18.10.2022

Die Vorschläge des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ zur Erreichung der Wohnungsbauziele der Bundesregierung – Das Bündnispapier vom 12. Oktober 2022

Hintergrund

Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ hat am 12. Oktober 2022 ein umfangreiches Papier mit Vorschlägen für „Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive" vorgestellt. Dem von Bundesministerin Klara Geywitz ins Leben gerufenen Bündnis, dessen Gründung im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbart wurde, gehören Vertreterinnen und Vertreter der Länder, Kommunen, Wohnungs- und Bauwirtschaft, Sozial- und Umweltverbände, Gewerkschaften, Kirchen und zivilgesellschaftlicher Organisationen an.

Die Vorschläge des Bündnisses dienen dazu, das – sehr ambitionierte – Ziel der Bundesregierung von 400.000 neu gebauten Wohnungen jährlich, davon 100.000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau, zu erreichen. Daneben legt der vorgestellte Maßnahmenkatalog einen besonderen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Erreichung des im Bundes-Klimaschutzgesetz verankerten Ziels eines klimaneutralen Gebäudesektors bis 2045. Außerdem adressiert das Bündnispapier weitere Themen, etwa das altersgerechte Wohnen, die Barrierefreiheit und die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit.

Maßnahmenvorschläge

Die vom Bündnis vorgeschlagenen Maßnahmen untergliedern sich in fünf Themenfelder:

  • Klimagerechter und ressourcenschonender Wohnungsbau: Für die Bewertung der Klimabilanz und Energieeffizienz von Wohngebäuden soll eine Lebenszyklusbetrachtung eingeführt werden, die Treibhausgasemissionen, den Einsatz von Energie und Rohstoffen im Rahmen einer Gesamtbilanz berücksichtigen soll. Ferner sollen zum 1. Januar 2025 die Neubaustandards im Gebäudeenergiegesetz an den EH40-Standard angeglichen werden. Außerdem soll jährlich 1 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden, um Anreize für die Erfüllung übergesetzlicher Standards zu schaffen.
  • Begrenzung von Baukosten: Um Baukosten zu begrenzen, soll zukünftig das Kriterium der Bezahlbarkeit von Wohnraum eine wichtigere Rolle in Normungs- und Gesetzgebungsprozessen spielen. Die Musterbauordnung soll weiterentwickelt werden mit dem Ziel, den Wohnungsbau, den Bestandserhalt und die Wiederverwendung von Bauteilen und Baustoffen zu stärken. Geplant ist außerdem eine Ausweitung der Förderung für den seriellen und modularen Neubau. Dazu soll das bereits in einigen Landesbauordnungen verankerte Instrument der Typengenehmigung gestärkt werden. Außerdem sollen vermehrt heimische und nachwachsende Rohstoffe als Baustoffe verwendet werden.
  • Nachhaltige Bodenpolitik und Baulandmobilisierung: Die Bündnispartner wollen das Instrument der Konzeptvergabeverfahren stärken und weiterentwickeln. Das Erbbaurecht soll bekannter gemacht und mögliche Nachteile im Vergleich zum Vollerwerb gemindert werden. Durch eine verstärkte Nutzung des Bestands, unter anderem durch Nachverdichtung, Aufstockungen, Dachausbauten, Sanierungen, Umnutzungen und die Reaktivierung von Leerständen soll die zusätzliche Inanspruchnahme von neuen Flächen minimiert werden. Ein Augenmerk wird dabei auf die Behebung möglicher rechtlicher Hürden bei der Umnutzung von Gewerbegebäuden in bezahlbaren Wohnraum in Innenstädten gerichtet.
  • Beschleunigung von Planung, Genehmigung und Realisierung: Im Baugesetzbuch und in anderen Gesetzen sollen die rechtlichen Grundlagen für eine stärkere Digitalisierung der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden im Rahmen von Bauleitplanverfahren geschaffen werden. Bauanträge sollen digital gestellt werden können und Baugenehmigungen auch in digitaler Form gültig sein. Das Instrument des vorhabenbezogenen Bebauungsplans soll weiterentwickelt werden. Der sektorale Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung soll stärker zu Anwendung kommen. Darüber hinaus sollen bauaufsichtliche Zulassungsverfahren durch die Länder vereinfacht und beschleunigt werden.
  • Öffentliche Förderung und investive Impulse: Der Bund erhöht die Mittel zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Von 2022 bis 2026 sollen hierfür 14,5 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist dabei auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Bestand. Darüber hinaus sollen studentisches Wohnen sowie der altersgerechte und barrierefreie Bau und Umbau von Wohnungen gefördert werden. Die Wohnungslosigkeit soll bis 2030 überwunden werden. Außerdem sollen die Bildung von Wohneigentum, Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen gefördert und steuerliche Anreize für Investitionen in bezahlbaren Wohnraum geschaffen werden.
Fazit

Der Maßnahmenkatalog des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ reißt eine Vielzahl von Lösungsansätzen an, von denen die meisten noch nicht konkretisiert sind und deshalb in der weiteren Arbeit des Bündnisses inhaltlich ausgestaltet und fortentwickelt werden müssen.

Das Bündnispapier zeigt mit seinen zahlreichen Lösungsvorschlägen anschaulich, dass zwischen der zügigen Schaffung von mehr Wohnraum, Klimaschutz und gleichzeitiger Baukostenreduzierung zum Teil erhebliche Zielkonflikte bestehen. Es wird daher vor allem darauf ankommen, die einzelnen Maßnahmen so auszugestalten und aufeinander abzustimmen, dass sie sich nicht gegenseitig behindern. Angesichts der Dringlichkeit der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und der Einsparung von Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor hängt der Erfolg des Bündnisses außerdem davon ab, dass die wesentlichen Inhalte des Bündnispapiers schnell umgesetzt werden. Daran sind angesichts der Vielzahl der Lösungsvorschläge Zweifel geboten.

Autor/in
Dr. Martin Fleckenstein

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Bernhard Burkert, LL.M. (Stellenbosch)

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