26.05.2020
Die Bundesregierung hat ihr bereits Anfang April 2020 angekündigtes Corona-Schutzschild für Start-ups auf den Weg gebracht. Es besteht aus zwei Säulen; eine zur Unterstützung von VC-finanzierten Start-ups und eine für Start-ups ohne Venture Capital-Finanzierung. Insgesamt sollen 2 Mrd. Euro für Start-ups zur Verfügung gestellt werden. Doch die Hilfe kommt nicht ohne Haken.
Während bisherige Corona-Hilfsprogramme Start-ups de facto ausklammerten, steht nun ein Hilfsprogramm, das speziell auf diese jungen Unternehmen ausgerichtet ist. An der schleppenden Konkretisierung des Programms lässt sich jedoch ablesen, wie schwer sich der an der Haushaltsdisziplin orientierte Umgang mit Steuergeldern und die naturgemäß risikoträchtigen Geschäftsmodelle der Start-ups vereinen lassen. Erst am 8. Mai 2020 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium einzelne Kernpunkte des neuen Hilfsprogramms, die wiederum erst am 14. Mai 2020 durch die KfW Capital konkretisiert wurden. Insgesamt scheint die Diskussion um die richtige Ausgestaltung der Start-Up-Hilfen noch immer nicht abgeschlossen.
Die erste Säule des Hilfsprogramms richtet sich an Start-ups, die sich über Venture Capital Investoren finanzieren. Tatsächlich beantragen muss die Förderung jedoch der jeweilige private Venture-Capital-Fonds (VC). Unabhängig von ihrem bislang bestehenden Portfolio sollen die beiden Dachfonds der KfW und der Europäischen Investitionsbank, die KfW Capital und der Europäische Investitionsfonds, geeignete VCs mit öffentlichen Mitteln ausstatten und so sicherstellen, dass Finanzierungsrunden von Start-ups nicht wegen Liquiditätsengpässen auf Ebene der Investoren scheitern.
Das Bundesfinanzministerium betont zwar, so viele Start-ups wie möglich erreichen zu wollen. Jedoch soll eine Mittelgewährung „per Gießkanne“ offensichtlich vermieden werden. Jeder VC muss daher zunächst eine Due Diligence Prüfung durchlaufen. An welchen Merkmalen diese Prüfung im Einzelnen orientiert ist und wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen wird, ist bisher nicht absehbar. Start-ups selbst sind jedenfalls nicht antragsberechtigt.
Voraussetzung für die Förderung ist, dass die öffentlichen Mittel unter den gleichen Bedingungen (pari passu) wie die privaten Mittel investiert werden. Die VCs sollen die gewährten Mittel daher insgesamt nur zu einer Quote von maximal 70 (öffentliche Mittel) zu 30 (private Mittel) einsetzen können, wobei in einer einzelnen Finanzierungsrunde höchstens die Hälfte des Investitionsvolumens aus den CMF-Mitteln stammen darf. Dieses Verhältnis zwischen privaten und CMF-Mitteln müssen die begünstigten VCs einerseits für die Aufstockung des bisherigen Portfolios und andererseits für neue Investitionen, verbindlich festlegen. Bei der Festlegung der Verteilungsquote darf also nur zwischen Neuinvestitionen und Investitionen in den Bestand differenziert werden. Eine effektive und gleichmäßige Verteilung der Mittel soll zudem dadurch erreicht werden, dass die teilnehmenden VCs auch alle weiteren Finanzierungsrunden bis zum 31. Dezember 2020, d.h. sowohl Finanzierungsrunden innerhalb als auch außerhalb ihres Bestandes, zum Matching anbieten müssen (Andienungspflicht).
Ähnlich wie auch bei anderen Hilfsprogrammen dürfen die durch Säule I (indirekt) geförderten Start-ups zum 31. Dezember 2019 keine finanziellen Schwierigkeiten gehabt haben. Wie dieses Kriterium bei wagniskapitalfinanzierten Start-ups im Einzelfall auszulegen ist, wird sich noch zeigen müssen
Für Start-ups, denen auch mit dem CMF-Programm nicht geholfen ist, weil keine privaten Investoren in Reichweite sind und eine privat-öffentliche pari-passu-Investition nicht möglich ist, ist ein zweiter Ansatz vorgesehen. Die Veröffentlichungen des Bundesfinanzministeriums hierzu bleiben jedoch äußerst vage. Es wird lediglich verlautbart, dass - kofinanziert durch Bundesmittel - Landesgesellschaften Wagniskapital bzw. Landesförderinstitute Fremdkapital an Start-ups ausreichen sollen. Insofern sollten Start-ups, die unter die zweite Säule fallen, die Veröffentlichungen der entsprechenden Institutionen (in Berlin z.B. der Investitionsbank Berlin - IBB) laufend im Auge behalten.
Bei der Umsetzung des Start-up-Schutzschildes bleiben noch immer viele Fragen offen. Gleichwohl verspricht das Bundesfinanzministerium zumindest für CMF-Mittel, dass „den Fonds“ noch „im Laufe des Mai die Auszahlungen zur Verfügung gestellt werden können“. Ob mit den Fonds die VCs oder die Dachfonds gemeint sind, bleibt indes unklar. Fraglich ist auch, ob das von der Bundesregierung gewählte Modell, des an VCs statt an Start-ups gekoppelten Matchings tatsächlich Erfolg haben wird. Denn es mutet den VCs einen nicht unerheblichen Eingriff in ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit zu.
Gleichzeitig bietet die zweite Säule wenig neues, zumal durch die Co-Finanzierung der Länder der Erfolg dieses Programms maßgeblich von der Risikofreude der Länderinstitutionen abhängt. Ob die nötigen Mittel „locker gemacht“ werden und wenigstens das Antragsverfahren unbürokratisch und kurz gehalten ist, bleibt abzuwarten.
Nähere Informationen zu den Zuständigkeiten im Antragsverfahren finden sich hier.
Weiterlesen:
Dr. Moritz Mentzel / Michael Ströbel, Fast Cash for Start-ups – Wege durch die Corona-Krise
Susanne Abraham / Anton Spinty, Fragen und Antworten zu Corona-Soforthilfemaßnahmen für Berliner und Brandenburger Unternehmer/innen
Susanne Abraham / Anton Spinty,Update Corona-Hilfsmaßnahmen: der KfW-Schnellkredit läuft an
Dr. Moritz Mentzel
Counsel
Berlin
moritz.mentzel@luther-lawfirm.com
+49 30 52133 24650
Anton Spinty
Senior Associate
Berlin
anton.spinty@luther-lawfirm.com
+49 30 52133 11180