14.12.2016

EuGH stellt klar: Überweisung von einem niederländischen Konto begründet keinen niederländischen Gerichtsstand

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Hintergrund

14.12.2016

EuGH stellt klar: Überweisung von einem niederländischen Konto begründet keinen niederländischen Gerichtsstand

Der EuGH hat am 16. Juni 2016 auf eine Vorlagefrage des niederländischen Obersten Gerichtshofs ein weiteres Mal zur Frage des Deliktsgerichtsstands nach Art. 5 Nr. 3 der Brüssel I-Verordnung (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-Verordnung) geurteilt. Er konkretisierte damit seine bisherige Rechtsprechung aus den Fällen Kronhofer (EuGH, Urt. v. 10.06.2004 – Rs C-168/02) und Kolassa (EuGH, Urt. v. 28.01.2015 – Rs C-375/13). Danach ist

„unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens […] als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte nicht der Ort in einem Mitgliedstaat [anzusehen], an dem ein Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem finanziellen Verlust besteht, der sich unmittelbar auf dem Bankkonto des Klägers verwirklicht und der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat“ (EuGH, Urt. v. 16.6.2016 – C-12/15).


Der Fall

Der Vorlagefrage des anrufenden niederländischen Gerichts lag ein Sachverhalt der Anwaltshaftung zugrunde. Die Universal Music International Holding (Universal) klagte gegen einen tschechischen Rechtsanwalt, der einen Aktienoptionsvertrag fehlerhaft erstellte. Aufgrund dieses Fehlers drohte Universal eine weitaus höhere als beabsichtigte Kaufpreiszahlung an ihre Vertragspartnerin, die tschechische Schallplattengesellschaft B&M. Letztlich verglichen sich die Parteien. Aus diesem Vergleichsvertrag entstand für Universal ein Schaden in Höhe von etwa 2,5 Mio. EUR.

Universal beglich ihre Zahlungsverpflichtung mittels einer Überweisung von ihrem niederländischen Konto. Um den Schaden nun von einem ihrer damaligen Rechtsberatern wiederzuerlangen, rief sie ein niederländisches Gericht an. Universal sah dessen internationale Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO als gegeben an. Der Ort des schädigenden Ereignisses läge – so die Klägerin – in den Niederlanden, da sie von dort aus die Überweisung tätigte.

Sowohl das erstinstanzliche als auch das Berufungsgericht teilten diese Rechtsansicht nicht. Sie monierten, dass der Sachverhalt keine genügenden Anknüpfungspunkte zu den Niederlanden aufweise, um vor ein niederländisches Gericht gebracht werden zu können. Universal rief nunmehr den Obersten Gerichtshof der Niederlande an. Dieser wiederum wandte sich an den EuGH.

Der EuGH bestätigte die Auslegung der niederländischen Gerichte und lehnte eine Zuständigkeit dieser ab.


Die Erwägungen des EuGH

Der EuGH betonte zunächst den Ausnahmecharakter des Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-Verordnung/Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-Verordnung, die einen besonderen Gerichtsstand bestimmt. Dieser verlange eine autonome und enge Auslegung. Vor diesem Hintergrund präzisierte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung, mit der er den Ort des schädigenden Ereignisses in dem Mitgliedsstaat verortet hatte, in dem sich das Konto des Geschädigten befand.

Der EuGH wies darauf hin, dass Sinn und Zweck des besonderen Gerichtsstandes sei, dass bei deliktischem Handeln das Gericht am Ort des schädigenden Ereignisses nationalen Gegebenheiten des Falles besser Rechnung tragen könne und schlicht näher am Fall dran sei. Dies ermögliche eine sachgerechte Gestaltung des Prozesses. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung wird als Ort des schädigenden Ereignisses sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens angesehen. Fraglich war nun, ob die Niederlande allein aus dem Grund, dass Universal von dort aus die Überweisung tätigte, den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges darstellten.

Dies verneinte der EuGH. Der Schaden sei vielmehr in Tschechien eingetreten, als die Vertragsparteien dort den Vergleich schlossen. Mittelbare Folgeschäden könnten für die Zuständigkeit eines Gerichts nicht relevant sein. Dies überzeugt insofern, als dass ein Unternehmen, das europaweit Konten führt, ansonsten durch die Wahl des zur Überweisung herangezogenen Kontos den Gerichtsstand auswählen könnte. Damit wäre ein sogenanntes forum shopping möglich, das die Brüssel I-/Brüssel Ia-Verordnung gerade verhindern will.

 

Dr. Stephan Bausch, D.U.
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Simon Heetkamp
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