17.12.2018

Es liegt Etwas in der Luft: Die Europäische Kommission kündigt Überprüfung von Teilen des EU-Umweltrechts an

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17.12.2018

Es liegt Etwas in der Luft:
Die Europäische Kommission kündigt Überprüfung von Teilen des EU-Umweltrechts an

Die EU-Kommission hat am 23. Oktober 2018 ihr Arbeitsprogramm „Versprechen einlösen und unsere Zukunft gestalten“ für das Jahr 2019 beschlossen und eine Überprüfung der Leistung der beiden EU-Luftqualitätsrichtlinien (2008/50/EG und 2004/107/EG), die in jüngster Zeit auf Grund der Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge für Aufmerksamkeit gesorgt haben, angekündigt. Des Weiteren ist eine Evaluation Roadmap zur Überprüfung der Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) veröffentlicht worden.

Zentrales Anliegen des Arbeitsprogramms der Kommission für das Jahr 2019 sind insbesondere REFIT-Evaluierungen. REFIT (Regulatory Fitness and Performance Programme) verfolgt dabei das Ziel, geltende Rechtsvorschriften zu überarbeiten. Im Bereich der Umweltpolitik sind hiervon EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (2008/50/EG) und die EU-Richtlinie über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (2004/107/EG) betroffen. Die EU-Luftqualitätsrichtlinien, die EU-weit verbindliche Luftqualitätsnormen festlegen, werden somit einer Eignungsprüfung unterzogen, welche bereits 2019 abgeschlossen sein soll.

Die EU-Luftqualitätsrichtlinien haben angesichts des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 zu Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge in jüngster Zeit für Aufmerksamkeit gesorgt. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht zumindest vorläufig die grundsätzliche rechtliche Zulässigkeit von Dieselfahrverboten geklärt hat, bleibt es nun für 15 Millionen Dieselfahrer in Deutschland sowie für die Automobilbranche weiterhin spannend, zu welchem Ergebnis die EU-Kommission hinsichtlich der Überprüfung der EU-Luftqualitätsrichtlinie, insbesondere Art. 23 der EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (2008/50/EG), kommt und zu welcher rechtlichen Konsequent dies führt: Die EU-Kommission hat sich vornehmlich damit zu beschäftigen, ob die Grenz- und Zielwerte beibehalten werden oder welche Bedeutung zukünftig den Ausnahmetatbeständen und den Übergangsfristen zu kommt.

Neben der Überprüfung der EU-Luftqualitätsrichtlinien ist weiterhin seitens der EU-Kommission eine Bewertung der Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) vorhergesehen. Die Richtlinie, die die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung infolge industrieller Tätigkeit regelt, bezieht sich auf um die 50.000 Industrieanlagen, sodass das Ergebnis der Evaluation für eine Vielzahl von Industriezweigen von zentraler Bedeutung sein wird. Die Auswertung, welche im ersten Quartal 2020 abgeschlossen sein soll, befasst sich mit sämtlichen Teilen der Industrieemissionsrichtlinie. Erfasst werden somit insbesondere auch der Umfang des Anwendungsbereiches sowie die zentralen Regelungen zu den besten verfügbaren Techniken.

Die Überprüfung befasst sich konkret mit der Zielerreichung der Industrieemissionsrichtlinie und der Implementierung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten. Weiterhin soll geklärt werden, ob die Kosten in Betracht der erreichten Vorteile gerechtfertigt erscheinen und in welchen Teilen der Richtlinie die Effizienz verbessert werden kann.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Richtlinie vornehmlich hinsichtlich der Faktoren der Effektivität, Leistungsfähigkeit und Bedeutung zur Zielerreichung kontrolliert wird. Die angekündigte Überprüfung der Industrieemissionsrichtlinie überrascht jedoch, da die EU-Kommission in dem Bericht über die Durchführung der Richtlinie vom 4. Dezember 2017 noch betont hat, dass „es noch zu früh ist, etwas über die praktischen Auswirkungen der in der Industrieemissionsrichtlinie eingeführten Änderungen zu sagen“ (COM(2017) 727 final). Angesichts dieser widersprüchlichen Aussagen bleibt der Ausgang der Evaluation der Industrieemissionsrichtlinie abzuwarten.

 

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Rechtsanwalt
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
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