26.03.2015
Das Bundesministerium der Finanzen hat im Rahmen einer schriftlichen Anfrage des Bundestagsabgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) seine bisherige Auffassung bestätigt, dass es nach wie vor zulässig ist, einen Einspruch auch durch einfache Email einzulegen.
Hintergrund der Anfrage war die gesetzliche Zulassung der DE-Mail nach § 87a Abs. 3 S.3 Nr. 2 AO zum 1. Juli 2014 sowie ein Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014 (Az.: 8 K 1658/13), in dem das Finanzgericht die Auffassung vertreten hat, dass eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur das Schriftformerfordernis des § 357 AO nicht erfülle. Die für den Einspruch erforderliche Schriftform könne durch ein elektronisches Dokument nur dann gewahrt werden, sofern dieses über eine sog. qualifizierte elektronische Signatur verfüge.
Die Finanzverwaltung sah jedoch schon in der Vergangenheit das Schriftformerfordernis als gewahrt an, soweit der Einspruch mittels einfacher E-Mail eingelegt wurde (AEAO zu § 357 Nr. 1 AO). Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts hat für zukünftige Einsprüche ohnehin keine Bedeutung mehr, da mittlerweile durch Gesetzesänderung vom 25. Juli 2013 in § 357 Abs. 1 S. 1 AO gesetzlich geregelt wurde, dass der Einspruch schriftlich oder elektronisch eingereicht oder zur Niederschrift erklärt werden kann. In der Gesetzesbegründung stellt der Gesetzgeber klar, dass mit der Formulierung „schriftlich oder elektronisch“ auch Einsprüche zulässig sind, die elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden (BT-Drs. 17/11473, S. 52). Das Urteil des Hessischen Finanzgerichtes hat somit allenfalls noch für Einsprüche Bedeutung, die vor dem Tag der Verkündigung der Gesetzesänderung am 1. August 2013 eingelegt wurden. Gegen das Urteil wurde bereits Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az.: III R 26/14).
Der BFH hat in zwei kürzlich veröffentlichen Urteilen seine bisherige Rechtsauffassung zum Werbungskostenabzugsverbot im Rahmen der Abgeltungsteuer bestätigt. Nach Ansicht des VIII. Senats des BFH findet das Werbungskostenabzugsverbot auch dann Anwendung, wenn Ausgaben, die nach der Einführung der Abgeltungsteuer getätigt wurden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem Zeitpunkt der Einführung zugeflossen sind. Darüber hinaus findet das Werbungskostenabzugsverbot auch bei der sog. „Günstigerprüfung“ nach § 32d Abs. 6 S. 1 EStG Anwendung.
Gegenstand des Urteils VIII R 34/13 war die Frage, ob Aufwendungen, die dem Kläger im Zusammenhang mit einer strafbefreienden Selbstanzeige für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 im Jahr 2010 entstanden waren, bei den im Rahmen einer Selbstanzeige nacherklärten Einnahmen aus Kapitalvermögen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Die Vorinstanz hatte der Klage zunächst stattgegeben. Nach Auffassung des FG Köln ist nach § 52a Abs. 10 S. 10 EStG das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG erst auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen. Dieser Auffassung schloss sich der BFH unter Bezug auf seine frühere Rechtsprechung (BFH v. 1. Juli 2015, VIII R 53/12) jedoch nicht an. Das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG beziehe sich nicht auf „zufließende Kapitalerträge“ sondern auf „abfließende Werbungskosten“. Darüber hinaus gelte die gesetzliche Grundregelung des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG, nach der bei den Überschusseinkünften – wie z. B. bei den Einkünften aus Kapitalvermögen – der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten die Einkünfte darstellt. Für Einkünfte aus Kapitalvermögen wird der Abzug der tatsächlich angefallenen Werbungskosten jedoch nach § 2 Abs. 2 S. 2 EStG ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Regelung, welche erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden ist, schließe damit für das Streitjahr 2010 den Abzug der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen aus.
Auch bei der sog. „Günstigerprüfung“ scheidet ein Abzug der tatsächlich entstandenen Aufwendungen auf Grund des Werbungskostenabzugsverbotes nach § 20 Abs. 9 EStG aus: Nach § 32d Abs. 6 S. 1 EStG kann statt der Anwendung des pauschalen Abgeltungsteuertarifs auch eine Einbeziehung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in die gewöhnliche Veranlagung erfolgen, soweit dies für den Steuerpflichtigen günstiger ist („Günstigerprüfung“). Der BFH schloss sich in seinem Revisionsurteil der Urteilsbegründung nicht der Ansicht der Vorinstanz an, wonach § 32d Abs. 6 EStG dahingehend auszulegen sei, dass die tatsächlich entstandenen Werbungskosten
jedenfalls dann abziehbar seien, wenn der individuelle Steuersatz bereits unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags unter 25 % liege. Die Günstigerprüfung ist nach Ansicht des BFH vornehmlich als Billigkeitsmaßnahme zu verstehen, mit der Steuerpflichtige, deren Steuersatz noch niedriger als 25 % liegt, eine weitere Begünstigung erfahren. Diese solle aber nicht dazu führen, dass die derart Begünstigten vollumfänglich aus dem System der Abgeltungsteuer ausscheiden.
Bereits seit dem 19. Februar dieses Jahres liegt der Referentenentwurf des Änderungsgesetzes zum Zollkodex-Anpassungsgesetz vor, über den in wenigen Tagen beschlossen werden soll. Wichtige Punkte betreffen Änderungen bei der Behandlung von Verlustvorträgen beim Mantelkauf, im Umwandlungssteuergesetz und im Grunderwerbsteuergesetz
Die Nutzung von Verlustvorträgen bei Körperschaften wird bei mehr als 25 %igen Anteilseignerwechseln nicht eingeschränkt, wenn die sogenannte Konzernklausel erfüllt ist. Diese wird nun neu gefasst.
Ein schädlicher Anteilseignerwechsel liegt nach der nun vorgeschlagenen Fassung in folgenden alternativen Fällen nicht vor:
In erstgenanntem Fall muss der Erwerber, im zweiten der Veräußerer eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft sein.
Nach dem neuen Wortlaut wären somit nun auch Anteilsübertragungen im Konzern mit einer Personenhandelsgesellschaft als Konzernspitze unschädlich. Außerdem sind Veräußerungen von und an die Konzernspitze mit umfasst. Bestehende Minderheitsbeteiligungen sind nach wie vor schädlich.
Auch im Umwandlungssteuergesetz sind Änderungen vorgesehen. Die Möglichkeit, sonstige Gegenleistungen bei Einbringungen erbringen zu können, soll weiter eingeschränkt werden. Nach der vorgeschlagenen Änderung des § 20 UmwStG soll der gemeine Wert von sonstigen (d. h. neben Gesellschaftsanteilen erbrachten) Gegenleistungen auf maximal 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder auf EUR 300.000 (mit dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens als Obergrenze) beschränkt werden.
Diese Wertgrenzen von sonstigen Gegenleistungen spiegeln sich auch in den vorgeschlagenen Änderungen zu § 21 UmwStG (Anteilstausch) wieder. Ein erfolgsneutraler qualifizierter Anteilstausch ist somit bei gleichzeitiger sonstiger Gegenleistung nur insoweit möglich, als diese 25 % des Buchwerts der eingebrachten Anteile oder EUR 300.000 (Obergrenze Buchwert der eingebrachten Anteile) nicht übersteigt.
Zur Vereinheitlichung sollen auch die Voraussetzungen für Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen (§ 24 UmwStG) an die oben beschriebenen Voraussetzungen angepasst werden.
§ 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz regelt den Grunderwerbsteueranfall bei mehr als 95%igem Gesellschafterwechsel einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft. Die Regelung soll nun um ausdrückliche Formulierungen zu mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand ergänzt werden. Die geplante Gesetzesänderung ist eine Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2013.
Bei einer Personengesellschaft als Gesellschafter einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft oder bei mehrstöckigen Personengesellschaften soll auf die Gesellschafterwechsel bei den unmittelbar und mittelbar beteiligten Personengesellschaften abgestellt und dabei auf die mittelbare Beteiligung an der Grundbesitzgesellschaft durchgerechnet werden. Wenn hingegen Kapitalgesellschaften Gesellschafter der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft sind (auch bei mehrstöckigen Beteiligungen von Kapitalgesellschaften), soll nach dem Referentenentwurf eine Veränderung der Gesellschafterstruktur der Kapitalgesellschaft nur dann relevant sein, wenn mindestens 95 % der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft wechseln. Dabei sei die 95 % Grenze für jede Beteiligungsstufe zu prüfen.
Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob eine Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen im Vorfeld einer Gesamtrechtsnachfolge der steuerneutralen Übertragung eines Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG entgegensteht. Strittig war, ob stattdessen die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 EStG vorlag.
Klägerin war im Streitfall eine GmbH & Co. KG. Zum Sonderbetriebsvermögen gehörten zwei Grundstücke. Am 2. Oktober 2007 wurde eines dieser Grundstücke verkauft. Am 18. Oktober 2007 übertrug ein Kommanditist seinen Kommanditanteil, seinen Anteil an der Komplementär- GmbH und das andere sich im Sonderbetriebsvermögen befindliche Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Nach Auffassung des Finanzamts war eine Übertragung zu Buchwerten nicht zulässig, da mit dem ersten Grundstück funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen wurde, so dass eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG im Hinblick auf die Gesamtplanrechtsprechung nicht zulässig sei.
Der BFH bestätigte das Urteil der ersten Instanz: Die Übertragung des Mitunternehmeranteils und die Veräußerung des Grundstücks sind nicht als ein einheitlicher Vorgang zu betrachten. Die Regelung des § 6 Abs. 3 EStG umfasst lediglich die gesamte Übertragung des Betriebsvermögens, welches zum Zeitpunkt der Übertragung vorhanden ist. Zuvor veräußerte Wirtschaftsgüter, auch wenn diese wesentlich sind, sind nicht mehr Bestandteil des Mitunternehmeranteils. Weiterhin hat der BFH entschieden, dass die Gesamtplanrechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.
Die Buchwertfortführung diene der ertragsteuerlich unbelasteten Vermögensübertragung zur Sicherung der Liquidität der nach dem Rechtsträgerwechsel fortgeführten betrieblichen Einheit. Sie soll die Generationennachfolge erleichtern. Dies setzt lediglich voraus, dass zum Zeitpunkt der Übertragung eine funktionsfähige betriebliche Einheit besteht. Der Umfang des Betriebsvermögens vor der Übertragung sei hierfür unerheblich.
Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt die Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht. Auf den gesamten Gewinn fällt dann grundsätzlich Gewerbesteuer an, unabhängig davon, in welchem Umfang die gewerbliche Tätigkeit – z. B. neben einer freiberuflichen oder vermögensverwaltenden Tätigkeit – betrieben wird. Von dieser Abfärbewirkung machte die Finanzverwaltung bislang eine Ausnahme, sofern der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit nicht mehr als 1,25 % der Gesamtumsätze betragen hat.
Mit seinem Urteil vom 27. August 2014 (Az.: VII R 6/12) hat der BFH diese Grenze auf 3,0 % der Gesamtnettoerlöse erhöht. Einschränkend zu der prozentualen Grenze hat der BFH jedoch als absolute Grenze festgelegt, dass die Bagatellgrenze nur gilt, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse EUR 24.500,00 im Jahr nicht übersteigen.
Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine aus mehreren Rechtsanwälten/-innen bestehende GbR war neben der eigentlichen anwaltlichen Beratung auch auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig. Dabei wurden u.a. ein Gesellschafter sowie ein angestellter Rechtsanwalt in den Streitjahren regelmäßig zu (vorläufigen) Insolvenzverwaltern oder Treuhändern in Verbraucherinsolvenzverfahren bestellt. Das Finanzamt gelangte zu der Auffassung, dass die GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt einer gewerblichen Tätigkeit nachgegangen sei, da sie auch gewerbliche Einkünfte erzielt habe.
Der BFH bestätigt, dass eine Rechtsanwalts-GbR grundsätzlich gewerblich tätig ist, soweit sie einem angestellten Rechtsanwalt die eigenverantwortliche Durchführung von Insolvenzverfahren überträgt. Allerdings kann eine Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß nicht dazu führen, dass die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft einheitlich als gewerblich fingiert wird. Von einer solchen untergeordneten Tätigkeit ist nach Ansicht des BFH innerhalb der oben genannten Grenzen auszugehen. Der BFH begründet dies damit, dass ein (gewerblicher) Umsatzanteil von 3,0 % typisierend noch von so untergeordneter Bedeutung ist, dass eine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte unverhältnismäßig wäre. Hierbei stellt er allein auf die Nettoumsätze ab, um das Verhältnis der Umsätze bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen nicht zu verfälschen. Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personengesellschaften hält der BFH zusätzlich jedoch eine Begrenzung der gewerblichen Nettoumsatzerlöse auf einen Höchstbetrag von EUR 24.500,00 für erforderlich. Dieser Betrag orientiert sich an dem gewerbesteuerlichen Freibetrag für Personengesellschaften und ist – obwohl es sich um hierbei eine Gewinn und nicht um eine Umsatzgrenze handelt – als sachgerechtes Kriterium für eine typisierende Einschränkung der Abfärbewirkung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG heranzuziehen.
Zum 1. Januar 2015 wurden die steuerlichen Regelungen für Betriebsveranstaltungen durch das sogenannte Zollkodex-Anpassungsgesetz neu gefasst.
Bisher gab es für die steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen keine gesetzliche Grundlage, vielmehr richtete sich die steuerliche Behandlung nach den Regelungen der Lohnsteuerrichtlinien und war in der Vergangenheit häufig Streitpunkt bei Betriebsprüfungen. Bis Ende 2014 waren danach zwei Veranstaltungen jährlich bis zu einer Freigrenze von je EUR 110 steuerfrei; wurde diese Grenze überschritten, galt der Gesamtbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Die neuen Regelungen zur Behandlung von Betriebsveranstaltungen ergeben sich nun erstmals direkt aus dem Gesetz (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Wie bisher stellen bis zu zwei Betriebsveranstaltungen bis jeweils EUR 110 pro Teilnehmer keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
Neu ist dabei zum einen, dass dieser Betrag nun eine Freigrenze ist, so dass bei Überschreitung des Betrags von EUR 110 nicht die gesamten Kosten der Veranstaltung als Arbeitslohn gelten, sondern jetzt nur noch der überschießende Teil. Zum anderen ist neu, dass in die Kosten auch die nicht individuell zurechenbaren Kosten wie z. B. Raummieten einzubeziehen sind. Darüber hinaus werden nun auch die Kosten einer Begleitperson dem Arbeitnehmer zugerechnet und sind daher bei der Frage, ob der Freibetrag überschritten ist, zu berücksichtigen. Hinsichtlich der beiden letzten Punkte hatte der BFH in der Vergangenheit entschieden, dass diese beiden Punkte nicht zu berücksichtigen seien; diese Urteile haben künftig aufgrund der ausdrücklichen Regelung im Gesetz keine Bedeutung mehr.
Aufgrund der geänderten Rechtsprechung des EuGH (v. 16. Januar 2014, C-300/12, Ibero Tours) und den Folgeentscheidungen des BFH (v. 27. Februar 2014, V R 18/11; v. 3. Juli 2014, V R 3/12) können Vermittler ihre Umsatzsteuer nicht mehr mindern, wenn sie ihren Kunden – zu Lasten der Provision – Preisnachlässe gewähren. Dem schließt sich nun das BMF mit Schreiben vom 27. Februar 2015 an. Hierbei handelt es sich um eine Änderung der Verwaltungsauffassung. Aus dem Schreiben ergeben sich weitreichende Auswirkungen für Vermittler und Verkaufsagenten.
Mit Urteil in der Sache Ibero Tours (C-300/12) hat der EuGH entschieden, dass Preisnachlässe, die ein Reisebüro dem Reisenden gewährt, weder in der Leistungsbeziehung Reiseveranstalter – Reisender noch in der Leistungsbeziehung Reisevermittler – Reiseveranstalter zu Entgeltminderungen führen. Dem hat sich der BFH mit seinen Urteilen vom 27. Februar 2014 (V R 18/11) und 3. Juli 2014 (V R 3/12) angeschlossen.
Die sich hieraus ergebenden Grundsätze setzt das BMF nun mit Schreiben vom 27. Februar 2015 um. Danach kommt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nicht in Betracht, wenn ein nicht an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Dies bedeutet, dass Preisnachlässe, die Vermittler ihren (Anschluss-)Kunden gewähren, nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen mindern, die sie gegenüber den Lieferanten erbringen. Der Preisnachlass wirkt sich somit nicht auf die von den Vermittlern geschuldete Umsatzsteuer aus.
Dies führt insbesondere für folgende Unternehmen zu weitreichenden Auswirkungen:
Auch bestätigt das BMF, dass der Preisnachlass beim Kunden nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Kunden führt. Der Vorsteuerabzug aus der empfangenen (vermittelten) Leistung ist daher nicht berichtigen bzw. zu reduzieren.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung können auch Ausnahmefälle bestehen. Solche sollen vorliegen, wenn sich der Preisnachlass des Vermittlers nicht auf die vermittelte Leistung bezieht, sondern auf Grundlage einer bestehenden Leistungsbeziehung zum Kunden gewährt wird. So könnten die Preisnachlässe der Zentralregulierer im Ausnahmefall als Entgelt für eine Leistung des Anschlusskunden an den Zentralregulierer qualifiziert werden oder als Minderung des Entgelts für eine Leistung des Zentralregulierers an den Anschlusskunden. Wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt, bleibt jedoch offen.
Danach soll nicht beanstandet werden, wenn die Vermittler und Zentralregulierer bei Preisnachlässen bis zur Veröffentlichung der oben genannten BFH-Urteile im Bundessteuerblatt von einer Entgeltminderung ausgegangen sind. Für die Berechnung der Umsatzsteuerminderung ist von dem Steuersatz auszugehen, der für den vermittelten Umsatz maßgeblich ist. Daher kann z. B. ein Zentralregulierer bis zur Veröffentlichung der BFH-Urteile die Umsatzsteuerminderung nicht zum Regelsteuersatz geltend machen, wenn die Warenlieferungen an die Anschlusskunden zum ermäßigten Steuersatz erfolgen. Für Preisnachlässe, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung der o.g. Urteile gewährt werden, ist keine Minderung der Bemessungsgrundlage
beim Vermittler bzw. Verkaufsagent mehr vorzunehmen bzw. zulässig.
Lange war umstritten, ob auch Privatkrankenhäuser, unabhängig von einer sozialversicherungsrechtlichen Zulassung, ihre Leistungen gegenüber den Patienten umsatzsteuerfrei erbringen können. Die Finanzverwaltung nahm bisher an, dass Privatkrankenhäuser der Umsatzsteuer unterliegen. Jedoch verweigerten einige private Krankenversicherungen ihren Versicherten die Erstattung der auf solche Heilbehandlungen entfallenden Umsatzsteuer.
Mit einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 23. Oktober 2014 (V R 20/14) hat der BFH nun der lang andauernden Unsicherheit ein Ende bereitet. Der BFH geht darin grundsätzlich von der Steuerfreiheit von Heilbehandlungen aus, selbst wenn diese von Privatkrankenhäusern erbracht werden.
Nach diesem Urteil kann sich der Betreiber einer privaten Krankenanstalt unmittelbar auf die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwSt-SystRL) berufen, weil die deutsche Regelung im Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG in Verbindung mit §§ 108, 109 SGB V) unionsrechtswidrig ist. Das beruht darauf, dass damit ein dem Unionsrecht fremder Bedarfsvorbehalt im Umsatzsteuerrecht festgeschrieben wurde. Es bestehe nach Unionsrecht keine „Befugnis zur Kontingentierung von Steuerbefreiungen im Heilbehandlungsbereich nur zu Gunsten bestimmter Unternehmer nach Maßgabe der Bedarfslage“.
Der BFH geht jedoch davon aus, dass die Heil- und Krankenhausbehandlungsleistungen eines Privatkrankenhauses nur dann von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn sie unter in sozialer Hinsicht vergleichbaren Bedingungen erbracht werden wie von Krankenhäusern, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind. In dem vom BFH entschiedenen Fall ergab sich diese Vergleichbarkeit daraus, dass die Ausstattung des Privatkrankenhauses der Regelausstattung eines sogenannten Plankrankenhauses entsprach und dass das ausschließliche Vorhandensein von Einbettzimmer durch die Fachrichtung des Klinikums (Psychotherapie) bedingt war. Darüber hinaus spielte eine Rolle, dass im erheblichen Umfang auch gesetzlich Versicherte behandelt wurden, ohne dass Unterschiede zur Behandlung von Privatpatienten bestanden.
Die nach dem BFH erforderliche Anerkennung der Privatklinik ergab sich aus dem mit ihrer Tätigkeit verbundenen Gemeinwohlinteresse, der Steuerfreiheit vergleichbarer Unternehmer und aus der Übernahme der Kosten für die von der Privatklinik erbrachten Leistungen durch Krankenkassen und Beihilfestellen.
Festzuhalten bleibt danach, dass auch Heil- und Krankenhausbehandlungsleistungen eines Privatkrankenhauses umsatzsteuerfrei erbracht werden können. Ob die Voraussetzung erfüllt ist, dass die Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen erbracht werden müssen, wie von Krankenhäusern, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind, bedarf einer individuellen Überprüfung im Einzelfall. Werden die Leistungen steuerfrei erbracht, steht dem Privatkrankenhaus jedoch kein Vorsteuerabzug aus den von ihm bezogenen Eingangsleistungen zu.
Der BFH verschafft den Betreibern von Privatkliniken die Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar auf die Steuerfreiheit ihrer Leistungen nach der europäischen MwStSystRL zu berufen. Insoweit spielen die besonderen Einschränkungen des deutschen UStG für die Steuerbefreiung keine Rolle mehr. Ob es sinnvoll ist, sich auf die Befreiung zu berufen, hängt vom Einzelfall ab. Möglicherweise werden jedoch die Krankenversicherungen künftig die Umsatzsteuer ihren Versicherten nicht mehr erstatten.
Mit Urteil vom 12. November 2014 (12 K 12320/12) hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass der Darlehensverzicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit Immobilienbesitz in Deutschland nicht steuerbar ist und jedenfalls dann nicht zu einer inländischen Steuerpflicht führt, wenn keine inländische Betriebsstätte vorhanden ist.
Klägerin war eine im Oktober 2006 errichtete Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Luxemburg. Diese erwarb in 2007 ein in Berlin belegenes Grundstück. Den Kaufpreis finanzierte sie mittels eines im Konzernverbund gewährten Darlehens. Als das Grundstück im Jahr 2011 mit Verlusten verkauft wurde, verzichtete die kreditgebende Konzerngesellschaft auf das restliche Darlehen. Gegenstand des darauf folgenden Rechtsstreits war nun die Frage, ob der Darlehensverzicht im Inland steuerbar sei oder nicht.
Hintergrund ist, dass die Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f S. 2 EStG die Veräußerung von Grundstücken durch ausländische Kapitalgesellschaften als gewerbliche Einkünfte fingiert mit der Folge, dass ein Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG vorzunehmen ist. Umstritten war in diesem Zusammenhang, ob der Wegfall (z. B. bei Verzicht) einer passivierten Verbindlichkeit der inländischen beschränkten Steuerpflicht unterliegt, d. h. vom Regelungsumfang des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f. S. 2 EStG umfasst sei. Die Finanzverwaltung vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass sich aus dem Einbezug der Wirtschaftsgüter in den Betriebsvermögensvergleich implizit auch ein entsprechender Einbezug in die beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f S. 2 EStG ergeben würde.
Entgegen dieser Auffassung hat das Finanzgericht nun entschieden, dass dies nicht der Fall sei, da die Gewerblichkeitsfiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f S. 2 EStG gerade keine Betriebsstätte fingieren würde. Entsprechend könne ein Steuerpflichtiger nicht so behandelt werden, als wäre die Verbindlichkeit Teil eines inländischen Betriebsstättenbetriebsvermögens.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 (II R 16/13) hat der BFH dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungswidrig sind, weil sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG verstoßen.
Der BFH teilt die Ansicht des Klägers, dass die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens wegen des sehr weit zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunktes (1. Januar 1964) verfassungswidrig seien. Er geht davon aus, dass sich die Wertverhältnisse in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1964 und dem 1. Januar 2009 (45 Jahre) derart verändert haben, dass sie zu einer gleichheitswidrigen Besteuerung bei der Grundsteuer führen. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass für im Beitrittsgebiet liegende Grundstücke der Einheitswert sogar nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 festgestellt wird.
Auf Grundlage der für Grundstücke festgestellten Einheitswerte setzt die jeweilige Gemeinde unter Anwendung ihres Grundsteuerhebesatzes die Grundsteuer fest.