07.12.2021

Betriebsratswahlen 2022 - Sachmittel und Schulungsansprüche für die Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat muss handlungsfähig sein. Der Arbeitgeber hat ihm die dafür erforderlichen Sachmittel bereitzustellen und die Kosten für erforderliche Schulungen zu übernehmen. Aber was ist erforderlich und was nicht?

Erforderlichkeit

Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich die durch die Betriebsratstätigkeit entstehenden erforderlichen Kosten und hat ihm die für seine Tätigkeit erforderlichen Sachmittel zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Welche Sachmittel zur ordnungsgemäßen Durchführung erforderlich sind, richtet sich nach Art und Beschaffenheit des Betriebs.

Der Betriebsrat hat einen Überlassungsanspruch. Er ist in der Regel nicht ermächtigt, sich die nach eigener Ansicht erforderlichen Sachmittel selbst zu beschaffen und die Kosten dem Arbeitgeber anschließend in Rechnung zu stellen. Der Arbeitgeber hat ein Auswahlrecht zwischen mehreren geeigneten Sachmitteln.

Die Frage der Erforderlichkeit wird nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Betriebsrat beantwortet. Er hat die Auswahlentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung seiner Bedürfnisse und der Belange des Arbeitgebers zu treffen. Hält der Arbeitgeber vom Betriebsrat angeforderte Sachmittel nicht für erforderlich, hat er ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren zur Klärung der Streitfrage einzuleiten.

Sachmittel

Erforderliche Sachmittel sind alle Gegenstände, die der Betriebsrat für Sitzungen, Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung zur Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Dazu zählen hauptsächlich Büroutensilien. Es besteht jedenfalls ein Anspruch auf Mitnutzung der betrieblichen Kopiergeräte oder Drucker; angesichts der heutigen Speicherfunktionen und Üblichkeit der Geräte ggf. auch ein Anspruch auf die Überlassung eigener Geräte. Die Qualität der Sachmittel hat dem betriebsüblichen Standard zu entsprechen.

Zur Unterrichtung der Arbeitnehmer ist dem Betriebsrat in der Regel ein „schwarzes Brett“ zur Verfügung zu stellen, auf dem er Bekanntmachungen und Mitteilungen anbringen kann. Es ist an einer geeigneten, für alle Arbeitnehmer zugänglichen Stelle zu platzieren.

Dem Betriebsrat ist zudem einschlägige Fachliteratur zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören insbesondere die wichtigsten arbeits- und sozialrechtlichen Gesetzestexte, ein aktueller Kommentar zum BetrVG und eine arbeits- und sozialrechtliche Fachzeitschrift. Die Notwendigkeit sonstiger Literatur ergibt sich aus den Anforderungen an die konkrete Betriebsratsarbeit.

Die Sachmittel bleiben im Eigentum des Arbeitgebers. Ausnahme hiervon bilden verbrauchbare Sachmittel, deren Eigentum auf die Betriebsratsmitglieder in ihrer Gesamtheit übergeht. Wird ein neuer Betriebsrat gewählt, geht z. B. das Eigentum an bestehenden Akten auf ihn über.

Digitale Arbeitsmittel

Arbeitgeber haben dem Betriebsrat im erforderlichen Umfang die für seine Arbeit notwendigen Informations- und Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen.

In der digitalisierten Arbeitswelt gehört zu der Grundausstattung des Betriebsrats ein Computer mit üblichem Zubehör (Bildschirm etc.), Internetzugang sowie ein Telefon. Weitere Arbeitsmittel (etwa Laptops, Smartphones) haben Arbeitgeber nur bereitzustellen, wenn sie nach den jeweiligen betrieblichen Anforderungen erforderlich sind. Dies mag der Fall sein bei erheblichen Reisetätigkeiten oder bei dem Erfordernis flexibler Erreichbarkeit.

Anhaltspunkte für die Prüfung der Erforderlichkeit können unter anderem das betriebsübliche Ausstattungsniveau und die durch den Arbeitgeber selbst eingesetzten Kommunikationsmittel sein. Keinesfalls muss das betriebliche Ausstattungsniveau überschritten werden. Alleine der Wunsch nach „Waffengleichheit“ mit der betrieblichen Leitungsebene begründet noch keine Erforderlichkeit.

Nutzen Arbeitgeber ein innerbetriebliches Informations- und Kommunikationssystem (Intranet), ist dem Betriebsrat die Möglichkeit zu eröffnen, eine eigene Homepage mit zu seinen Aufgaben gehörenden Informationen einzurichten, ohne dass der Arbeitgeber darauf Einfluss nehmen darf.

Schulungsansprüche

Dem Betriebsrat muss grundsätzlich die Erlangung des für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Wissens ermöglicht werden. Darunter fallen nicht nur Grundkenntnisse im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht, sondern je nach Ausgestaltung des Betriebs auch Wissen zu speziellen Sachmaterien. Gerade bei letzteren ist stets zu prüfen, ob nach den Verhältnissen des Einzelbetriebs Fragen und Probleme anstehen, die der Beteiligung des Betriebsrats unterliegen und bei denen im Hinblick auf den konkreten Wissensstand des jeweiligen Betriebsratsmitglieds eine Schulung erforderlich erscheint.

Während bei Schulungen, die Grundkenntnisse vermitteln, die Wissensvermittlung an alle Betriebsratsmitglieder erforderlich sein wird – soweit nicht bereits Kenntnisse vorhanden sind –, ist dies bei Schulungen zu Spezialthemen nicht der Fall. Bei diesen ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Schulung thematisch erforderlich ist und wie viele Mitglieder des Betriebsrats über das Wissen verfügen müssen. Regelmäßig darf und muss erwartet werden, dass ein geschultes Betriebsratsmitglied seine Kenntnisse weitergibt und einsetzt.

Übernahme der Schulungs- und Fortbildungskosten

Der Arbeitgeber hat nach § 40 Abs. 2 BetrVG die Kosten für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu tragen, die erforderliche Kenntnisse vermitteln. Im Falle von Schulungen, die Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind (vgl. § 37 Abs. 6 BetrVG), hat der Arbeitgeber die Kosten stets zu tragen. Vermittelt eine Schulung nur teilweise erforderliche Kenntnisse, sind die Kosten nur voll zu tragen, wenn die Vermittlung der erforderlichen Themen einen Anteil von 50 % überschreiten und sich die Teilnahme nicht sinnvoll beschränken lässt.

Formelle Voraussetzung für die Kostentragungspflicht ist ein Beschluss des Betriebsrats über die Teilnahme seines Mitglieds an der Schulungsveranstaltung vor der Teilnahme. Ein nachträglicher Beschluss über die Billigung der Teilnahme reicht nicht aus.

Daneben ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Der Betriebsrat hat stets zu prüfen, ob die Schulungskosten unter Berücksichtigung des Inhalts und des Umfangs des vermittelten Wissens mit der Größe und der Leistungsfähigkeit des Betriebs zu vereinbaren sind. Arbeitgeber sind nur insoweit zur Erstattung verpflichtet, als der Kostenaufwand dem Rahmen des nach den Verhältnissen Zumutbaren entspricht. Kein Kriterium ist jedenfalls die besondere Attraktivität bestimmter Schulungsorte.

Ist die Teilnahme an einer Schulung erforderlich, sind auch Reisekosten, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu erstatten. Sie unterliegen jedoch einer eigenständigen Erforderlichkeitskontrolle.

Autor/in
Kevin Brinkmann LL.M.

Kevin Brinkmann LL.M.
Senior Associate
Hamburg
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