20.03.2020

CORONA – Sicherung der unternehmerischen Handlungsfähigkeit

Der Ausfall leitender Mitarbeiter oder eines Gesellschafters kann Entscheidungen im Tagesgeschäft und strategische Maßnahmen verzögern oder gar verhindern. Ist Ihr Unternehmen auf den Quarantänefall vorbereitet?

Hintergrund

Zwar muss für die täglichen Geschäfte des Unternehmens nicht die Geschäftsführung selbst handeln, zumal nicht vor Ort. Allerdings muss sichergestellt sein, dass auch im Quarantänefall Zahlungen freigegeben, Verträge unterschrieben und Erklärungen für das Unternehmen rechtswirksam abgegeben werden können.

Beschlüsse der Geschäftsführung, von Aufsichts- oder Beiräten sowie der Gesellschafter einer GmbH oder auch GmbH & Co. KG können häufig im Umlaufverfahren außerhalb von physischen Versammlungen gefasst und umgesetzt werden. Fällt indes ein Gesellschafter krankheitsbedingt in der Weise aus, dass er auch nicht "virtuell" teilnehmen und auch keine Vollmacht mehr erteilen kann, scheitert die Durchführung einer "Vollversammlung" und damit verzögern sich Entscheidungen, etwa über die Abberufung oder Bestellung von Geschäftsführern oder auch über die Feststellung des Jahresabschlusses oder die Zustimmung zu wichtigen Geschäften wie einer Kreditaufnahme oder der Beantragung von staatlichen Maßnahmen.

Wie Sie die Handlungsfähigkeit Ihres Unternehmens sichern können:

Bestellung weiterer Geschäftsführer oder Prokuristen, (Vorsorge-)Vollmachten

Der häufig verwendete Passus in Gesellschaftsverträgen, dass einer von mehreren Geschäftsführern gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertretungsberechtigt ist, sollte ausgenutzt werden. Es sollten daher vorsorglich Prokuristen von verschiedenen Standorten ernannt werden. Zu beachten ist, dass - wie auch bei Geschäftsführern - die Eintragung im Handelsregister auch bei Prokuristen nur deklaratorisch ist. Allerdings führt die Eintragung zu gutem Glauben und damit zu unproblematischen Geschäften. Für die Handelsregistereintragung wiederum ist die Anmeldung in beglaubigter Form erforderlich. Dafür müssen Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl vor einem Notar die Unterschrift leisten. Darüber hinaus können im Einzelfall (General-)Handlungsvollmachten eine wichtige Hilfe darstellen.

Vorsorgevollmachten (einschließlich Stimmrechtsvollmachten) sind insbesondere auf Gesellschafterebene geboten. Dabei sollte bestmöglich versucht werden, mehrere Personen, die miteinander nicht in engem persönlichen bzw. örtlichen Kontakt stehen, einzeln zu bevollmächtigen. Die Vollmacht sollte ausdrücklich auch Maßnahmen im Hinblick auf die Gesellschafterstellung umfassen und ist mindestens zu beglaubigen, um auch eventuelle Anmeldungen zum Handelsregister abzudecken. Beachten Sie daher, dass auch hier die Einschaltung eines Notars erforderlich ist. Außerdem ist nach der Rechtsprechung bei der Stimmrechtsvollmacht wesentlich, dass ihr Wortlaut ausdrücklich auch die Stimmabgabe unter Verzicht auf Frist und Form erfasst.

Daneben kommen individuelle und konkrete Vollmachten für Einzelfälle in Betracht. Beispielsweise sind Bankvollmachten so zu erteilen, dass auch bei Quarantäne für einen gesamten Standort der Zahlungsverkehr sichergestellt ist. Online-Banking-Zugänge sollten im Homeoffice nutzbar sein.

Beachtung der Form, Eintragung im Handelsregister

Es ist nicht auszuschließen, dass es bei öffentlichen Stellen (Handelsregister, Grundbuchamt, Finanzamt, IHK, Gewerbeamt) zu Verzögerungen kommt. Auch kann es zu längeren Postlaufzeiten bspw. für die Zustellung von Ausfertigungen von Vollmachtsurkunden an die Bevollmächtigten kommen. Es sollte daher überdacht werden, ob Maßnahmen vorzuziehen sind, solange eine zeitnahe Umsetzung in Registern, bei Ämtern und Gerichten weiter möglich ist.

Änderungen von Geschäftsordnungen und / oder Satzungen / Gesellschaftsverträgen

Die allermeisten Regelwerke von Gesellschaften werden ausreichende Flexibilität aufweisen, um auch dann Beschlussfassungen zu ermöglichen, wenn nicht alle Entscheider vor Ort sein können. Sollte das nicht der Fall sein, sollte diese Flexibilität schnellstmöglich geschaffen werden. Beachten Sie, dass Änderungen von Satzungen bei Kapitalgesellschaften der Beurkundung und dann der Anmeldung und Eintragung im Handelsregister bedürfen, um wirksam zu sein.

Wichtigster Punkt in diesem Zusammenhang: Die faktische Führungslosigkeit der Gesellschaft sollte vermieden werden: Satzungen, wonach eine Gesellschaft mindestens zwei Geschäftsführer hat, sind in diesem Zusammenhang kritisch, falls einer der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer erkrankt. Dann besteht die Gefahr, dass weder auf Geschäftsführungs- noch auf Gesellschafterebene gehandelt werden kann. Um nicht die Satzung ändern zu müssen, muss entweder (mindestens) ein weiterer Geschäftsführer oder ein Prokurist bestellt werden oder auf Gesellschafter-Ebene per Vollmachten eine umgehende Geschäftsführerbestellung per Vollversammlungsbeschluss ermöglicht werden.

Sicherung von Wissen

Der Ausfall von Mitarbeitern bedeutet immer auch einen Ausfall von Wissen und Zugang zu Wissen. Zugänge zu Datenbanken, Konten gleich welcher Art, müssen gewährleistet sein. Um auf der anderen Seite zu vermeiden, dass Zugangsdaten Unbefugten offengelegt werden, empfiehlt sich eine Hinterlegung, beispielsweise bei einem oder auch mehreren Notaren.

Autor/in
Dr. Arnd Becker

Dr. Arnd Becker
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Dr. Andreas Blunk, MLE

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