27.02.2019
27.02.2019
Der Notar hat eine Wächterfunktion für das Gleichgewicht, die Wirksamkeit und die Irrtumsfreiheit des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts. Sofern dieses Auslandsbezug hat oder gar ausländischem Recht unterliegt, bestehen gem. § 17 Abs. 3 BeurkG die notariellen Belehrungspflichten jedoch nur eingeschränkt. Praktische Schwierigkeiten ergeben sich vor allem bei der Frage nach dem Auslandsbezug.
Das Beurkundungsgesetz (BeurkG) weist dem Notar weiterreichende Belehrungsaufgaben zu: Dieser soll etwa den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben, darauf achten, dass dabei Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden und insbesondere darüber aufklären, ob und unter welchen Voraussetzungen und mit welchen unmittelbaren rechtlichen Wirkungen die von ihnen erstrebte Rechtsfolge sicher eintritt, einschließlich der für die Rechtswirksamkeit erforderlichen oder diese hindernden Bedingungen und zum Vollzug notwendigen Handlungen sowie Erklärungen und ggf. alternative Gestaltungsmöglichkeiten. Sofern das zu beurkundende Rechtsgeschäft Auslandsbezug hat oder gar ausländischem Recht unterliegt, beschränkt § 17 Abs. 3 BeurkG die notariellen Belehrungspflichten jedoch auf den Hinweis auf die mögliche Anwendbarkeit ausländischen Rechts. Die Grenzen des maßgeblichen Auslandsbezugs sind nicht immer klar gezogen und sorgen in der Praxis für Unsicherheit.
Selbst für den Notar ist nicht ohne weiteres erkennbar, ob ein Rechtsgeschäft Auslandsbezug hat und damit § 17 Abs. 3 BeurkG unterfällt. Er hat bei Anhaltspunkten die tatsächlichen Umstände umfassend zu erforschen. Dabei erstreckt sich die Erforschungspflicht des Notars im Vorfeld der Beurkundung auf Aspekte, denen die Parteien keine Bedeutung beimessen. In rechtlicher Hinsicht wird der Auslandsbezug oftmals über Verweisungen im Rahmen des sog Internationalen Privatrechts begründet, das im Wesentlichen (als Vorfrage) Rechtsanwendungsbefehle und Kollisionsnormen für bestimmte Sachverhaltsgruppen enthält.
Zur Anwendung ausländischen Rechts führt einerseits das deutsche Internationale Privatrecht, das der Notar zu beherrschen hat und das sich auch aus europäischen und (anderen) völkerrechtlichen Rechtsakten ergibt. Umgekehrt kann das ausländische Internationale Privatrecht den Auslandsbezug herstellen, indem es den Sachverhalt ausländischem Recht unterordnet. Diese Zuordnung kann aus jeder denkbaren nationalen Rechtsordnung heraus erfolgen, sodass von einem deutschen Notar nicht erwartet werden kann, sämtlicher dieser Vorschriften zu kennen. Bei Anhaltspunkten wird entsprechende Unterstützung aus dem jeweiligen anderen Staat einzuholen sein.
Vor diesem Hintergrund ist der Prüfungsauftrag des Notars theoretisch eindeutig, praktisch aber schwierig umzusetzen. Ausländische Rechtsauffassungen, insbesondere zu völkerrechtlichen Regelungen des Internationalen Privatrechts, angemessen zu berücksichtigen, kostet neben den sprachlichen Hürden Zeit. Auch wenn europäisches Internationales Privatrecht und völkerrechtliche Verträge in die deutsche Rechtsordnung integriert sind, gelten für sie oft supranationale Auslegungsgrundsätze und auch derselbe Regelungsbereich wird in verschiedenen Rechtsordnungen oft unterschiedlich interpretiert. Der Notar kann über diese Unterscheide nicht hinweggehen und sich schlicht auf sein deutsches Rechtsverständnis verlassen.
Noch komplizierter wird es bei Rückverweisungen auf deutsches Recht aus anwendbarem ausländischen Internationalen Privatrecht. Das generelle Risiko der Rückverweisung ist Gegenstand der Belehrungspflicht, ungeachtet etwaiger Hinweispflichten auf Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien. Gutachten zur Beseitigung von Restrisiken muss der Notar nicht anregen, es sei denn, dass sich ihm aufdrängt, dass eine Partei sich möglicher Unterschiede zwischen deutschem und ausländischem Recht verschließt und dadurch einen Schaden erleiden kann. Wegen der eingangs erwähnten Wächterfunktion ist ein solcher Hinweis allemal zweckmäßig.
Soweit die Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 3 BeurkG einschlägig ist, hat der Notar die ordnungsgemäße Belehrung zwingend auch bei anders lautendem Wunsch der Parteien - sinnvollweise in der Urkunde selbst – zu dokumentieren.
Mit Blick auf die dargelegten Unsicherheiten über das anwendbare Recht treffen Parteien häufig eine Rechtswahl. Auch hier ist der Umfang der Belehrungspflicht schwierig zu bestimmen. Jedenfalls gehört die bestehende Möglichkeit der Rechtswahl hierzu. Wählen die Parteien ausländisches Recht, so hat der Notar bereits aufgrund allgemeiner Amtspflichten – auch im Interesse einer Haftungsvermeidung – ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine mögliche Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach den gewählten ausländischen Regelungen den Zweck des beurkundeten Rechtsgeschäfts vereiteln könnte.
Richtigerweise ist der Notar nach dem oben Gesagten nicht verpflichtet, die Parteien dahingehend zu beraten, welches anwendbare Recht die für sie günstigeren Regelungen enthält. § 17 Abs. 3 S. 2 BeurkG verbietet eine solche Beratung aber auch nicht. Der beratende Notar muss sich des Haftungsrisikos für fehlerhafte Belehrungen über den Inhalt ausländischen Rechts und für die Empfehlung einer bestimmten Rechtswahl bewusst sein, selbst dann, wenn er seine Haftung durch entsprechenden Vermerk in der Urkunde vermeintlich „ausschließt“; bei der öffentlichen Amtsausübung dürften Haftungsbeschränkungen nicht frei vereinbar sein. Belehrt der Notar über den Inhalt ausländischen Rechts, muss er dieses auch beherrschen; das insoweit erforderliche Wissen lässt sich mittels Gutachten des Deutschen Notarinstituts (DNotI), international agierender Anwaltskanzleien oder vergleichbarer ausländischer Expertise verschaffen.
Zwar bestehen keine Belehrungspflichten des Notars über den Inhalt ausländischer Rechtsordnungen, wohl aber bezogen auf deren Anwendbarkeit. Ob dem so ist, hat er im Vorfeld (oft aufwändig) zu prüfen. Da es sich bei dem deutschen Internationalen Privatrecht einschließlich Europa- und Völkerrecht nicht um ausländisches Recht handelt, ist hier umfassende Kenntnis zu erwarten und besteht insoweit die Belehrungspflicht. Mandanten sollten sich bei potenziellem Auslandsbezug ihrer beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäfte daher auf den dadurch – gesetzlich erzwungenen – Mehraufwand und Verzögerungen von Anfang an einstellen.
Dr. Andreas Blunk, MLE |