23.01.2023
Family & Friends. Pre-Seed. Seed. Series A, B, C. All diese Begriffe (und mehr) werden verwendet, um sogenannte „Finanzierungsrunden“ bei Start-ups zu bezeichnen. Nicht immer meinen damit alle dasselbe. Ab dem Zeitpunkt jedoch, an dem sich ein institutioneller Venture Capital Investor an einem Start-up beteiligt, gelten bestimmte allgemeine Grundsätze zur Funktion, zum Ablauf und zur Struktur einer Finanzierungsrunde. Diese sollte man kennen und an diesen sollte man sich orientieren.
Spätestens, wenn Familie und Freunde der Gründer an ihre finanziellen Grenzen stoßen und für den nächsten Wachstumsschritt auch Wandeldarlehen von Business Angels nicht mehr ausreichen, fangen Gründer an, Geld von „institutionellen“ privaten oder öffentlichen Venture Capital Investoren zu werben. Diese investieren dann im Rahmen sog. Finanzierungsrunden (auch Beteiligungsrunden genannt).
Der Mechanismus einer solchen Finanzierungsrunde ist grundsätzlich immer derselbe. Oft hört man vereinfacht, der Investor „kaufe“ Geschäftsanteile am Start-up. Tatsächlich aber wäre dies wenig zielführend. Würde der Investor Geschäftsanteile „kaufen“, würde er sein Investment als „Kaufpreis“ an die Verkäufer, also die Gründer zahlen. Das Start-up aber, in das investiert werden soll, ginge leer aus.
Der richtige Weg ist also ein anderer – nämlich eine Kapitalerhöhung. Das Stammkapital der Gesellschaft wird erhöht und der Investor erhält neue Geschäftsanteile. Dafür zahlt er an die Gesellschaft einen Betrag in Höhe des neu geschaffenen Stammkapitals (meistens wenige tausend Euro) und verpflichtet sich gegenüber den Alt-Gesellschaftern, den übrigen Investmentbetrag in die freie Kapitalrücklage einzulegen.
Ein Beispiel: Die Parteien einigen sich auf eine pre-money Bewertung von EUR 9 Mio. und der Investor soll für sein Investment von EUR 1 Mio. eine Beteiligung von 10% (post-money) erhalten. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 25.000. Damit der Investor auf eine Beteiligung von 10% kommt, muss er also neue Anteile im Nennwert von (gerundet) EUR 2.778 erhalten. Das neue Stammkapital beträgt dann EUR 27.778. Gleichzeitig wird die Beteiligung der Gründer von 100% auf 90% „verwässert“. Der Investor zahlt also EUR 2.778 in das Stammkapital und EUR 997.222 in die freie Kapitalrücklage.
Nach dem Pitch ist vor der Verhandlung. Die Finanzierungsrunde wird vertraglich vereinbart. Mindestens gibt es eine Beteiligungsvereinbarung, in der Regel wird diese ergänzt durch eine Gesellschaftervereinbarung. Je nach Finanzierungsrunde wird auch der Gesellschaftsvertrag angepasst oder neugefasst, es gibt vielleicht neue Geschäftsführerdienstverträge, eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und eine Satzung für einen Beirat. Daneben muss die Kapitalerhöhung beschlossen werden. All das gießt man in der Praxis in ein bis zwei notarielle Urkunden nebst Anlagen, die in einem Termin abgeschlossen werden.
Um jedoch bis zu diesem Punkt zu kommen, müssen sich Gründer und Investor zunächst auf die wichtigsten wirtschaftlichen Eckpunkte einigen. Hierzu gehören in erster Linie Investmentbetrag und Bewertung – denn daraus ergibt sich die Beteiligungsquote. Daneben müssen aber auch Themen wie Gründer-Garantien, Vesting , Liquidationspräferenz oder Informations- und Kontrollrechte verhandelt werden. Hat man eine grundsätzliche Einigung erzielt, kann man diese in einem Term Sheetfesthalten.
Anhand des Term Sheets werden dann die finalen Verträge erstellt, wobei es natürlich zu weiteren Verhandlungen über die Regelungen im Detail kommt. Vor Erstellung der Verträge wird der Investor oftmals noch eine sog. Due Diligence durchführen – wirtschaftlich und ggf. auch rechtlich. Die Ergebnisse der Due Diligence können dann noch einmal Auswirkungen auf die Bewertung, auf die Vereinbarung von sog. Meilensteinen oder die Garantien der Gründer haben.
Ist die Due Diligence abgeschlossen und sind die Verträge ausverhandelt, findet die notarielle Beurkundung statt. Nach der Beurkundung zahlt dann der Investor zunächst sein neues Stammkapital ein. Ist die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (und ggf. der Eintritt etwaiger Meilensteine) erfolgt, zahlt der Investor den verbleibenden Investmentbetrag an das Start-up und die Finanzierungsrunde ist final abgeschlossen.
Je nachdem, was in der Beteiligungsvereinbarung konkret vereinbart wurde, gibt es nach der Beurkundung noch einige administrative Umsetzungsschritte. Probleme, die in der Due Diligence entdeckt wurden, müssen behoben werden, Geschäftsführerdienstverträge müssen abgeschlossen, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme aufgesetzt werden. Soweit Meilensteine vereinbart wurden, müssen diese jetzt ins Visier genommen werden.
Und dann gilt es, das neu eingeworbene Investment zu nutzen, um das Start-up fit für die nächste Finanzierungsrunde zu machen. Denn nach der Finanzierungsrunde ist vor der Finanzierungsrunde.
Dr. Moritz Mentzel
Counsel
Berlin
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