07.12.2018
07.12.2018
Verbrauchen Betreiber von Stromerzeugungsanlagen den erzeugten Strom selbst, entfällt bei Bestandsanlagen (Inbetriebnahme vor dem 1. August 2014) unter bestimmten Voraussetzungen die EEG-Umlage. Dieses Eigenversorgungsprivileg haben sich in der Vergangenheit auch so genannte „Scheibenpächter“ zu Nutze gemacht, die ein Nutzungsrecht an einem festen Anteil eines Kraftwerks, der so genannten „Kraftwerksscheibe“ gepachtet hatten. In solchen Scheibenpacht-Konstellationen decken mehrere Unternehmen ihren Strombedarf aus derselben Stromerzeugungsanlage. Die Erzeugungskapazität der Stromerzeugungsanlage ist dabei typischerweise vertraglich in Kraftwerksscheiben aufgeteilt und den einzelnen Unternehmen als „Pächter“ zugeordnet. Der Betrieb der realen technischen Stromerzeugungsanlage als solche wird aber nicht von den „Pächtern“, sondern von einer Betreibergesellschaft der Unternehmen oder einem dritten Unternehmen wahrgenommen.
Amnestieregelung: Meldung an die ÜNB bis zum Stichtag 31. Mai/Dezember 2017
Ob diese vertraglichen Gestaltungen genügten, um das Eigenversorgungsprivileg nutzen zu können, war in der Vergangenheit umstritten. Mit § 104 Abs. 4 EEG 2017 hat der Gesetzgeber eine „Amnestieregelung“ erlassen, die die Rechtslage weitestgehend klärte. Scheibenpachtmodelle genügten demnach in der Vergangenheit zwar nicht für eine Eigenversorgung im Sinne des EEG, die in der Praxis zahlreich gelebten Scheibenpachtmodelle führen jedoch zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Betreibers der Stromerzeugungsanlage, der als Lieferant eigentlich der gesetzliche Schuldner der EEG-Umlage gegenüber den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ist. Das Leistungsverweigerungsrecht gilt sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft, wenn sich die Scheibenpacht auf eine konkrete Erzeugungsanlage bezieht, bereits vor dem Inkrafttreten des EEG 2014 am 1. August 2014 bestanden hat und weiterhin gelebt wird.
Weitere Voraussetzung der Amnestieregelung war allerdings, dass der tatsächliche Betreiber der Stromerzeugungsanlage die Stromlieferungen und die Voraussetzungen der Amnestieregelungen bis zu einem bestimmten Stichtag melden musste. Ursprünglich sah § 104 Abs. 4 EEG den 31. Mai 2017 als relevanten Stichtag vor. Zu diesem Datum hat auch der weit überwiegende Teil der betroffenen Unternehmen entsprechende Mitteilungen an die ÜNB gerichtet. Später hat der Gesetzgeber die Frist bis zum 31. Dezember 2017 verlängert, da die Regelung unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission stand, die erst nach dem 31. Mai 2017 erteilt wurde.
Ursprünglich genügte eine Excel-Meldung
Die ÜNB hatten seinerzeit ein Excel-Formular zur Verfügung gestellt, in dem lediglich die relevanten Daten einzutragen waren und die Richtigkeit der Angaben zu versichern war. Weitergehende Dokumente, insbesondere Verträge, wurden damals nicht verlangt.
Unerwartete Nachforderung der ÜNB
Dies hat sich nunmehr geändert. Am 30. November 2018, d.h. 18 Monate nach dem ersten Stichtag, hat eine von den vier ÜNB gemeinsam beauftragte externe Anwaltskanzlei alle betroffenen Unternehmen, die 2017 eine Meldung nach § 104 Abs. 4 EEG abgegeben haben, zur Übersendung der relevanten Vertragsunterlagen aufgefordert. Des Weiteren wird die Abgabe einer sehr weitgehenden Verjährungsverzichtserklärung verlangt und eine verjährungshemmende Klage angedroht, sollte diese Erklärung nicht abgegeben werden. Hiervon betroffen sind dem Vernehmen nach mehrere hundert Unternehmen.
Hohe Nachforderungen drohen
Sollte die externe Kanzlei zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen der Amnestieregelungen in Einzelfällen nicht vorlagen oder zumindest nicht ausreichend dargelegt wurden, drohen den betroffenen Betreibern der Stromerzeugungsanlagen nunmehr hohe Nachforderungen der ÜNB, die sich auf bis zu zehn Jahre erstrecken und daher oftmals im sieben- bis achtstelligen Bereich liege können. Als problematisch könnte sich dabei auch herausstellen, ob die Mitteilung seinerzeit von dem richtigen Unternehmen abgegeben wurde, da die Bestimmung des „tatsächlichen Betreibers“ in solchen Konstellationen in der Praxis oftmals Schwierigkeiten bereitet und die Bundesnetzagentur hierzu in einem Hinweispapier vom 26. Januar 2017 die – rechtlich sehr fragwürdige – Ansicht vertreten hatte, Betreiber sei in der Regel eine (unerkannte) GbR, bestehend aus den einzelnen Scheibenpächtern.
Ansprüche der Betreiber gegen Scheibenpächter
Ob ggf. in Anspruch genommene Betreiber die von den ÜNB geforderte Nachzahlung ihrerseits von den Scheibenpächtern verlangen könnten, hängt von den geschlossenen Scheibenpachtverträgen ab. Allerdings wird im Verhältnis zwischen den Anlagenbetreibern und den Scheibenpächtern regelmäßig die dreijährige Regelverjährung greifen, während gegenüber den ÜNB in vielen Fällen nur eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren in Betracht kommen wird, wenn die ÜNB vor den Meldungen keine Kenntnis von diesen Sachverhalten hatten. Dies alles bedarf jedoch einer genauen Prüfung in jedem Einzelfall.
Dr. Angelo Vallone |