07.10.2021
Die Betriebsratswahlen stehen vor der Tür. Zwischen dem 1. März und dem 31. Mai 2022 werden in Deutschlands Unternehmen wieder Mitarbeitervertreter gewählt. Insoweit bleibt zwar noch etwas Zeit bis zur Einreichung der Wahlvorschläge, doch in den meisten Betrieben hat der Wahlkampf bereits begonnen. Kandidaten beginnen, für sich zu werben und auch die Arbeitgeber sollten diese Phase nutzen.
Als Arbeitgeber liegt das Interesse an der Betriebsratswahl auf der Hand: Unternehmen haben ein Interesse, mit dem Betriebsrat vertrauensvoll und konstruktiv zusammenzuarbeiten. Deswegen kann es sinnvoll sein, in der Belegschaft gezielt für ein Engagement im Betriebsrat zu werben. Denn bei zahlreichen zustimmungspflichtigen Themen, z. B. der Einführung von technischen Einrichtungen (Dauerbrenner: Software/Sweet HR) hilft es durchaus, wenn Mitarbeiter mit dem erforderlichen technischen Sachverstand und Interesse im Betriebsrat sind. Ein erster Schritt kann also das Ansprechen von potenziellen Kandidaten sein.
Das Werben für einzelne Kandidaten ist zulässig, sollte aber im Rahmen bleiben und nicht den Charakter eines eigenen Wahlkampfes erreichen (das heißt z. B. kein Einsatz betrieblicher Mittel für einen bestimmten Kandidaten).
Eine Verpflichtung zur Neutralität besteht für Arbeitgeber im Wahlkampf nicht. Einem derartigen Neutralitätsgebot, wie es zuweilen in der Literatur und auch von einzelnen Gerichten angenommen wurde, hat das BAG im Jahr 2017 eine deutliche Absage erteilt (BAG, Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 7 ABR 10/16). Auch ein Arbeitgeber kann sich auf die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen und Stellung im Wahlkampf beziehen. Schließlich kann von den Arbeitnehmern erwartet werden, die Aussagen des Arbeitgebers einzuordnen und eine freie Wahlentscheidung zu treffen. Wie überall gilt: Sachliche und inhaltlich zutreffende Kritik ist immer angebracht. Arbeitgeber dürfen Probleme in der Zusammenarbeit mit aktuellen Gremien also offen ansprechen. Das schließt öffentliche Äußerungen – diese dürfen pointiert sein – zu einzelnen Kandidaten mit ein und auch kritische Äußerungen über einzelne Kandidaten sind zulässig.
Gänzlich unbeschränkt ist die erlaubte Einflussnahme auf die Betriebsratswahl nicht. Die Grenzen sind in § 20 BetrVG klar geregelt. Nicht erlaubt sind das Versprechen oder Gewähren von Vorteilen (Abs. 2), das Androhen oder Zufügen von Nachteilen (Abs. 2) sowie ganz allgemein die Behinderung der Wahl (Abs. 1). Dabei schützt § 20 Abs. 2 BetrVG vor allem die innere Willensbildung der wahlberechtigten Arbeitnehmer, während der Behinderungstatbestand in § 20 Abs. 1 BetrVG den äußeren Ablauf der Wahl garantieren soll.
Eine verbotene Bevorteilung einzelner Kandidaten liegt nicht erst bei dem Versprechen oder Gewähren von Gehaltserhöhungen, Beförderungen oder sonstigen unmittelbaren Zuwendungen vor. Auch die Unterstützung des Wahlkampfes durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln oder betrieblicher Infrastruktur ist unzulässig, soweit diese nicht allen Kandidaten gleichermaßen gewährt wird.
Spiegelbildlich dazu liegt eine Benachteiligung insbesondere dann vor, wenn einzelne Kandidaten oder Listen nicht im selben Maße Zugriff auf betriebliche Mittel erhalten wie die restlichen Wahlbewerber. Zudem sind selbstverständlich das Androhen und Durchführen von Gehaltskürzungen, Versetzungen oder Kündigungen als Mittel der Einflussnahme auf die Betriebsratswahl verboten.
Der Wahlkampf für die BR-Wahlen 2022 hat begonnen. Trauen Sie sich als Arbeitgeber, Farbe zu bekennen. Sprechen sie aktuelle Probleme in der Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen oder einzelnen Betriebsratsmitgliedern offen an. Ermutigen Sie Mitarbeiter, sich im Betriebsrat zu engagieren und sich für die Wahl zu bewerben. Die Grenzen der unzulässigen Wahlbeeinflussung sind klar erkennbar und sollten daher kein Unternehmen abschrecken, sich aktiv in den Wahlkampf einzubringen.
Klaus Thönißen, LL.M. (San Francisco)
Partner
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