14.02.2019

Europäisches Parlament gibt grünes Licht für EU-Singapur-Freihandelsabkommen und EU-Singapur-Investitionsschutzabkommen

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Hintergrund

Am 13. Februar 2019 hat das Europäische Parlament sowohl das EU-Singapur-Freihandelsabkommen als auch das EU-Singapur-Investitionsschutzabkommen abgesegnet (beide Vertragstexte sind hier abrufbar). Das Freihandelsabkommen kann als Abkommen der Union nun durch einen Ratsbeschluss nach Art. 218 Abs. 6 AEUV abgeschlossen werden. Es könnte so noch vor dem Sommer in Kraft treten. Das Investitionsschutzabkommen hingegen war nach dem EuGH-Gutachten 2/15 im Rahmen von Nachverhandlungen aus dem vorherigen Vertragstext ausgegliedert und als eigenständiges Abkommen aufgesetzt worden. Es muss als gemeinsames Abkommen der Union und der Mitgliedstaaten noch durch alle mitgliedstaatlichen Parlamente ratifiziert werden.


Aus der Perspektive des Investitionsschutzrechts ist das EU-Singapur-Investitionsschutzabkommen interessant, da es einerseits zwölf bestehende bilaterale Investitionsschutzabkommen von EU-Mitgliedstaaten mit Singapur – darunter auch Deutschland – direkt ablösen soll. Anderseits etabliert das Abkommen für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten – wie bereits u.a. im EU-Kanada-Abkommen CETA – einen bilateralen Investitionsgerichtshof. Dieses Investment Court System würde damit an die Stelle der bisher nach den bilateralen Verträgen vorgesehenen Schiedsgerichte treten. Langfristig sind die EU und Singapur bestrebt, dieses System gemeinsam mit den parallel zu errichtenden Systemen nach CETA und weiteren Abkommen in einen multilateralen Investitionsgerichtshof zu überführen (s. Art. 3.12.).


Das EU-Singapur-Investitionsschutzabkommen teilt allerdings trotz der nun politisch gegebenen Zustimmung des Europäischen Parlaments auch das gleiche rechtliche Schicksal wie CETA. Seine Unionsrechtskonformität als solche hatte der EuGH nämlich im Gutachten 2/15 noch explizit offen gelassen (vgl. Rn. 30, 290 & 300). Bezüglich der Unionsrechtskonformität des Investitionsschutzkapitels von CETA hatte Belgien im September 2017 ein Gutachten des EuGH beantragt, nachdem Wallonien die nach belgischem Recht notwendige Zustimmung zur Ratifikation des Abkommens verweigert hatte.


Erst kürzlich, am 29. Januar 2019, trug EuGH-Generalanwalt Bot seine Schlussanträge in diesem Gutachtenverfahren vor und plädierte für die Vereinbarkeit von Regelungen zur Investitionsstreitbeilegung in gemischten Abkommen mit Drittstaaten. Insbesondere sah der Generalanwalt das CETA-Abkommen als nicht vom Achmea-Urteil des EuGH betroffen an, nach dem bilaterale intra-EU-Investitionsschutzabkommen unvereinbar mit der Autonomie des Unionsrecht sind (s. dazu hier und hier). Vielmehr werde im Rahmen der Streitbeilegung nach CETA die Autonomie des Unionsrechts u.a. dadurch gewahrt, dass dieses nicht Teil des anwendbaren Rechts sein könnte. Zudem garantiere Art. 8.31.2 CETA die Autonomie des Unionsrecht – für die Fälle, in denen es dennoch relevant wird – dadurch, dass er eine Bindung der CETA-Streitbeilegungsinstanzen an die Auslegung des EuGH vorsehe (Rn. 138).


Ob der EuGH den Anträgen von Generalanwalt Bot folgen wird, kann derzeit nur spekuliert werden. Spätestens seit Achmea ist eine gewisse Skepsis geboten. Mit einer Entscheidung des EuGH wird allerdings bereits Ende März gerechnet. Diese darf mit Spannung erwartet werden.

 

Autor/in
Dr. Richard Happ

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Sebastian Wuschka LL.M. (Geneva MIDS)

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