18.07.2022

Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Probezeit nach § 15 Abs. 3 TzBfG nF

Hintergrund

Die Gesetzesreform durch die europäische „Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen“ (ABRL) betrifft neben dem Nachweisgesetz auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Der neue § 15 Abs. 3 TzBfG, der ab dem 1. August 2022 in Kraft treten wird, fordert für die Vereinbarung einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen, dass sie im Verhältnis zur Dauer und Art der Tätigkeit steht. Für die Vertragsgestaltung müssen Arbeitgeber daher zukünftig beachten, welche Probezeit im Einzelfall aufgrund der Länge der Befristung gewählt wird. Eine zu lang gewählte Probezeit führt zur Unwirksamkeit der Vereinbarung über die Probezeit. Das Gesetz gibt Arbeitgebern keine Hilfestellung. Arbeitgeber sollten sich an folgenden Kriterien orientieren:

Angemessenes Verhältnis zur Befristungsdauer

Die Probezeit muss im angemessenen Verhältnis zur Dauer der befristeten Tätigkeit stehen. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Gesetzesbegründung lassen sich für die Bestimmung der Angemessenheit Hinweise entnehmen. Es lohnt sich daher, einen Blick in den Änderungsantrag des Europäischen Parlaments, der vor Erlass der ABRL gestellt wurde, zu werfen. Dort wurde der Vorschlag unterbreitet, dass bei befristeten Verträgen mit einer Dauer von weniger als 12 Monaten die Probezeit höchstens 25 % der erwarteten Vertragsdauer betragen soll. Für einen auf sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag dürfte die Probezeit dann eine Länge von maximal anderthalb Monaten haben. Der 25 %-Maßstab kann allerdings nicht als festgesetzter Richtwert verstanden werden, sondern Arbeitgebern als Orientierung dienen.

Angemessenes Verhältnis zur Art der Tätigkeit

Die Länge der Probezeit soll zudem auch mit der Art der Tätigkeit im Verhältnis stehen. Hierfür können verschiedene Anhaltspunkte herangezogen werden. Für die Länge der Probezeit wird entscheidend sein, wie lange die Einarbeitungszeit im konkreten Fall zu bemessen ist. Dies ist wiederum vom Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit sowie der einschlägigen Berufserfahrung des Beschäftigten abhängig. Falls der Beschäftigte bereits ausgelernt ist oder die Tätigkeit zum wiederholten Mal ausführt, wäre eine lange Probezeit unangemessen. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Saisonarbeit. In bestimmten Wirtschaftsbereichen wie bspw. dem Handel, Tourismus oder der Gastronomie werden vermehrt während der Saison zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht. Sie benötigen (bei wiederholter Tätigkeit) keine lange Einarbeitungszeit. Zudem können auch die Stellung im Beruf und der Verantwortungsbereich des Beschäftigten für die gewählte Probezeit maßgeblich sein. Wenn nach der Befristung eine dauerhafte Beschäftigung angestrebt wird, kann auch dies ein Indiz dafür sein, dass eine längere Probezeit angemessen ist.

Fazit

Welche Maßstäbe Gerichte zukünftig für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen zu Grunde legen, bleibt mit Spannung abzuwarten. Arbeitgeber sollten jedoch die Bestimmungen der Probezeit im Einzelfall kritisch prüfen, da eine zu lang bemessene Probezeit weitreichende Konsequenzen nach sich zieht. Es gilt in diesem Fall nicht die verkürzte Kündigungsfrist während der Probezeit, sondern die gesetzliche bzw. eine längere vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist.

Autor/in
Achim Braner

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Nadine Ceruti

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