19.03.2020
Kommt der Bauleiter bzw. der Bauherr seiner Pflicht zur Erstattung der Anzeige über die Fertigstellung seiner baulichen Anlage nach, kann die Nutzungsaufnahme grundsätzlich eine Woche nach Fertigstellung erfolgen. Problematisch wird es jedoch dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde auf einen Baubesichtigungstermin besteht, einen solchen aber in absehbarer Zukunft nicht wahrnehmen wird. Dazu kann es derzeit insbesondere dann kommen, wenn die Bauaufsichtsbehörde aufgrund von Covid-19 keine Baustellen mehr besichtigt. Eine Bauabnahme kann jedoch auch ohne eine Vor-Ort-Besichtigung der Bauaufsichtsbehörde erfolgen. Eine Möglichkeit kann hier die Heranziehung eines Sachverständigen sein.
Die Bauaufsichtsbehörde ist nach § 84 Abs. 1 Bauordnung NRW (BauO NRW) grundsätzlich zur Durchführung einer Bauzustandsbesichtigung verpflichtet, soweit es sich um ein Vorhaben handelt, das dem normalen Genehmigungsverfahren unterliegt. Um ihr eine Besichtigung des Bauzustandes zu ermöglichen, hat der Bauleiter bzw. – soweit ein Bauleiter nicht benannt worden ist – der Bauherr die abschließende Fertigstellung der Bauaufsichtsbehörde jeweils eine Woche vorher anzuzeigen (§ 84 Abs. 2 S. 1 BauO NRW). Der Bauleiter bzw. Bauherr ist zur Anzeige verpflichtet. Das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der Anzeige stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 EUR geahndet werden kann (§ 86 Abs. 1 Nr. 17 BauO NRW i.V.m. § 86 Abs. 3 BauO NRW). Eine Anzeige sollte daher in jedem Fall erstattet werden und zwar auch dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine Bauzustandsbesichtigung in naher Zukunft nicht vornehmen kann bzw. wird.
Grundsätzlich kann die Nutzung der jeweiligen Anlage eine Woche nach dem in der Anzeige genannten Zeitpunkt der Fertigstellung aufgenommen werden (§ 84 Abs. 8 S. 1 BauO NRW). Die Behörde kann jedoch vom Bauherr verlangen, die Anlage erst dann zu benutzen, wenn sie von ihr geprüft worden ist (§ 84 Abs. 7 BauO NRW). Die vorzeitige Benutzung der baulichen Anlage entgegen diesem Verlangen stellt ebenfalls eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (§ 86 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Abs. 3 BauO NRW).
Die Prüfung des Bauzustandes muss jedoch nicht zwingend durch die Bauaufsichtsbehörde selbst erfolgen. In Betracht kommt insoweit auch die Prüfung durch einen staatlich anerkannten Sachverständigen. Einen solchen kann die Bauaufsichtsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich auf Kosten des Bauherrn heranziehen (§ 58 Abs. 3 BauO NRW).
Nach erfolgter Besichtigung der baulichen Anlage hat der Sachverständige der Bauaufsichtsbehörde Auskunft über die vorgenommenen Prüfungen zu erteilen und ihr Unterlagen hierzu vorzulegen. Bei der Prüfung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften durch einen staatlich anerkannten Sachverständigen wird vermutet, dass die bauaufsichtlichen Anforderungen insoweit erfüllt sind. Soweit keine Mängel durch den Sachverständigen festgestellt wurden, kann die Bauaufsichtsbehörde daher eine Schlussabnahmebescheinigung erstellen.
Die Prüfung des Bauzustandes durch einen Sachverständigen bietet somit eine gute Möglichkeit, die Schlussabnahmebescheinigung auch ohne Vor-Ort-Termin der Bauaufsichtsbehörde zu erlangen.
Denise Helling