21.10.2024
In diesem zweiten Teil unserer Blogserie „Bankgarantien im internationalen Handel“ stellen wir die Handlungsoptionen des Garantiegläubigers dar.
Den weiteren Ausführungen liegt dieser bereits im ersten Teil der Blogserie dargestellte Beispielsfall zugrunde:
Die A-GmbH schließt mit der B-AG einen Liefervertrag über Kunststoffgranulat. Um den Lieferanspruch der A-GmbH abzusichern, vereinbaren die Parteien, dass die B-AG der A-GmbH eine Bankgarantie in Form einer Liefergarantie beibringt.
Daraufhin beauftragt die B-AG ihre Hausbank, die C-Bank, der A-GmbH gegenüber ein Garantieversprechen abzugeben, unter dem sich die C-Bank dazu verpflichtet, das Risiko einer Nichtleistung oder einer Lieferverzögerung durch die B-AG gegenüber der A-GmbH abzusichern. Erfüllt die B-AG ihre Lieferpflichten nicht oder nicht vertragsgemäß, ist die C-Bank verpflichtet, eine festgelegte Garantiesumme „auf erstes Anfordern“ der A-GmbH an diese zu zahlen.
Als eine große Lieferung von Kunststoffgranulat durch die B-AG entgegen der vertraglichen Vereinbarung ausgeblieben ist, verlangt die A-GmbH von der C-Bank die Zahlung der Garantiesumme.
Der Garantiegläubiger, im obigen Fall die A-GmbH, möchte bei Inanspruchnahme einer Bankgarantie eine möglichst zeitnahe und reibungslose Auszahlung der Garantiesumme sicherstellen. Daher sollte sie bereits vor Geltendmachung von Garantieansprüchen ihre Rechtsschutzmöglichkeiten kennen und strategische Überlegungen anstellen:
I. Vorgehen gegenüber dem Garantieschuldner
Bevor sie etwaige Garantieansprüche geltend macht, sollte die A-GmbH prüfen, ob der Garantiefall tatsächlich vorliegt und ob auch ein Anspruch aus dem Liefervertrag besteht, um einen späteren kostspieligen Rückforderungsprozess um die gezahlte Garantiesumme zu vermeiden. Kommt die A-GmbH zu dem Ergebnis, dass der Garantiefall eingetreten ist, sollte sie zügig und ohne lange Vorankündigungen gegenüber der B-AG handeln und die C-Bank zur Zahlung der Garantiesumme auffordern. Diese könnte ansonsten einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme gegenüber der C-Bank oder der A-GmbH vorbereiten.
Um das Risiko zu reduzieren, dass ein Gericht der A-GmbH per einstweiliger Verfügung die Inanspruchnahme aus der Garantie untersagt, kann sich die Hinterlegung einer Schutzschrift beim elektronischen Schutzschriftenregister anbieten. Bei dieser handelt es sich um einen vorsorglichen Schriftsatz an das zuständige Gericht. Geht ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme der B-AG ein, wird der Richter die Argumente der A-GmbH aus der hinterlegten Schutzschrift berücksichtigen und entscheidet über den Antrag, falls ausnahmsweise keine mündliche Verhandlung stattfindet, nicht allein auf Grundlage der Darstellung der B-AG. Dies erhöht die Chancen, dass der Erlass einer einstweiligen Maßnahme verhindert werden kann.
Neben dem Vorgehen aus dem Garantievertrag bleibt es der A-GmbH unbenommen, die B-AG aufgrund der nicht vertragsgemäßen Lieferung auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
II. Vorgehen gegenüber der Garantiebank
Bei Weigerung der Auszahlung durch die C-Bank könnte die A-GmbH eine Zahlungsklage gegen diese erheben. Eine solche Klage ist erfolgreich, wenn die Inanspruchnahme der Garantie nicht missbräuchlich ist und die C-Bank nach den Regelungen des Garantievertrags nicht zur Verweigerung der Zahlung berechtigt ist. Im Fall der Garantie „auf erstes Anfordern“, kann die C-Bank dem Zahlungsbegehren der A-GmbH zudem keine Einwendungen aus dem Liefervertrag mit der B-AG entgegenhalten.
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, die auf Auszahlung der Garantiesumme gerichtet ist, kommt hingegen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, wenn die A-GmbH ohne die einstweilige Verfügung keinen effektiven Rechtsschutz mehr erlangen könnte und in ihrer Existenz bedroht wäre. Dies wird in der Regel eine besondere Eilbedürftigkeit voraussetzen.
III. Ergebnis und Zweckmäßigkeitserwägungen
Obwohl eine gegen die sich weigernde Garantiebank gerichtete Klage Zeit und Geld kostet, dürfte aufgrund des im Falle einer Sicherheit „auf erstes Anfordern“ eingeschränkten Prüfprogramms regelmäßig zügig über diese entschieden werden. Im Vergleich dazu wird eine Klage gegen den Schuldner wegen ausgebliebener Leistung regelmäßig mehr Zeit in Anspruch nehmen, da das Gericht dann sämtliche Einwendungen aus diesem Vertragsverhältnis prüfen muss. Darüber hinaus kann bei drohender Insolvenz des Garantieschuldners eine Klage gegen die Garantiebank zweckmäßig sein.
Dem Risiko einer Rückforderung der Garantiesumme durch den Garantieschuldner kann der Garantiegläubiger dadurch begegnen, dass er vor Inanspruchnahme der Garantie umfassend prüft, ob sowohl der Garantiefall nach dem Garantievertrag eingetreten ist als auch die Anspruchsvoraussetzungen des zugrunde liegenden abgesicherten Vertrags erfüllt sind.
Dr. Stephan Bausch, D.U.
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