22.03.2024
Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so sind Unternehmer gegenüber Verbrauchern verpflichtet, hierfür auf ihrer Webseite auch eine Kündigungsschaltfläche sowie einen „Kündigungsbutton“ zur digitalen Angabe der Kündigungserklärung für Dauerschuldverhältnisse zur Verfügung zu stellen.
Wie die Ergebnisse aus einem Verbraucheraufruf und einer Webseitenanalyse der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (kurz: vzbv) zeigen, gibt es bei der Umsetzung jedoch noch teils erhebliche Probleme. So ist häufig ein Kündigungsbutton gar nicht erst vorhanden oder nicht auffindbar. Teilweise führt auch die Nutzung des Kündigungsbuttons nicht zur Vertragsbeendigung oder die Kündigung muss noch telefonisch bestätigt werden. Die Webseitenanalyse ergab, dass Unternehmen in nur 28 % der Fälle die Vorgaben des Gesetzgebers erfüllen. Das Problem bei der Umsetzung des Kündigungsbuttons liegt u.a. darin, dass noch weitgehend ungeklärt ist, welche Anforderungen an einen solchen Kündigungsbutton konkret zu stellen sind.
Die vom Gesetzgeber dem Unternehmer auferlegten Pflichten zum Kündigungsbutton sind in § 312k Abs. 2 BGB geregelt. Diese Norm schreibt vor, dass die Kündigungsschaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein muss. Der Verbrauer muss unmittelbar zu einer Bestätigungsseite geführt werden. Eine nachfolgende Bestätigungsseite muss eine Schaltfläche enthalten, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.
Der Vertragsschluss muss dabei über eine Webseite erfolgen. Damit ist der Internetauftritt eines Unternehmens gemeint, der sich für die hier relevanten Zwecke nicht ausschließlich auf gewerbliche Besteller bezieht. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Vertragsschluss über eine vom Unternehmer selbst betriebene Webseite vorgenommen wird, oder ob er sich einer von einem sonstigen Dritten betriebenen Webseite bedient. Die Pflichten des Unternehmers sind auf Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern zur Begründung von Dauerschuldverhältnissen beschränkt. Als Dauerschuldverhältnis sind nur solche Schuldverhältnisse zu verstehen, die durch eine dauernde Leistungsbeziehung gekennzeichnet sind. Entscheidend ist die Pflicht zur ständigen oder wiederkehrenden Erbringung von Leistungen durch den Unternehmer, insbesondere bei Mobilfunkverträgen, Energielieferverträgen, Abonnementverträgen, Online-Gaming-Verträgen, Telekommunikationsverträgen oder Verträgen mit Fitnessstudios.
Die dem Unternehmer auferlegten Pflichten gelten nicht für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist. Außerdem gelten sie nicht in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen oder für Verträge über Finanzdienstleistungen.
Eine für Unternehmen dahingehende wichtige Entscheidung erging vom Landgericht Koblenz am 7. März 2023. Darin wurde festgestellt, dass es einem Unternehmer erlaubt ist, neben einer Kündigungsschaltfläche, die den gesetzlichen Vorgaben (siehe § 312k Abs. 2 BGB) entspricht, weitere Kündigungsmöglichkeiten wie einen Kündigungsassistenten auf seiner Website vorzusehen.
Geklagt hat ein Verbraucherschutzverein. Bei der Beklagten handelte es sich um ein Telekommunikationsunternehmen. Streitgegenstand war die Gestaltung der Bestätigungsseite und -schaltfläche im Rahmen des Online-Kündigungsverfahrens. Die Beklagte hat auf ihrer Kündigungsseite über der Bestätigungsschaltfläche mit dem Kündigungsbutton zusätzlich einen „Kündigungs-Assistenten“ eingerichtet. Der Kläger machte geltend, dass durch das vorgeschobene Fenster des Kündigungsassistenten die eigentliche Bestätigungsschaltfläche nicht unmittelbar und leicht zugänglich im Sinne des § 312k Abs. 2 S. 4 BGB gewesen sei. Er führte an, dass Verbraucher die obere Schaltfläche mit dem Kündigungsassistenten zuerst wahrnehmen würden und dies von der einfacheren, den Anforderungen des § 312k Abs. 2 BGB entsprechenden Kündigungsmöglichkeit ablenke. Der Kläger klagte auf Unterlassung der Vorschaltung eines entsprechenden Kündigungsassistenten.
Die Gestaltung der Webseite mit dem Kündigungsassistenten verstößt nach Auffassung des LG Koblenz nicht gegen § 312k Abs. 2 BGB. Die Beklagte stellte die gemäß § 312k BGB erforderliche Kündigungsmöglichkeit zur Verfügung, wobei die geforderte Bestätigungsseite und die Bestätigungsschaltfläche vorhanden seien. Diese sind auch ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass sich auf der gleichen Seite oberhalb des Kündigungsformulars die weitere Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ befindet.
Es sei in jedem Fall zulässig, zusätzlich zu dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Fragenkatalog eine alternative Kündigungsmöglichkeit vorzusehen, denn das in § 312k BGB vorgesehene Verfahren solle dem Verbraucher lediglich einen zusätzlichen Weg zum Aussprechen der Kündigung eröffnen.
Auch wenn ein Verbraucher die Schaltfläche des Kündigungsassistenten zuerst wahrnehme, sei zu erwarten, dass er den Unterschied zwischen einer sofortigen Kündigung und einem Kündigungsassistenten erkenne. Ein „Assistent“ sei dabei klar erkennbar eine Hilfestellung und kein direkter und schnellster Weg zu einer Kündigung; nur weil dieser weiter oben auf der Website stehe, bedeute das nicht, dass der Rest der Webseite vom Verbraucher nicht wahrgenommen werde.
Mit dem vorgenannten Urteil wird klargestellt, dass Unternehmen zusätzlich zu der vorgeschriebenen Bestätigungsschaltfläche mit dem Kündigungsbutton auch noch andere Möglichkeiten einer Kündigung zur Verfügung stellen können, sofern die Optionen klar voneinander abgrenzbar sind. Dies eröffnet für die Unternehmen weitere Optionen, wie sie ihre Webseiten in Bezug auf die Möglichkeiten zur Beendigung von Verträgen gestalten können.
Wichtig ist, dass die Kündigungsschaltfläche mit Kündigungsbutton trotz anderer Kündigungsmöglichkeiten weiterhin ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein muss. Es sollte besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass der Button so ausgestaltet ist, dass ein durchschnittlicher und verständiger Verbraucher diesen zur Kenntnis nehmen und seine Funktion und Reichweite ohne weitere Hürden verstehen und nutzen kann. Außerdem darf die Schaltfläche einer etwaigen anderen Kündigungsmöglichkeit nicht attraktiver gestaltet sein, um mehr Aufmerksamkeit als die Schaltfläche mit dem Kündigungsbutton zu erregen. Es muss optisch klar erkennbar sein, dass der Kündigungsbutton die schnellste und einfachste Möglichkeit der Kündigung darstellt.
Unternehmen müssen beachten, dass ihre Kunden in ihrer Eigenschaft als Verbraucher bei Verstößen gegen § 312k BGB den Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung von Kündigungsfristen rechtswirksam kündigen dürfen. Damit es zu keiner für die Unternehmen ungewollten Kündigungswelle kommt, empfiehlt es sich, die Ausgestaltung der Kündigungsschaltfläche am Maßstab der Voraussetzungen des Gesetzgebers und der von der Rechtsprechung eröffneten Möglichkeiten zu prüfen.
Johannes Müller
Senior Associate
München
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Dr. Paul Derabin