23.06.2016

Sondernewsletter Steuerrecht aktuell, 2. Ausgabe 2016

Einigung zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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Einigung zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer  

Am 20. Juni 2016 konnte zwischen CDU, CSU und SPD eine Einigung über die Erbschaftsteuerreform erzielt werden. Auf Grundlage dieser Einigung können die Beschlüsse des Bundestags und des Bundesrats herbeigeführt werden. Die letzte Bundesratssitzung vor der parlamentarischen Sommerpause ist am 8. Juli 2016. Das Gesetz soll (rückwirkend) am 1. Juli 2016 in Kraft treten.  

Wesentliche Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf  

In einer gemeinsamen Erklärung der Koalitionsvertreter werden die vereinbarten Anpassungen gegenüber dem Regierungsentwurf vom 8. Juli 2015 zusammengefasst. Ein neuer Gesetzestext wurde allerdings noch nicht veröffentlicht. Dieser dürfte erst mit den Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses im Vorfeld der 2./3. Lesung des Bundestags vorliegen.  Nachfolgend werden die wesentlichen Anpassungen aufgeführt.  

Entlastung kleiner Unternehmen von Bürokratie  

Die Lohnsummenprüfung soll für Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten entfallen. Im Regierungsentwurf war noch eine Grenze von drei Beschäftigten vorgesehen.  

Förderung von Investitionen  

Überschreitet der Wert des Verwaltungsvermögens 10% des Unternehmenswertes, so besteht zumindest in Erbfällen künftig die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres nach Erbfall das Verwaltungsvermögen zu veräußern und in begünstigtes Vermögen zu investieren, um eine Besteuerung des Verwaltungsvermögens zu vermeiden.  Grundstücke, die für Investitionen genutzt werden, können ebenso darunter fallen wie Finanzmittel, die dafür gebraucht werden.  

Verwaltungsvermögen  

Am Begriff des Verwaltungsvermögens soll festgehalten werden. Der Regierungsentwurf hatte hingegen eine Definition von „begünstigtem Vermögen“ enthalten.

Anders als bisher besteht zukünftig eine grundsätzliche Steuerpflicht für Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens. Diese unterliegen vollumfänglich der regulären Besteuerung, soweit der Wert des Verwaltungsvermögens 10% des gesamten Unternehmensvermögens (sog. „Schmutzklausel“) überschreitet. Beträgt das Verwaltungsvermögen im Extremfall sogar 90% des Werts des gesamten Unternehmens, ist auch für die verbleibenden 10% des begünstigten Vermögens jede Begünstigung aus Gründen der Missbrauchsvermeidung ausgeschlossen.

Außerdem soll klargestellt werden, dass Drittlandsbeteiligungen bei einer Holdinggesellschaft, Altersvorsorgeverpflichtungen und verpachtete Grundstücke, die zum Zwecke des Absatzes von eigenen Produkten überlassen werden (z.B. Tankstellen und Brauereigaststätten), begünstigt werden. Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) sollen zu 15% zum begünstigten Vermögen gerechnet werden.  

Große Unternehmensvermögen  

Wie bereits im Regierungsentwurf vorgesehen, soll es ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. Euro eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagmodell geben. Der Verschonungsabschlag soll sich aber um einen Prozentpunkt für jede 750.000 Euro (Regierungsentwurf: 1,5 Mio. Euro), die der Erwerb oberhalb der Prüfungsschwelle von 26 Mio. Euro liegt, verringern. Keine Verschonung soll gewährt werden, ab einem Erwerb von 90 Mio. Euro (Optionsverschonung) bzw. 89,75 Mio. Euro (Regelverschonung).

Realistische Vermögensbewertung  

Als Reaktion auf die derzeitige Niedrigzinsphase soll der beim sog. vereinfachten Ertragswertverfahren für die Bestimmung des Unternehmenswerts maßgebliche Kapitalisierungsfaktor von derzeit 17,86 auf einen Korridor von 10 bis max. 12,5 abgesenkt werden. Damit soll eine Überbewertung von Unternehmen vermieden werden.  

Erweiterte Stundungsregelung

Es soll ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose  Stundung bis zu zehn Jahren bei Erbfällen eingeführt werden.  Die Stundung soll zinslos erfolgen und sich auf die Steuer, die  auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert  entfällt, erstrecken. Die Regelung dient den Erben großer Betriebsvermögen,  denen die Verschonungsregelungen nicht  mehr helfen.

Steuererleichterungen für Familienunternehmen

Neu ist die Schaffung eines Vorababschlags für Familienunternehmen,  deren Gesellschaftsverträge typische Klauseln  für diese aufweisen. Darunter soll laut dem Gesetzgeber zunächst  eine Verfügungsbeschränkung zu verstehen sein, wonach  eine zustimmungsfreie Übertragung nur an Mitgesellschafter  oder an Abkömmlinge möglich ist. Darüber hinaus  muss der Gesellschaftsvertrag eine Ausschüttungs- bzw. Entnahmebegrenzung  vorsehen, wonach ein Teil der Gewinne  thesauriert wird. Schließlich wird eine Beschränkung der Abfindung  für ausscheidende Gesellschafter gefordert. Der Umfang  der letzteren Beschränkung ist auch entscheidend für den  Umfang des Vorababschlags. Wird als Abfindung ein Wert von  höchstens 70% des Verkehrswerts zu Grunde gelegt, wird der  volle Abschlag von 30% gewährt. Wird ein höherer Anteil des  Verkehrswerts als Abfindung gewährt, vermindert sich der Abschlag  entsprechend. Die neue Sonderverschonung ist für  Familienunternehmen eine erhebliche Erleichterung. Sie ist allerdings  nur anwendbar, wenn die gesellschaftsvertraglichen  Regelungen zwei Jahre vor der maßgeblichen Übertragung  bereits aufgenommen waren und 20 Jahre danach nicht aufgehoben  werden. Daher ist Familienunternehmen dringend zu  empfehlen, die eigenen Gesellschaftsverträge zu prüfen und  entsprechende Klauseln – soweit noch nicht enthalten – zeitnah  aufzunehmen.

Ausblick

Gelingen die Beratungen im Bundestag und Bundesrat in der  Woche zwischen dem 4. Und dem 8. Juli soll das Gesetz rückwirkend  auf den 1. Juli 2016 in Kraft treten. Bis zum 30. Juni  2016 einschließlich gelten daher noch die günstigeren Regelungen  des derzeitigen Gesetzes.

Das Inkrafttreten des Gesetzes ist (rückwirkend) für den 1. Juli  2016 vorgesehen. Damit soll der Fristsetzung des Bundesverfassungsgerichts,  das eine Neuregelung ab diesem Datum gefordert  hatte, entsprochen werden.