netzwerken unter den jährlich
rund 200 indieninteressierten Teilnehmern.
Der India Day 2016 findet am 28. Juni 2016 im Congress Centrum Nord der Koelnmesse statt.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.indiaday.de
Dr. Eva Drewes war Counsel im Shanghaier Büro von Luther, wo sie über viele Jahre unsere deutsch-chinesische Beratungstätigkeit geprägt hat. Sie verstarb am 25. September 2015 im Alter von 51 Jahren nach schwerer Krankheit in Shanghai.
Eva Drewes kam Ende der 1980er Jahre als Studentin nach Taiwan und war danach in Peking tätig, u. a. für verschiedene Projekte mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (heute GIZ). Sie hat zahlreiche deutsche und chinesische Juristen ausgebildet und in ihrer beruflichen Entwicklung begleitet. Als Vizedirektorin des Deutsch-Chinesischen Instituts für Rechtswissenschaften an der Universität Nanjing und Partnerprofessorin am Lehrstuhl für Wirtschaftsprivatrecht des Chinesisch-Deutschen Hochschulkollegs der Tongji Universität hat sie sich aktiv in den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog eingebracht, einige Jahre war sie auch im Vorstand der deutschen Handelskammer Shanghai.
Wir haben mit Eva Drewes eine überaus engagierte und liebenswerte Persönlichkeit verloren, die alle Kolleginnen und Kollegen immer in Erinnerung behalten werden.
Auslandsinvestitionen sind in Australien generell willkommen. Bestimmte Investitionen müssen jedoch vor Vollzug der Transaktion den Behörden angezeigt werden. Auch wenn ein Vorhaben selten untersagt wird, ist es wichtig, das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren einzuhalten, da bei Nichtbeachtung empfindliche Sanktionen drohen. Unter welchen Voraussetzungen eine Investition angezeigt werden muss, richtet sich nach dem Foreign Acquisitions and Takeovers Act 1975 (Cth) („FATA“), welcher zum 1. Dezember 2015 umfassend reformiert wurde.
Die gesetzliche Grundlage ist der FATA, welcher durch die Australia’s Foreign Investment Policy („Policy“) ergänzt wird. Die Policy hat zwar keinen Gesetzesstatus, legt jedoch wichtige Definitionen und Grundsätze dar, die in der Praxis bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Zuständige Behörde für die Prüfung von Auslandsinvestitionen ist der Treasurer, der hierbei von dem Foreign Investment Review Board („FIRB“) unterstützt wird.
Welche Investitionen dem FIRB angezeigt werden müssen, ist im FATA abschließend geregelt. Wichtig ist hierbei, dass die Anzeige – falls eine solche erforderlich ist – vor dem Vollzug der Investition erfolgen muss. Bei der Vertragsgestaltung einer anzeigepflichtigen Transaktion wird die Genehmigung durch das FIRB daher regelmäßig eine aufschiebende Bedingung sein.
Ob eine Investition generell anzeigepflichtig ist oder nur, sobald bestimmte Wertgrenzen überschritten werden, hängt von dem Wirtschaftssektor ab, in dem die Investition getätigt werden soll. Ein weiterer Faktor ist, ob es sich bei dem ausländischen Investor um eine private Foreign Person oder einen Foreign Government Investor handelt. Die Anforderungen für einen sog. Foreign Government Investor sind dabei strenger als für private ausländische Investoren.
Als Foreign Persons im Sinne des FATA und der Policy gelten: natürliche Personen, die nicht in Australien wohnhaft sind. Um als in Australien wohnhaft zu gelten, muss die Person ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht in Australien haben (permanent residency) und in den letzten 12 Monaten zumindest 200 Tage dort gelebt haben; und Gesellschaften, an welchen eine ausländische natürliche oder juristische Person (alleine oder zusammen mit verbundenen Personen – associates), einen sog. Substantial Interest hält. Ein Substantial Interest liegt vor, wenn eine Person mindestens 15 % der ausgegebenen Anteile oder Stimmrechte der Gesellschaft (20 % nach der Reform) oder mehrere Personen in Summe mindestens 40 % der ausgegebenen Anteile oder Stimmrechte der Gesellschaft kontrollieren.
Als Foreign Government Investor im Sinne des FATA und der Policy gelten:
Foreign Government Investors müssen generell jedes Direktinvestment dem FIRB vorlegen. Als Direktinvestment gelten alle Investitionen, bei denen mindestens 10 % der Anteile an der Zielgesellschaft erworben werden.
Die nachstehende Tabelle bietet eine Übersicht über die relevanten monetären Schwellenwerte, die erreicht sein müssen, damit eine Transaktion anzeigepflichtig ist:
Zielgruppe | Foreign government | Foreignpersons | Aufgrundvon |
Unternehmen | |||
Australische Unternehmen unabhängig vom Sektor | Investition ist stets anzeigepflichtig, wenn mindestens 10 % der Zielgesellschaft erworben werden | Wenn mindestens | Gilt für Investoren aus den USA, Neuseeland, Japan, Korea und Chile: Wenn mindestens 15 % der Zielgesellschaft erworben werden |
Mediensektor | Investition ist stets anzeigepflichtig, wenn mindestens 5 % der Zielgesellschaft erworben werden. | Investition ist stets anzeigepflichtig, wenn mindestens 5 % der Zielgesellschaft erworben werden. | Investition ist stets anzeigepflichtig, wenn mindestens 5 % der Zielgesellschaft erworben werden. |
Bestimmte sensible Sektoren (Banking, Luftfahrt, und Schifffahrt) | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig | Gilt für Investoren aus den USA, Neuseeland, Japan, Korea und Chile: unabhängig von der Höhe des Anteilserwerbs, wenn die Zielgesellschaft einen Wert (gross assets) von mindestens AUD 252 Millionen hat. |
Grundvermögen | |||
Wohnimmobilien | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig |
Unbebautes Land | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig |
Gewerbliche Immobilien | Investition ist stets anzeigepflichtig | Wertgrenze beträgt AUD 55 Millionen. Wertgrenze von AUD 5 Millionen für Immobilien unter Denkmalschutz (entfällt mit der Reform) | Wertgrenze beträgt AUD1.094 Millionen. Wertgrenze von AUD 5 Millionen für Immobilien |
Unternehmen, deren Vermögenswerte zumindest zu 50 % aus urbanem Land bestehen | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig | Investition ist stets anzeigepflichtig |
Landwirtschaftlich genutztes Land | Investition ist stets anzeigepflichtig | Wenn der Investor landwirtschaftlich genutztes Land im Wert von mindestens AUD 15 Millionen erwirbt. | Gilt für Investoren aus den USA, Neuseeland, Chile, Singapur und Thailand: Anzeige-pflichtig wenn mindestens 15 % der Zielgesellschaft erworben werden (20 % nach der Reform) und das Land mindestens einen Wert von AUD 1.094 Millionen hat. |
Unternehmen, deren Vermögenswerte zumindest zu 50 % aus landwirtschaftlich genutztem Land bestehen | Investition ist stets anzeigepflichtig | Wenn der Investor landwirt- schaftlich genutztes Land im Wert von mindestens AUD 15 Millionen erwirbt. | Gilt für Investoren aus den USA, Neu- seeland und Chile: wenn mindestens |
Sobald ein Investitionsvorhaben die in der Tabelle genannten Kriterien erfüllt, muss die geplante Transaktion von dem ausländischen Investor beim FIRB angezeigt werden. Insbesondere müssen die folgenden Informationen und Unterlagen beim FIRB eingereicht werden:
Die Prüfung einer angezeigten Transaktion muss innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen sein, wobei der Treasurer zehn zusätzliche Tage hat, um den Antragssteller über die getroffene Entscheidung zu informieren. Darüber hinaus kann der Treasurer den Prüfungsprozess um 90 Tage verlängern, insbesondere dann, wenn er die Genehmigung von besonderen Voraussetzungen abhängig machen will. Die Anzeige beim FIRB sollte daher so früh wie möglich eingereicht werden, um etwaige Verzögerungen des Transaktionsprozesses zu vermeiden. Läuft die 40 Tagesfrist ab, ohne dass der Treasurer den Antragssteller über eine Fristverlängerung informiert hat, so kann die geplante Transaktion durchgeführt werden und der Treasurer verliert sein Recht zum Widerspruch. Bei der Frage, ob eine Investition untersagt wird, richtet sich das FIRB und der Treasurer nach dem nationalen Interesse. Hierbei werden die folgenden Punkte berücksichtigt:
Zum 1. Dezember 2015 treten diverse gesetzliche Reformen in Kraft. Die Neuerungen liegen in erster Linie in der Einführung einer Bearbeitungsgebühr für den Prüfungsprozess, einer Verschärfung der Sanktionen für die Nichtbeachtung der Vorschriften sowie der Einführung neuer Bestimmungen für Investitionen im Agrarsektor.
Als eine der wichtigsten Neuerungen werden nun seitens dem FIRB Gebühren für den Prüfungsvorgang erhoben. Die Gebühren reichen von AUD 10.000 bis AUD 100.000. Ihre jeweilige Höhe richtet sich nach dem Umfang der Investition und dem Bereich,in dem die Investition getätigt wird. So liegt die Gebühr für die Prüfung beim Erwerb eines Unternehmens zum Beispiel mindestens bei AUD 25.000 und erhöht sich auf AUD 100.000, wenn die Höhe der Investition AUD 1 Milliarde übersteigt.
Um die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen sicher zu stellen, werden neue Strafen eingeführt und im selben Schritt auch die zivilrechtlichen Bußgelder erhöht. Empfindliche Strafen und Bußgelder drohen, wenn:
Die neuen Höchststrafen liegen nach den strafrechtlichen Vorschriften für natürliche Personen bei bis zu AUD 135.000 oder 3 Jahren Haft und für Unternehmen bei bis zu AUD 675.000. Zivilrechtliche Strafzahlungen liegen bei bis zu AUD 45.000 für natürliche Personen und bis zu AUD 225.000 für Unternehmen. Verstößt ein Unternehmen gegen die Vorgaben, so macht sich auch derjenige potentiell strafbar, der die strafbare Handlung autorisiert hat. Zusätzlich zu den genannten Sanktionen kann der Treasurer auch eine Verfügung erlassen, nach welcher die Transaktion rückabgewickelt werden muss (divestment order).
Die Reform der Foreign Investment Regulierungen im Agrarsektor hat bereits am 1. März 2015 begonnen. Seit diesem Zeitpunkt ist der Kauf landwirtschaftlich genutzten Lands durch einen ausländischen Investor genehmigungsbedürftig, wenn besagter Investor nach Tätigung der Investition Agrarland im Wert von mindestens AUD 15 Millionen besitzt. Weiterhin wurde am 1. Juli 2015 das „Register of foreign ownership of agricultural land“ eingeführt, welches von der australischen Steuerbehörde verwaltet wird. Es ist seitdem Voraussetzung, dass Investoren aus dem Ausland existierendes und neu erworbenes Eigentum an landwirtschaftlich genutztem Land registrieren. Ab dem 1. Dezember 2015 wird nun auch der Erwerb von Anteilen an einem Agrarunternehmen ab einer Höhe von AUD 55 Millionen anzeigepflichtig. Ausgenommen davon sind nur Investoren aus den USA, Neuseeland und Chile.
Zusätzlich zu diesen umfangreicheren Änderungen werden einige kleinere Änderungen vorgenommen, um den FATA zu modernisieren. Hierbei werden einige Grenzen angepasst und neue Definitionen eingefügt.
Durch die aktuellen Reformen ist eine sorgfältige Prüfung, ob eine Transaktion anzeigepflichtig ist, besonders wichtig geworden, da ansonsten empfindliche Sanktionen drohen. Insbesondere ausländische Investoren, die im landwirtschaftlichen Bereich investieren möchten, sollten sich mit den neuen Regelungen vertraut machen und darüber hinaus beachten, dass eine Eintragung in das bereits im Juli eingeführte Register auch für bereits existierendes Eigentum an landwirtschaftlich genutztem Land erfolgen muss. Für ausländische Investitionen in anderen Bereichen haben sich die Kriterien, wann eine Transaktion angezeigt werden muss, jedoch kaum geändert und werden durch die diversen Anhebungen der Beteiligungsgrenzen eher lockerer. Weiterhin sollten die neu eingeführten Gebühren bei der Kalkulation der Transaktionskosten berücksichtigt werden.
Dr. Angelika Yates |
Inmitten der andauernden Diskussion über die Verlangsamung des Wachstums ist China derzeit dabei, neue Wirtschaftsimpulse zu setzen, die insbesondere auch Vorteile für ausländische Investoren mit sich bringen (sollen). Neben einer weiteren Öffnung des Immobiliensektors geht es insbesondere um Erleichterungen des Genehmigungsverfahrens. Was aber steckt tatsächlich dahinter?
Mit der Errichtung der ersten Freihandelszone in Shanghai im Jahr 2013 wurde auch in China erstmals die Negativliste für den Bereich des Marktzugangs eingeführt und damit der Grundsatz, dass Unternehmen im Regelfall in bestimmten Geschäftsbereichen ohne weiteres tätig werden dürfen. Zukünftig soll es also keines langwierigen Genehmigungsprozesses mehr bedürfen, sofern die angestrebte Tätigkeit nicht als verboten oder beschränkt unter die Negativliste fällt. Die im Jahr 2013 in Kraft getretene Negativliste galt zunächst nur für die Freihandelszone Shanghai, ehe sie am 8. Mai 2015 vom Staatsrat durch eine einheitliche Negativliste ersetzt wurde, die gleichwohl einige Lockerungen wieder rückgängig machte, gleichzeitig aber in anderen Bereichen weitere Lockerungen vorsah. Die einheitliche Negativliste gilt neben Shanghai nunmehr auch für die Freihandelszonen Tianjin, Fujian und Guangdong (siehe hierzu den Beitrag in Foreign Law & Investments 02/2015, S. 15).
Um die Umsetzung der Negativliste weiter voranzutreiben, hat der Staatsrat am 19. Oktober 2015 eine Leitlinie zur Durchführung eines Negativlisten-Systems erlassen. Ziel ist es, dass ab dem Jahr 2018 im gesamten Land das System der Negativliste im Bereich des Marktzugangs gilt. Das Negativlisten-System soll sich dabei in zwei Bereiche unterteilen: neben einer allgemeinen Negativliste für in- und ausländische Unternehmen soll es zudem eine spezielle Negativliste nur für ausländische Unternehmen geben.
In der für China typischen Praxis werden auch bei der Einführung eines Negativlisten-Systems zunächst einzelne Gebiete bestimmt, die das angestrebte Negativlisten-System auf ihre Durchführbarkeit testen. Für den Beginn dieser Testphase ist der 1. Dezember 2015 vorgesehen. Bisher sind die Gebiete sowie die Vorgaben für diese Testphase noch nicht bekannt gegeben worden, so dass abzuwarten bleibt, ob die Einführung eines Negativlisten-Systems als Ersatz für den Investitionslenkungskatalog für ausländische Unternehmen generell zu einer wesentlichen Marktöffnung führt.
Daneben arbeitet China erneut daran, den Immobilienmarkt sowohl für inländische als auch für ausländische Investoren attraktiver zu machen und so weitere neue Wirtschaftsimpulse zu setzen. So sehen die im regelmäßig angepassten Lenkungskatalog für ausländische Investitionen verankerten Richtlinien vor, dass ausländische Investitionen auf dem chinesischen Immobilienmarkt weiter liberalisiert werden. Dies betrifft nicht nur Immobilienkäufe und die Immobilienentwicklung, sondern auch weitere Dienstleistungen wie die Immobilienvermarktung. Neben den Richtlinien wurden zudem Verwaltungsvorschriften umgesetzt, wie beispielsweise eine im August 2015 erlassene Vorschrift zur Anpassung der von mehreren Ministerien im Jahr 2006 gemeinsam beschlossenen speziellen Regelung zur Beschränkung ausländischer Investitionstätigkeiten auf dem chinesischen Immobilienmarkt.
Ausländische Unternehmen und Organisationen durften bisher in China keine Immobilien erwerben. Als Ausnahme galt lediglich der Erwerb von Immobilien zur Eigennutzung, sofern das Unternehmen bzw. die Organisation ein eigenes Vertretungsbüro oder eine eigene Niederlassung in China besaß. Das Erwerbsverbot galt auch für ausländische natürliche Personen, die sich nur kurzfristig, also weniger als ein Jahr in China aufhielten. Zum Erwerb von Immobilien für eine Fremdnutzung (wie z. B. zum Vermieten oder zur weiteren Veräußerung) mussten ausländische Investoren zunächst eine Gesellschaft in China unter Beachtung der Vorgaben für ausländisches Investment gründen (Foreign Invested Enterprise – „FIE“), und den Immobilienhandel dann über die chinesische Gesellschaft tätigen.
Infolge der neuen Vorschriften sind die für ausländische Investoren geltenden Beschränkungen teilweise gelockert worden. So wurden für den Erwerb einer Immobilie zur Eigennutzung mehr Möglichkeiten geschaffen und die bisher geltenden Beschränkungen (wie z. B. die absolute Begrenzung der Anzahl und des Standorts der Immobilienobjekte) gelockert, sofern der Erwerb „zum Eigenbedarf“ erfolgt. Der unmittelbare Erwerb einer Immobilie durch einen ausländischen Investor (d. h. Käufer ohne chinesischen Wohnsitz) bleibt jedoch weiterhin untersagt. Daneben müssen noch weitere allgemeine (örtliche) Beschränkungen beachtet werden. So gilt in Shanghai beispielsweise, dass der Erwerb von Immobilien zu Wohnzwecken nur den eigenen angemeldeten Einwohnern zulässig ist und dass jeder Haushalt nur ein solches Objekt kaufen darf (ansonsten ist die Eintragung ins Grundbuch nicht möglich).
Während die letzte Fassung des Lenkungskatalogs (gültig vom 30. Januar 2012 bis zum 9. April 2015) die Immobilienentwicklung sowie den Bau und Betrieb von bestimmten Immobilientypen (hochwertige Hotels und Bürohäuser und internationale Messen- und Konferenzzentralen) durch ausländische Investoren nur mit Auflagen wie einer Joint Venture-Pflicht oder einer zusätzlichen Genehmigung für zulässig erklärte, bleibt heute nur noch der Bau von Golfplätzen und Villen – als Luxusprodukte unterliegen beide ohnehin neben einer Genehmigung auch für inländische Investoren strengen Auflagen – außerhalb der erlaubten bzw. beschränkt erlaubten Investitionskategorien ausländischen Investoren verschlossen.
Um Immobilienspekulationen einzudämmen, mussten in der Vergangenheit in China gegründete Immobilienentwicklungsgesellschaften anspruchsvolle Anforderungen an die Zeichnung und Einzahlung des Stammkapitals erfüllen. Auch für die Aufnahme von Bankdarlehen durch FIE-Immobilienentwicklungsgesellschaften und die Übernahme bestehender Immobilienunternehmen galten zahlreiche Auflagen. Mit der teilweisen Abschaffung der Auflagen dürfen FIE-Immobilienentwicklungsgesellschaften nunmehr ihr Vorhaben mit mehr Fremdkapital finanzieren, und auch der Devisentransfer ist für sie vereinfacht worden.
Abgeschafft wurden zudem alle bisherigen Beschränkungen zur Erbringung von Bau- und anderen Dienstleistungen im Immobiliensektor durch FIEs. Positiv auswirken wird sich dies insbesondere für Immobilienmakler.
Zum 28. Oktober 2015 sind eine Vielzahl an Änderungen von Verwaltungsvorschriften in Kraft getreten, überwiegend zum Vorteil ausländisch investierter Unternehmen. Bei den Neuerungen handelt es sich vorwiegend zwar um – teilweise nachträgliche – Klarstellungen der jüngsten Novellierung des Gesellschaftsgesetzes 2014 und nicht um eine unbegrenzte Öffnung des Marktzugangs für ausländische Investoren, jedoch sind in vielen Bereichen Erleichterungen und Klarstellungen zugunsten von ausländischen Investoren erfolgt. Dies betrifft beispielsweise die endgültige Abschaffung des Mindestkapitals und dessen Einzahlungsfrist, sowie die weitere Öffnung von ausländischen Investoren nur beschränkt zugänglichen Industrien. Nachfolgend findet sich ein Auszug aus den wesentlichen Neuerungen im Überblick:
Die Anforderung an das Mindestkapital von bisher RMB 30 Millionen wurde für FIEs gänzlich abgeschafft. Zudem gilt auch keine absolute Beschränkung mehr für ausländische Investoren an einer FIE-Aktiengesellschaft mindestens 25 % der Geschäftsanteile halten zu müssen.
Bisher gab es teilweise widersprüchliche Regelungen und Implementierungen für Inlandsreinvestitionen von FIEs. Nunmehr ist klar geregelt, dass ein FIE in China eine Reinvestition tätigen kann, auch wenn das registrierte Kapital nicht vollständig eingezahlt ist. Zudem wird die Reinvestition nicht mehr wie früher auf eine Gesamtsumme von 50 % des Nettovermögens der FIE beschränkt.
Auch bei bestimmten Restrukturierungsmaßnahmen von FIEs war bisher vorgesehen, dass das registrierte Kapital vollständig eingezahlt sein musste und eine tatsächliche Inbetriebnahme des Unternehmens stattgefunden hatte. Diese Voraussetzungen sollen nun nicht mehr gelten.
Bei der Gründung von FIE-Venture Capital Unternehmen musste bisher ein registriertes Kapital von USD 10 Millionen (wenn das Venture Capital Unternehmen keine juristische Person ist) bzw. USD 5 Millionen (wenn das Venture Capital Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person gegründet wurde) innerhalb einer Frist von 5 Jahren eingezahlt werden. Diese Anforderungen sind nun nicht mehr erforderlich.
Die Bedingungen für den Erlass einer Genehmigung zur Eröffnung einer Niederlassung (d. h. eines Ladens) durch ein FIEEinzelhandelsunternehmen wurden vereinfacht. Unter anderem wurde hierzu das Erfordernis der vollständigen Einzahlung des registrierten Kapitals des FIE-Einzelhandelsunternehmens abgeschafft
Die FIE-Holdinggesellschaft soll nunmehr auch in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft zulässig sein. Bisher konnte eine FIE-Holdinggesellschaft nur in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet werden. Auch die Einzahlung eines Mindestkapitals von bisher USD 30 Millionen innerhalb von 2 Jahren soll nicht mehr gelten.
Schließlich soll es auch in verschiedenen Industriezweigen (wie beispielsweise Auktion, Speditionsagentur, Logistik, Leasing, etc.) eine Lockerung der Anforderungen bei Auslandsinvestitionen geben. Dies betrifft sowohl den Gründungsprozess (Anforderungen an das Mindestkapital), die strategische Ausrichtung von Auslandsinvestitionen in börsengelistete chinesische Unternehmen, als auch den Umfang der Tätigkeiten von FIEs in bestimmten „empfindlichen“ Bereichen (wie beispielsweise Öl, Immobilien, etc.).
China ist bemüht, neue Wirtschaftsimpulse zu setzen und den Marktzugang für ausländische Investoren weiter zu erleichtern. Bis ausländische Investoren die positive Wirkung der verschiedenen Reformen wie die Einführung eines Negativlisten-Systems sowie weiterer Erleichterungen in merkbarer Weise spüren, wird es sicherlich noch eine Weile dauern. Die aktuelle Skepsis liegt insbesondere darin, dass die Durchführung der Reformen durch ausländische Investoren vorwiegend als eine Vereinfachung der Formalitäten wahrgenommen wird und von einer wesentlichen Lockerung der in China herrschenden Bürokratie immer noch nicht die Rede sein kann. Mit Blick auf den Immobilienmarkt lässt sich eine aktivere Mitwirkung der örtlichen Behörden aber erwarten, da dieser Bereich als eine der wichtigsten Entwicklungssäulen betrachtet und insbesondere auf Provinz- und Stadtebene in überdurchschnittlicher Weise „gefördert“ wird.
Katja Neumüller
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LIAO Yuhui, LL.M. (Zhongshan) |
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas und dem wachsenden Einkommen der chinesischen Verbraucher beschränkt sich der Einkauf von ausländischen Produkten nicht mehr auf internationale Luxusmarken, die bei Reisen im Ausland erstanden werden. Ausländische Verbraucherprodukte und Lebensmittel für den Alltag sind immer beliebter. Gekauft werden nicht nur Produkte, die bereits nach China importiert wurden, sondern auch und insbesondere solche, die im Ausland typischerweise lokal vertrieben werden. Denn nach der Vorstellung vieler Chinesen entsprechen nur im Ausland produzierte Waren wirklich den höheren Qualitätsstandards der westlichen Länder. Dies gilt insbesondere für Lebensmittel, die nach den vielen Skandalen mit chinesischen Lebensmittelprodukten in den letzten Jahren massiv an Vertrauen in der chinesischen Bevölkerung verloren haben.
Mit steigender Nachfrage wachsen auch das Angebot und die Verkaufskanäle. Der sog. Shopping-Agent („Dai Gou“) kauft im Ausland ein und schickt die Waren direkt an den Auftraggeber nach China, also den chinesischen Verbraucher. Mit dem neuen Phänomen „Hai Tao“ (Einkauf aus Übersee) kaufen vor allem Englisch sprechende Chinesen direkt bei Online-Versandhändlern in Übersee. 2014 soll die Anzahl der Dai Gou- und Hai Tao-Chinesen über 18 Millionen erreicht haben und der Umsatz über RMB 140 Milliarden. Es wird erwartet, dass der Umsatz bis 2018 die Grenze von RMB 1.000 Milliarden überschreiten wird. Im Vergleich zum konventionellen Importgeschäft unterliegen jedoch die Waren durch Dai Gou und Hai Tao keiner Gütereinfuhrkontrolle, insbesondere bezüglich der Zollpapiere. Die Entwicklung und das Potenzial des neuen Marktes beobachtet auch die chinesische Regierung mit dem Ziel einer rechtlichen Regulierung. So hat der Staatsrat im Juni 2015 seine Leitansichten zur Förderung der gesunden und raschen Entwicklung von Cross-Border E-Commerce („Leitansichten“) verkündet und darin den grenzüberschreitenden elektronischen Handel anerkannt. Gefördert wird jedoch nicht nur die Einfuhr nach China durch E-Commerce-Plattformen, sondern vor allem auch die Ausfuhr von chinesischen Waren ins Ausland.
Nachfolgend wird erläutert, welche Chancen die auf Import gerichteten grenzüberschreitenden E-Commerce-Plattformen für europäische Produzenten und Händler bieten, aber auch welche Hindernisse bzw. Risiken zu beachten sind.
Der Staatsrat folgt dem bewährten Muster und lässt grenzüberschreitende E-Commerce-Plattformen zunächst in ausgewählten Städten bzw. Zonen erproben. Anschließend soll dies dann auf weitere Städte erweitert werden. Die erste Pilotzone liegt in der Stadt Hangzhou, in der die Hauptverwaltung von Alibaba ansässig ist. Inzwischen wurde das Pilotprojekt bereits auf weitere sieben Städte ausgeweitet: Shanghai, Ningbo, Zhengzhou, Chongqing, Guangzhou und Shenzhen sowie Tianjin. In den Leitansichten werden die Förderungsmaßnahmen abstrakt formuliert und die konkrete Durchsetzung den verschiedenen Überwachungsbehörden (vor allem für Zölle, Güterprüfung, Devisen) überlassen. Die Pilotstädte haben auch ihre eigenen Maßnahmen erlassen, so dass die lokale Handhabung unterschiedlich ist. Die großen Player der chinesischen E-Commerce Unternehmen, wie etwa Tmall, JD, Netease, Suning, haben den grenzüberschreitenden E-Commerce Markt längst entdeckt und eigene Plattformen dafür eingerichtet. Mittlerweile sind über 5.000 Plattformen auf dem chinesischen Markt tätig. Davon wirklich bekannt sind jedoch nur ca. 30.
Inzwischen haben sich zwei Hauptgeschäftsmodelle etabliert, die fast von allen großen Plattformen angeboten werden: direkter Versand aus Übersee und Import unter Zollverschluss. Bei beiden Modellen vertreiben die ausländischen Unternehmen (Verkäufer) einen eigenen Warenshop auf der Online-Plattform. Beim direkten Versand aus Übersee bestellen die chinesischen Käufer bei der Online-Plattform und die bestellte Ware wird vom ausländischen Verkäufer direkt nach China zum chinesischen Verbraucher versandt. Beim Import unter Zollverschluss verschickt der ausländische Verkäufer zunächst die Waren in das Zollverschlusslager in China. Nach Bestellung des chinesischen Käufers bei der Online-Plattform wird die Ware durch eine inländische Logistikfirma aus dem Zollverschlusslager an ihn versandt. Bei beiden Modellen wird die Zahlung über die Plattform abgewickelt: der chinesische Käufer zahlt inländisch an die Plattform mit RMB und die Plattform zahlt wiederum an den ausländischen Verkäufer in Übersee (je nach der Vereinbarung z. B. in EUR oder USD). Unterschiede bestehen insbesondere in der Logistik hinsichtlich der Dauer und Kosten. Beim direkten Versandmodell wird die bestellte Ware einzeln durch internationale Logistikfirma versandt, während bei Nutzung des Zollverschlusslagers die Waren in Massen verschickt und im Lager unter Zollverschluss deponiert werden.
Da bei beiden Modellen rechtlich gesehen ein Kaufverhältnis direkt zwischen dem Verbraucher in China und dem ausländischen Verkäufer zustande kommt, wird die gekaufte Ware vom Zollamt grundsätzlich als Gegenstand zum persönlichen Gebrauch behandelt und von Zöllen und Steuern befreit, wenn der Zollbetrag unter RMB 50 und der Warenwert unter RMB 1.000 ist. Im Vergleich zum konventionellen Importgeschäft hat eine grenzüberschreitende E-Commerce Plattform daher Kostenvorteile, die auch unter Kalkulierung der Lagerkosten zwischen 20 % - 30 % liegen. Zudem haben die Verbraucher mehr Vertrauen hinsichtlich des Ursprungs der Waren, da diese unmittelbar und mittelbar aus Übersee an diese versandt werden. Beide Modelle stehen dem ausländischen Unternehmen zur freien Auswahl, welches u. a. unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Waren selbst und der Kosten sowie der eigenen Kapazität hinsichtlich der Logistik entschieden wird. Viele grenzüberschreitende E-Commerce Plattformen bieten zusätzliche Dienstleistungen an, wie z. B. internationale Spedition, Zollverschlusslager, Zollerklärung beim Verlass der Zollverschlusszone und inländische Logistik, oder haben Partner, die solche Dienstleistungen anbieten.
Die E-Commerce Plattformen bieten ausländischen Produzenten und Händlern insbesondere im Bereich Einzelhandel neue Vertriebschancen, bergen jedoch auch Risiken, die zu beachten sind.
Obwohl die rechtliche Grundlage des grenzüberschreitenden E-Commerce Vertriebs erst kürzlich geschaffen wurde, schießen die Plattformbetreiber wie Pilze aus dem Boden. Neben der Reichweite und Reputation sollten die ausländischen Unternehmen insbesondere bei der Auswahl der Plattformanbieter beachten, ob die Plattformbetreiber die erforderliche Lizenz für sog. value-added telecommunication services haben, in welchen Städten ein Zollverschlusslager unterhalten wird und ob das Stammkapital der örtlichen Anforderung der einzelnen Pilotstädte entspricht. Auch sollten die meistens vorformulierten Serviceverträge und AGB der Plattformbetreiber unter die Lupe genommen werden. Diese schreiben fast immer das chinesische Recht als anwendbares Recht vor. Für die Beilegung von Streitigkeiten soll der Weg vor die ordentlichen Gerichte vermieden und möglichst eine Schiedsklausel vereinbart werden.
Waren, die zum persönlichen Gebrauch gekauft werden und die genannten Grenzwerte nicht überschreiten, unterliegen keiner Importkontrolle wie bei der konventionellen Einfuhr von Gütern. Somit entfällt bei dem ersten Modell direkten Versands aus Übersee grundsätzlich das Erfordernis von Zollpapieren. Beim zweiten Modell des Imports unter Zollverschluss muss bei der Einfuhr in die Zollverschlusszone die dafür vorgesehene Zollerklärung abgegeben werden. Die Verfahren und die Güterprüfung sind je nach den Vorgaben der Zone unterschiedlich. Derzeit wird noch die Meinung vertreten bzw. entsprechend gehandhabt, dass die Waren, die über grenzüberschreitende ECommerce Plattformen verkauft werden, nicht mit chinesischen Etiketten versehen werden müssen. Die chinesische Regierung möchte jedoch sicherstellen, dass die Qualitäts- und Sicherheitsstandards des chinesischen Rechts eingehalten werden. Strengere Regelungen werden daher erwartet.
Da die Waren in RMB zum Kauf angeboten werden und die Plattformbetreiber die Zahlung in RMB abwickeln, jedoch später oft in EUR oder USD an die ausländischen Verkäufer weiterleiten, entstehen auch Risiken hinsichtlich des Wechselkurses. Außerdem sehen einige (insbesondere die großen) Plattformbetreiber Zahlungsziele mit dem ausländischen Verkäufer von mehreren Wochen oder sogar Monaten vor, was zu einem nicht unerheblichen verzögerten Kapitalrückfluss führen kann.
Ausländische Hersteller und Händler, deren Waren über grenzüberschreitende E-Commerce Plattformen verkauft werden, unterliegen der Produkthaftung sowie dem Verbraucherschutzrecht in China. Da die rechtliche Durchsetzung bei Streitfällen für die chinesischen Verbraucher schwierig ist, wird den Plattformbetreibern eine gewisse Überwachungsrolle übertragen. Diesen obliegt nach dem chinesischen Verbraucherschutzgesetz die Schadensersatzpflicht, wenn sie Namen/Firma, Adresse und die Kontaktdaten des eigentlichen (ausländischen) Warenverkäufers nicht nennen können. Um Kunden zu gewinnen, bieten viele Plattformbetreiber meist bessere Konditionen für den Austausch oder die Rückgabe von Waren an. Dies wird wiederum durch Serviceverträge und AGB auf die ausländischen Warenanbieter abgewälzt. So verlangen einige Plattformbetreiber als Eintrittsvoraussetzung die Errichtung einer inländischen Kundenservice-Stelle. Andere verlangen eine Kaution für eventuelle Kundenreklamationsfälle oder sehen Regressklauseln vor. Ausländische Hersteller und Händler sollten sich daher mit den einschlägigen Regelungen des chinesischen Rechts vertraut machen.
Dr. SHEN Yuan, LL.M. (Köln)
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Am 24. April 2015 erließ China ein neues Lebensmittelsicherheitsgesetz, welches seit dem 1. Oktober 2015 in Kraft ist. Hintergrund der Gesetzesänderung sind die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die Lebensmittelindustrie in China steht: Die Bevölkerung wurde in den vergangenen Jahren immer wieder durch Lebensmittelskandale verunsichert. Aber auch neue Konsumformen in der Lebensmittelindustrie, wie die Möglichkeit der Bestellung von Lebensmitteln über Onlineplattformen, stellen die chinesische Regierung vor die Aufgabe, auch über solche Distributionswege die Qualität von Nahrungsmitteln sicherzustellen.
Die neue Fassung des Lebensmittelsicherheitsgesetzes war sehr umfangreich: mehr als 90 % der Paragraphen des alten Lebensmittelsicherheitsgesetzes wurden geändert. Zudem kamen viele neue Bestimmungen hinzu. Anstelle der ursprünglichen 104 Paragraphen umfasst das neue Lebensmittelgesetz nunmehr 154 Paragraphen.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit den wesentlichen Änderungen des Lebensmittelsicherheitsgesetzes und dem Einfluss auf Unternehmen, vor allem die in China investierenden ausländischen Unternehmen. Nachfolgend finden sich die wichtigsten Änderungen des neuen Lebensmittelsicherheitsgesetzes, die unter anderem auch für den Export von Lebensmitteln nach China relevant sind:
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz beinhaltet ein umfassendes Kontrollsystem zur besseren Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. Vor der Neufassung wurde die Lebensmittelsicherheit von verschiedenen Behörden, wie der Behörde für Qualitätskontrolle und Quarantäne, der Behörde für Industrie und Handel und der Behörde für Nahrungs- und Arzneimittel (China Food und Drug Administration – „CFDA“) kontrolliert. Nach der Gesetzesänderung wird die Lebensmittelsicherheit bei der Herstellung, Verbreitung und damit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen (sog. Food and Beverage Services „F&B Services“) einheitlich nun von der CFDA verwaltet. Tatsächlich begann China schon im Jahr 2013 mit dieser Implementierung. Durch die Gesetzesänderung wurde diese Änderung in der Zuständigkeit für die Überwachung der Lebensmittelsicherheit nun umgesetzt.
Aufgrund der schnellen Entwicklung des E-Commerce in China enthält das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz Regelungen zum Kauf und Verkauf von Lebensmitteln über Onlineplattformen. Diese sind zur Überprüfung ihrer Verkäufer verpflichtet. Den Bestimmungen zufolge haben die Plattformanbieter gewisse Prüfungs- und Aufsichtspflichten. So haben die Plattformanbieter die Namen der Verkäufer auf den Plattformen zu registrieren und deren Geschäftslizenz bzw. Betriebslizenzen zu überprüfen. Rechtswidrige Handlungen von Verkäufern sind an die Behörde für Nahrungs- und Arzneimittel zu melden. Sollte ein Gesetzesverstoß durch eine Partei erfolgt sein, so kann ein Verbot verhängt werden, welches untersagt, weitere Leistungen über die Plattform anzubieten. Können die Verkäufer diese Verpflichtungen nicht erfüllen, werden sie entweder mit einer Geldstrafe, dem Entzug der Lizenz oder anderen administrativen Sanktionen bestraft. Sollten zusätzlich durch diese Handlungen auch die Rechte und das Interesse der Verbraucher verletzt worden sein, so können auch die Anbieter der Onlineplattformen haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Das Lebensmittelsicherheitsgesetz enthält gewisse Anforderungen an die Anbieter von F&B Services. Danach haben solche Dienstleister die Lebensmittelsicherheit beim Kauf der Rohstoffe, bei der Lebensmittelverarbeitung und der Anlagenwartung zu garantieren. Diese Anforderungen wurden bereits zuvor in anderen Vorschriften geregelt, die jedoch nicht die rechtliche Stellung einer gesetzlichen Regelung innerhalb des Lebensmittelgesetzes hatten. Das Lebensmittelsicherheitsgesetz nahm diese Bestimmungen mit in das neue Regelwerk auf und verschärfte die Haftung: Es können danach Geldstrafen in Höhe von RMB 5.000 bis RMB 50.000 verhängt werden, Verfügungen zur Einstellung des Geschäftsbetriebs erlassen, sowie der Entzug der Lizenz angeordnet werden.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz enthält auch Regelungen für spezielle Lebensmittel. Die neuen Regelungen beziehen sich hauptsächlich auf drei Arten von Spezialnahrung: gesunde Nahrungsmittel (health food), spezielle Lebensmittel für Medizinprodukte (formula food for special medical use) und Lebensmittel für Säuglingsnahrung (infant formula foods). Das Lebensmittelsicherheitsgesetz bezieht die Bestimmungen der gegenwärtigen Vorschriften in den zuvor erwähnten drei Bereichen mit ein und nimmt auf dieser Grundlage einige neue Bestimmungen mit auf. Beispielsweise beinhaltet das Lebensmittelsicherheitsgesetz neben dem Registrierungssystem auch ein Meldesystem für sog. gesunde Nahrungsmittel wie z. B. mineralische Nährstoffe und Vitamine. Das Melden der gesunden Nahrungsmittel ist einfacher als die Registrierung, und seine Durchführung soll die Verwendung und die Herstellung gesunder Nahrungsmittel vereinfachen und fördern. Demgegenüber unterliegen Nahrungsmittel, die in Medizinprodukten verwendet werden, der Registrierungspflicht nach dem Lebensmittelsicherheitsgesetz. Auch Lebensmittel für Säuglingsnahrung werden von dem Lebensmittelsicherheitsgesetz streng überwacht. Die Verwaltungsmaßnahmen für Säuglingsmilchnahrung aus den aktuellen Bestimmungen auf untergesetzlicher Ebene werden in das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz mitaufgenommen und deren Anwendungsbereich wird auf die komplette Säuglingsnahrung erweitert. Nach dem neuen Lebensmittelsicherheitsgesetz sind im Zusammenhang mit Säuglingsnahrung alle Rohstoffe, Lebensmittelstoffe, Formeln, sowie Laboreinrichtungen bei der provinziellen Verwaltungsbehörde anzumelden (Meldesystem).
Einer der elementaren Veränderungen des Lebensmittelsicherheitsgesetzes ist die Statuierung verschärfter Haftungsvorschriften und die Erhöhung des Strafrahmens bei Gesetzesverletzungen. So sind Bußgelder und die Höhe der Schadensersatzzahlungen angehoben worden. Diese Veränderungen werden anhand folgender drei Aspekte deutlich:
Nach dem neuen System wird das Wahlrecht des Verbrauchers in Bezug auf die Geltendmachung von Schadensersatz, das im Verbraucherschutzgesetz und im Produktqualitätsgesetz vorgesehen ist, in dem neuen Lebensmittelsicherheitsgesetz konkretisiert. Verbraucher können entweder gegenüber dem Hersteller oder dem Händler (Verkäufer) einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Wurde gegenüber einem von beiden ein Schadensersatzanspruch erhoben, so kann dieser nicht unter Verweis auf die (Mit-)Haftung anderer Parteien die Bezahlung verweigern.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz sieht zusätzlich eine verschärfte Haftung für weitere Personengruppen vor. Danach können Dritte eine Gesamthaftung gegenüber dem Verbraucher haben, wenn diesen bewusst war, dass der Hersteller bzw. der Händler des Lebensmittels rechtswidrige Handlungen vorgenommen hat, und sie ihren Produktions- bzw. Betriebsstandort oder andere Hilfsmittel zur Verfügung gestellt haben. Darüber hinaus trägt auch ein Anbieter einer Onlineplattform eine Gesamthaftung, wenn er seine Prüfungs- und Aufsichtspflicht nicht erfüllt hat und Rechte und Interessen der Verbraucher über diese verletzt worden sind.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz enthält strengere Vorschriften und gibt dem Verbraucher einen Anspruch auf einen erhöhten Schadensersatz (Punitive Damages), wenn seine Rechte und Interessen durch Lebensmittel, bei denen die Sicherheitsstandards nicht eingehalten wurden, verletzt worden sind. Nach der alten Fassung des Lebensmittelsicherheitsgesetzes errechnete sich der erhöhte Schadensersatzanspruch nach dem zehnfachen Preis der Ware. Nach dem neuen Lebensmittelsicherheitsgesetz kommt zu dem erhöhten Schadensersatzanspruch ein weiterer Aspekt dazu. Danach kann der erhöhte Schadensersatzanspruch zusätzlich nach dreifachem Verlust berechnet werden. Der Schadensersatzanspruch kann somit das Zehnfache des Kaufpreises oder das Dreifache des tatsächlichen Schadens sein. Der Mindestwert des Schadensersatzanspruches liegt bei RMB 1.000. Selbst wenn dem Verbraucher ursprünglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von weniger als RMB 1.000 zugestanden hätte, hat dieser trotzdem einen Anspruch auf den Mindestwert in Höhe von RMB 1.000. Zum ersten Mal wird in dem neuen Lebensmittelsicherheitsgesetz gesetzlich statuiert, dass Fehler bei der Kennzeichnung bzw. bei der Produktbeschreibung bei Lebensmitteln, die nicht die Lebenssicherheit beeinflusst haben, keinen Anspruch auf einen erhöhten Schadensersatz geben.
Durch das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz sind auch die verwaltungsrechtlichen Geldstrafen erhöht worden. Danach kann eine Geldstrafe das Zwanzigfache oder das Dreißigfache des Warenpreises betragen.
Neben der Erhöhung der Geldstrafen für Unternehmen wurde auch der Strafrahmen bei Verstößen durch einzelne Personen erhöht. Darunter fallen vor allem gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer und andere Verantwortliche. Dies umfasst eine fünfjährige Sperre bei der Bewerbung um eine Betriebserlaubnis oder bei der Tätigkeit als Manager oder Sicherheitsverantwortlicher in der Lebensmittelindustrie. Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz kann sogar ein lebenslanges Beschäftigungsverbot in der Lebensmittelindustrie sowie einen Arrest zur Folge haben.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz enthält nicht nur Regelungen zur Erhöhung des Strafrahmens bei Verstößen, es enthält auch einige Ausnahmebestimmungen für Verkäufer von Lebensmitteln. Diese Ausnahmebestimmungen gelten jedoch nur (1) für Händler (bzw. Verkäufer und F&B-Anbieter) und nicht für Hersteller, (2) wenn die rechtliche Untersuchungspflicht bei dem Einkauf erfüllt wurde, (3) zusätzlich der Händler ausreichend beweisen kann, dass er keine Kenntnisse über die Tatsache hatte, dass die Sicherheitsstandards bei den Lebensmittel nicht eingehalten wurden, (4) wenn ein eindeutiger Herkunftsnachweis für das Produkt gegeben ist, und (5) für verwaltungsrechtliche Strafen, befreit den Händler aber nicht von den zivilrechtlichen Ansprüchen und der Beschlagnahme von Waren.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz zielt auf die Sicherung der Qualität von Lebensmitteln in jeder Phase ab. Dies bedeutet eine Stärkung des Kontrollsystems, welches die Lebensmittelqualität vom Rohstoff bis zum Verkauf des Lebensmittels für den Konsumenten überwacht und sicherstellt. Aus diesem Grund müssen Unternehmen bei Agrarerzeugnissen nicht nur das Gesetz über die Qualitätssicherheit von Agrarprodukten (Law of the People‘s Republic of China on Agricultural Product Quality Safety) beachten, sondern auch das der Lebensmittelsicherheit. Änderungen wurden auch in Bezug auf Lagerung und Transport der Lebensmittel vorgenommen. Danach müssen Einzelpersonen oder Unternehmen, die nicht als Hersteller oder Händler in der Lebensmittelindustrie tätig sind, bestimmte Bedingungen bei Lagerung, Beladung und Entladung der Lebensmittel mitberücksichtigen. Zusätzlich wird eine staatliche Förderung der Haftpflichtversicherung für die Lebensmittelsicherheit in dem neuen Lebensmittelsicherheitsgesetz vorgesehen.
Neben den oben genannten Veränderungen nimmt das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz auch noch einige Bestimmungen auf untergesetzlicher Ebene auf. Dazu zählen unter anderem neue Regelungen über die Benutzung von hochgiftigen Pflanzenschutzmitteln, die Etikettierung bei Genfoodprodukten, das Untersuchungssystem beim Einkauf von Agrarerzeugnissen und die Meldung bei der Einfuhr von Lebensmitteln.
Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz ist ein weiterer Schritt der chinesischen Regierung zur Errichtung eines strengen Verwaltungs- und Kontrollsystems für Lebensmittel. Nach den zahlreichen Lebensmittelskandalen ist es an der Zeit, das Vertrauen der chinesischen Bevölkerung in die Lebensmittelsicherheit wieder zu stärken. Die neuen Vorschriften geben der Bevölkerung Chinas einerseits mehr Sicherheit beim Konsum und im Umgang mit Lebensmitteln, andererseits haben Unternehmen, die Lebensmittel nach China exportieren, die neuen Bestimmungen verstärkt zu beachten. Es bleibt abzuwarten, ob die verschärften Vorschriften konsequent von den chinesischen Behörden umgesetzt werden und sich in Zukunft derartige Lebensmittelskandale vermeiden lassen. Das neue Lebensmittelsicherheitsgesetz lässt zumindest die Zielstrebigkeit der chinesischen Regierung erkennen, die Lebensmittelsicherheit bereits an der Quelle und vom Ursprung des Produkts her sicherzustellen und zu kontrollieren; sozusagen eine Sicherstellung der Lebensmittelqualität „vom Feld bis zum Tisch“.
REN Xueli, LL.M. (Nanjing/Göttingen)
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Dr. Saskia Albert, LL.M. (Hong Kong)
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Auch China befasst sich mit der Verhinderung von Steuerumgehungen durch Konzerne. Zusammen mit dem chinesischen Körperschaftsteuergesetz (nachfolgend „Körperschaftsteuergesetz“) aus dem Jahre 2008 führte China erstmals allgemeine Regeln zur Verhinderung von Steuerumgehungen (General Anti-Avoidance Rules, „GAAR“) ein. Das Körperschaftsteuergesetz und seine Einführungsregeln sowie die Durchführungsmaßnahme über die speziellen Steueranpassungen (Probe, Guo Shui Fa [2009] Nr.2, nachfolgend „Nr.2“) beinhalten jedoch nur einige allgemeine Bestimmungen zu diesem Thema. Mit der im Dezember 2014 erlassenen Verwaltungsmaßnahme über Allgemeine Regeln zur Verhinderung gegen Steuerumgehung (Probe) (nachfolgend „Verwaltungsmaßnahme“) gibt es nun eine Verordnung, die die Durchführungsverfahren und Ausführungsstandards der lokalen Steuerbehörden in Bezug auf die Verhinderung von Steuerumgehungen vereinheitlichen und standardisieren soll.
Zusammen mit dem Körperschaftsteuergesetz und Nr.2 bildet die Verwaltungsmaßnahme nun einen umfassenden Rechtsrahmen für die steuerrechtliche Überwachung von grenzüberschreitenden Transaktionen.
Der nachfolgende Artikel stellt die allgemeinen Bestimmungen der derzeitig geltenden Gesetze und Vorschriften zur Verhinderung von Steuerumgehungen vor, erläutert die wesentlichen Inhalte der Verwaltungsmaßnahme und gibt einen Ausblick darauf, worauf sich ausländisch investierte Unternehmen zukünftig einzustellen haben.
Die allgemeinen Regeln zur Verhinderung von Steuerumgehungen wurden ursprünglich in dem Körperschaftsteuergesetz und seinen Einführungsregeln normiert: Gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes ist die Steuerbehörde berechtigt, die Steuern des Unternehmens anzupassen, wenn das Unternehmen seine steuerpflichtigen Einkommen oder Gewinne durch eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung verringert. Nach § 120 der Einführungsregeln ist die Gestaltung dann als „eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung“ (ohne üblichen und angemessenen Geschäftszweck) zu verstehen, wenn das Hauptziel des Unternehmens darin liegt, die Steuerzahlung zu verringern, zu vermeiden oder zu verzögern.
Die Staatliche Chinesische Hauptsteuerbehörde (nachfolgend „Hauptsteuerbehörde“) hat im Jahr 2009 Nr.2 veröffentlicht. Damit wurden weitere allgemeine Regeln zur Verhinderung von Steuerumgehungen festgelegt. Nach dieser Nr.2 soll die Steuerbehörde die potenziellen Steuerumgehungen nach dem Bilanzierungsgrundsatz „Inhalt vor Form“ (substance over form) ermitteln und bei der Untersuchung ebenfalls die Besonderheiten der Steuergestaltung berücksichtigen. Auch haben in Nr.2 einige Tatbestände, die zur Verhinderung von Steuerumgehungen dienen, ihren Niederschlag gefunden, wie etwa das Verbot des Missbrauchs von Steuervergünstigungen eines Steuerabkommens sowie der Unternehmensorganisationsform, sowie das Verbot einer Steuerumgehung mittels Steueroasen und andere steuerliche Gestaltungen ohne üblichen und angemessenen Geschäftszweck.
In Bezug auf grenzüberschreitende Transaktionen hat Nr.2 hervorgehoben, dass ohne wirtschaftliche Substanz betriebene Unternehmen, besonders in Steueroasen errichtete und zur Steuerumgehung anderer verbundener und nicht verbundener Parteien oder Unternehmen dienende Unternehmen, aus steuerrechtlicher Perspektive nicht anerkannt werden. Außerdem beinhaltet Nr.2 auch Bestimmungen über die Verfahrensweisen zur Verhinderung von Steuerumgehungen. Danach soll die zuständige Steuerbehörde sukzessiv an jede ihrer Obersteuerbehörden bis zum Erhalt der Genehmigung durch die Hauptsteuerbehörde Bericht erstatten und dann eine Ermittlung zur Verhinderung der Steuerumgehung einleiten. Der Steuerzahler soll innerhalb von 60 Tagen nach dem Erhalt einer Mitteilung die erforderlichen Dokumente zur Verfügung stellen, um das Bestehen eines vernünftigen und angemessenen Geschäftszwecks seiner Gestaltung nachzuweisen. Im Übrigen wird von jeder Person, die eine Steuerumgehung geplant hat, gefordert, Materialien und Dokumente in ausreichender Form vorzulegen.
Mit dem Ziel, durch eine umfassende Verordnung die Durchführungsverfahren und Ausführungsstandards der lokalen Steuerbehörden zur Verhinderung einer Steuerumgehung zu vereinheitlichen und zu standardisieren, hat die Hauptsteuerbehörde am 2. Dezember 2014 die Verwaltungsmaßnahme bekanntgegeben, welche am 1. Februar 2015 in Kraft getreten ist. Die bis dahin noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen der Steuerbehörde bezüglich der Verhinderung der Steuerumgehungen sollen sich ebenfalls an dieser Verwaltungsmaßnahme orientieren.
Nach § 2 der Verwaltungsmaßnahme findet diese auf Steueranpassungen, die von der Steuerbehörde gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes und § 120 der Nr.2 gegen die Steuerumgehung eingeleitet werden, Anwendung, wenn sich das Unternehmen durch ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung Steuervorteile verschafft hat. Die Gestaltung einer Steuerumgehung hat gemäß § 4 der Verwaltungsmaßnahme folgende Voraussetzungen:
Zudem definiert die Verwaltungsmaßnahme auch den Steuervorteil als Senkung, Vermeidung oder Verzögerung einer Steuerzahlung. Im Übrigen bestimmt § 2 der Verwaltungsmaßnahme, dass diese in folgenden Fällen nicht anzuwenden ist:
Nach § 6 der Verwaltungsmaßnahme genießen andere Vorschriften über spezielle Steueranpassungen Geltungsvorrang, wenn die Steuergestaltung eines Unternehmens in Bereiche wie die Übertragung der Preisgestaltung, Kostenteilungsvereinbarungen, kontrollierte ausländische Unternehmen oder Unterkapitalisierung usw. fällt. Vergleichbar dazu sind auch einschlägige Vorschriften über die Durchführung von Steuerabkommen vorrangig anzuwenden, wenn die steuerliche Gestaltung den Geltungsbereichen von Steuerabkommen, wie beispielsweise über den wirtschaftlichen Eigentümer oder die Begrenzung von Vorteilen etc. berührt.
Schließlich ist erwähnenswert, dass die Verwaltungsmaßnahme nach den Erläuterungen eines Leiters der Hauptsteuerbehörde bei einer Pressekonferenz auch für solche Fälle gelten soll, wenn von einem ausländischen Investor Aktien an einem chinesischen Unternehmen unmittelbar übertragen werden.
§ 5 der Verwaltungsmaßnahme bestimmt, dass die Steuerbehörde die konkrete Steueranpassung unter Bezugnahme auf ähnliche steuerliche Gestaltungen, welche einen angemessenen wirtschaftlichen Zweck und eine wirtschaftliche Substanz besitzen, und auf Grundlage des Prinzips „Inhalt vor Form“ vornehmen soll. Die Steueranpassung umfasst dabei folgende Methoden:
In der Verwaltungsmaßnahme werden die Verfahren zur Ermittlung und Anpassung zwecks Verhinderung der Steuerumgehung erläutert. Außerdem enthält sie Bestimmungen unter Bezugnahme auf Rechte und Pflichten der Steuerbehörde und des Steuerzahlers für jede Phase des Verfahrens.
Antrag auf Einleitung einer Ermittlung
Die zuständige Steuerbehörde ist verantwortlich für die Aufdeckung der Steuerumgehung. Allerdings wird in Anbetracht der Komplexität der Fälle der Steuerumgehung der Antrag auf Einleitung der Ermittlung zur Verhinderung einer Steuerumgehung von der zuständigen Steuerbehörde zunächst stufenweise an ihre Obersteuerbehörden gemeldet, bis die Provinzsteuerbehörde von dieser erfährt und sie prüft. Wenn die Provinzsteuerbehörde den Antrag billigt, dann leitet sie dies der Hauptsteuerbehörde weiter. Schließlich obliegt es dann der Hauptsteuerbehörde zu bestimmen, ob diesem Antrag zugestimmt werden kann oder nicht.
Ermittlung
Hat die Hauptsteuerbehörde diesen Antrag auf Einleitung einer Ermittlung gebilligt, so wird diese bezüglich der Verhinderung der Steuerumgehung von der unteren zuständigen Steuerbehörde durchgeführt. Vor der Ermittlung soll dem zu prüfenden Unternehmen eine Mitteilung über eine Steuerprüfung geschickt werden. Die Steuerbehörde ist bei der Ermittlung berechtigt, die Vorlage relevanter Materialien und Informationen von dem Steuerpflichtigen zu verlangen, wie beispielsweise solche über den Hintergrund der Steuergestaltung, die Erklärung des Geschäftszwecks der Steuergestaltung, die internen Entscheidungen und Verwaltungen in der Steuergestaltung (z. B. Vorstandsbeschlüsse, Vermerke, E-Mail usw.), ausführliche Materialien über Transaktionen in der Steuergestaltung (z. B. Verträge, Zusatzabkommen, Nachweise für Einnahmen und Ausgaben usw.); die Kontaktinformationen mit anderen Händlern; die Materialien, welche den Steuerzahler bei dem Nachweis unterstützten, dass seine Steuergestaltung keine Steuerumgehung darstellt; sowie sonstige Unterlagen, deren Vorlage die Steuerbehörde fordert.
Der Steuerzahler ist verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen ab dem Tag, an dem er die Mitteilung über eine Steuerprüfung erhält, entsprechende relevante Unterlagen einzureichen. Unter besonderen Umständen kann er beantragen, diese Frist um maximal 30 Tage zu verlängern. Falls er die Vorlage der Materialien verweigert, oder diese nicht rechtzeitig vorlegt, ist die Steuerbehörde berechtigt, nach den Gesetzen und Vorschriften selbst die Steueranpassung zu bestimmen. Die Steuerbehörde kann mittels eines Austauschprogramms über Steuerinformationen oder mittels anderer Methoden erforderliche ausländische Unterlagen erhalten. Daneben hat sie das Recht von den Organen oder Personen, die die Steuergestaltung des Unternehmens planen, die Gewährung einschlägiger Materialien zu erzwingen.
Abschluss der Ermittlung
Die zuständige Steuerbehörde muss innerhalb von 9 Monaten ab dem Tag, an dem die Hauptsteuerbehörde die Einleitung dieser Ermittlung gebilligt hat, die Steuergestaltung des Unternehmens prüfen und eine erste Steueranpassungsmaßnahme vorbringen. Die Steueranpassungsmaßnahme wird von der zuständigen Steuerbehörde stufenweise an ihre Obersteuerbehörden gemeldet, bis die Provinzsteuerbehörde diese Steueranpassungsmaßnahme erhält und prüft. Wenn die Provinzsteuerbehörde diese Steueranpassungsmaßnahme billigt, meldet sie diese der Hauptsteuerbehörde. Schließlich ist es an der Hauptsteuerbehörde zu bestimmen, ob diese Steueranpassungsmaßnahme durchgeführt werden soll oder nicht.
Wenn die Hauptsteuerbehörde diese Steueranpassungsmaßnahme billigt, soll die zuständige Steuerbehörde dem Steuerzahler eine Mitteilung über die erste Steueranpassung nach der Ermittlung einer speziellen Steuer zustellen. Der Steuerzahler kann dagegen innerhalb von 7 Tagen ab dem Tag, an dem er die Mitteilung erhält, Einspruch einlegen. Dieser Einspruch wird von der zuständigen Steuerbehörde wiederum stufenweise an die Obersteuerbehörden gemeldet, bis die Provinzsteuerbehörde von dem Einspruch Kenntnis erlangt und ihn prüft. Wenn die Provinzsteuerbehörde diesen billigt, leitet sie diesen Einspruch der Hauptsteuerbehörde weiter. Schließlich obliegt es wiederum der Hauptsteuerbehörde zu bestimmen, ob dieser Einspruch rechtmäßig ist oder nicht.
Wurde von dem Steuerzahler kein Einspruch erhoben oder dieser nicht von der Steuerbehörde angenommen, so erteilt die zuständige Steuerbehörde eine Mitteilung über die endgültige Steueranpassung nach der Ermittlung einer speziellen Steuer und beendet dann diese Ermittlung.
Streitbeilegung
Ähnlich wie bei der normalen allgemeinen Steuerprüfung ist der Steuerzahler, jedenfalls bei der Ermittlung bezüglich der Verhinderung der Steuerumgehung, berechtigt, Rechtsmittel gemäß den jeweiligen Gesetzen und Vorschriften einzulegen, wenn er mit der Steueranpassung der zuständigen Steuerbehörde nicht einverstanden ist. Falls die Steueranpassung auf eine nationale Doppelbesteuerung hinausläuft, so wird die Hauptsteuerbehörde Koordinierungsmaßnahmen ergreifen, um dieses Problem zu lösen. Sofern die Steueranpassung auf eine internationale Doppelbesteuerung hinausläuft, kann der Steuerzahler einen Antrag auf Einleitung einer gegenseitigen Verhandlung unter Berufung auf das jeweilige Steuerabkommen stellen.
Zusammenfassend ist die Verwaltungsmaßnahme in ihrer Bedeutung positiv zu bewerten, da sie konkrete Bestimmungen über die Durchführung der Ermittlung und Steueranpassungen gegen Steuerumgehungen festlegt. Vor dem Hintergrund der internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Aushöhlung von Steuergrundlagen und Gewinnverlagerungen hat die Hauptsteuerbehörde im Jahr 2014 einen dreijährigen Aktionsplan bezüglich internationaler Steuern aufgestellt, um dem Hinweis zur Verhinderung von grenzüberschreitenden Steuerumgehungen zu folgen, der von dem chinesischen Staatspräsident Xi Jinping im November 2014 bei der G20 Konferenz vorgebracht wurde. Die Verwaltungsmaßnahme ist damit vermutlich der Anfang einer Serie von Maßnahmen zur Verhinderung grenzüberschreitender Steuerumgehung.
Internationale Unternehmen sollten den neuen steuerrechtlichen Vorschriften und Richtlinien Aufmerksamkeit schenken, und ihre Transaktionen und Gestaltungen in Bezug auf das Risiko einer Steueranpassung durch die Behörde überprüfen. Wie oben erläutert, wird nach der Verwaltungsmaßnahme nicht nur der Antrag auf Einleitung einer Ermittlung, sondern auch die endgültige Steueranpassungsmaßnahme von der Hauptsteuerbehörde, und damit letztinstanzlichen Behörde geprüft und festgelegt. Damit will die Hauptsteuerbehörde eine Situation vermeiden, in der die untere Steuerbehörde möglicherweise extreme Maßnahmen ergreift und sich damit unangemessen in wirtschaftliche Handlungen einmischt. Üblicherweise wird die Prüfungsfrist der zuständigen Steuerbehörde durch die Verwaltungsmaßnahme auf 9 Monate beschränkt, was der Erhöhung der Effektivität der Ermittlung und des Erhalts des Ermittlungsergebnisses dient. Demgegenüber hat der Steuerzahler lediglich 60 Tage (unter besonderen Umständen kann die Frist maximal um 30 Tage verlängert werden), um sich auf eine Steuerprüfung vorzubereiten. Daher ist es für den Steuerzahler wichtig, konzerninterne Gestaltungen ausreichend zu dokumentieren und die Unterlagen bezüglich der Steuerstrukturierung sorgfältig aufzubewahren, damit er die Erklärung des Geschäftszwecks und der wirtschaftlichen Substanz seiner Gestaltung rechtzeitig einreichen kann.
Dr. Katja Bidmon |
Mit Spannung wird Chinas 13. Fünfjahresplan (2016 - 2020) erwartet, den der Nationale Volkskongress im März 2016 verabschieden wird. Einen Ausblick darauf gibt der Ende Oktober diesen Jahres durch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas vorgelegte Entwurf des Plans. Da die Treffen des Zentralkomitees vor dem jeweiligen Volkskongress wegweisend für die letzten Fünfjahrespläne waren, ist der vorgelegte Entwurf von großer Bedeutung, möchte man verstehen, was Chinas Führung für die nächste Fünfjahresperiode plant und worauf sich Chinas Handelspartner bis Ende des Jahrzehnts einstellen müssen.
Angesichts der kapitalistisch ausgerichteten chinesischen Wirtschaft mag manchem das Festhalten am System der Fünfjahrespläne wie „kommunistische Folklore“ vorkommen. Doch sind die Pläne auch heute noch Schlüsselkomponenten in Chinas zentralistisch geführter Gesellschaft. Ein Fünfjahresplan macht nämlich den zentralen und lokalen Regierungen in Bezug auf verschiedene soziale, wirtschaftliche und ökologische Themen verbindliche Vorgaben. Deshalb waren seit den Reformen Deng Xiaopings die Pläne für Chinas heutigen wirtschaftlichen Wohlstand entscheidend. Der 13. Fünfjahresplan wird der erste unter der Führung von Präsident Xi Jinping sein und gilt als strategisch wichtig, da im Jahr 2020 das hundertjährige Bestehen der KPC gefeiert wird und die Führung bestrebt sein wird, bis dahin große Erfolge vorweisen zu können. Schematisch versucht die chinesische Führung mittlerweile, etwas den Eindruck zu vermeiden, dass die gesamte Wirtschaft zentral geplant werde und verwendet daher neuerdings eine Bezeichnung, die am ehesten als Fünfjahresrichtlinie oder -programm übersetzt werden kann. Inhaltlich bleibt es aber bei der Planung wie bisher und es wird informell auch weiter von „Fünfjahresplan“ gesprochen.
Die neue Fünfjahresplanung wird sich zwar erst mit der Zeit in konkreten neuen Gesetzen niederschlagen, die dann unmittelbaren Einfluss auf ausländische Investoren haben werden. So liegt etwa das bereits geplante neue Joint-Venture-Gesetz, das Erleichterungen bei ausländisch-chinesischen Joint Ventures bringen wird, weiterhin auf Eis und wird wohl vor 2017 nicht in Kraft treten. Allerdings stellt die Fünfjahresplanung wichtige Weichen, die auch jetzt schon für Chinas Handelspartner von Bedeutung sind.
Der neue Fünfjahresplan wird sich die Schaffung einer „gemäßigt wohlhabenden Gesellschaft“ bis 2020 in allen Bereichen zum Ziel setzen. Kernpunkte sind dabei unter anderem die Beibehaltung eines mittelhohen Wirtschaftswachstums, die Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts und des Pro-Kopf-Einkommens der Stadt- und Landbevölkerung von 2010 bis 2020, ein Upgrade aller Industrien auf ein mittleres bis hohes Niveau sowie die Beschleunigung der Urbanisierung. Präsident Xi Jinping erläuterte zudem, dass China ein jährliches Wachstum von 6,5 % anstrebe, um das Ziel der Verdoppelung des BIP bis 2020 zu erreichen.
Die oberste Priorität ihrer Politik setzt die KPC auf das Thema Entwicklung und betont ihr Konzept der sogenannten Fünf Entwicklungen im neuen Fünfjahresplan:
Die Innovative Entwicklung ist dabei der Kern der nationalen Entwicklung und soll in allen Bereichen der Gesellschaft realisiert werden, unter Einbeziehung von akademischer, technologischer und kultureller Innovation. Mit der Koordinierten Entwicklung soll sichergestellt werden, dass die ländlichen Gebiete in ihrer Entwicklung nicht hinter den städtischen Gebieten zurückbleiben. Dafür sollen öffentliche Dienstleistungen sowie infrastrukturelle Investitionen in den ländlichen Gebieten gefördert werden. Der Punkt Grüne Entwicklung zeigt Chinas Entschlossenheit, sich nachhaltig zu entwickeln sowie den Plan, die höchsten Umweltschutzstandards zu implementieren. Die Offene Entwicklung hat zum Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter zu fördern; das beinhaltet auch die Unterstützung ausländischer Investitionen in China und chinesischer Investitionen in Übersee. Die Gemeinsame Entwicklung setzt beim gemeinschaftlichen Wohlstand der chinesischen Bevölkerung an, einschließlich der Beseitigung von Armut in der Gesellschaft und dem Ziel, die Einkommensschere zu schließen, ferner der Einführung der Zwei-Kind-Politik für jede Familie und einem sozialen Sicherheitssystem für jeden Bürger sowie einer Verbesserung der Gesundheitsfürsorge.
Die „Fünf Entwicklungen“ adressieren damit die drängendsten Themen der chinesischen Gesellschaft: den bereits im vorherigen Fünfjahresplan angestoßenen Umbau der Wirtschaft von der Werkbank der Welt hin zu einer auf Hochtechnologie und Konsum basierenden Gesellschaft, die Beseitigung der Umweltverschmutzung, den Abbau der derzeit ungleichen Entwicklung zwischen ländlichen und städtischen Regionen, die Schließung der immer größer werdenden Kluft zwischen Reich und Arm sowie die Begegnung der Probleme einer alternden Gesellschaft.
Traditionell profitierte Deutschlands exportorientierte Wirtschaft von Chinas großem Markt und seinen zweistelligen Wachstumsraten. Mit letzteren ist zwar zukünftig nicht mehr zu rechnen. Das hat die chinesische Politik bereits in den letzten Jahren klar gemacht und als „neue Normalität“ bezeichnet (New Normal). Der 13. Fünfjahresplan legt nun fest, dass jedenfalls ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum von 6,5 % pro Jahr angepeilt wird. Diese Klarheit gibt der deutschen Wirtschaft Planungssicherheit. China wird seine Rolle als wichtiger Handelspartner Deutschlands auch damit weiter ausbauen, denn die Wachstumszahlen sind noch immer größer als die der Industrieländer. Laut eines Berichts des Statistischen Bundesamts überholte China bereits im Jahr 2014 die USA als Deutschlands größten Handelspartner außerhalb der Europäischen Union.
Ebenfalls bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Beziehung zwischen Deutschland und China von einer „besonderen Beziehung“ zu einer „strategischen“ und „innovativen Beziehung“ weiterentwickelt. Laut des gemeinsamen deutsch-chinesischen Aktionsplans vom Oktober 2014 verpflichteten sich die zwei Länder dazu, die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Innovation, Technologie und Forschung auszubauen. Der 13. Fünfjahresplan setzt den Punkt Innovation für Chinas zukünftige Entwicklung nun an vorderste Stelle. Gleichzeitig erweitert er das traditionelle Verständnis der Innovation als „technologische Innovation“ und schließt im weiteren Sinne alle anderen Aspekte der Gesellschaft mit ein. Insbesondere Firmen mit Fokus auf Hochtechnologie, Infrastruktur, Umweltschutz, neue Energien, Informationstechnologie, Pharma, Gesundheit und Pflege sollten daher weiterhin gute Geschäfte in China erwarten können.
Für deutsche Unternehmen, die in Erwägung ziehen, Unternehmensteile oder ihr gesamtes Geschäft zu veräußern, enthält der 13. Fünfjahresplan ebenfalls gute Nachrichten. Die Nachfrage nach Innovation, technologischem Fortschritt und einem kontinuierlichen Übergang in eine konsumorientierte Gesellschaft bedeuten, dass es eine steigende Anzahl industrieller und privater Investoren aus China in Deutschland und Europa geben wird, die Technologien, Know-how, Managementkompetenz und Marken, insbesondere in den zuvor genannten Bereichen, suchen, um damit ihr Wachstum zu beschleunigen und sich Wettbewerbsvorteile in China zu sichern.
Der Entwurf von Chinas neuem Fünfjahresplan sendet ein wichtiges Signal, nämlich dass Chinas Führung erkennt, welchen Herausforderungen das Land gegenübersteht. Für deutsche Unternehmen bleiben trotz der niedrigeren Wachstumszahlen spannende Geschäftsmöglichkeiten in China, zumal die Nachfrage nach deutscher Hochtechnologie dort weiter steigt. Außerdem wird im deutschen M&A-Markt weiter mit chinesischen Bietern zu rechnen sein.
Dr. Michael Krömker, MBA (Mannheim/Tongji) |
XIE Xi, LL.M. (University of Virginia) |
Die Republik Estland hält mit nur 18 Minuten und drei Sekunden den Weltrekord in der schnellsten Unternehmensgründung und ist damit besonders attraktiv für Start-Up Unternehmen. Viele Gründer kommen aus Lettland, Litauen oder der Ukraine, aber auch aus den USA.
Der Internetzugang ist in Estland ein verfassungsgemäß garantiertes Grundrecht. Seit nunmehr 20 Jahren ist auch das sog. E-Government in Estland erfolgreich etabliert. Darunter versteht man die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen. Viele administrative Vorgänge lassen sich in Estland bereits einfach und schnell über das Internet erledigen. Für Start-Ups bietet Estland damit eine besonders unkomplizierte und schnelle Infrastruktur.
Als erstes Land hat Estland das sog. E-Residency eingeführt. Jeder Mensch der Welt kann beim estnischen Staat einen digitalen Ausweis beantragen, ohne überhaupt nach Estland zu reisen. Allerdings müssen dafür Fingerabdrücke bei einer estnischen Botschaft oder in einem estnischen Konsulat hinterlegt und eine Überprüfung der Ausweispapiere vorgenommen werden. Der elektronische Ausweis entspricht einer elektronischen Signatur nach EU-Vorgaben.
Für Esten, Portugiesen, Finnen und Belgier ist es bereits möglich, eine Firmengründung mithilfe dieses elektronischen Personalausweises allein via Internet vorzunehmen. Es dauert weniger als eine Stunde, um alle erforderlichen Online-Formulare für die Gründung auszufüllen. Diese Möglichkeit soll in Zukunft auf weitere EU-Staaten ausgeweitet werden. Aber auch für EUStaatsbürger, die zur Unternehmensgründung derzeit noch auf einen Notar angewiesen sind, können sich im Anschluss erhebliche Erleichterungen durch das E-Government i n d er Kommunikation zwischen den staatlichen Behörden und dem Unternehmen ergeben. Mithilfe des elektronischen Personalausweises und einer entsprechenden Online-Signatur können Steuererklärungen und sonstige Behördengänge vom Schreibtisch aus erledigt werden.
Darüber hinaus bietet Estland eine umfassende Wachstumsfinanzierung für Start-Ups durch staatliche Fonds (beispielsweise „SmartCap“, ein Unternehmen des staatlichen Entwicklungsfonds) und europäische Förderprogramme („Horizont 2020“) an.
Seit den Wirtschaftsreformen, die bereits im Jahr 1992 eingeleitet wurden, gab es insbesondere im Dienstleistungssektor und in der verarbeitenden Industrie in Estland ein erhebliches Wachstum. Diese beiden Sektoren machen inzwischen etwa 50 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Besonders erfolgreich sind dabei die Telekommunikations-, IT- und Immobilienbranche sowie die Holz-, Metall- und Elektroindustrie.
In Estland gibt es Unternehmensformen, die mit der deutschen GmbH (Osaühing), Aktiengesellschaf t (Aktsiaselts), Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Täisühing) und der Kommanditgesellschaft (Usaldusühing) vergleichbar sind. Staatsbürger aus Estland, Finnland, Portugal und Belgien, die einen elektronischen Ausweis nach estnischem Recht besitzen, können eine Online-Eintragung vornehmen, ohne überhaupt nach Estland einreisen zu müssen (https://www.eesti.ee/eng). Alle anderen Firmengründer müssen derzeit noch die entsprechenden Formulare durch einen Notar beurkunden lassen, der anschließend alle erforderlichen Formulare auf elektronischem Weg bei der zuständigen Behörde einreicht.
Für die Gründung einer GmbH (Osaühing) sind folgende Angaben und Dokumente für einen Antrag auf Eintragung in das Handelsregister erforderlich:
Anschließend ist der Antrag auf Eintragung von allen vertretungsberechtigten Gesellschaftern zu unterzeichnen. Für die Gründung einer Aktiengesellschaft (Aktsiaselts) ergeben sich weitere Anforderungen aus § 250 des estnischen Handelsgesetzbuchs. Insbesondere ist zusätzlich eine Bescheinigung des estnischen Aktienregisters erforderlich.
Vor allem in den Sektoren Forst-, Energie-, Wasser- und Gaswirtschaft und im Telekommunikationsbereich, dem Handel mit pharmazeutischen Produkten sowie dem Bankwesen sind zusätzlich Genehmigungen bei den entsprechenden estnischen Behörden zu beantragen. Schließlich ist jedes Unternehmen bei der Finanzbehörde zu registrieren. Die Registrierung der Arbeitnehmer hat unmittelbar vor ihrem ersten Arbeitstag zu erfolgen. Dies kann ebenfalls online durch das Ausfüllen eines Online-Formulars oder durch das Hochladen von Dateien erfolgen (http://www.emta.ee/?lang=en).
Nach einer Studie des Zentrums für sichere Informationstechnologie Austria, die im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation erstellt wurde, kann das deutsche E-Government mit dem estnischen System noch nicht mithalten. Deutschland bietet zwar ebenfalls die Möglichkeit, die Steuererklärung in elektronischer Form beim Finanzamt einzureichen (via ELSTER). Die Möglichkeit einer Unternehmensgründung via Internet liegt allerdings noch in weiter Ferne. Von der Möglichkeit, den neuen Personalausweis auch als elektronischen Ausweis zu verwenden, machen gerade einmal ein Drittel der Deutschen Gebrauch. Immerhin sollen laut Koalitionsvertrag die 100 wichtigsten und am häufigsten genutzten Verwaltungsleistungen in dieser Legislaturperiode auch per Internet erreichbar gemacht werden. Der internationale Vergleich zeigt jedenfalls, dass man sich durch intelligente Lösungen in diesem Bereich Wettbewerbsvorteile bei der Unternehmensansiedlung verschaffen kann.
Dr. Christoph von Burgsdorff, LL.M. (Essex) |
Die Serie schiedsfreundlicher Entscheidungen indischer Gerichte setzt sich fort. Der Madhya Pradesh High Court hat in einer bedeutsamen Entscheidung im Verfahren Sasan Power Ltd. vs. North America Coal Corporation India Pvt Ltd. (First Appeal 310 of 2015) entschieden, dass Rechtsstreitigkeiten auch aus einem Vertragsverhältnis nur zwischen indischen Parteien einer ausländischen Schiedsgerichtsbarkeit und der Anwendung ausländischen materiellen Rechts unterworfen werden können.
Im oben bezeichneten Fall traf die Sasan Power Ltd., eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Reliance Power Ltd., im Jahr 2007 eine Kooperationsvereinbarung mit der North America Coal Corporation-US (NACC-US) über die Entwicklung und den Betrieb von Bergwerken in Madhya Pradesh. Die Vereinbarung sah für die Beilegung von Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis ein Schiedsgerichtsverfahren vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof (ICC) in London bei Anwendung englischen Rechts vor. 2011 trat NACC-US ihre Rechte und Pflichten aus dem Vertrag mit der Sasan Power Ltd. an ihre indische Tochtergesellschaft NACC-India ab.
2014 kündigte NACC-India den Kooperationsvertrag und machte vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof in London einen Schaden in Höhe von etwas über INR 18 Millionen geltend. Sasan Power Ltd. wies diese Schiedsklage zurück und erwirkte sodann vor einem indischen District Court eine gegen NACC-India gerichtete Unterlassungsverfügung in Bezug auf die schiedsgerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Vertrag.
NACC-US stellte in der Folgezeit einen zweiten Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens beim ICC, dem Sasan Power Ltd. wiederum wegen angeblicher Unzuständigkeit des Schiedsgerichts widersprach.
NACC-India beantragte die Zurückweisung der Klage und Aufhebung der Unterlassungsverfügung. Der District Court gab den Anträgen von NACC-India statt. Sasan Power Ltd. erhob sodann Einspruch vor dem Madhya Pradesh High Court.
Der High Court hatte im Wesentlichen zu entscheiden, ob zwei indische Parteien eine Vereinbarung über die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis vor einem ausländischen Schiedsgericht wirksam treffen können.
Sasan Power Ltd. trug vor, dass der Supreme Cour t im Verfahren TDM Infrastructure (P) Ltd. vs. UE Development India (P) Ltd. ((2008) 14 SCC 271) entschieden hatte, dass die Parteien indisches Recht nicht durch Wahl einer ausländischen Schiedsgerichtsbarkeit und ausländischen materiellen Rechts zur Beilegung ihrer Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis umgehen können.
Dem hielt NACC-India die Rechtsprechung des Supreme Courts im Verfahren Atlas Exports Industries vs. Kotak & Company ((1997) 7 SCC 61) entgegen, die unter Anwendung des Schiedsgerichtsgesetzes von 1940 erging und wonach eine solche Vereinbarung der öffentlichen Ordnung nicht zuwiderliefe. Zudem sei, so NACC-India, die Entscheidung in TDM Infrastructure (P) Ltd. vs. UE Development India (P) Ltd. nicht auf den hier streitigen Fall übertragbar, da diese lediglich Fälle betreffe, in denen ein Schiedsgericht mit Sitz in Indien gewählt werde. Jedenfalls aber gebühre der Entscheidung im Verfahren Atlas Exports Industries vs. Kotak & Company vorrangige Geltung, da sie durch eine mit mehr Richtern besetzte Kammer des Supreme Courts getroffen wurde.
Das indische Schiedsgerichtsgesetz (Arbitration and Conciliation Act 1996) gliedert sich in vier Teile, die jeweils das auf verschiedene Arten von Schiedsgerichtsverfahren anwendbare Recht enthalten. Während der erste Teil inländische Schiedsgerichtsverfahren betrifft, regelt der zweite Teil die Durchsetzung ausländischer Schiedssprüche in Indien. Im dritten und vierten Teil geht es um Verfahrensfragen und weitere Instrumente der Streitbeilegung. Gerade traten verschiedene Änderungen des Schiedsgerichtsgesetzes in Kraft (vgl. dazu den nachfolgenden Beitrag).
Der High Court wies den Einspruch von Sasan Power Ltd. mit der Begründung zurück, die Auffassung, dass eine Schiedsvereinbarung zweier indischer Parteien über eine ausländische Schiedsgerichtsbarkeit der öffentlichen Ordnung zuwiderliefe, sei unvertretbar. Die Entscheidung des Supreme Courts im Verfahren TDM Infrastructure (P) Ltd. vs. UE Development India (P) Ltd. beschränke sich, entsprechend einer eindeutigen Aussage des Supreme Courts in dieser Entscheidung, nur auf die Bestimmung der Gerichtsbarkeit für Fragen der Benennung eines Schiedsrichters.
Zudem stellte der High Court fest, dass die in der Atlas-Exports- Industries-Entscheidung niedergelegten Grundsätze insbesondere im Lichte der Entscheidung im Verfahren Fuerst Day Lawson Ltd. vs. Jindal Exports ((2011) 8 SCC 333) zu sehen seien, im Rahmen derer der Supreme Court die Ähnlichkeit des geltenden Schiedsgerichtsgesetzes und des Schiedsgerichtsgesetzes von 1940 betonte.
Der High Court führt ferner aus, dass sich die Anwendbarkeit des zweiten Teils des Schiedsgerichtsgesetzes nicht nach der Nationalität der Parteien richtet, sondern vielmehr nach dem Ort der Schiedsgerichtsbarkeit.
Gestützt auf die Rechtsprechung in den Verfahren Enercon (India) Private Ltd. vs. Enercon GMBH ((2014) 5 SCC 1; vgl. hierzu auch unseren Beitrag in Foreign Law & Investments 2. Quartal 2014, S. 39f.) und Chatterjee Petroleum vs. Haldia Petro Chemicals (2013 ARBLR 456 (SC)) vertritt der High Court schließlich die Auffassung, dass Schiedsvereinbarungen dem Willen der Parteien entsprechend möglichst weit ausgelegt werden sollen und die Gerichte nur eingreifen dürfen, soweit derartige Vereinbarungen nichtig oder unwirksam sind.
Die Entscheidung betrifft eine wichtige Frage im Zusammenhang mit dem Schiedsgerichtsgesetz und stellt klar, dass sich der Anwendungsbereich des zweiten Teils des Schiedsgerichtsgesetzes (über die Vollstreckung ausländischer Schiedsurteile in Indien) nicht nach der Nationalität der Parteien bestimmt, sondern vielmehr nach dem Ort der Schiedsgerichtsbarkeit. Schiedssprüche ausländischer Schiedsgerichte werden als „ausländische Schiedssprüche“ (foreign awards) im Sinne des indischen Schiedsgerichtsgesetzes verstanden, sodass die Einwirkung indischer Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten der Parteien in dieser Hinsicht begrenzt ist.
Die Entscheidung ist vor allem für Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen bedeutsam, die mit indischen Vertragspartnern Schiedsvereinbarungen getroffen haben, in denen sie Rechtsstreitigkeiten aus ihrem Vertragsverhältnis einer ausländischen Gerichtsbarkeit und ausländischem Recht unterwerfen. Eine finale Entscheidung des Supreme Courts zu dieser Frage ist wahrscheinlich und bleibt abzuwarten. Bis dahin müssen indische Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen weiterhin damit rechnen, dass ausländische Schiedssprüche von ihren indischen Vertragspartnern trotz vermeintlich klarer Schiedsklausel vor indischen Gerichten angegriffen werden.
Thomas Weidlich, LL.M. (Hull) |
Sonam Rohella, LL.M. (NUS Singapore)
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Der indische Präsident Shri Pranab Mukherjee hat am 23. Oktober 2015 einen Erlass zur Änderung des indischen Schiedsgerichtsgesetzes (Arbitration and Conciliation Act 1996) verfügt. Der Erlass ist sofort wirksam und bestätigt erneut den Willen der indischen Regierung, das Vertrauen der (ausländischen) Investoren in den Standort Indien zurückzugewinnen.
Die Änderungen des Schiedsgerichtsgesetzes wurden über ein Jahr lang intensiv diskutiert und sollten ursprünglich im Wege des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens beschlossen werden. Im Zuge der Bestrebung der Regierung von Premierminister Narendra Modi, die Rahmenbedingungen für Geschäftstätigkeiten (Ease of Doing Business) in Indien schnellstmöglich zu verbessern, hat die Regierung entschieden, die Änderungen im beschleunigten Verfahren durch Präsidialakt umzusetzen.
Die nachfolgenden Änderungen des indischen Schiedsgerichtsgesetzes erscheinen für ausländische Investoren insbesondere von Bedeutung:
Der Erlass zum indischen Schiedsgerichtsgesetz ist neben der positiven Entwicklung der investorenfreundlichen indischen Rechtsprechung ein weiteres Zeichen für das Bemühen Indiens, ein attraktives Geschäftsklima für ausländischen Investoren zu schaffen. Die Änderungen gelten unmittelbar und sind ein deutliches Signal der indischen Regierung, einen der seit langem seitens der ausländischen Investorengemeinde beklagten Missstand nun konsequent entgegenzuwirken. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die gesetzlichen Änderungen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden und ob bestehende Unklarheiten in der Anwendung der Vorschriften beseitigt werden können.
Philipp Dietz, LL.M. (Edinburgh) |
Sonam Rohella, LL.M. (NUS Singapore)
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Innerhalb der zweiten Jahreshälfte 2015 herrschte in Indonesien viel Bewegung, was die Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitern angeht. Insbesondere auf das Drängen der ausländischen Investoren im Land wurden nun sehr kurzfristig maßgebliche Änderungen an der zuvor drastisch verschärften Rechtslage vorgenommen. Das Arbeitsministerium hat mit dem Erlass der Verordnung Nr. 35 aus 2015 („VO 35“, Inkrafttreten: 23. Oktober 2015) auf massive Kritik an den Regelungen der Verordnung Nr. 16 aus 2015 („VO 16“, Inkrafttreten: 29. Juni 2015) reagiert.
Die zunächst erlassene VO 16 enthielt neben Klarstellungen bezüglich bereits bestehender gesetzlicher Regelungen auch neue Vorschriften, wie z. B.:
Diese Verschärfungen betrafen nahezu jede Form ausländischer Engagements in Indonesien und führten zu deutlichen Reaktionen aus den entsprechenden Gruppen, die insbesondere durch die Arbeit der bi- und multilateralen Handelskammern an die zuständigen Stellen in der Regierung herangetragen wurden.
Die VO 35 gilt als Reaktion auf die scharfe aber auch konstruktiv vorgetragene Kritik aus der Gemeinschaft der ausländischen Investoren. Das Arbeitsministerium ist mit dieser Verordnung nur knapp hinter einer vollständigen Aufhebung der VO 16 zurückgeblieben. Demnach gilt nunmehr:
Kurzzeitarbeitsvisa können für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten beantragt werden. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Ein solches Visum ist gegenüber der Rechtslage unter der VO 16 nunmehr ausdrücklich nicht mehr erforderlich für:
Die VO 35 stellt darüber hinaus klar, dass Ausländer nicht Mitglieder des Aufsichtsrats in indonesischen Gesellschaften (d. h. Gesellschaften ohne ausländische Beteiligung, sog. „PT PMDN“) sein können.
Die turbulenten Veränderungen der Regelungen für ausländische Arbeitnehmer haben außerdem den Effekt, dass aktuell kein Erfordernis für einen Nachweis der Beherrschung der Grundlagen in Bahasa Indonesia besteht. Ein solches war zunächst durch eine im Jahr 2013 erlassene Verordnung eingeführt, praktisch jedoch noch nicht umgesetzt worden. Die VO 16 ersetzte diese Verordnung vollständig und enthielt kein Spracherfordernis. Letzteres gilt auch für die VO 35. Eine bereits im Wortlaut von der VO 35 angelegte weitere Verordnung betreffend Wissenstransfer und Entsprechung (d. h. die Beschäftigung eines indonesischen Mitarbeiters, der durch Zusammenarbeit die Qualifikation eines ausländischen Mitarbeiters erlangen soll) könnte jedoch diesen Punkt wieder aufgreifen.
Letztlich enthält die VO 35 die Klarstellung, dass Zahlungen an den Kompensationsfonds zur Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter (ein Fonds, der vom Staat zur Ausbildung indonesischer Arbeitnehmer eingesetzt wird) weiterhin in US-Dollar zu leisten sind. Dies stimmt mit den kürzlich erlassenen Regelungen zur Verwendung der indonesischen Rupiah im Inland überein (siehe hierzu den Beitrag in Foreign Law & Investments 02/2015, S. 25 ff.), da es sich bei den Gebühren um Zahlungen an den Staat handelt, die nicht Steuern sind.
Insgesamt ist die schnelle und umfassende Reaktion des Arbeitsministeriums positiv zu bewerten. Die indonesische Regierung zeigt, dass die Belange ausländischer Investoren nicht nur ernst genommen werden, sondern auch zu Veränderungen führen können. Dies war in der Vergangenheit selten so deutlich der Fall.
| Dr. Claus Trenner, LL.M. (NUS Singapore) |
Philipp Kersting
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Die Diskrepanz zwischen dem Inhalt maßgeblicher Gesetze und Verordnungen und der praktischen Handhabung entsprechender Sachverhalte durch die zuständigen Behörden in Indonesien ist groß. Es ist unerlässlich, den tatsächlichen Umgang im Einzelfall anhand von Erfahrungen und durch die Recherche bei den zuständigen Beamten zu prüfen. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit der Investitionsbehörde (BKPM). Im Rahmen eines andauernden Reformprozesses sollen nun allgemeine Standards für Mindestvorgaben, Fristen, Kontrollen und Sanktionen in Bezug auf Investitionsvorhaben etabliert werden.
Die BKPM hat im Zuge einer Reihe von Verordnungen zur Umsetzung der zweiten Phase eines Konjunkturpakets der indonesischen Regierung die Verordnung Nr. 17 aus 2015 („VO 17“, Inkrafttreten: 26. Oktober 2015) betreffend Richtlinien und Verfahren zur Kontrolle der Implementierung von Kapitalinvestitionen erlassen und damit die frühere Verordnung Nr. 3 aus 2013 („VO 3“) zum gleichen Thema ersetzt.
Die VO 17 gliedert Zeiträume und Fristen für die Einreichung periodischer Investitionsberichte neu und schafft neben Vorgaben für die Haftung an Standorten auch eine neue Struktur für die Kontrolle und Sanktionierung von Investitionsvorhaben durch die BKPM.
Regelmäßige Investitionsberichte sind nunmehr sämtlich jeweils zum 10. Januar, 10. April, 10. Juli und 10. Oktober einzureichen. Dies gilt für kalendervierteljährliche Berichte von Unternehmen in der Phase vor der Erlangung der permanenten Betriebsgenehmigung und hinsichtlich der kalenderhalbjährlichen Daten für Unternehmen nach Erlangung der permanenten Betriebsgenehmigung. Die Daten finden auch Anwendung auf die von Representative Offices einzureichenden jährlichen Berichte, wobei die VO 17 für Trade Representative Offices nunmehr einen kalenderhalbjährlichen Bericht anstelle des unter der VO 3 vorgesehenen jährlichen Berichtes vorsieht.
Befindet sich der Geschäftssitz eines Unternehmens nicht unmittelbar an einem Projektstandort (z. B. einer Produktionsstätte), ist der BKPM in Zukunft schriftlich eine natürliche Person als Verantwortliche/r für den Projektstandort anzuzeigen. Dieses Erfordernis gilt für indonesische Gesellschaften ebenso wie für solche mit ausländischer Beteiligung.
Unter der VO 17 ist der BKPM erstmals die Durchführung von unangekündigten Ortsbesichtigungen erlaubt. Zuvor war dies nur nach vorheriger schriftlicher Ankündigung möglich. Hinzukommend können nun auch andere sog. investitionsrelevante Behörden solche unangekündigten Besuche durchführen, um die Einhaltung der jeweiligen Vorgaben zu überprüfen. Diese Möglichkeiten stehen der BKPM und den weiteren Behörden gegenüber sämtlichen Unternehmen zur Verfügung, denen Genehmigungen seitens der BKPM erteilt wurden, d. h. insbesondere Gesellschaften mit beschränkter Haftung an allen ihren Standorten und Representative Offices. Soweit im Rahmen der Ortsbesichtigungen oder sonst durch die Arbeit der BKPM die Nichteinhaltung von Vorgaben festgestellt wird, stehen der BKPM folgende Möglichkeiten der Sanktionierung zur Verfügung:
Damit ist ein früheres Sanktionsinstrument, die Blockierung der Import-ID von Unternehmen, weggefallen.
Die Richtung der Veränderungen durch die VO 17 entspricht den veröffentlichen Plänen zur Reformierung der BKPM. Demnach soll, im Gegensatz zur früheren Situation, die Verlässlichkeit der Vorgaben in Gesetzen und Verordnungen erhöht und damit das Vertrauen der Investoren gestärkt werden. Zur Vertrauensbildung ist, zumindest mittel- bis langfristig, auch die stärkere Kontrolle von Investitionsvorhaben geeignet, während die bisherige Situation in tatsächlicher Hinsicht erheblichen Spielraum für eine unzureichende Befolgung der Vorschriften bot und so Wettbewerbsverzerrungen ermöglichte.
Dr. Claus Trenner, LL.M. (NUS Singapore)
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Philipp Kersting |
Während die Entlassung eines Managing Directors, der zugleich Angestellter des betreffenden Unternehmens ist, in anderen Rechtsordnungen relativ unproblematisch möglich ist, gestaltet sie sich in Malaysia vergleichsweise schwierig. Dies ist auf die Wechselwirkung von Arbeits- und Gesellschaftsrecht zurückzuführen, z. T. aber auch auf Fehler, die während der Unternehmensgründung bzw. der Anstellung gemacht wurden.
Es kommt relativ häufig vor, dass ein Managing Director zugleich Angestellter eines Unternehmens ist. Scheiden sich die Wege, muss der Managing Director daher nicht nur aus seiner Stellung als Organ der Gesellschaft abberufen, sondern zugleich auch der betreffende Arbeitsvertrag gekündigt werden. Gerade vor dem Hintergrund des Konzepts des sog. Constructive Dismissal ist die zeitliche Abfolge dabei von entscheidender Bedeutung.
Nach dem Grundsatz des Constructive Dismissal wird im malaysischen Recht bereits dann von einer Kündigung durch den Arbeitgeber ausgegangen, wenn dieser bewusst eine feindselige Atmosphäre schafft, um den Angestellten zur Kündigung zu bewegen. Neben offensichtlichen Fällen wie etwa der Kürzung oder der Einbehaltung des Gehalts kann auch die willkürliche Aberkennung von Privilegien oder die Abberufung aus der Geschäftsführerstellung im Einzelfall von dem Grundsatz umfasst sein. Insbesondere dann, wenn die Rechte und Pflichten nicht eindeutig im Arbeitsvertrag geregelt sind und sich mit denen eines Managing Directors überschneiden, gibt es Raum für Streitigkeiten.
Stellt ein Gericht fest, dass die Kündigung (ausdrücklich oder in Form des Constructive Dismissal) des Angestellten zu Unrecht erfolgte, kann es die Wiederanstellung in die frühere Position anordnen. Ist die Wiedereinstellung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, ist der Angestellte entsprechend zu entschädigen. Zusätzlich kann das Gericht anordnen, dass das Gehalt, welches ohne die zu Unrecht erfolgte Kündigung an den Angestellten gezahlt worden wäre, für einen Zeitraum von maximal 24 Monaten an diesen ausgezahlt wird.
Um dies zu vermeiden, ist es ratsam, das Anstellungsverhältnis vor oder zeitgleich mit der Abberufung des Managing Directors aus der Geschäftsführung durchzuführen. Auch wenn sich das Risiko, von dem Angestellten wegen unerlaubter Kündigung in Anspruch genommen zu werden, dadurch nicht vollkommen ausschließen lässt, kann man so zumindest die potentielle Angriffsfläche verringern.
Festangestellte unterliegen in Malaysia einem hohen Arbeitnehmerschutz. Auch wenn ein Arbeitsvertrag ausdrücklich eine Kündigung ohne Angabe von Gründen vorsieht, ist eine grundlose Kündigung nicht wirksam. Vielmehr setzt eine wirksame Kündigung ein evidentes Fehlverhalten oder eine mangelhafte Leistung seitens des Angestellten voraus. Auch eine betriebsbedingte Kündigung (etwa aufgrund vollständiger oder teilweiser Stilllegung des Betriebs) ist möglich.
Da ein Arbeitgeber das Fehlverhalten des Angestellten zu beweisen und in Fällen einer mangelhaften Leistung einen längerfristig angelegten Performance Improvement Plan vor der Kündigung umzusetzen hat, ist ein Aufhebungsvertrag in der Regel das Mittel der Wahl. Damit dieser von den Gerichten anerkannt wird, muss allerdings gewährleistet sein, dass der Vertrag einvernehmlich und ohne Zwang geschlossen wird. Ist dies nicht der Fall, kann ein Arbeitnehmer sich auf das Vorliegen eines Constructive Dismissal berufen und die o.g. Ansprüche geltend machen.
Der Aufhebungsvertrag ist auf Arbeitgeberseite durch die Geschäftsführung oder die jeweils zuständige Abteilung – in der Regel der Personalabteilung – zu unterzeichnen.
Die Kündigung eines Angestellten hat nicht zur Folge, dass dieser zugleich auch als Managing Director abberufen wird. Hierfür ist es vielmehr erforderlich, dass er aus der Geschäftsführung zurücktritt oder per Gesellschafterbeschluss abberufen wird. Ähnlich wie beim Aufhebungsvertrag ist auch für den Rücktritt aus der Geschäftsführung die Mitwirkung des ausscheidenden Managing Directors erforderlich. Um sicherzustellen, dass dieser letztlich auch alle erforderlichen Unterlagen unterzeichnet, sollten entsprechende Regelungen ausdrücklich als Bedingungen in den Aufhebungsvertrag aufgenommen werden.
Alternativ kann ein Managing Director auch durch einen Gesellschafterbeschluss abberufen werden. Da es nicht möglich ist, sämtliche denkbaren Regelungen in Gesellschaftsverträgen angemessen abzubilden, beschränken wir uns im Folgenden auf die Regelungen des Mustervertrags aus Table A des Companies Act 1965.
Nach Table A des Companies Act 1965 scheiden jedes Jahr automatisch ein Drittel aller Directors aus der Geschäftsführung aus, wobei eine Wiederwahl grundsätzlich möglich ist. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird ein Director dann als wiedergewählt erachtet, wenn er sich zur Wiederwahl stellt und die Gesellschafter keine andere Person zum Geschäftsführer ernennen. Da Managing Directors von dieser Regelung ausdrücklich ausgenommen sind, ist ihr Ausscheiden aus der Geschäftsführung gegen ihren Willen ausschließlich durch Gesellschafterbeschluss möglich. Die Abberufung des Managing Directors wird dabei durch die Gesellschafter eingeleitet, indem sie ihre Absicht, den Managing Director abzuberufen, der Gesellschaft gegenüber bekannt geben. Diese hat die entsprechende Nachricht dann an den betreffenden Managing Director zwecks Stellungnahme weiterzuleiten. Darüber hinaus muss dem Managing Director die Möglichkeit eingeräumt werden, in der Gesellschafterversammlung – die zwingend physisch abgehalten werden muss – Stellung zu beziehen.
Gegen die Abberufung aus der Geschäftsführung kann der Managing Director gegebenenfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung vorgehen. Eine solche kann jedoch nicht gegen den Willen der Mehrheit der Gesellschafter erwirkt werden, sodass in diesem Fall allenfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Auch wenn die Abberufung eines unliebsamen Managing Directors somit jederzeit möglich ist, hat dies unter Umständen seinen Preis.
Die Trennung von einem angestellten Managing Director ist in Malaysia stets mit gewissen Risiken verbunden. Es ist ratsam, auf eine einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten, welche sowohl arbeitsvertragliche als auch gesellschaftsrechtliche Probleme umfassend regelt. Die zuvor genannten Probleme können bereits im Vorfeld berücksichtigt werden. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann dies unter anderem durch die Befristung des Anstellungsverhältnisses erfolgen. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht sollte der Gesellschaftsvertrag so angepasst werden, dass dem Managing Director kein Recht zur Stellungnahme im Falle seiner Abberufung eingeräumt wird, um das Verfahren insgesamt zu straffen.
Philipp Kersting |
Joerg Schmidt |
Als das malaysische Kabinett im Februar 2005 die Einführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens für Medizinprodukte bewilligte, war es das erklärte Ziel, internationale Standards einzuführen und bis zum Jahr 2022 über eine international anerkannte Zulassungsbehörde zu verfügen. Ob sich dieses Ziel nach mehreren Jahren Verzögerung im Gesetzgebungsverfahren noch einhalten lässt, erscheint fraglich. Fest steht jedoch, dass mit Einführung des Medical Device Acts 2012 sämtliche medizinischen Produkte bis spätestens zum 30. Juni 2016 registriert sein müssen. Entsprechende Anträge sollten im besten Falle noch dieses Jahr eingereicht werden, da ohne die erforderliche Registrierung der Vertrieb medizinischer Produkte in Malaysia in Zukunft nicht mehr möglich sein wird.
Die Einführung des malaysischen Konformitätsbewertungsverfahrens für Medizinprodukte wird unter anderem durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt. Im Einklang mit internationalen Standards wird der Begriff der medizinischen Produkte weit verstanden und erfasst damit alle Produkte, die in der Gesundheitspflege zur Diagnose, Prävention, Überwachung und Behandlung von Krankheiten und Behinderungen eingesetzt werden. Rein pharmazeutische Produkte werden ausdrücklich von dem Anwendungsbereich des Medical Device Act 2012 ausgenommen.
Ziel der Registrierung medizinischer Produkte ist es, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und vor potentiellen Gefahren zu bewahren. Des Weiteren soll durch die Einführung gewisser Qualitätsstandards der Wettbewerb gefördert werden. Im Rahmen der Registrierung muss ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen werden, in welchem der Hersteller nachweisen muss, dass sein Gerät sicher ist und die technischen und medizinischen Leistungen erfüllt, die von ihm beschrieben werden. Dies betrifft sämtliche Lebenszyklusphasen eines Produkts – von der Produktion bis hin zu dessen Gebrauch und Entsorgung.
Die Registrierung erfolgt online über die von dem Medical Devices Bureau („MDB“) eigens hierfür eingerichtete Plattform MeDC@St. Entsprechende Anträge können allerdings ausschließlich von Personen gestellt werden, die über eine sog. Establishment License verfügen. Fehlt diese, darf ein Unternehmen medizinische Produkte weder in Malaysia in Verkehr bringen noch exportieren.
Voraussetzung für die Erteilung einer Establishment License ist es, dass der Antragsteller Hersteller, Importeur, Händler – Einzelhändler sind hiervon ausdrücklich ausgenommen – oder ein sog. Local Authorized Representative („LAR“) ist. Letzterer vertritt Hersteller medizinischer Produkte, die ihren Sitz außerhalb Malaysias haben, bei der Registrierung und hält die entsprechenden Registrierungen treuhänderisch. Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die betreffende Person ihren Wohnsitz in Malaysia hat oder als Gesellschaft nach malaysischem Recht gegründet wurde. Zudem wird eine Genehmigung nur dann erteilt, wenn die betreffende Person über ein Qualitätsmanagementsystem verfügt, welches zuvor von einem sog. Conformity Assessment Body („CAB“) geprüft wurde. Während die Anforderungen an Hersteller medizinischer Produkte diesbezüglich sehr klar sind – ein Hersteller benötigt ein umfassendes Managementsystem nach ISO 13485 – bestehen insbesondere im Hinblick auf LARs große Qualitätsunterschiede. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Guidelines on Good Distribution Practice for Medical Devices („GDPMD“) zu großen Teilen weder direkt noch entsprechend anwendbar sind. Des Weiteren sind Einzelheiten zum Qualitätsmanagement-System den Gesellschaften selbst überlassen, sodass auch insoweit große Spielräume bestehen. Nach dem Medical Device Act 2012 ist die Establishment License personengebunden und nicht übertragbar. Auch eine Unterlizensierung ist von Gesetzes wegen ausdrücklich ausgeschlossen.
Die gesetzlichen Anforderungen an die Registrierung medizinischer Produkte richten sich nach Risikostufen. Je nachdem welche Gesundheitsrisiken von einem medizinischen Produkt ausgehen, ist das jeweilige Produkt in eine Risikoklasse zwischen A (geringes Risiko) und D (hohes Risiko) einzuordnen. Die gesetzlichen Anforderungen nehmen mit steigender Risikoklasse zu.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass invasive Produkte oder Geräte, die eine hohe Energiezufuhr benötigen, höheren Risikoklassen unterfallen. Dasselbe gilt auch für Produkte mit lebenserhaltenden Funktionen. Die Anforderungen, die an Dokumentationsumfang und Sicherheitsstandards gestellt werden, verhalten sich umgekehrt proportional zu dem Nutzen des Produkts für die Gesundheit – je höher der Nutzen des Geräts, desto geringer die regulatorischen Anforderungen. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen Risikoklasse.
Im Übrigen muss schon im Rahmen des Registrierungsverfahrens dargelegt werden, dass die Sicherheit und versprochene Leistung auch nach Markteinführung gewährleistet bleibt und Systeme bestehen, die dies sicherstellen. So muss ein Hersteller unter anderem darlegen können, dass er im Falle einer umfassenden Widerrufsaktion in der Lage ist, innerhalb kürzester Zeit zu reagieren.
Das Konformitätsbewertungsverfahren für Produkte ab der Risikoklasse B verläuft wie folgt:
Produkte der Risikoklasse A müssen grundsätzlich kein derart strenges Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, die technische Dokumentation über ein Produkt bei einem CAB oder dem MDB vorzulegen und einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. Eine Pflicht zur Vorlage besteht nur auf entsprechende Anfrage.
Da ein medizinisches Produkt nur einmal in Malaysia registriert werden kann, ist für ausländische Hersteller ohne Niederlassung in Malaysia bei der Auswahl des Antragstellers größte Vorsicht geboten. Auch wenn die Registrierung grundsätzlich durch einen Händler erfolgen kann, sollte ein ausländischer Hersteller nach Möglichkeit auf einen LAR zurückgreifen. Die Registrierung durch einen Händler bzw. einen Vertriebspartner kann diesem im Rahmen einer späteren Auseinandersetzung einen unangemessenen Vorteil verschaffen. Denn der Partner hält mit der Registrierung eine maßgebliche Voraussetzung für die Ermöglichung des Vertriebs in Malaysia in der Hand. Dagegen halten LARs eine Registrierung lediglich treuhänderisch und verfolgen keine darüber hinausgehenden Interessen.
Auch wenn es bislang an ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen fehlt, was die Übertragbarkeit von Registrierungen betrifft, ist davon auszugehen, dass diese einvernehmlich zu erfolgen hat. Entsprechende Pflichten sollten dementsprechend von dem ausländischen Hersteller medizinischer Geräte bereits in dem Vertrag mit dem LAR oder Händler festgelegt werden.
Unabhängig davon, auf welchem Weg die Registrierung medizinischer Produkte erfolgt, sollte sie aufgrund der kurzen verbleibenden Zeit schnellstmöglich vorgenommen werden. Mit einem weiteren Aufschub der Registrierungspflicht ist gerade auch aufgrund des Ziels Malaysias, in den nächsten Jahren zu den Industrienationen aufzuschließen und internationale Standards einzuführen, aktuell nicht zu rechnen.
Dr. Claus Trenner, LL.M. (NUS Singapore)
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Joerg Schmidt |
Noch vor der ersten freien Parlamentswahl seit 25 Jahren fanden in Myanmar einschneidende rechtliche Veränderungen statt. Weitere sind geplant, und es bleibt abzuwarten, wie die neue Regierung die geplanten Änderungen weiterverfolgt.
Arbeitgeber müssen neuerdings ein einheitliches Arbeitsvertragsmuster für alle Angestellten verwenden, einen allgemeinen Mindestlohn beachten und im Falle einer Entlassung des Arbeitnehmers eine Abfindung zahlen. Um der zunehmenden „Dollarisierung“ der lokalen Wirtschaft aufgrund des schwachen Myanmar Kyat („MMK“) entgegenzuwirken, hat die Zentralbank zahlreichen Einrichtungen Geldwechsellizenzen entzogen. So müssen fortan u. a. Hotels, Restaurants und Reisebüros ihre Preise und Rechnungen in MMK auszeichnen und abrechnen.
Von besonderer Relevanz ist darüber hinaus die geplante Reform des Myanmar Companies Acts 1914 und des Foreign Investment Laws 2012. Die Entwürfe beider Gesetze stehen bereits, und auch wenn beide Gesetze dieses Jahr nicht mehr in Kraft treten werden, wird allgemein damit gerechnet, dass die aktuellen Entwürfe Anfang des kommenden Jahres unabhängig vom Regierungswechsel verabschiedet werden.
Die Änderungen im Einzelnen:
Dem Arbeitsrecht Myanmars liegen zahlreiche alte und neue Gesetze zugrunde. Neben Regelungen aus der britischen Kolonialzeit, welche bis heute unverändert in Kraft sind, wurden insbesondere nach der Unabhängigkeit 1948 eine Vielzahl von Arbeitsgesetzen verabschiedet, die größtenteils noch Geltung besitzen. In den vergangenen Monaten sind nun Verordnungen des Ministry of Labour, Employment and Social Security zum Arbeitsvertrag, Mindestlohn und Abfindungszahlungen erlassen worden, die zwar einiges vereinheitlichen, aber auch einige wesentliche Änderungen mit sich bringen.
Mit einer Mischung aus Überraschung, Skepsis und Schicksalsergebenheit haben Arbeitgeber die in der Notification 1/2015 bekanntgegebene Einführung eines Musterarbeitsvertrags und dessen verpflichtende Nutzung zur Kenntnis genommen. Schon zuvor war das Arbeitsrecht – und insbesondere die Ausgestaltung des Arbeitsvertrages – streng reglementiert. Die Verpflichtung zum Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags und zu dessen Registrierung beim zuständigen Township Labour Office wurden bereits im Employment and Skill Development Law 2013 eingeführt. Gemäß den Vorgaben des Arbeitsministeriums ist nunmehr jeder Arbeitgeber verpflichtet, nur den offiziellen Musterarbeitsvertrag zu verwenden, ganz gleich, ob es sich um einen einfachen Angestellten, Auszubildenden, Manager oder eine Teilzeitkraft, um einen lokalen Mitarbeiter oder um einen Ausländer handelt.
Dadurch sollen vor allem Abweichungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers ausgeschlossen werden. Ob dies auch für Abweichungen zu Gunsten des Arbeitnehmers gilt, bleibt abzuwarten und wird zunächst eine Frage der behördlichen Übung in den nächsten Monaten sein. Der Musterarbeitsvertrag stellt einen erheblichen Eingriff in die auch in Myanmar an sich garantierte Vertragsfreiheit dar und führt zu erheblichen Problemen bei der Vereinbarung von individuellen Klauseln im Arbeitsvertrag. Verschiedene internationale Unternehmen und Organisationen haben sich daher an das Arbeitsministerium gewendet, um eine Lockerung der Vorgaben zu erreichen. Ob sie mit ihrem Anliegen Erfolg haben, bleibt freilich abzuwarten.
Zusammen mit der Notification 1/2015 zum Musterarbeitsvertrag erging die Notification 2/2015 in Bezug auf den Mindestlohn. Die Einführung eines Mindestlohns wurde bereits im Jahre 2013 beschlossen, ohne dass zunächst ein konkreter Betrag festgesetzt wurde. In der Folgezeit stritten Interessenvertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern teilweise erbittert über dessen Höhe. Mit der Notification 2/2015 legte das Arbeitsministerium den allgemeinen Mindestlohn nunmehr auf MMK 3600 pro Tag bzw. MMK 450 pro Stunde fest. Trotz der vergleichsweise immer noch sehr niedrigen Lohnkosten wurde die Höhe des Mindestlohns vielfach kritisiert: Während Arbeitnehmervertreter die Höhe des Mindestlohns als zu niedrig kritisierten, bemängelten Arbeitgeber die wirtschaftlichen Folgen dieser politischen Entscheidung und drohten mit der Entlassung von Angestellten. Vor allem die Textilindustrie war betroffen und hat bereits Beschäftigte entlassen und Betriebe geschlossen. Ob es sich hierbei tatsächlich um Vorboten für einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit oder lediglich um „Warnschüsse“ handelte, wird sich zeigen und nicht zuletzt davon abhängen, ob und wie der Mindestlohn in der Praxis flächendeckend umgesetzt wird.
Kurz nach den ersten Reaktionen auf den Mindestlohn wurde mit der Notification 84/2015 die Höhe von Abfindungszahlungen geändert. Während Abfindungen zuvor auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt waren, sollen Beschäftigte nun bis zu 13 Monatsgehälter erhalten, wenn sie länger als 25 Jahre beim selben Arbeitgeber gearbeitet haben. Abfindungszahlungen für Mitarbeiter mit weniger als vier Jahren Betriebszugehörigkeit sollen hingegen (teilweise deutlich) geringer als zuvor ausfallen.
Derzeit befindet sich eine neue Version des Myanmar Companies Acts 1914 in der Entwurfsphase. Nach dem derzeitigen Stand ist eine Änderung der Mindestanzahl der Gesellschafter und Direktoren (Shareholder und Directors) geplant. Der Entwurf will diese von bisher jeweils zwei auf je einen Gesellschafter bzw. Direktor reduzieren. In Zukunft muss aber zumindest ein Direktor seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Myanmar haben.
Geändert wurden auch die Bestimmungen zur Unterscheidung von „myanmarischen“ und „ausländischen“ Gesellschaften. Zukünftig sollen Unternehmen nur noch dann als Foreign Company angesehen werden, wenn sich ein bestimmter Prozentsatz der Anteile in ausländischer Hand befindet. Momentan reicht jegliche Teilhabe eines Ausländers zur Einordnung der Gesellschaft als Foreign Company aus. Investoren versprechen sich von der Änderung in erster Linie die Möglichkeit, sich an existierenden myanmarischen Gesellschaften beteiligen zu können, sowie eine mögliche Lockerung des noch immer geltenden strikten Verbots des Immobilieneigentums für ausländische Investoren.
Zusätzlich sieht der Gesetzesentwurf eine Vereinfachung des Registrierungsprozesses für ausländische Unternehmen sowie administrative Erleichterungen für Unternehmen mit weniger als 30 Mitarbeitern und einem Jahresertrag unter MMK 50.000.000 vor.
Auch Myanmars Investitionsgesetze werden demnächst novelliert. Hierfür soll das Foreign Investment Law 2012 mit dem Myanmar Citizen Investment Law 2013 verschmolzen werden, um die Anforderungen für ausländische und einheimische Investoren anzugleichen und so zur Stimulierung der Wirtschaft beizutragen. Sahen die ersten Entwürfe noch weitreichende Liberalisierungen vor, die ausländische Investitionen noch attraktiver gestalten sollten, erscheint der nunmehr finale Gesetzesentwurf vom September dieses Jahres etwas weniger investitionsfreundlich.
Das Gesetz sieht nach wie vor die Möglichkeit der Registrierung einer Gesellschaft bei der Myanmar Investment Commission („MIC“) vor, die gegenüber der Gründung einer Gesellschaft nach dem Myanmar Companies Act 1914 höheren Anforderungen unterliegt. Die MIC-Registrierung ist insbesondere für Investitionen in gesetzlich limitierten oder strategisch bedeutsamen Geschäftsfeldern oder in kapitalintensiven und umweltbeeinträchtigenden Bereichen verpflichtend. Anders als bisher sollen die nach dem Investitionsgesetz möglichen Investitionsförderungen wie z. B. Steuer- und Zollbefreiungen in Zukunft jedoch an die individuelle Entwicklung der Gesellschaft geknüpft werden.
Das neue Investitionsgesetz bringt aber auch Lockerungen mit sich. So sollen die bisher geltenden festen Quoten zur Einstellung lokalen Personals entfallen und erweiterter Schutz gegenüber direkter und indirekter Beschlagnahme und Verstaatlichung sowie das Verbot der Benachteiligung gegenüber lokalen Firmen garantiert werden. Auf der Pflichtenseite müssen registrierte Unternehmen neben der obligatorischen Achtung von Gesetz und Ordnung sowie der kulturellen Gepflogenheiten Myanmars regelmäßig die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Geschäfts prüfen und die Analysen beim Ministerium für Umwelterhaltung und Forstwesen einreichen.
Nachdem der MMK innerhalb des letzten Jahres ca. 25 % an Wert gegenüber dem USD verlor, schränkte die Zentralbank im Oktober den Zahlungsverkehr mit Fremdwährungen – und damit vor allen Dingen dem USD – erheblich ein. Schon im Sommer begrenzte sie Dollar-Barabhebungen bei Banken auf maximal zwei Auszahlungen von jeweils USD 5.000 pro Woche. Mit der Anordnung vom 18. Oktober 2015 wurden nun zusätzlich zahlreiche Lizenzen zum Geldwechseln – mit Ausnahme von Banken und offiziellen Geldwechselstuben – widerrufen. Insbesondere Hotels, Restaurants und Reisebüros mussten ihre Lizenzen bis zum 30. Oktober zurückgeben und Bargeschäfte nunmehr in MMK tätigen.
Der Wirtschaft hat die Zentralbank zwar zunächst eine Übergangszeit gewährt, in der die Annahme von Fremdwährungen insbesondere im elektronischen Zahlungsverkehr möglich bleibt. Noch ist aber weder klar, wie lange diese Übergangszeit dauern soll, noch wie die Zentralbank in Zukunft verfahren wird. Ob in Zukunft sämtliche Preise in MMK angegeben werden müssen und Zahlungsverkehr in Fremdwährungen ohne entsprechende Lizenz nach der Übergangszeit gänzlich untersagt wird, bleibt abzuwarten.
Alexander Bohusch |
Fabian Lorenz, M.A. |
Der Companies Act Singapurs wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2015 umfassend geändert. Er ist ursprünglich 1967 in Kraft getreten und seitdem mehrfach geändert worden. Er bildet das Kernstück des Gesellschaftsrechts Singapurs. Die nun durchgeführten Änderungen sind die umfangreichsten seit 1967. Sie beruhen auf Empfehlungen einer Expertenkommission, die eingesetzt wurde, um Vorschläge zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an geänderte unternehmerische und Corporate Governance Anforderungen zu erarbeiten. Durch die Reform sollen administrative Vorgänge vereinfacht und Kosten, insbesondere für kleine Unternehmen, reduziert werden. Gleichzeitig soll der Schutz der Interessen von Gesellschaftern und Gläubigern, und die Unternehmensführung und -kontrolle unter Compliance Aspekten verbessert werden.
Die Änderungen des Companies Act sind durch das singapurische Parlament bereits im Oktober letzten Jahres beschlossen worden. Der erste Teil der Änderungen ist nun zum 1. Juli 2015 in Kraft getreten. Der zweite Teil der Änderungen soll im ersten Quartal 2016 in Kraft treten.
Zu den am 1. Juli 2015 in Kraft getretenen wesentlichen Änderungen zählen die Folgenden:
Der Jahresabschluss singapurischer Gesellschaften muss grundsätzlich von einem singapurischen Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Diese Prüfung ist mit Kosten verbunden, die insbesondere kleine und neu gegründete Gesellschaften belasten. Bisher waren nur ruhende Gesellschaften und sog. Small Exempt Private Companies von der Prüfungspflicht befreit. Letztere sind Gesellschaften, die nur natürliche Personen als Gesellschafter und dabei nicht mehr als 20 Gesellschafter haben und deren Jahresumsatz SGD 5 Millionen. nicht übersteigt. Auch weiterhin bleiben ruhende Gesellschaften von der Prüfungspflicht befreit. Das Kriterium der Small Exempt Private Company wurde nun durch das Small Company Kriterium ersetzt.
Eine Small Company ist eine solche, die zwei der folgenden Kriterien erfüllt:
Für Tochtergesellschaften oder Muttergesellschaften ist das Small Company Kriterium nur erfüllt, wenn sie es zum einen selber erfüllen, und es auch in der Gruppe auf konsolidierter Basis erfüllt ist. Liegen die Bedingungen für die Befreiung von der Prüfungspflicht vor, können Gesellschafter mit mindestens 5 % der Gesellschaftsanteile verlangen, dass gleichwohl ein geprüfter Jahresabschluss erstellt wird. Selbstverständlich kann ein testierter Jahresabschluss auch auf freiwilliger Basis erstellt werden, so etwa wenn dies im jeweiligen Konzern übliche Praxis ist oder die Gesellschafter der Gesellschaft dies aus anderen Gründen wünschen.
Bisher war es Gesellschaften – von wenigen Ausnahmen abgesehen – untersagt, den Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft oder an der Muttergesellschaft finanziell zu unterstützen. Dieses Verbot ist nun für Private Companies, also solchen, die einer GmbH entsprechen, aufgehoben. Für Public Companies (Gesellschaften die Aktiengesellschaften entsprechen) besteht dieses Verbot in leicht geänderter Fassung allerdings fort.
Bereits seit vielen Jahren gab es für Anteile an singapurischen Gesellschaften keinen einheitlichen Gegenwert, „par-value“ genannt, mehr. So konnte ein Gesellschafter für einen Anteil an der Gesellschaft SGD 0,10, ein anderer für einen Anteil mit gleichen Stimm- und Bezugsrechten SGD eine Million zahlen. Dies ermöglicht Strukturierungen, die insbesondere für Start-Ups, Private Equity und Venture Capital Gesellschaften von Interesse sind. Gesellschafter, die letztlich keine Einlage für ihre Anteile leisten sollten, mussten bisher noch geringe Nominalbeträge (z. B. SGD 0,01) pro Anteil „zahlen“. Dies ist mit Einführung der Möglichkeit, Anteile ohne Einlage auszugeben, nicht mehr erforderlich.
Zu den wesentlichen Änderungen, die zwar bereits beschlossen, aber erst 2016 in Kraft treten werden, gehören die folgenden:
Bereits vor der nun erfolgten Änderung des Companies Act war es Gesellschaften grundsätzlich untersagt, Darlehen an ihre Direktoren oder an Gesellschaften, an denen ein Direktor mindestens 20 % der Anteile hält, zu gewähren oder Sicherheiten für solche Darlehen zu stellen. Darlehen an Direktoren durften ausnahmsweise nur gewährt werden, wenn das Darlehen einen Vorschuss für Geschäftsauslagen darstellte, der Finanzierung einer Immobilie zur Bewohnung durch den Direktoren diente oder das Darlehen im Rahmen eines allen Arbeitnehmern zur Verfügung stehenden Programms gewährt wurde. Ein Verstoß gegen dieses Verbot kann mit einer Geldstrafe bis zu SGD 20.000 oder einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden.
Das Verbot gilt für alle Gesellschaften mit Ausnahme der Exempt Private Companies. Dies sind Gesellschaften, die nur natürliche Personen als Gesellschafter und nicht mehr als 20 Gesellschafter haben. Das Verbot, Darlehen an Direktoren zu gewähren, wird in 2016 auf sog, Quasi Loans und Credit Transactions erweitert. Beide Begriffe sind bewusst weit gefasst. Unterbunden werden soll letztlich jegliche darlehensähnliche finanzielle Unterstützung von Direktoren durch die Gesellschaft, soweit nicht eine der oben genannten Ausnahmen gegeben ist.
Ausländische Gesellschaften, die in Singapur eine Zweigniederlassung (Branch Office) unterhalten, benötigen bisher zwei in Singapur ansässige Personen als Repräsentanten des Mutterhauses. Demnächst muss nur noch ein in Singapur ansässiger Repräsentant ernannt werden, was Aufwand und Kosten spart. Oft musste der zweite Repräsentant treuhänderisch von Dienstleistern gestellt werden, was naturgemäß mit Kosten verbunden war.
Derzeit sind nur die im Handelsregister eingetragenen Direktoren zur Offenlegung von Beteiligungen an der Gesellschaft sowie von bestehenden Interessenskonflikten in Bezug auf Transaktionen mit der Gesellschaft verpflichtet. Die Offenlegungspflicht wird nun auf Chief Executive Officers („CEO“) erweitert. Die Definition des CEO im Gesetz ist sehr weit gefasst. CEO ist als Person definiert, die von der Gesellschaft angestellt ist, oder die auf anderer Basis für die Gesellschaft handeln kann, und die hauptsächlich für die Führung der Geschäfte der Gesellschaft oder eines Teilbereiches daraus verantwortlich ist. Betroffen von der Offenlegungspflicht können damit General Manager genauso sein wie CFOs oder andere Manager.
Derzeit müssen Direktoren ihre aktuelle Wohnanschrift zur Veröffentlichung im Handelsregister angeben. Aufgrund zunehmender Sicherheitsbedenken ist es demnächst gestattet, eine andere als die Wohnanschrift im Handelsregister zu veröffentlichen, solange diese die folgenden Voraussetzungen erfüllt: der Direktor muss über die angegebene Anschrift erreichbar sein; sie muss im selben Land sein wie die tatsächliche Wohnanschrift und darf keine Postfachadresse sein.
Bislang musste zur Gründung einer Gesellschaft in Singapur eine Gründungsurkunde, das sog. Memorandum of Association und die eigentliche Satzung, die Articles of Association, ausgestellt werden. Beide Teile werden künftig zu einer Constitution zusammengefasst. Es ist nicht zwingend erforderlich, bestehende Memoranda and Articles of Association durch das neue Constitution-Format zu ersetzen. Wir raten jedoch dazu, die Satzung bestehender Gesellschaften an die neuen gesetzlichen Regelungen anzupassen, was dann ohnehin im Rahmen des neuen Constitution-Formats erfolgen sollte.
Die neuen Änderungen zeigen einmal mehr, dass in Singapur administrative Abläufe und gesetzliche Regelungen immer wieder kritisch überprüft, ständig optimiert und auf geänderte Umstände angepasst werden. Dies hilft den Status als einer der attraktivsten Standorte für Unternehmen in Südostasien zu erhalten
Birgitta von Dresky |
Singapur als Zentrum für internationale Streitbeilegung Vergangenen Monat begrüßte der Staatssekretär des Justizministeriums, Ng How Yue, den Präsidenten des Internatiomalen Seegerichtshofs (ITLOS), Richter Vladimir Golitsyn, in Singapur. Beide Parteien unterzeichneten eine Gemeinsame Erklärung, welche vorsieht, dass künftig ITLOS-Verfahren auch in Singapur verhandelt werden können. Der genaue Inhalt der Gemeinsamen Erklärung ist noch nicht veröffentlicht worden, aber eine gemeinsame Pressemitteilung enthüllt bereits einige Aspekte der Vereinbarung, deren Zweck es ist, den regionalen Zugang zu dem Gerichtshof zu vereinfachen.
Asiatische Staaten werden künftig Klagen mit Bezug zum Seerecht bei einer Spezialkammer des Gerichtshofs oder bei dem Gerichtshof selbst in einem Forum nahe ihres Heimatstaates erheben können. Jedes Mal, wenn die Parteien eines Rechtsstreits Singapur als Gerichtsstand wählen, werden die örtlichen Behörden dem Gerichtshof benötigte Einrichtungen zugänglich machen. Für Singapur ist es nichts Neues, dass Richter, Schiedsrichter und ihre Mitarbeiter aufgrund ähnlicher Vereinbarungen, welche mit dem Ständigen Schiedsgerichtshof (Permanent Court of Arbitration, PCA) im Rahmen eines Gastlandabkommens von 2007 bestehen, in das Land kommen.
ITLOS ist ein unabhängiger internationaler Spruchkörper, der durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) errichtet wurde, um über Konflikte im Hinblick auf die Auslegung oder Anwendung des UNCLOS zu entscheiden. Derzeit hat das Übereinkommen 167 Vertragsparteien, einschließlich 166 Staaten und der Europäischen Union. Singapur ist dem Übereinkommen am 17. November 1994 beigetreten.
Artikel 288 des UNCLOS und Artikel 22 des ITLOS-Statuts regeln die weite sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofs. Zusätzlich zu seiner Zuständigkeit für Streitigkeiten in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung von UNCLOS darf der Gerichtshof über Fälle entscheiden, welche andere Vereinbarungen als UNCLOS mit Bezug zu den Zwecken von UNCLOS, bereits bestehende Verträge mit Bezug auf die Themen des UNCLOS oder jede andere Vereinbarung betreffen, welche die gerichtliche Zuständigkeit auf den ITLOS überträgt. Bisher wurden vor dem Gerichtshof vierundzwanzig Fälle verhandelt, in der Hauptsache oder parallel mit einem Schiedsgericht, welches über Vorfragen entschied.
Interessanterweise ist auch die persönliche Reichweite der Gerichtsbarkeit ungewöhnlich weit für ein internationales Tribunal. Der ITLOS beschränkt sich nicht auf zwischenstaatliche Konflikte, sondern kann unter bestimmten Bedingungen Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtstaatlichen Entitäten wie etwa Unternehmen oder Privatpersonen verhandeln, sofern diese die Ressourcen des Meeresgrundes und des Untergrundes abseits der nationalen Gerichtsbarkeit erforschen und ausbeuten.
Ein großer Vorteil für beide Parteien ist die Verfügbarkeit einer großen Bandbreite alternativer Mechanismen zur Streitbeilegung innerhalb des oder neben dem ITLOS. Streitparteien können ebenso gut versuchen, einen Vergleich im Wege der UNCLOS-Verfahren oder verschiedener Arten von Schiedsverfahren, welche häufig vor dem PCA durchgeführt werden, herbeizuführen. Viele Fälle wurden vor Schiedsgerichte nach Annex VII gebracht, den beliebtesten Schiedsmechanismen, welche regelmäßig Fälle in der Hauptsache verhandeln, während sich der ITLOS in Vorfragen für zuständig erklärt. Wenn sich die Parteien nicht auf ein Gericht für die Entscheidung über ihre Ansprüche einigen können, kann die Schiedsgerichtsbarkeit nach Annex VII als Standardmechanismus für die Streitbeilegung herangezogen werden.
Singapur ist kein Neuling in Bezug auf die Streitschlichtung nach UNCLOS. Singapur war Partei in einem der ersten Fälle sowohl vor dem ITLOS als auch vor einem Schiedsgericht nach Annex VII in einem Rechtsstreit, der aus einer Klage von Malaysia bezüglich Landgewinnungsaktivitäten von Singapur in der und um die Straße von Johor entstand. Der ITLOS wurde von Malaysia gemäß Artikel 290 des Übereinkommens während der Bildung eines Schiedsgerichts angerufen, um einstweilige Anordnungen zu treffen und damit die jeweiligen Rechte der Streitparteien vorzubehalten oder die Meeresumwelt vor ernsthaftem Schaden zu bewahren. Der Gerichtshof erließ keine derartigen Anordnungen, gab aber den beiden Staaten auf, eine Gruppe unabhängiger Experten einzusetzen, um ein gemeinsames Gutachten über die Arbeiten Singapurs zu erstellen. Die Expertengruppe kam zu dem Ergebnis, dass kein größerer Schaden zu befürchten war. Auf dieser Grundlage verglichen sich die beiden Regierungen in diesem Fall am 26. April 2005.
Die Ankunft des ITLOS in Singapur ist sowohl für den Gerichtshof als auch für den Stadtstaat von Vorteil. Für den Gerichtshof bedeutet sie wahrscheinlich einen Anstieg der Fallzahlen des Gerichtshofs. Verfahren vor dem ITLOS können sehr kostspielig werden für Länder, deren Hauptstädte von Hamburg weit entfernt sind, da wichtige Delegationen nach Norddeutschland reisen und während des gesamten Verfahrens dort bleiben müssen. Die Vereinfachung des regionalen Zugangs zum ITLOS durch die Nutzung von Singapur als Verhandlungsort wird diese Kosten im Zusammenhang mit der Anstrengung eines Verfahrens deutlich reduzieren und sollte auch andere Staaten anregen, es als Mittel zur Streitbeilegung zu nutzen.
Sie festigte zudem Singapurs Position als Zentrum für internationale Streitbeilegung. Verfahren vor dem ITLOS gehen regelmäßig mit Schiedsverfahren sowie vorherigen Vergleichsverfahren nach Art. 284 einher. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Singapur ein Verhandlungsort für Vergleichsverfahren und Schiedsverfahren nach Art. VII wird. Der Gerichtshof während der Verhandlung der Vorfragen, der Präsident als derjenige, der die Mitglieder des Schiedsgerichts nach Artikel 3 des Annexes VII UNCLOS bestellt und/oder ein Schiedsgericht könnten nach Singapur reisen, um Konflikte zwischen asiatischen Parteien oder sogar zwischen asiatischen und europäischen Parteien zu lösen. Für die Parteien eines Rechtsstreits, der Ähnlichkeiten mit dem laufenden „Enrica Lexie“-Vorfall zwischen Italien und Indien aufweist und in dem die Parteien aus verschiedenen Kontinenten kommen, ihr Konflikt hingegen aus einem Vorfall in Asien resultiert, könnte es durchaus sinnvoll sein in Singapur zu klagen. Jedenfalls werden die niedrigen Kosten, die Entwicklung der Streitbeilegung in der Region, die Zunahme der Schiedsverfahren und der Streitbeilegungsmechanismen des ITLOS breiter aufgestellte und zahlreiche Spezialisten in die Region locken.
Die relativ aktuelle Einführung des SIAC-SIMC Arb-Med-Arb Protokolls letztes Jahr sowie die Schaffung des Internationalen Handelsgerichtshofs in Singapur Anfang des Jahres demonstrieren darüber hinaus Singapurs Bemühungen, ein bedeutender Verhandlungsort für qualitativ hochwertige und komplexe internationale Streitschlichtung zu werden. Diesen Monat belegte Singapur nach einer Studie der Queen Mary Universität London weltweit den 4. Rang als am stärksten bevorzugter Verhandlungsort für internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Es wäre nicht überraschend, wenn Singapur in den kommenden Jahren in dieser Rangliste noch weiter oben landen würde, wenn all diese neuen Möglichkeiten in die Praxis umgesetzt werden.
Dr. Claus Trenner, LL.M. (NUS Singapore) |
Thomas Lieby, LL.M. (New York) |