21.07.2021
In Zeiten einer stark zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und von Remote-Work werden auch Personalakten immer häufiger in digitaler Form geführt. Damit sind für Unternehmen maßgebliche Vorteile verbunden. Hierzu gehören neben einem flexibleren Zugriff und der Einsparung von Kosten vor allem auch die strukturierte und erleichterte Suche nach relevanten Dokumenten mittels Suchfunktion. Für die digitale Aktenführung gelten grundsätzlich dieselben Kriterien wie für die Personalakte in Papierform. Mit der Einführung einer digitalen Personalakte können aber auch Risiken für Arbeitgeber verbunden sein. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick.
Dem Arbeitgeber steht es im Rahmen seiner unternehmerischen Gestaltungsfreiheit frei zu entscheiden, die Personalakte digital oder in Papierform zu führen. In die digitale Personalakte – wie auch für die Papierakte – dürfen sämtliche Informationen über einen Arbeitnehmer aufgenommen werden, die einen unmittelbaren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis aufweisen und an deren Erfassung der Arbeitgeber ein berechtigtes sachliches Interesse hat. Letzterem kommt aufgrund des erhöhten Gefährdungspotenzials eines unberechtigten Zugriffs auf Daten ein besonderes Gewicht zu.
Um dem Grundsatz der Vollständigkeit zu genügen, muss der Arbeitgeber bei der Einführung einer digitalen Personalakte dafür Sorge tragen, dass sämtliche Personalvorgänge digital erfasst und der Zugriff auf die Dokumente jederzeit sicher gestellt ist.
Zu beachten ist allerdings, dass bestimmte Vereinbarungen zu ihrer Wirksamkeit der Einhaltung der Schriftform nach § 126 BGB bedürfen. Dies gilt beispielsweise für den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen (§ 14 Abs. 4 TzBfG), die Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten (§ 74 Abs. 1 HGB) sowie für Aufhebungsverträge und Kündigungen (§ 623 BGB). Will der Arbeitgeber sich auf eine solche Vereinbarungen berufen, muss er im Bestreitensfalle beweisen, dass die Schriftform bei deren Abschluss eingehalten wurde. Mit einem digitalisierten Dokument alleine lässt sich dieser Beweis gegenwärtig nicht führen. Im Streitfall können somit für Arbeitgeber Beweisschwierigkeiten entstehen, wenn Dokumente nur in eingescannter Form vorgelegt werden können und der Arbeitnehmer bestreitet, dass die vorgelegte Kopie dem Original entspricht oder jemals ein der Schriftform entsprechendes Dokument existiert hat. Vor dem Hintergrund dieses Risikos ist Arbeitgebern zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiter zu empfehlen, all jene Dokumente, die dem Schriftformerfordernis unterfallen, auch bei Einführung einer digitalen Personalakte zusätzlich weiterhin im Original aufzubewahren.
Allerdings wird mit voranschreitender Digitalisierung teilweise vertreten, dass auch die Vorlage von Ausdrucken aus der digitalen Personalakte zu Beweiszwecken ausreichen könne, wenn die ursprüngliche Einhaltung der Schriftform durch gesonderte Erklärungen hinreichend und nachvollziehbar dokumentiert wurde. Dies könnte beispielsweise dadurch erfolgen, dass der Sachbearbeiter, der das Original für die Personalakte digitalisiert, das Vorliegen des Originals durch einen digitalen Vermerk auf dem Dokument bestätigt. Zudem könnte man vom Arbeitnehmer eine gesonderte Bestätigung einholen, dass dieser eine Ausfertigung des Originals erhalten hat. Diese wäre dann ebenfalls zur digitalen Personalakte zu nehmen.
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, den Inhalt der digitalen Personalakte vertraulich zu behandeln und seine Sachbearbeiter zur vertraulichen Behandlung anzuhalten. Hierfür soll der mit der Personalaktenführung beauftragte Kreis von Mitarbeitern möglichst klein gehalten werden. Um die Vertraulichkeit sicherzustellen, sind klare Berechtigungsstrukturen zu schaffen sowie Zugriffsberechtigte explizit zu benennen und zu unterweisen. Dabei muss deutlich werden, welcher einzelnen Benutzer die entsprechenden Zugriffsrechte (Lesen, Speichern, Verändern) haben sollen. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, besonders sensible Daten zu verschlüsseln, wie etwa Angaben zum körperlichen, geistigen und seelischen Zustand der Arbeitnehmer.
Der Arbeitnehmer hat das Recht, jederzeit Einsicht in seine vollständige Personalakte zu nehmen und Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu verlangen (§ 83 BetrVG). Ist die Personalakte digital angelegt und die Wiedergabe auf dem Bildschirm nicht ausreichend, kann der Arbeitnehmer einen Ausdruck der entsprechenden Datei verlangen.
Entscheidet sich der Arbeitgeber für die Einführung einer digitalen Personalakte, so hat er etwaig bestehende Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Bei der digitalen Personalakte handelt es sich um eine technische Einrichtung i. S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Solange lediglich sog. Statusdaten (z. B. Anschrift, Familienstand, Abschluss und beruflicher Werdegang) erhoben und verarbeitet werden, ist ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht gegeben. Ein Mitbestimmungsrecht besteht hingegen, wenn die digitale Personalakte so programmiert worden ist, dass die Statusdaten mit anderen Daten verknüpft und dadurch Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Arbeitnehmer gezogen werden können.
Achim Braner
Partner
Frankfurt a.M.
achim.braner@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 23839
Cyrielle Therese Ax
Senior Associate
Frankfurt a.M.
cyrielle.ax@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 27460