11.04.2019

BGH: Keine Anwendung von § 179a AktG auf GmbH

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11.04.2019

BGH: Keine Anwendung von § 179a AktG auf GmbH

Bislang war es absolut gängige Praxis: Sollte eine GmbH ihr (nahezu) gesamtes Vermögen veräußern, musste zur Wirksamkeit dieser Veräußerung ein Beschluss der Gesellschafterversammlung nach § 179a AktG (analog) herbeigeführt werden. In aller Regel wurde dieser Beschluss auch notariell beurkundet, was zumeist nicht unerhebliche Kosten verursachte. Damit macht der BGH nun in einem neuen Urteil überraschender Weise (fast) Schluss.


Es war oftmals eine unbeliebte Frage im Vorfeld einer Transaktion: Brauchen wir einen Beschluss nach § 179a AktG (analog)? Wenn man sich diese Frage stellen musste, war die Antwort meist schon vorprogrammiert. Sicherheitshalber sollte jedenfalls ein Beschluss gefasst und beurkundet werden. Das Urteil des BGH vom 8. Januar 2019 - II ZR 364/18 scheint diese Praxis auf den ersten Blick endgültig zu beenden. Aber ganz so einfach ist es dann leider doch wieder nicht.

Die Ausgangslage

§ 179a AktG regelt für die Aktiengesellschaft, dass vor dem Abschluss eines Vertrages, mit welchem die Gesellschaft ihr gesamtes Vermögen überträgt, ein notariell beurkundeter zustimmender Beschluss der Hauptversammlung herbeigeführt werden muss. Anderenfalls ist der Vertrag unwirksam.

Nach nahezu einhelliger Meinung war diese Regelung analog auch für Übertragungen von GmbHs anzuwenden. In der Praxis bedeutete dies zum einen, dass vor Vertragsschluss eine (grobe) Bewertung der Vermögenssituation der übertragenden GmbH angestellt werden musste, um zu prüfen, ob ein Fall des § 179a AktG vorlag. Bedeutung hatte dies vor allem bei Grundstückstransaktionen aber auch bei Unternehmensübertragungen im Wege des Share oder Asset Deals. Zum anderen hat man sich in der Praxis zumeist auch aus Gründen der Rechtssicherheit für die Beurkundung des betreffenden Beschlusses entschieden, was in der Regel erhebliche weitere Beurkundungsgebühren ausgelöst hat (bzw. beim Asset Deal unter Umständen überhaupt Auslöser für eine sonst nicht notwendige Beurkundung war).

Das Urteil - Jetzt alles anders?

Der BGH hat nun in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 364/18 in aller Deutlichkeit entschieden, dass § 179a AktG nicht, auch nicht analog auch auf GmbHs anzuwenden sei. § 179a AktG diene nach dem Willen des Gesetzgebers dem besonderen Schutz der Aktionäre einer Aktiengesellschaft, die sonst mangels Einsichts- und Auskunftsrechten von der Übertragung des gesamten Vermögens „ihrer“ Gesellschaft erst erfahren würden, wenn es zu spät ist. Bei der GmbH hingegen benötigten die Gesellschafter einen solchen besonderen Schutz nicht, da ihnen deutlich ausgeprägtere gesellschaftliche Kontroll- und Entscheidungsrechte zugutekämen. Die Abwägung zwischen dem allgemeinen Rechtsverkehr, der auf die Wirksamkeit eines Vertrages vertraue, und dem Interesse des GmbH-Gesellschafters, über eine solche Transaktion beschließen zu dürfen, falle daher zugunsten des Rechtsverkehrs aus. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung auch für die GmbH einführen müssen.

Bedeutet dies aber, dass die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens nunmehr ohne Zustimmungsbeschluss erfolgen kann? Leider jein. Der BGH hat ausgeführt, dass die Übertragung des gesamten Vermögens einer GmbH im Innenverhältnis die Kompetenz der Geschäftsführung überschreitet und deshalb - auch wenn dies nicht ausdrücklich in der Satzung geregelt ist - ein Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden muss. Dieser muss jedoch grds. nicht mehr notariell beurkundet werden. Der ohne diesen Beschluss abgeschlossene Vertrag ist jedoch allgemein nach außen wirksam, da die Geschäftsführung in ihrer Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist. Allerdings kann sich der Vertragspartner dann nicht auf den Vertrag berufen, wenn er bei Abschluss des Vertrages wusste, dass die GmbH ihr (nahezu) gesamtes Vermögen überträgt und hierüber kein Beschluss gefasst wurde. Dass der Käufer dieses Wissen hat, dürfte oft genug der Fall sein.

Was heißt das für die Praxis?

In der Praxis wird der Käufer immer noch angehalten sein, zu prüfen, ob er anhand des ihm bekannten Sachverhalts davon ausgehen muss, dass die GmbH ihr (nahezu) gesamtes Vermögen veräußert. Mindestens in diesem Fall muss er sich vor dem Vertragsschluss einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss der GmbH vorlegen lassen. Sollten Zweifel bzgl. der Vermögenslage bestehen oder der Käufer auch nur den Verdacht haben, dass hier das (nahezu) gesamte Vermögen der Gesellschaft veräußert wird, wird er vielmehr vorsorglich immer einen entsprechenden Beschluss einfordern müssen, um auf der rechtlich sicheren Seite zu sein.

  

Dr. Moritz Mentzel
Rechtsanwalt
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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