21.02.2020
Am 14. November 2019 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) verabschiedet. Durch das ARUG II, welches überwiegend im Aktiengesetz umgesetzt wird, soll u.a. die Kommunikation zwischen börsennotierten Gesellschaften und ihren Aktionären verbessert werden. Dies soll die Ausübung von Aktionärsrechten und die Mitwirkung von Aktionären erleichtern. Aus diesem Grund haben börsennotierte Gesellschaften künftig einen Informationsanspruch in Bezug auf die Identität ihrer Aktionäre gegenüber den Intermediären. Ob und in welchem Umfang von diesem Recht Gebrauch gemacht werden wird, ist insbesondere vor dem Hintergrund der damit verbundenen Kosten für die Gesellschaft und dem eher geringen, über bestehende Regelungen hinausgehenden Anwendungsbereich fraglich.
Aktien börsennotierter Gesellschaften werden oft über komplexe Ketten von Intermediären gehalten, weshalb die Gesellschaften oft nicht wissen, wer ihre Aktionäre sind. Eine unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären ist deshalb nicht möglich, wodurch Aktionären die Ausübung ihrer Rechte erschwert wird.
Gemäß dem neu eingeführten § 67 d Abs. 1 S. 1 AktG kann eine börsennotierte Gesellschaft von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, Informationen über die Identität der Aktionäre und über den nächsten Intermediär verlangen. Ein Intermediär ist eine Person, die Dienstleistungen der Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren oder der Führung von Depotkonten für Aktionäre oder andere Personen erbringt […], vgl. § 67 a Abs. 4 AktG. Der Informationsanspruch der Gesellschaft kann gegenüber jedem Intermediär in der Kette geltend gemacht werden.
Von der Möglichkeit, den Informationsanspruch der Gesellschaft von einer Mindestbeteiligung von mehr als 0,5 % des jeweiligen Aktionärs abhängig zu machen, wurde vom Gesetzgeber nicht Gebrauch gemacht (vgl. Blogbeitrag vom 12. September 2018). Es liegt somit allein bei der Gesellschaft, ob, wann und wie oft sie von ihrem Informationsrecht Gebrauch macht. Dabei steht es ihr auch frei, ihre Anfrage selbst durch die Angabe einer Mindestbeteiligung zu begrenzen.
Die Gesellschaft hat jedoch die Kosten für die notwendigen Aufwendungen der Intermediäre im Rahmen der Informationsbeschaffung zu tragen, wobei die Methode der Informationsbeschaffung dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen muss, vgl. § 67 f Abs. 1 AktG.
Die Identifizierung der Aktionäre ist kein Novum. Die Inhaber von Namensaktien können grundsätzlich (unabhängig davon, ob die Gesellschaft börsennotiert ist, oder nicht) bereits durch Einsicht in das Aktienregister identifiziert werden. Darüber hinaus ist eine Beteiligung von mehr als 3 %, unabhängig von der Aktienform, an einer börsennotierten Aktiengesellschaft nach § 33 WpHG gegenüber der Gesellschaft anzuzeigen. Aber auch hinsichtlich nicht börsennotierter Gesellschaften bestehen Mitteilungspflichten, die einen konkreten Kontakt zwischen dem Aktionär und der Gesellschaft zur Folge haben, vgl. §§ 20, 21 AktG.
Nach bisheriger Gesetzeslage konnten Aktionäre einer AG somit nur anonym bleiben, wenn sie Inhaberaktien halten und sich damit
wenn sie Inhaber von Namensaktien sind, die unter dem Namen eines sogenannten Legitimationsaktionärs (einer Person, die von dem Aktionär ermächtigt wird, als Rechtsinhaber aufzutreten) in das Aktienregister eingetragen werden, vgl. § 67 Abs. 1 S. 3 AktG.
Durch § 67 d Abs. 1 S. 1 AktG können alle Aktionäre von börsennotierten Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien halten, identifiziert werden. Im Übrigen dürfte die Möglichkeit der (begrenzten) Anonymität der Aktionäre jedoch weiter bestehen.
Darüber hinaus gilt das Informationsrecht auch nicht zugunsten nichtbörsennotierter Gesellschaften. Gemäß § 67 d Abs. 6 des Referentenentwurfes ARUG II sollten nichtbörsennotierte Gesellschaften in ihren Satzungen regeln dürfen, dass auch ihnen der Informationsanspruch nach § 67 Abs. 1 bis 4 AktG gegenüber den Intermediären zusteht. Dieser Absatz wurde jedoch im ARUG II ersatzlos gestrichen. Dies hat zur Folge, dass nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften einen Teil ihrer Aktionäre mit Inhaberaktien (Privataktionäre oder Gesellschaften mit einer Beteiligung unter 25 %) weiterhin nicht identifizieren können, folglich die Ausübung der Aktionärsrechte nicht erleichtert werden kann.
Aufgrund der eingeschränkten Wahlfreiheit der Gesellschaft hinsichtlich der Ausgabe von Aktienurkunden als Inhaberaktien, § 10 Abs. 1 AktG, dürfte das Bedürfnis von entsprechenden Satzungsregelungen aber ohnehin gering sein.
Aufgrund der Begrenzung des Informationsanspruchs auf börsennotierte Gesellschaften und der bereits bestehenden Mitteilungspflicht nach § 33 WpHG dürfte sich die Ausübung des Informationsrechts durch die Gesellschaften in Grenzen halten.
Weiterlesen: Blogbeitrag vom 18. Oktober 2018 zum Fokus des ARUG II
Anne Biebler
Senior Associate
Leipzig
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