09.03.2021
Der Versuch der Deutschen Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt), im Zusammenhang mit der CO2-Berichterstattung nach TEHG besondere persönliche Handlungspflichten von Vorständen und Geschäftsführern zu begründen, ist endgültig gescheitert. In dem ersten gerichtlich verhandelten Fall zum Ordnungswidrigkeitentatbestand der fahrlässig unrichtigen Emissionsberichterstattung nach § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 TEHG wurde der Freispruch des betroffenen Industrieunternehmens in erster Instanz nunmehr durch das OLG Naumburg bestätigt. Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des AG Dessau-Roßlau vom 7. November 2019 eingelegte und von der DEHSt im Hintergrund begründete Rechtsbeschwerde wurde mit Beschluß vom 29. Januar 2021 als unbegründet verworfen (OLG Naumburg, 1 Ws 41/20).
Das Oberlandesgericht folgte mit seiner Entscheidung der amtsgerichtlichen Würdigung des Sachverhalts und dem Verteidigungsvorbringen des Luther-Partners Dr. Stefan Altenschmidt, der in dieser Sache als Verteidiger tätig war. Für die Ahndung einer unrichtigen Emissionsberichterstattung als Ordnungswidrigkeit muß danach bewiesen werden, daß ein Geschäftsführer des betroffenen Unternehmens oder eine andere Leitungsperson selbst die unrichtige Emissionsmenge mitgeteilt, die falsche Mitteilung angeordnet oder geduldet hat oder aber die falsche Mitteilung hätte verhindern können. Der objektive Fehler eines Mitarbeiters allein sei für die Tatbestandsverwirklichung nicht ausreichend.
Auch der Vorwurf einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG könne nicht allein aufgrund des Umstands eines objektiven Berichterstattungsfehlers gemacht werden. In einem Unternehmen müßten nur solche Aufsichtsmaßnahmen ergriffen werden, die auch objektiv erforderlich und zumutbar sind, betriebsbezogene Verstöße zu verhindern. Der Gesetzgeber gehe nicht von einer ständigen, flächendeckenden Personalkontrolle aus. Er bestimme gerade nicht eine Aufsicht über einen jeden Mitarbeiter zu jeder Zeit, sondern fordere nur Maßnahmen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass betriebsbezogene Verstöße unterbleiben. Dem Geschäftsführer eines emissionshandelspflichtigen Unternehmen obliege nicht, quasi neben dem zuständigen Mitarbeiter zu sitzen und dessen Handeln ständig und lückenlos zu überwachen.
Das Urteil des Oberlandesgerichts begrenzt die Risiken für Leitungspersonen und Unternehmen bei der fehleranfälligen Emissionsberichterstattung. Sie dürfen entgegen der bisherigen Auffassung der DEHSt die unternehmensbezogenen Pflichten zur Emissionsberichterstattung auf Mitarbeiter unterhalb der Leitungsebene delegieren und sich hierdurch selbst entlasten. Zugleich bleiben Vorstände und Geschäftsführer aber in der Pflicht: Sie müssen die für die CO2-Berichterstattung zuständigen Mitarbeiter sorgfältig auswählen, anleiten und überwachen.
Vorsicht und Sorgfalt bei der Emissionsberichterstattung sind daher weiterhin geboten, um im Falle eines Berichterstattungsfehlers den Vorwurf einer unzureichenden Betriebsorganisation und -überwachung zu vermeiden. In praktischer Hinsicht dürfte es der DEHSt aber nur schwer möglich sein, derartige Fehler bei einer Pflichtendelegation auf Mitarbeiter unterhalb der Leitungsebene rechtsfehlerfrei nachzuweisen. Im Vergleich zur Berichterstattung nach TEHG im EU ETS dürfte dabei die Emissionsberichterstattung im neuen nationalen Brennstoffemissionshandel nach BEHG allerdings die größeren Bußgeldrisiken aufweisen. Denn hier ist jedenfalls für die Jahre 2021 und 2022 keine haftungsreduzierende Verifizierung durch eine unabhängige Stelle erforderlich.
Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
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