31.08.2020
Anlässlich erneut steigender Fallzahlen von Covid19-Erkrankungen tritt das Thema Kurzarbeit wieder in den Vordergrund. Eine zeitlich begrenzte Arbeitnehmerüberlassung kann eine kurzfristige und unbürokratische Alternative zur Überbrückung der Krise darstellen und zur Vermeidung von Kurzarbeit und Entlassungen eingesetzt werden. Es sei daher an dieser Stelle ein Blick auf dieses – bisher in Zeiten der Corona-Krise in der Praxis noch wenig beleuchtetes – Instrument geworfen.
Die Arbeitnehmerüberlassung ist nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) an strenge Voraussetzungen geknüpft, insbesondere erfordert sie – bis auf wenige gesetzliche Ausnahmen – eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht ist in § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG für die Fälle vorgesehen, in denen die Überlassung zwischen Arbeitgebern nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Dabei ist unter dem Merkmal „gelegentlich“ eine nicht regelmäßige und nur ausnahmsweise Überlassung zu verstehen. Eine gelegentliche Überlassung liegt demnach nicht mehr vor, wenn der Verleiher seine Arbeitnehmer planmäßig wiederholt an Entleiher zur Arbeitsleistung überlässt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales („BMAS“) hat Arbeitgebern auf seiner Homepage Auslegungshilfen an die Hand gegeben. Danach liegen die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG vor, wenn die betroffenen Arbeitnehmer der Überlassung zugestimmt haben, eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung nicht beabsichtigt wird und die einzelne Überlassung zeitlich begrenzt auf die aktuelle Krisensituation erfolgt. Auch wenn der gesetzliche Equal-Pay-Grundsatz nicht für eine Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG anwendbar ist, ist dieser nach Ansicht des BMAS gleichwohl zu beachten. Das BMAS weist hierzu auf seiner Homepage darauf hin, dass es insbesondere vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sachgerecht sei, wenn die Leiharbeitnehmer den Stammbeschäftigten im Einsatzbetrieb gleichgestellt werden. Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, entgegen der Gesetzeslage den Equal-Pay-Grundsatz auch bei einer Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG zur Anwendung zu bringen. Zudem ist zu beachten, dass eine Arbeitnehmerüberlassung in der Baubranche grundsätzlich unzulässig ist, wenn die Leiharbeitnehmer in einem Baubetrieb für Tätigkeiten eingesetzt werden sollen, welche regelmäßig von Arbeitern erbracht werden. Der Begriff des Baubetriebs ist in der Baubetriebe-Verordnung näher definiert.
Eine weitere Ausnahme von dem Erfordernis des Vorliegens einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis enthält § 1a AÜG, der für kleinere Unternehmen in Betracht kommt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber weniger als 50 Personen beschäftigt, die Überlassung zur Vermeidung von Kurzarbeit und Entlassungen dient sowie eine vorherige Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit erfolgt. Ferner wird vorausgesetzt, dass der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Die Überlassungsdauer darf zwölf Monate nicht überschreiten.
Diese Privilegierung betrifft allerdings im Gegensatz zu § 1 Abs. 3 Ziff. 2a AÜG nur die Befreiung von der Erlaubnispflicht, weshalb die übrigen Bestimmungen des AÜG, insbesondere der Equal-Pay-Grundsatz, bereits nach dem Gesetz anwendbar sind.
Das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung kann im Einzelfall für alle Beteiligten in der Krise von Vorteil sein. Gleichwohl ist bei der Anwendung dieser Ausnahmeregelungen aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen und der gravierenden Folgen bei einem Verstoß Vorsicht geboten. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, die Arbeitnehmerüberlassung im Vorfeld mit der zuständigen Agentur für Arbeit abzustimmen.
Achim Braner
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