08.10.2024

Corporate Sustainability Due Diligence Directive: Neue Herausforderungen für Unternehmen durch die rechtliche Pflicht zur Nachhaltigkeit gemäß der EU-Richtlinie 2024/1760

Ein neues Instrument, um Nachhaltigkeit in Unternehmen zu fördern

Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern Realität – auch für Unternehmen. Diese sind sich zunehmend bewusst, dass ein umfassender Ansatz für Nachhaltigkeit nicht nur ein positives Markenimage fördert, sondern langfristig auch wirtschaftliche Vorteile bietet.

Deutschland hat mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bereits im Jahr 2023 Mindeststandards für Unternehmen eingeführt. Im Juli 2024 legte die EU mit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (EU) 2024/1760, auch bekannt als EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD), noch einmal nach – und dies nicht zu wenig. Zwar eint CSDDD und LkSG das Ziel, die Achtung der Menschenrechte und des Umweltschutzes in globalen Lieferketten zu fördern, doch sieht die CSDDD erweiterte Sorgfaltspflichten und Sanktionen vor.

So zielt die CSDDD als ein bedeutendes Instrument darauf ab, das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen weiter voranzutreiben und die ökologischen und sozialen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Doch sorgt die neue Richtlinie auch für Verunsicherung bei Unternehmen, denn Fachleute befürchten langwierige bürokratische Prozesse, die insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine Herausforderung darstellen.

Umfang und schrittweise Umsetzung der CSDDD

Konzeptionell baut die CSDDD auf dem LkSG auf, geht in einigen Punkten allerdings über den Regelungsgehalt des LkSG hinaus. Die CSDDD verpflichtet Unternehmen, menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Risiken proaktiv in ihren Wertschöpfungsketten zu ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen und darüber zu berichten. Umfasst sind Aktivitäten von Geschäftspartnern eines Unternehmens in der vorgelagerten Lieferkette, wie die Herstellung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen. Dazu gehören etwa Produktentwicklung, Rohstoffabbau oder Transport. Andererseits sind hiervon auch Tätigkeiten von nachgelagerten Geschäftspartnern in der Lieferkette eines Unternehmens umfasst, wie Vertrieb, Transport oder Lagerung der Produkte. Im Unterschied zum LkSG bestehen die Sorgfaltspflichten somit entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Stark abweichend vom Regelungsgehalt des LkSG ist die deutliche Ausweitung der Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Einhaltung umweltrechtlicher Vorgaben innerhalb der Wertschöpfungskette. So sollen die Unternehmen zur Erstellung eines Klimaplans verpflichtet werden, um die Unternehmensstrategie im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens auszurichten, zum Ziel der Klimaneutralität beizutragen und sich entsprechende Emissionsreduktionsziele zu setzen.

Die CSDDD gilt für EU-Unternehmen, die mehr als 1.000 Mitarbeiter und einen jährlichen Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. EUR haben. Für ausländische Unternehmen gelten ähnliche Schwellenwerte.

Die Richtlinie sieht eine gestaffelte Umsetzung des Anwendungsbereichs in drei Phasen vor:

  • ab Juli 2027: Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und mehr als 1,5 Milliarden EUR Nettoumsatz;
  • ab Juli 2028: Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und mehr als 900 Millionen EUR Nettoumsatz;
  • ab Juli 2029: Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen EUR Nettoumsatz.

Aufgrund der doppelten Kriterien für den Anwendungsbereich der CSDDD (Umsatzhöhe und Mitarbeiterzahl) wären in Deutschland voraussichtlich weniger Unternehmen von den Verpflichtungen betroffen als nach dem LkSG, welches lediglich an die Mitarbeiterzahl anknüpft. Allerdings bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber das LkSG im Lichte der CSDDD anpassen wird oder die Richtlinie lediglich übergeordnet ansetzen wird.

Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung der Richtlinie

Die CSDDD sieht eine Kombination aus behördlicher Kontrolle und zivilrechtlicher Haftung vor. Die Mitgliedstaaten, die die Richtlinie spätestens im Juli 2026 in nationales Recht umgesetzt haben müssen, können Ermittlungen durchführen, Anordnungen erlassen und Bußgelder verhängen. Als mögliches Bußgeld muss der nationale Gesetzgeber einen Höchstrahmen von 5 % des Nettojahresumsatzes vorsehen, der anhand der Umstände des Einzelfalls anzuwenden ist.

Neu im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung ist, dass bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht wie bisher das Recht des Schadensortes im Ausland Anwendung findet, sondern das Recht der EU-Mitgliedstaaten. Dadurch verbessert sich der Zugang zu zivilgerichtlicher Abhilfe für Betroffene und die Verfahren werden vereinfacht. Im Übrigen richtet sich die Haftung nach deutschem Recht. Das heißt insbesondere: Unternehmen haften nur für eigenes Verschulden und nur für vorhersehbare und vermeidbare Schäden.

Demgegenüber sieht das LkSG eine derartige zivilrechtliche Haftung derzeit nicht vor (siehe § 3 Abs. 3 LkSG). Nach der CSDDD können Unternehmen daher neben hohen Geldstrafen künftig unter Umständen auch mit Ansprüchen Dritter konfrontiert werden.

Fazit

Die CSDDD reiht sich ein in eine Vielzahl europäischer Gesetzesvorhaben wie der Konfliktminerale-Verordnung (EU) 2017/821, der Entwaldungsverordnung (EU) 2023/1115 und dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) (EU) 2023/956. All diesen Gesetzesvorhaben ist gemein, dass der Zugang zum europäischen Markt und die damit einhergehende europäische Wertschöpfung anhand der Unternehmenslieferketten an Menschenrechts-, Umweltschutz- und Klimaschutzbedingungen geknüpft wird und so den wirtschaftlichen Transformationsdruck auf betroffene Unternehmen erhöht.

Die CSDDD bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Wertschöpfungsketten effektiver und effizienter zu gestalten und darüber hinaus von Kosteneinsparungen und Risikominimierung zu profitieren. Weiterhin kann die Einhaltung der CSDDD-Richtlinie auch dazu beitragen, den Ruf des Unternehmens zu stärken und mögliche Image-Schäden zu vermeiden.

Einen wichtigen Punkt sollten Geschäftsführung und Rechtsabteilung stets im Blick haben: Die Einhaltung der CSDDD stellt eine rechtliche Pflicht dar, deren Missachtung empfindliche Geldstrafen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Gerade für KMU bedeutet dies trotz möglicher Subventionen durch staatliche Beihilfen hohen Ressourcenaufwand. Es empfiehlt sich sowohl für KMU als auch große Unternehmen, sich hinsichtlich der CSDDD frühzeitig und klar zu positionieren und dadurch von Vorteilen gegenüber dem Wettbewerb zu profitieren.

Autor/in
Dr. Christoph von Burgsdorff, LL.M. (Essex)

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Partner
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Luisa Kramer

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