04.04.2019

Ein EuGH-Urteil, das sich auszahlt: EEG-Umlage ohne Beihilfe-Qualität – besondere Ausgleichsregelungen unionsrechtskonform

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04.04.2019

Ein EuGH-Urteil, das sich auszahlt: EEG-Umlage ohne Beihilfe-Qualität – besondere Ausgleichsregelungen unionsrechtskonform

Luxemburg hat gesprochen: Die EEG-Umlage zur Realisierung der „Energiewende“ und deren Begrenzung nach der besonderen Ausgleichsregelung für stromkostenintensive Unternehmen ist jedenfalls in der Fassung des EEG 2012 unionsrechtlich nicht als Beihilfe anzusehen. Doch wird sich die Entscheidung des EuGH vom 28. März 2019 nun ganz konkret für die stromkostenintensive Industrie auch „auszahlen“?

Davon ist zumindest bei den Unternehmen auszugehen, von denen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im November 2014 zuvor gewährte EEG-Entlastungen anteilig zurückgefordert hatte und die hiergegen in ein Widerspruchsverfahren gegangen sind. Denn den damaligen Bescheiden lag ein Kommissions-Beschluss zugrunde, der das EEG-Umlage-System als unionsrechtliche Beihilfe i.S.d. Art. 107 ff. AEUV einstufte. Diesen Beschluss hat der EuGH mit seinem Urteil aus der letzten Woche (Rs. C-405/16 P, Deutschland/Kommission) nun aber für nichtig erklärt. Folglich können sich die damals Betroffenen nun Hoffnung auf signifikante Rückzahlungsansprüche machen. Das BAFA wird im Lichte des Luxemburger Urteils entsprechende Widerspruchs- oder Abhilfeentscheidungen bei den bislang ruhendgestellten Widerspruchsverfahren zu erlassen haben. Zur Größenordnung: Damals wurden insgesamt ca. 41 Mio. Euro von 813 Abnahmestellen zurückgefordert.

Dogmatisch knüpft der EuGH in seiner Entscheidung an seine bisherige Rechtsprechung an. Danach liegt eine unionsrechtliche Beihilfe nur dann vor, wenn eine Abgabe bzw. daran anknüpfende Vergünstigungen dem Staat zuzurechnen sind. In seinem aktuellen Urteil hat der EuGH diese Zurechnung aber gerade verneint: Denn durch den Gesetzgebungsakt, mit dem die EEG-Umlage eingeführt wurde, erfolgte gerade keine einseitige Belastung des Letztverbrauchers mit einer Zahlungspflicht. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) waren nach dem EEG nämlich nicht dazu verpflichtet, die EEG-Umlage auf die Letztverbraucher abzuwälzen. Dass sie es gesetzlich durften (und in der Praxis dann auch getan haben), ist nach Auffassung der Luxemburger Richter jedenfalls nicht ausreichend für eine beihilfenspezifische Zurechenbarkeit. Einer „de-facto-Zurechenbarkeit“ haben die Luxemburger Richter damit eine klare Absage erteilt.

Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Reformierung des EEG könnten sich in dieser Hinsicht jedoch auf den ersten Blick auch gewisse Risiken für Letztverbraucher ergeben. Denn etwa nach § 60a EEG 2017 schulden inzwischen stromkostenintensive Unternehmen, die über einen Begrenzungsbescheid verfügen, die EEG-Umlage direkt den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB). Die ÜNB sind zudem gesetzlich verpflichtet, bei diesen Unternehmen die EEG-Umlage auch einzufordern.

Doch auch in dieser Konstellation dürfte die EEG-Umlage und deren Begrenzung nach der Besonderen Ausgleichsregelung nicht als unionsrechtliche Beihilfe anzusehen sein. Denn der EuGH hat in seinem Urteil weiterhin betont, dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder keine staatlichen Mittel darstellten: Sie stünden weder unter staatlicher Kontrolle noch könnten öffentliche Stellen über sie verfügen. Damit hat der Gerichtshof zur EEG-Umlage auch das zweite, für das Vorliegen einer Beihilfe zwingend erforderliche Kriterium verneint. Zwar merken die Richter an, dass das System der EEG-Umlage sowohl auf einer gesetzlichen Grundlage beruht als auch behördlichen Kontrollen hinsichtlich des Vollzugs unterworfen ist. Allerdings überwiege bei der EEG-Umlage ganz maßgeblich die separate Verwaltung der EEG-Umlage-Gelder durch die ÜNB nach dem gesetzlich streng vorgegebenen Zweck. Der Staat besitze daher keine Verfügungsgewalt über diese Gelder. Er könne sie jedenfalls auch nicht für andere als im EEG festgelegte Zwecke verwenden.

Zusammenfassend lassen sich also folgende Konsequenzen aus der Entscheidung des EuGH ableiten:
 

  1. Wer im November 2014 von den Rückforderungen bei der Besonderen Ausgleichsregelung betroffen war, kann mit einer behördlichen Aufhebung der damaligen Rückforderungsbescheide rechnen. Die ÜNB werden dann die damals geleisteten Rückzahlungsbeträge erstatten müssen.
  2. Deutschland und die Bundesregierung können (und sollten!) nunmehr selbstbewusster gegenüber der Europäischen Kommission auftreten. Notifizierungserfordernisse im Zusammenhang etwa mit der Ausgestaltung der Besonderen Ausgleichsregelung dürften nicht mehr bestehen. Den Bedürfnissen des Industriestandorts Deutschland kann folglich ohne umständliche Abstimmungen mit den Brüsseler „Eurokraten“ und ihrem häufig fehlenden Verständnis für die besondere Belastungssituation der deutschen Industrie im internationalen Wettbewerb entsprochen werden.

 

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Rechtsanwalt
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
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