26.04.2021

Aus „Verantwortungseigentum“ wird „gebundenes Vermögen“

Hintergrund

Bereits als im Juni 2020 eine unabhängige Arbeitsgruppe einen Gesetzesentwurf über eine GmbH „in Verantwortungseigentum“ vorlegte, berichteten wir auf diesem Blog. Seitdem wurde der Vorschlag sowohl in der Fachliteratur als auch in den Medien kontrovers diskutiert. Die Arbeitsgruppe hat auf die vorgebrachte Kritik reagiert, indem sie einige Punkte aufgriff und sie in einen kürzlich veröffentlichten, überarbeiteten Gesetzesentwurf einbrachte. Es ist also Zeit für ein Update zu diesem für Gesellschaftsrechtler, Unternehmer und Gründer gleichermaßen spannenden Vorhaben.

Die Neuerungen

Die Grundidee bleibt auch im Entwurf 2.0 dieselbe: Erwirtschaftete Gewinne der Gesellschaft dürfen nicht ausgeschüttet werden. Geändert hat sich dagegen der Name: Aus der GmbH „in Verantwortungseigentum“ wurde die GmbH „mit gebundenem Vermögen“. So soll dem Missverständnis vorgebeugt werden, die Gesellschaft müsse einen gemeinnützigen Zweck verfolgen und andere Unternehmensformen würden nicht verantwortungsvoll wirtschaften.

Neu hinzugekommen ist des Weiteren die Kontrolle des „Asset-Locks“ durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. Nach der ersten Version des Gesetzesentwurfs hätte es noch ausgereicht, dass der Geschäftsführer einmal jährlich den Gesellschaftern über die Einhaltung der Vermögensbindung berichtet. Eine Maßnahme, die ins Leere liefe, wenn – wie es in der GmbH häufig der Fall ist – der Geschäftsführer gleichzeitig Alleingesellschafter ist. Flankiert wird der Einsatz des Wirtschaftsprüfers durch weitere Vorschriften, welche die Umgehung des Asset Locks, etwa durch Gewinnabführungsverträge, unmöglich machen sollen. Zudem soll nun Gläubigern eines Gesellschafters oder Gründers, deren Forderungen noch vor der Bekanntmachung der Vermögensbindung entstanden sind, das Recht eingeräumt werden, Sicherheiten zu verlangen. Denn durch eine Pfändung von Geschäftsanteilen an der „GmbH mit gebundenem Vermögen“ kann ja nicht mehr auf das in der Gesellschaft gebundene Vermögen zugegriffen werden.

Bedenken

Die Arbeitsgruppe hat sinnvolle Antworten auf manchen berechtigten Kritikpunkt gefunden. Der überarbeitete Entwurf ist insofern ein Schritt in die richtige Richtung.

Einen wichtigen Punkt gibt es jedoch zu bedenken: Die „GmbH mit gebundenem Vermögen“ ist längst nicht für alle Unternehmen das richtige Vehikel. So ist zum Beispiel ein von Venture Capital Investoren finanziertes Startup mit gebundenem Vermögen undenkbar. Denn der Erwerb von Anteilen an einem solchen Unternehmen ist wirtschaftlich äußerst unattraktiv, wenn Gewinne nicht ausgeschüttet werden dürfen. Ein Szenario, in dem Gesellschafter weder ihre Einlagen zurückerhalten können, noch ein lukrativer Exit-Markt besteht, wird jedoch renditegetriebene Investoren zu Recht abschrecken. Sofern also gerade Gründer mit diesem neuen Konzept liebäugeln, müssen sie sich über die damit verbundene Weichenstellung im Klaren sein.

Auch im Krisenfall könnte sich die Wahl dieser Rechtsform rächen, da eine erfolgreiche Sanierung oftmals einen Geldgeber voraussetzt, dem ein entsprechender Gegenwert abseits von Darlehen und Zinsen geboten werden muss.

Fazit

Es gibt Fälle in denen eine Vermögensbindung interessant ist, zum Beispiel bei sozialen Unternehmungen, der Überführung von Familienunternehmen oder gesellschaftspolitischen Projekten. Für diese bieten aber die Stiftung und die (gemeinnützige) GmbH in der Praxis schon vielfach angewendete und erprobte Lösungen – die nur in der Endgültigkeit der Vermögensbindung teilweise der Idee der „GmbH mit gebundenem Vermögen“ nachhinken. Ob der Anteil der Unternehmer, denen diese Lösungen nicht weit genug gehen, groß genug ist, um die gesetzliche Einführung der „GmbH mit gebundenem Vermögen“ zu rechtfertigen, mag man daher infrage stellen. Letztlich dürfte es diesen Unternehmern eher um die Verantwortung gehen, die sie mit ihrer Gesellschaft übernehmen wollen. Insofern wäre dann vielleicht das „Verantwortungseigentum“ doch kein schlechter Begriff gewesen.

Autoren

 

Dr. Moritz Mentzel
Senior Associate
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moritz.mentzel@luther-lawfirm.com
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Colin Frank
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Autor/in
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