02.01.2019
02.01.2019
Am 1. April 2016 ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft getreten. Das Gesetz diente der Umsetzung der EU-Richtlinie über außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren in Verbraucherangelegenheiten. Die Möglichkeiten für Verbraucher und Unternehmer zur außergerichtlichen Streitbeilegung durch schnelle und günstige Alternativen zum Zivilprozess sollten durch qualitativ hochwertige private Schlichtungsstellen verbessert werden.
Das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn ist die Anerkennungs- und Widerrufsbehörde für die nach dem VSBG anerkannten Schlichtungsstellen. Das Bundesamt fungiert zudem als Beratungsstelle für alternative Streitbeilegung (AS-Beratungsstelle) und als Kontaktstelle für die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Kontaktstelle).
Der nunmehr vorliegende Verbraucherschlichtungsbericht des Bundesamtes aus diesem Jahr hat seit der Einführung des VSBG eine erste Bilanz zu Anwendung, Verbreitung und Verbesserungsmöglichkeiten gezogen.
Seit Einführung des VSBG wurden in Deutschland bereits 25 Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt, eingerichtet oder beauftragt und weitere Anträge sind gestellt. Damit liegt Deutschland bisher im europäischen Schnitt auf Platz 5.
Es ist auch eine gestiegene Fallzahl zu konstatieren. Im Jahr 2016 sind bei 18 Verbraucherschlichtungsstellen insgesamt 61.694 Anträge und im Jahr 2017 bei 22 Verbraucherschlichtungsstellen insgesamt 68.538 Anträge eingegangen. Es wurden 8.549 Anfragen bei der AS-Beratungs- und OS-Kontaktstelle gestellt. Auffällig war, dass Beschwerden vor allem von Verbrauchern aus dem EU-Ausland gegen deutsche Unternehmen eingelegt werden, andersherum jedoch nur ausnahmsweise. Anders ist dies bei reinen Informationsanfragen, diese kommen hauptsächlich von deutschen Verbrauchern. Bei vielen Schlichtungsstellen konnte von 2016 auf 2017 die Zahl der Verfahren, die mit einem Schlichtungsvorschlag enden, erhöht werden.
Ein großes Hemmnis der Verbraucherstreitbeilegung liegt leider noch darin, dass viele Unternehmen bisher nicht bereit sind, an einer Schlichtung teilzunehmen. Der Bericht des BfJ zitiert einen Artikel der Stiftung Warentest mit dem Titel „Amazon, Otto & Co haben null Bock auf Schlichtung“ vom 1. Februar 2017, nur einer von 19 großen Versandhändlern (H&M) ist zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren bereit. Weiter ist vielen Verbrauchern das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz und das System der außergerichtlichen Streitbeilegung noch nicht bekannt. In manchen Branchen ist das System schon sehr etabliert (Versicherungsvertrags- und Finanzdienstleistungsrecht), in anderen bedarf es noch mehr Information und Etablierung (Mietrecht, Einzelhandel).
Die Online-Plattform der EU, die eine Streitbeilegung im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr ermöglichen soll, wurde bis Februar 2017 bereits von 2 Millionen Menschen europaweit besucht. Allerdings wird Online-Streitbelegung in Deutschland bisher nur zurückhaltend von Unternehmen und Verbrauchern genutzt.
Derzeit werden zudem auf der OS-Plattform 85 % der Beschwerden vorzeitig automatisch geschlossen. Dies ist in 40 % der Fälle darauf zurückzuführen, dass Verbraucher nach Übermittlung der Beschwerde an die Plattform, direkt von den Händlern mit dem Vorschlag einer einvernehmlichen Lösung kontaktiert würden. Bisher werden Anträge des Verbrauchers nämlich nicht direkt an eine Schlichtungsstelle weitergeleitet, sondern das Unternehmen vorab informiert.
Der Bericht des BfJ ist abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Berichte/Verbraucherschlichtungsbericht%20_2018.pdf;jsessionid=0E47E3011059DC183B80C24426656626.2_cid289?__blob=publicationFile&v=1
Dr. Stephan Bausch, D.U. |
Dr. Simon J. Heetkamp |