26.01.2022
Plattformbasierte Arbeit ist in der Arbeitswelt und in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Immer mehr Arbeitsplätze werden durch digitale Arbeitsplattformen geschaffen, weshalb Arbeitsbedingungen für all diejenigen sichergestellt werden müssen, die ihr Einkommen aus dieser Arbeit beziehen, so die Exekutiv-Präsidentin der EU-Kommission, Margrethe Verstager. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission am 9. Dezember 2021 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit veröffentlicht. Die Kommission schlägt ein Reihe an Maßnahmen vor, um die Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit zu verbessern und das nachhaltige Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der EU zu unterstützen. Dieser Beitrag gibt einen ersten Überblick über die wichtigsten Aspekte.
Der Richtlinien-Entwurf enthält eine Liste von Kriterien, mit deren Hilfe die Behörden der Mitgliedsstaaten feststellen können, ob es sich bei der Plattform um einen Arbeitgeber handelt. Erfüllt die Plattform mindestens zwei der Kriterien, wird das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses vermutet. Zu den Kriterien gehören die Festlegung des Entgelts, die Überwachung und Kontrolle der Arbeitsleistung und der Arbeitszeit sowie die Beschränkung der Möglichkeit, Arbeiten für Dritte auszuführen.
Die über die Plattform arbeitenden Personen erhalten den Beschäftigungsstatus. Damit stehen ihnen entsprechende Arbeitnehmerrechte und soziale Rechte zu, wie beispielsweise Anspruch auf den Mindestlohn, geregelte Arbeitszeiten, bezahlter Urlaub sowie Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Krankheit. Die Plattform kann diese gesetzliche Vermutung in einem Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren widerlegen, d. h. muss dann beweisen, dass das betreffende Vertragsverhältnis tatsächlich kein „Arbeitsverhältnis“ darstellt.
Das algorithmische Management einer Plattform (d. h. automatisierte Systeme, die Führungsaufgaben am Arbeitsplatz unterstützen oder ersetzen) ist essenziell für die Arbeitsorganisation von digitalen Arbeitsplattformen. Durch Datensammlung und automatisierte Entscheidungen werden nahezu alle für die Plattformbeschäftigten wesentlichen Entscheidungen getroffen. Dazu gehören insbesondere die Auftragszuweisung, die Preisfestsetzung und die Leistungsbewertung. Digitale Arbeitsplattformen müssen dem Richtlinien-Entwurf nach Plattformbeschäftigte über Überwachungssysteme ebenso informieren wie über automatisierte Entscheidungsfindung. Hierdurch soll nachvollziehbar werden, wie die Aufträge zugewiesen und bewertet werden. Ferner sollen Plattformbeschäftigte das Recht erhalten, die Begründung einer auf den „algorithmischen Management“ der Plattform getroffenen Entscheidung zu erhalten.
Darüber hinaus sieht der Richtlinien-Entwurf eine Verpflichtung der Plattformen vor, gegenüber den Arbeitsschutzbehörden der Mitgliedsstaaten bestehende Arbeitsverhältnisse zu melden und notwendige Informationen über ihre Tätigkeiten und die über sie tätigen Personen bereitzustellen. Dadurch soll der Beschäftigtenstatus stets überprüft werden können.
Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat beraten. Nach der Annahme des Vorschlags, mit der im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in ca. anderthalb Jahren zu rechnen ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
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